Buch des Monats: März 2014
Wilhelm Gesenius
Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament (18. Auflage) begonnen von D. Rudolf Meyer, em. Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena († 1991), unter zeitweiliger, verantwortlicher Mitarbeit von Dr. theol. Udo Rüterswörden (Leipzig, Bonn) und Dr. theol. Johannes Renz (Berlin) bearbeitet und herausgegeben von Dr. theol. Dr. phil. Herbert Donner, Dr. theol. h.c., em. Professor an der Christian-Albrechts-Universität Kiel
Springer-Verlag: Heidelberg, Dordrecht, London, New York 2013. XLVIII + 1624 S. Geb. EUR 79,99. 18,7 x 25,4 cm. ISBN 978-3-642-25680-6, ISBN 978-3-642-25681-3 (E-Book)
Seit über zwei Jahrhunderten ist der Gesenius der Inbegriff für jenes unentbehr-liche Hilfsmittel, das Generationen von Theologen und Orientalisten verlässliche Auskunft über die Sprachen des Alten Testaments, das Biblisch-Hebräische und das Aramäische, gegeben hat (Erstauflage 1810/1812). In seiner vorletzten Fassung, der von Frants Buhl besorgten 16. Auflage von 1915 (zitiert zumeist nach dem unveränderten Nachdruck der 17. Auflage von 1921) diente das Wörterbuch bis heute als das am weitesten verbreitete Nachschlagewerk für jeden, der die Originalsprachen der Bibel auf wissenschaftlicher Grundlage erlernt.
In sechs Lieferungen wurde von 1987–2012 die 18. Auflage des Gesenius erarbeitet und publiziert. Die Spezialisten konnten insofern schon seit 25 Jahren vom neuen Gesenius profitieren und haben ihn bereits dankbar genutzt. Aber erst die im Herbst 2013 erschienene einbändige Studienausgabe wird das Lexikon wieder vollends in den Mittelpunkt des akademischen Unterrichts sowie der alttestamentlichen Wissenschaft und ihrer Nachbarfächer stellen. Es gehört wenig Phantasie dazu, dem Standardwerk in seiner Letztgestalt eine ähnlich lange Zukunft vorherzusagen wie sie der Vorgängerauflage beschieden war. Dem Springer-Verlag ist zu bescheinigen, dass er (im Gegensatz zu den hohen Anschaffungskosten für die Einzellieferungen) mit dem günstigen Preis von 80 Euro für die einbändige Vollausgabe den Grundstein dafür gelegt hat, die Erfolgsgeschichte auch verlegerisch fortzuschreiben.
Wie es die im Titel des Bandes gegebene Liste der an der Entstehung der 18. Auflage beteiligten Forscher zeigt, handelt es sich nicht nur um ein Mehrgenerationenwerk, sondern auch um ein Stück deutscher Wissenschaftsgeschichte. Die Hauptarbeit lag in den Händen von Herbert Donner, zunächst an der Gesenius-Arbeitsstelle in Kiel und später privat – ermöglicht durch eine Langzeitförderung der DFG. Begonnen hatte man auf der Grundlage der Vorarbeiten des verstorbenen Jenenser Hebraisten Rudolf Meyer, vor allem seinem Manuskript zu den drei ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets. Unter verantwortlicher Beteiligung von Udo Rüterswörden und Johannes Renz (der auch für die Umstellung auf die elektronische Datenerfassung und die Gestaltung des Druckbildes bis hin zur Studienausgabe Maßgebliches geleistet hat) wurde dann die Neuausgabe besorgt. Die damit verbundene Forschungs- und Lebensleistung der Beteiligten kann nicht genug gewürdigt werden.
Format und Gewicht des Wörterbuchs in der einbändigen Ausgabe liegen etwas über dem alten Gesenius-Buhl. Dabei hat das Buch an Benutzbarkeit und Übersichtlichkeit gewonnen. Das Druckbild ist in seiner Klarheit vorbildlich, die formale Gestaltung der Einträge ist in jeder Hinsicht durchdacht und für Studie-rende wie Spezialisten benutzerfreundlich. Die Vorzüge der letzten Auflage wurden beibehalten und ausgebaut (Vollständigkeit der in der Bibel belegten Formen und möglichst auch der grammatischen Konstruktionen, oft Nennung aller Vorkommen [mit dem berühmten † gekennzeichnet], Listung aller Eigen-namen, Berücksichtung des Sachstandes der realienkundlichen und semitisti-schen Forschung). Unentbehrlich für die Forschung sind die etymologischen Eingangsbemerkungen der Artikel, die in knapper Weise den gesicherten Stand aus der in den letzten 100 Jahren immens angewachsenen Erschließung der Sprachen des alten Orients bieten (etwa des Akkadischen oder des zum Zeit-punkt der 16./17. Auflage noch gar nicht bekannten Ugaritischen). Auch wurden die Einträge auf den Codex Leningradensis/Petropolitanus umgestellt, der den wissenschaftlichen Textausgaben (BHK, BHS, BHQ) zugrunde liegt, die erst nach dem Gesenius-Buhl erarbeitet wurden/werden. Neben Abkürzungs- und Literaturverzeichnissen enthält die 18. Auflage nach wie vor auch ein deutsch-hebräisches Wörterverzeichnis, auf das aus didaktischen Gründen nicht verzich-tet wurde und das sicher weiterhin gute Dienste leisten wird.
Sobald man beginnt, mit dem neuen Gesenius zu arbeiten, stellt man fest, wie viel Wissen aus der Auseinandersetzung mit den Ergebnissen alttestamentlicher und sprachwissenschaftlicher Forschung eines ganzen Jahrhunderts in die notwendig knappen Worteinträge eingeflossen ist. Dass dafür auch immer Kom-promisse nötig waren, ist selbstverständlich. Dennoch sind der Detailreichtum sowie die erfreuliche Zurückhaltung im Blick auf Ungesichertes besonders hervorzuheben. Für alle historisch und philologisch zur Bibel arbeitenden Wissen-schaftler, besonders aber für Vertreterinnen und Vertreter aller theologischen Disziplinen, ist der neue Gesenius ein Muss.
Friedhelm Hartenstein (München)