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Ausgabe: | 1990 |
Spalte: | 354-355 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie |
Autor/Hrsg.: | Altenburger, Margarete |
Titel/Untertitel: | Bibliographie zu Gregor von Nyssa 1990 |
Rezensent: | Treu, Kurt |
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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 5
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eigentlich ausschließlich der komplizierten kirchenpolitischen Eni- Altenburger, Margarete, u. Friedhelm Mann: Bibliographie zu Gregor
Streit" immer mehr zu einer Auseinandersetzung zwischen Ein- und 1 or* ^"Pcihwb
Dreihypostasentheologie wurde, wobei das Nizänum auch bei seinen
Protagonisten (Markcll und Athanasius) lange nicht auftauchte. Nicht Ulrich v. Wilamowitz-Moellendorff, der große Berliner klassische
ganz deutlich wird die in den vierziger Jahren beginnende und in den Philologe, erscheint nicht in dieser Bibliographie, denn er hat nichts
fünfziger Jahren zu Parteien kondensierende Gruppenbildung im über Gregor separatim publiziert. Er verdient doch eine Nennung ho-
Lager der von Origenes herkommenden Dreihypostasentheologen wie nQris causa ja er es war, der Werner Jaeger zu der großen Grcgor-
auch die theologischen und kirchenpolitischen Beziehungen dieser Edition anregte, von der hiereine Nebenfrucht vorliegt. Sie war schon
Gruppen untereinander, die sich in der Ablehnung des Eunomius aufdem crsten Gregor-Kolloquium von 1969 angekündigt worden.1
e>nig sind. Dies trifft auch für die sogenannten Homöer zu, wie Thüm- Dje crfaßIen yitel gencn bis 1983, mit einigen Addenda bis 1987.
mel erfreulich deutlich zeigt. Auch wenn die Homöousiancr mit den Ejne Bibliographie kann man ebensowenig rezensieren wie ein
abendländischen Nizänern sich nach dem Sieg der Homöer auf der Telefonbuch 0der ejn Kursbuch. Man kann nur feststellen, ob die
Reichssynode von Rimini und Seleukaia in Opposition zur offiziellen -rugencien des Genres gelten: Vollständigkeit und Genauigkeit - in
Kirchenpolitik befinden, wird man zunächst kaum von einer An- . gr Annäherung, die menschenmöglich ist. Beides scheint mir cr-
näherung der beiden ersten Gruppen sprechen können, wieThümmel rejcnt. y0 Mängel erkennbar sind, gehen sieoft auf Mittelquellen zu-
*u stark betont. Die Versuche des Hilarius von Poitiers in dieser Rieh- fück M dje ßibliographia Patristica.2 In dankenswerter Offenheit
tung blieben völlig erfolglos. geben die Autoren an, wo ihnen Autopsie nicht möglich war. Das ist
Das vierte Kapitel beschreibt die Versuche Kaiser Julians, unter sel[en genug
Zurückdrängung der Christen eine quasi heidnische Staatskirche auf- Margarete Altenburger hat die Editionen und Übersetzungen chro-
zurichten, wobei sich in dieser Situation neue theologische Lösungs- n0|ogjsch zusammengestellt, beginnend mit dem ersten Druck, Straß-
versuche des Trinitarischen Streites ankünden, die Thümmel im bürg 1512. Gerade für die frühen Drucke ist hiereine enorme Arbeit
6 Kapitel „Von Jovian bis zu Theodosius" behandelt. Während der geiejstet WOrden. Sie darf als abschließend gelten - während am
die Homöer begünstigenden Herrschaft des Valens findet die Trini- anderen Ende natürlich alles offen bleibt Tür Fortsetzungen. Zu
•ätslehre langsam ihre neunizänische Ausformung, die durch die diesem „Teil A" gehört ein „Teil C", der die Editionen und ÜberDifferenzierung
von Ousia und Hypostasis, die beide bisher identifi- sctzungen nach den einzelnen Schriften aufgliedert und daran Hinziert
wurden, möglich wurde. Auf diese Weise konnten nun bisherige wejseauf die jeweilige Sekundärliteratur anschließt.
Vertreter der Dreihypostasentheologic das Homoousios anerkennen. Djese ^ voi|ständig erfaßt von F. Mann im „Teil B". gegliedert
Thümmel schiebt das Verdienst an dieser Entwicklung zu sehr den nach Aulorennamen und unter diesen nach dem Stichwort der Titel,
ausführlich behandelten Kappadoziern zu. Der sogenannte „Tomus njcht cnronologisch. wie es bei produktiven Autoren naheliegen wür-
ad Antiochenus", das erste Zeugnis für die neunizänische Trinitäts- ^ Ejne Untergliederung ist nicht versucht. Dankenswert ist, daß bei
jehre. zeigt, daß diese Entwicklung bei den nun gerade aus homö- Art,cjten übergreifenden Charakters die Seiten genannt werden, die
'Schern Milieu stammenden Meletianern begonnen hat. und zwar ^ Grcgor einschlägig sind. Weiter führt dann Mann in „Teil D".
