Buch des Monats: Februar 2013

Klaus Hock

Einführung in die Interkulturelle Theologie

Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2010. 168 S. 24,0 x 16,6 cm. EUR 14,90. ISBN 978-3-534-20100-6.

Wo neue Inhalte zu lernen sind, werden auch neue Lehrbücher gebraucht. Für die im Rahmen der Modularisierung des Theologiestudiums in Deutschland neu verpflichtend gewordene Disziplin der „Interkulturellen Theologie“ sind in den vergangenen beiden Jahren die ersten drei Studienbücher erschienen. Eines davon ist das hier anzuzeigende Buch, das sich in die Reihe »Einführung Theologie« der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft einordnet.
Die besondere Eigenart des Entwurfs von Klaus Hock im Vergleich mit den parallel erschienenen Lehrbüchern von Volker Küster und Henning Wrogemann liegt in der konsequent historischen Herangehensweise. Bei jedem neuen Lernschritt werden die Lesenden sehr sorgfältig darüber unterrichtet, wann und wo ein bestimmter Aspekt erstmals gedacht wurde bzw. in Erscheinung trat, und welche Entwicklungen oder Verzweigungen er seitdem genommen hat. Dadurch ist das Buch auch für theologische Fachleute eine schnelle und zuverlässige Referenz für historische Zusammenhänge in allen Bereichen weltweiter Theologie, die im Rahmen einer Interkulturellen Theologie zu bedenken sind.
Entsprechend dieser Grundanlage ist es für Hock völlig selbstverständlich und konsequent, die Interkulturelle Theologie historisch aus der Missionswissenschaft herzuleiten und sich in diesem Zusammenhang ausführlich mit der Geschichte der Missionswissenschaft seit ihren Anfängen – und sogar mit ihren geschichtlichen Voraussetzungen vor der Entstehung einer eigentlichen Missionswissenschaft zu beschäftigen. An der Debatte darüber, in welchem systematischen Verhältnis Missionswissenschaft und Interkulturelle Theologie zueinander stehen – ob die Interkulturelle Theologie an die Stelle der Missionswissenschaft tritt, ihr zur Seite steht oder ein neuer Name für dieselben Aufgaben ist, zeigt er sich dagegen weniger interessiert und nimmt nur verhalten dazu Stellung.
Nach dem Abschnitt über die Entwicklungslinien von der Missionswissenschaft zur Interkulturellen Theologie widmet Hock ein Kapitel der interkulturellen Geschichte des Christentums unter den verschiedenen, historisch gewachsenen Perspektiven der Befassung damit. Dies ermöglicht gleichzeitig ein vertiefendes Verständnis derselben schrittweisen Perspektivwechsel vom Eurozentrismus zum Postkolonialismus, die auch für die Disziplingeschichte im engeren Sinne prägend waren.
Das dem Umfang nach längste dritte Kapitel gibt unter der Überschrift »Lokalität und Kontextualität« einen knappen Überblick über christliche Theologien in Afrika, Asien und Lateinamerika. Wie Hock selbst betont, ermöglicht der vorhandene Raum nicht mehr als eine »Vogelperspektive«, die dennoch als Erschließungshilfe und eine Art Landkarte für die Lektüre »außereuropäischer« Theologien gute Dienste zu erweisen vermag.
Die beiden letzten Kapitel befassen sich mit einer Auswahl aus den eher systematischen Fragen, die im Rahmen Interkultureller Theologie begegnen: das vierte Kapitel bündelt Probleme, die sich im Spannungsfeld einer Hermeneutik interreligiöser Beziehungen ergeben (auch hier wieder mit in sich historisch geordneten Diskursüberblicken); das fünfte Kapitel spricht Kernthemen globaler theologischer Debatten wie Gerechtigkeit, Entwicklung, Migration, Gewalt oder Geschlechtergerechtigkeit an.
Das umfangreiche Literaturverzeichnis ist in Anlehnung an den Aufbau des Lehrbuchs nach Themen geordnet; eine durchgehende Nummerierung erleichtert das Auffinden von Literaturverweisen aus dem Text der Darstellung heraus.
Welches der gegenwärtig verfügbaren Lehrbücher der Interkulturellen Theologie man letztlich wählen wird, wenn das Budget nur für eines davon reicht, ist eine Frage von Vorlieben und Lerngewohnheiten. Die Einführung von Klaus Hock werden Menschen zu schätzen wissen, die gerne transparent, einer klaren historischen Ordnung folgend und nüchtern informiert sein wollen – und sie werden sie vermutlich auch über die Studienzeit hinaus immer wieder gerne zur Hand nehmen.

Andreas Feldtkeller (Berlin)

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