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Ausgabe: | 1990 |
Spalte: | 605-606 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Reformationszeit |
Autor/Hrsg.: | Axmacher, Elke |
Titel/Untertitel: | Praxis Evangeliorum 1990 |
Rezensent: | Koch, Ernst |
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Theologische Literaturzeitung I 15. Jahrgang I WO Nr. 8
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Probleme reformatorischer Ekklcsiologic überhaupt. Hier neue Wege S. 152-155). Wichtig sind aber auch grundsätzliche Beobachtungen
gesucht zu haben, gereicht ihm allemal zum Ruhm. Der ab- wie die folgende: „Der Wandel vom Hymnus zum deutschen
schließende Teil führt die Unzulänglichkeiten von Buccrs Ekklesiolo- Kirchenlied vollzieht sich vor allem durch diese Änderung der
gie vor allem auf die einseitige Orientierung am erhöhten Christus Sprcchhaltung von .der streng unpersönlichen, doxologisch benen-
zurück. Dies ist gewiß zutreffend, aber wohl nicht erschöpfend. „Ein- nenden, noch in der Bitte .objektiv bleibenden Haltung des mittelheit
, Dynamik und Ausgewogenheit" von Bucers Konzeption werden alterlichen Beters zu der des reformatorischen Menschen, der sich in
nochmals unter den Kategorien zeillich und räumlich, horizontal und allen Aussagen auch über Gott als Ich (oder Wir) mit nennt und in sie
vertikal, volkskirchlich und bekennend zugleich zusammengefaßt. einbezieht.. .Dies ist ein frömmigkeitsgcschichtlich viel tiefer greises
und dann redlich als „eine von Gegensätzlichkeiten belastete fender Wandel als der häufig erörterte Vom Wir zum Ich im Lied zu
Ekklesiologie" qualifiziert. Dennoch attestiert der Vf. Bucer heutige Beginn des 17. Jahrhunderts" S. 141).
Aktualität im positiven, urteilt aber auch kritisch hinsichtlich der Auf eine Reihe von Besonderheiten in Mollers Umgang mit der
Unzulänglichkeiten. Man wird dem zustimmen können. Dem Vf. ge- Passionsfrömmigkeit macht die Analyse der Sol.loqu.a aufmerksam
bühr, der Dank der Kirchenhistoriker wie der Theologen überhaupt. (S. 171. 175. 1761). Nach der stattgefundenen Kontroverse zwischen
den Reichtum sowie die Komplexität von Bucers Ekklesiologie ausge- W. L Sauer-Geppert und L. J. Nicolaisen wird nun auch noch einmal
breitet zu haben weiterführend die frage nach der Vorlage lur Paul Gerhardts Lied „O
Welt, sieh hier dein Leben" aufgenommen (S. 178-189). Die Unter-
Münster Mariin Brecht suchung von „Mysterium magnum" (1595) erfolgt ganz unter dem
Gesichtspunkt der Frage nach Möllers Stellung zur unio mystica
(S. 211-232). Die Evangelienauslegung Mollers versteht A. als
Axmacher, Elke: Praxis Evangeliorum. Theologie und Frömmigkeit meditative Katechese" (S. 238).
bei Martin Moller (1547-1606). Göttingen: Vandenhoeck & Ru- " u_c|ragt man a s Arbeit auf Besonderheiten Mollers im Kontext der
brecht 1989. 370 S. m. I Abb.. I Taf. gr. 8' = Forschungen zur zej(gcnössischcn Erbauungsliteratur, so ergibt sich: Moller verKirchen
- und Dogmengeschichte.43. Kart. DM 78.-. ^ Lehrc und Gebet bewuß( a|s Einübung jn die Frömmigkeit"
n; r. . , u- u 11„.,-1,,,nu iiher (S I 38) Seine „besondere Absicht" ist es. „die christlichen Glaubens-
Dieses Buch stellt die erste monographische Untersuchung uRtr |3-" . , ... ,. ..... ...
Martm Moller und seine schriftstellerische Tätigkeit dar. Den Haupt- Inhalte durch aneignende^ Meditation ur die religiöse Existenz irucht-
W bilde, die detaillierte Analyse der Werke Mollers (einschließlich bar zu machen' (S. 200).Theolog,sch beweg, er sich - speziell be,
*iner Lieder). Sie wird eingeleitet durch eine Skizze der Problema- seinem Umgang mit der S.erbeproblematik - zwischen einer ganz
«k des Verhältnisses von Frömmigkeit und Mystik im frühen Luther- unmys.ischen Lehre vom Wort undI dem HmweiS au die u ,o
und eine Darstellung von Herkunft und geistigem Umfeld Mol- mystica mit dem Bräutigam C hnstus 208). Sein Ansatz beding
'ers. Den abschließende, Teil bilde, eine systema.isch-theologische aber auch, daß das Vers andnis von Glaube psychologisier wird
tu. oc5cinn.iJc.iui.il / •!,„;,.. (S 2361 obwoh dies „noch kein Indiz lur das Streben nach Loslosung
Untersuchung der Thematik ..Theologie und Frömmigkeit . -10'• onwl' . , , .