n,cht in Annäherung an Athanasius, die bekanntlich nie zustande einem Sachregister nach Stichworten, von Ästhetik und Allegorie bis
kam. sondern in Ablehnung der Anhomöer. zu jjiX- und Sozialgeschichtlichem, dazu kürzer nach griechischen
Völlig zutreffend interpretiert Thümmel das Konstantinopolitaner Termjnj wje apatheia, oikonomia, theoria. Hier ist mehr geboten, als
Konzil von 381 von dieser Theologie her. in dessen Bekenntnis die mgn ver)angen kann.
"eunizänischen Formulierungen aber verwirrenderweise gerade nicht informationsreich sind auch die Indices zu Teil A und C mit den
auftauchen. Hier vermißt man einen Hinweis auf den (immerhin er- Herausgebern. Druckern und Verlegern (16.-19. Jh.) sowie Überschließbaren
) Tomus der Synode, setzern. Leider ist hier Teil B nicht erfaßt, so daß der alte Göttlich
pür die behandelte Zeit nicht ganz glücklich ist das sechste Kapitel Sto)|en^ jena, vcrlegts die Meyerische Wittib 1733" (S. 237) nur im
-Die Orientalischen Nationalkirchen" überschrieben. Diese Bezeich- Tex{ fmden ist
nur>g kann man m. E. erst fürdiedie Zeit nach Chalkedon verwenden. rjas rünfte Gregor-Kolloquium. Mainz 1982, ist mit seinen 1984
2« den hier behandelten Armeniern. Syrern. Georgiern. Äthopiern pub|jzierten Acta in den Addenda erfaßt, unter B wie The Biographi-
nä«e hier m. E. unbedingt ein Hinweis auf das ostgermanische ca| Works r>as erste von 1969 findet man unter Ecriture, das zweite
christcntum. vor allem also die Goten, gehört. Germanisches von |972 Unter Gregor, das dritte von 1974 unter Colloquium, das
Christentum ist im griechischen Osten entstanden und nur aus den vjerte wn 197g un(er Easter Sermons. Hier wäre eine Verweisliste im
etlichen theologischen Gegebenheiten des späten 4. Jh. verständlich Ansch|uß an die einleitenden Verzeichnisse nützlich gewesen.
(v8l- die Behandlung dieses Themas in I 5 im Zusammenhang der Ejne Bibliographie hilft zur Weiterarbeit, aber ersetzt sie nicht.
abendländischen Kirche)! Unter Bauer. J. B., findet man einen Aufsatz aus dem Archiv für Pa-
Abschließend widmet Thümmel zwei Kapitel dem kirchlichen pyrusforschung. Gemeint ist dort S. 213-217 die Nr. 2. „Gregor von
Leben. dem Mönchtum und der seit dem 4. Jh. immer stärker an Nyssa?» Djes Stück hat der Katalog der christlichen Papyri von
D,nglichem orientierten Frömmigkeit, wobei allerdings das 3. Jh. j van Hae|st Unter die »Textes non identifies« gestellt (Nr. 1182): es
Banz ausgeblendet bleibt und so die Bedeutung der konstantinischen dürft(, |iturgisch ^jn Und aus einem Theotokion stammen. Unter
Wende gerade Tür das alltägliche christliche Leben - der ganze Korn- Landwehr, H., findet man einen wirklichen Gregor-Papyrus. Bei van
ple* ..Antike und Christentum" - etwas zu wenig deutlich wird. Der Haelst js( ef N|. 653 und dort findet man auch den Hinweis auf
Bar>d schließt gleichsam paradigmatisch mit der für die Zeit um 400 neucre Editionen, u. a. bei Danielou 1955, der S. 112 verzeichneten
*° Epischen Gestalt des Johannes Chrysostomus. Presbyter und Edition der Moses-Vita.
B,schof in der Hauptstadt eines nun christlichen Imperiums - und Aber schließen wir mit einem Lob: die Verzeichnung der Rezensio-
°Plerdieser Entwicklung. nen ist eine gute Zugabe, und daß man sich auf die förderlichen be-
Thümmel hat sich mit diesem Band als genuiner Kenner der zu bc- tränkt, ist eine mutige Bescheidung,
handelnden Epoche wie auch der Forschung erwiesen. Für den stu- Kurt Treu
dcntischen Gebrauch hätten die Herausgeber mehr Platz für die Dar- Berlin
Stellung dieses die Kirchengeschichtc doch wohl entscheidenden Zeit- _
■^ums zur Verfügung stellen müssen. , , _ . . , Tm7Q7 107-1 675-677
Tübingen Hanns Christof Brenneeke Vgl. meine Rezension der Acta ThLZ 97. 197.. 675