Buch des Monats: März 2024

Di Fabio, Udo

Die Kultur der Freiheit

München: C. H. Beck 2005. XXV, 295 S. Geb. EUR 19,90. ISBN 9783406537455.

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»Die Kultur der Freiheit« wird fast 20 Jahre nach ihrem ersten Erscheinen den Leserinnen und Lesern als Buch des Monats nahegelegt, da das Thema nicht aktueller und die Art seiner Behandlung durch den früheren Ver-fassungsrichter Udo Di Fabio kaum treffender und kaum hellsichtiger sein könnte. Der Jurist und Soziologe setzt sich ausgehend vom Freiheitsbegriff und dessen Bezügen zu damit verbundenen und davon abhängen-den Existenzbegriffen wie »Familie«, »Leistungswillen«, »Achtung vor Anderen«, »Kulturgemeinschaft« und »religiösem Bekenntnis« auseinander. Durchgehender Bezugspunkt ist dabei der gemeinschaftsstiftende Charakter des freiheitlichen Rechtsstaates.
Wie aber ist dieser Charakter in einer gewachsenen Kulturgemeinschaft wie der unseren zu sichern, deren demokratische Grundfundamente aktuell von politischen Extremen von rechts wie links in Frage gestellt wer-den? Di Fabios Schlüssel zur Antwort und Grundthese ist, dass, wer mehr Freiheit will und mehr Weltoffenheit und Toleranz zu realisieren und zu bewahren versucht, deren kulturell-freiheitlichen Grundlagen umso stärker pflegen muss. Statt einer allgemeinen Krisendiagnose unserer westlichen Kulturen bietet der Autor bereits 20 Jahre vor den aktuellen Krisen eine prognostische Fallstudie für die konkrete Situation Deutschlands mitten in Europa. Im Zentrum steht dabei der Begriff eines aufgeklärten Bürgers im Sinne eines citoyen, der sich als zur Freiheit befreit (Galater 5,1) und nicht verdammt erleben kann und gleichzeitig im Sinne des Böckenförde-Diktums erfassen muss, dass seine bürgerliche, wie private Freiheit an Bedingungen hängt, die allein und von sich aus kein Staat, wohl aber er und die Seinen im Gefäß eines freiheitlichen Staates garantieren können. Demokratische Gesellschaften können langfristig nur dann weiter existieren, wenn eine alltäglich gelebte und praktizierte Vernunft Grundlage ihrer politischen Entscheidungen ist und bleibt, so der Autor.
Insgesamt ist das 300 Seiten starke Buch so dicht und gut geschrieben, dass man mindestens 40 Seiten bräuchte, um es angemessen zusammenzufasssen. Und zum aktuellen Buch des Monats qualifiziert dieses Werk, wie den Autor, deren Judiz und darin enthalten eine fast beängstigende prognostische Fähigkeit.

Nils Ole Oermann (Lüneburg)

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