F ür Mollers Biographie kann A. eine bisher nicht ausgewertete von der überlieferten Kirchlichke,, «(S.253).
n„ ii . ... "v ' . wiu.-n Es ist der Vfn. außerordentlich zu danken, daß sie mit ihrer Arbeit
Quelle beibr ngen die Eintragung im (bisher ungedruckten) Witten- es isi uci
h,-r X ^ ciiuidguiig ( e. B-H-Mtnn« dazu verhilft, der Erschließung eines wichtigen und wirkungsmäch-
"ergerOrdiniertenbuch Sie vermag es. mit Gewißheit die Bedeutung ua/.u vciiium«
,w,... V" . , , .,.h„ nri,-mie tiaen Abschnittes der Frömmigkeitsgeschichte näherzukommen. Eine
CT1'tZer Schulzeit für Moller und seine .hcolog.sehe rien Nebenfrucht dieser intensiver Bemühung ist auch die Di.feren-
r ng festzumachen (vgl. S. 47-67). Diese Orientierung, d,c . unen, NtaM*^ * Mdalu,uhonlan,smu,
- "t enschen Me.anchthoniamsmus" bzw. einem " dog sch. nicht kirchenkriS angelegt is, ,S. ,06, und sich
ehen Luthertum" (S. 81) zentrier, ist. °hoejed«hdem *»ttri MM ^ ^ Johann Gerhard unterscheide, (vgl.
'nismus zuzuneigen (vgl. S. 264). ha. u. a. zu den bekann n Spa^n u. a « Bemerkenswert isl auch
Jgen mit Salomo Gesner ,n *******der s . anzutreffende Hinweis auf eine .heologiegeschich.lichc
Mo, er lb in ejner ■ übrigen wenlg dKeorminu,tät ZWISchcn denl , 5. und dem 17. Jh. (S. 241,. Fraglich wird
**hen" /wc.-Naturen-Lehre sowie ,n der Bußtneolog.c auch die Taugiichkeit der Verwendung der Begriffe Spät-
g - S. 108!) bemerkbar. u.irKiHlerischer reformation und Orthodoxie. Hier wird die Forschung vermutlich
bt.eressan. ist. daß die erste Phase von Mollers schnlts.cllcns her «™ Anwendung, ihres Instrumentariums werden
Tätigkeit (bis 159 Düberwiegend -mit einer Ausnahme, den Sol.lo- kritischer
dc Passione - von Übcrsetzungstä.igkei. bestimm, ist (Ignatius müssen. ^ ^ Bj|d Mo||ers ^ ^ ge|jngt
v°n Antiochien. Theodore! von Kyros. Meditat.ones patrum Ag* kirchlichen Lebens seiner Wirkungsstätten zu
m Nach A. is, die Übersetzung von Agape.s . Regen.enbuchlcm Jj»^ ^ vjc| zu ,un übng.
"Möllers gelehrteste Arbeit" (S. 189). während die Übersetzung de «euen ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ q^
WatlUSbriefe die erste deutsche Übersetzung dieser 1 exte überhaupt ,-ur Schlesien (S. 77). Dafür kommt Frankfurt (Oder) stärker in Betracht als
lst - ein Tatbestand übrigens, der erst noch der Kenntnisnahme woRkn isl _ Gcgcn s 72f Anm. 177 verstehe ich die Abcnd-
durch die Patristik bedarf (vgl. S. 94 Anm. 5). Die Untersuchung der mah($lehre des Bricgischen Abschieds von 1574 nicht als philippisiisch. Der
Mcditationes sanetorum patrum führt A. zu der Erkenntnis der Ab- xbscmcd benuU, die Formulierungen der Wittenberger Konkordie von 1536
Engigkeiten von. aber auch der Unterschiede zu den parallelen Vcr- uml präzisiert sie. ein Vorgang, der im zeitgenössischen Gncsioluthcrtums nicht
"'fentliehungcn von Andreas Musculus. Eine Arbeit, die auch der einma|jgjjt.
Erforschung der frühen Gcbetslitcratur des 16. und des frühen 17. Jh. Dje svslcmatisch-theologisch orientierte Untersuchung des 3. Teils
«»gute kommen wird ist der Nachweis der patristischen und mittel- def Arbcjt scha|tet sich in die aktuelle Diskussion der Eigenart des
•herlichen Quellen der Gebetstexte (S. 109-112 Anm. 50). Einer Vcrha|tnisses von protestantischer Theologie und Frömmigkeit cm.
mehr grundsätzlichen Fragestellung folgen die Ausführungen „Zur ^ für cjne aufeinander bezogene Unterscheidung dieser beiden
&»ge der Mystik in der protestantischen Erbauungsliteratur" Funktionen von Glaube ein und erhebt thetisch Merkmale prptestan-
,S- 131-138). A mißt Moller für die Mystik-Rezeption eine hervor- tjschcr Frömmigkeit.
«•ende Bedeutung zu (vgl S 115) wobei von ihm auch Ab- insgesamt liegt mit diesem Buch eine ausgezeichnete Arbeit vor, die
fchwlchungen mystischen Gedankengutes vorgenommen werden ^ mk von Anschlußthemen crötlnct und großen Dank ver-
,s- 127). dient.
,}ei der l ntersuchung von Mollers Liedern kann A. die Aufdeckung Emst Koch
*» textlichen Quellen ein gutes Stück weitertreiben (vgl. t»