14.10.2021
Einladung zur Interdisziplinären Tagung Coping und Charakterbildung mit Netzwerktreffen, Universität Bamberg, 11.–13. November 2021, An der Universität 2, 96047 Bamberg, Raum U2/01.33
THEMA
Viele Menschen beschreiben ihre Lebenserfahrung der Gegenwart als zunehmend krisenhaft, sei es mit Blick auf die ›großen Themen‹ wie den Klimawandel, sei es mit Blick auf die zunehmend als Verwerfungen wahrgenommenen gesellschaftlichen Veränderungen. Es stellt sich die Frage, wie diese Krisenhaftigkeit angemessen bewältigt werden kann – nicht nur im Medium ordnungspolitischer Instrumente, sondern vielmehr vonseiten der einzelnen Individuen.
Nun meint der Begriff ›Coping‹ im Rahmen der Psychologie und Resilienzforschung Bewältigungsstrategien, die Menschen im Umgang mit schwierigen Lebenskrisen, etwa Verlusterfahrungen und Schicksalsschlägen, anwenden und die sie langfristig in die Lage versetzen, auch angesichts dieser herausfordernden Situationen weiterhin mit sich selbst und dem sie umgebenden Umfeld ein gelingendes Leben zu führen. Im problemorientierten Umgang mit den Stressauslösern, vor allem aber auch in der emotionsorientierten Veränderung eigener Reaktions- und Verhaltensweisen bilden Copingstrategien zugleich ein integrales Moment für die individuelle Charakterbildung (Anna Freud). Es ist dieser Konnex des Copings mit der Charakter- und Persönlichkeitsbildung, der möglicherweise ein Potential von Copingstrategien impliziert, das über das bloß individuelle Wohlbefinden als Skopus hinausgeht und stattdessen im weitesten Sinne ethische Konsequenzen berührt. Zum einen birgt der Gedanke von Bewältigungsstrategien, die erlernbar sind und zu einem reiferen Charakter führen sollen, die Gefahr eines erzieherischen Momentes, welches gerade eine kritische Krisenwahrnehmung verhindern könnte, die aber nötig wäre, um sich angemessen – ggf. gegebene Verhältnisse transzendierend – zu verhalten. Zum anderen scheint der Zusammenhang von Charakterbildung und Coping einem kritischen Verständnis von Identität Rechnung tragen zu können, indem es nicht nur um Wachsen an Krisen geht, sondern grundlegend angenommen wird, dass Identität im Umgang mit Welt besteht. Im Fokus der Tagung soll diese Ambivalenz eines Konnexes von Charakterbildung und Coping stehen.
Die mit Fachvertretern aus Philosophie, Theologie, Psychologie und Erziehungswissenschaft interdisziplinär zu besetzende Tagung wird der Frage nachgehen, inwieweit das Konzept des Copings inhaltlich erweitert und so mit der Idee der Persönlichkeits- und Charakterbildung verbunden werden kann, dass nicht nur ein Anpassungs- und Bewältigungsverhalten mit Blick auf persönliche Lebenslagen in den Blick gerät, sondern darüber hinaus die ethische Dimension kritisch-reflektierten Umgangs mit den anderen sowie der Umwelt.
Die Tagung führt zwei vergangene interdisziplinäre Projekte aus dem Jahr 2019 unter verändertem Fokus fort: eine Tagung zur Frage des Patientenwillens in Bamberg sowie eine Tagung zur Dankbarkeit mit angeschlossenem Netzwerktreffen ›Persönlichkeits- und Charakterbildung‹ in Erfurt.
Nach aktuellem Stand findet die Tagung in Präsenz (3G-Regeln) statt. Den Organisatorinnen und Organisatoren ist an einem regen und intensiven Gespräch gelegen, zudem ergeben sich wichtige Inhalte ja bekanntlich beim gemeinsamen Essen. Die Möglichkeit der Online-Teilnahme besteht auf Anfrage.
PROGRAMM
Donnerstag, 11. November
14:00–14:30 Uhr: Katharina Eberlein-Braun / Marko J. Fuchs (Bamberg)
Einführung
14:30–15:30 Uhr: Benjamin Berend (Trier)
Coping und die Ethik der Selbstsorge
15:30–16:30 Uhr: Nils Einsfelder (Bonn)
Copingmechanismen der antiken Stoa – Eine Interpretation der Ausführungen Marc Aurels zur Charakterbildung
17:00–18:00 Uhr: Stefanie Schlenczek (Mainz)
Die »Schule« der Tugend – Gregor von Nyssa und seine Schwester Macrina zwischen äußeren Vorgaben und eigenen Lernwegen im Dialog De anima et resurrectione und der Vita S. Macrinae
Get Together
Freitag, 12. November
10:00–11:30 Uhr: Cornelia Richter (Köln/Bonn)
Resilienz im Horizont menschlichen Handelns
11:30–12:30 Uhr: Katharina Bauer (Rotterdam)
Hoffen lernen? – Coping, Charakterbildung und Dimensionen der Hoffnung
Mittagspause
14:30–16:00 Uhr: Douglas Yacek (Dortmund)
Bildung ex nihilo. Kritische Anmerkungen zur Umwertung der Krise in der Bildungstheorie
16:00–17:00 Uhr: Annette Hilt (Koblenz)
Existenzerhellung und Charakterbildung: Ein pädagogischer und philosophie-didaktischer Blick auf Karl Jaspers
17:30–18:30 Uhr: Sandra Markewitz (Vechta)
Leiden beredt machen. Coping jenseits des autoritären Charakters
Gemeinsames Abendessen
Samstag, 13. November
10:00–11:30 Uhr: Franziska Geiser (Bonn)
Resilienz: dynamischer Prozess oder Charaktereigenschaft?
11:30–12:30 Uhr: Sandra Frey (Flensburg)
Eine philosophische Sicht auf Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
12:30–13:00 Uhr: Tagungsrückblick, Verabschiedung und Ende der Tagung
14:00–16:00 Uhr: Treffen des Netzwerkes »Persönlichkeits- und Charakterbildung«
Organisation
Dr. Katharina Eberlein-Braun
Geschäftsführerin der Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche Theologie
Lehrstuhl für Systematische Theologie und theologische Gegenwartsfragen, Universität Bamberg
PD Dr. Marko J. Fuchs
Geschäftsführer der Forschungsstelle ›Methoden der Normenbegründung‹,
Lehrstuhl für Philosophie I, Universität Bamberg
Dr. Kathi Beier
Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien, Universität Erfurt
Hinweise
Aufgrund der Pandemielage darf nach aktuellem Stand nur teilnehmen, wer geimpft, getestet oder genesen ist (3G-Regeln).
Die Möglichkeit der Online-Teilnahme besteht auf Nachfrage.
Anmeldung
Um Anmeldung wird gebeten. Bitte schicken Sie bis 23. Oktober 2021 eine E-Mail an:
katharina.eberlein-braun@uni-bamberg.de