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Ausgabe:

1988

Spalte:

680-681

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Index 1988

Rezensent:

Winkelmann, Friedhelm

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679

Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 9

680

stus" (308). Dieses Evangelium ist als Wort vom Kreuz (IKor 1,18)
das Wort, das Gottes Ges-lichte in Jesus erzählt. Diese ist und bleibt
dem Glauben so vorgegeben, daß dieser seine Gewißheit nicht in dem
abstrakten Reich notwendiger Vernunftwahrheiten suchen muß, sondern
„Gott sein (läßt) in dem Geschehen am Kreuz" (382). In der
Erzählung der Geschichte Jesu wahrt das Evangelium das „Extra-nos
Gottes" (386). Beide, die metaphorische Sprache der Gleichnisse und
die Geschichtserzählung des Evangeliums, „(sind) auf die Weltlichkeit
des Gegebenen angewiesen, um über es mehr zu sagen, als weltlich zu
sagen wäre" (425); beide sprechen sie die Sprache der Liebe. Diese
Sprache ist anfechtbar und leicht zu übertönen, aber sie eröffnet den
Zugang zum Leben.

Eine ganze Anzahl der von Weder im Hauptteil seines Buches vorgetragenen
Exegesen, vor allem die von IKor 1.18fT; Gal 3 und
Phil 2,6-11 sind (m. E.) anfechtbar; sie lassen sich hier nicht in Breite
diskutieren. Zwei Fragen aber müssen erörtert werden. Auf S. 200
meint Weder, von Jesu Auferweckung her sei „die Aussage Jesus ist
Christus' als die theologische Metapher zu bezeichnen, beziehungsweise
. . . die theologische .Grundmetapher' zu nennen". Exegetisch
gilt dies vielleicht im Blick auf Apg 2,36, nicht aber im Blick auf die
Jesustraditionen Mk 8,29 Par. und Mk 14,61 Par. Außerdem ist „der
Gesalbte" im biblischen und frühjüdischen Sprachraum keine Metapher
, sondern ein geschichtsbezogener Ausdruck prophetischer Verheißung
. Sofern Jesus selbst messianischen Anspruch erhoben und
sich vor dem Synhedrium (und Pilatus) als Messias und Gottessohn
bekannt hat, spricht er in seinem Bekenntnis von einem an seine
Person gebundenen, endzeitlichen Erfüllungsgeschehen, das der österlichen
Theologie christologische Richtung gibt. Jesu messianisches
Sein und Bekenntnis haben deshalb mehr als nur metaphorischen
Charakter! - Die zweite Frage hängt eng mit der ersten zusammen:
Jeder Kenner des antiken Judentums weiß, daß die Textsorten
Gleichnis, Gebet, Brief, Bitte (Paraklese) und Geschichtserzählung,
dem Neuen Testament schon vom Alten Testament (und Frühjudentum
) her vorgegeben sind. Bis auf die Gattung „Evangelium" handelt
es sich also nicht um speziell neutestamentliche Sprachweisen. Unter
diesen Umständen wäre Weders neutestamentliche Hermeneutik zu
einer gesamtbiblischcn Sprachlehre des Glaubens zu erweitern und
vor allem müßte die christologische Frage noch sehr viel präziser
behandelt werden, als es in dem Buch geschieht, das immer wieder elegant
von der indirekten zur (erst nachösterlich zu datierenden) direkten
Christologie hin- und hergeht. Es wäre dann nämlich zu zeigen, in
welcher Weise die Sprache der Gleichnisse von Jesu messianischem
Sein her ihre unverwechselbare Prägung erhält und wie dies auf die
anderen Textsorten weiterwirkt. Wenn man in diesem Zusammenhang
von einer christologischen Grundmetapher sprechen will, so
lautet sie (mit Joh 1,1 ff): Jesus ist das Schöpfer- und Gerichtswort
Gottes in Person.

Weders Epilog spricht von dem „fremden Gast", dessen Position
Jesus selbst einnimmt (vgl. Lk 19,1 ff; Mt 25,35.43; Joh 1,10). Ihn gilt
es aufzunehmen. Von daher kann die neutestamentliche Hermeneutik
als „Wahrnehmung neutestamentlicher Texte anhand der Metapher
vom fremden Gast" begriffen werden (433). Ihre eigentliche Arbeit
gilt der Entdeckung der menschlichen Aufnahmefähigkeit angesichts
dieses Gastes. Der „interessierte Gast" von IKor 14,16.24Fsoll also
durch die neutestamentliche Hermeneutik zur Aufnahme Jesu als
frerhdem Gast angeleitet werden. Ob diese Begegnung wirklich
zustandekommt, ist von einem Lehrbuch (und der theologischen
Wissenschaft) nicht mehr zu entscheiden; um sie kann nur gebetet
werden. Indem Weder mit einem solchen Gebet (aus Luthers Wcih-
nachtslied „Vom Himmel hoch . . .", V. 8 = „Sei mir willkommen,
edler Gast. . .") schließt, macht er deutlich, daß man von der neu-
testamentlichen Hermeneutik „niemals sagen (kann), sie sei voraussetzungslos
. Sie ist nicht ableitbar aus einer allgemeinen Lehre des
Verstehens" (44), sondern sie folgt dem inkarnatorischen Weg Gottes
in die Tiefe in Jesu Person und Sendung.

Inmitten der unübersehbaren Flut von buchstäblich „überflüssigen
" theologischen Publikationen hat Weder ein notwendiges Buch
gesehrieben. Es bereichert und belebt die hermeneutischc Diskussion
und führt Studenten, Lehrer und Pfarrer in gelungener Art und Weise
in ihre Auslegungsarbeit ein.

Tübingen Peter Stuhlmachcr

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Tertullien: Les spectacles (De speclaculis). Introduction, Texte
eritique. Traduction et Commentaire de M. Turcan. Paris: Cerl
1986. 367 S. 8' = Sources Chretiennes, 332. ffr207.-.

Die Überlieferung der Schriften Tertullians ist seit jeher ein Problem
, das auch für die Schrift de spectaculis gilt. Es gibt drei Textzeugen
, die jedoch recht verschieden sind. Der weitaus wichtigste Text
ist der Codex Agobardinus aus dem 9. Jh., der jedoch stark beschädigt
ist. E. Castorina hat 1961 in seiner Edition in der Bibliotheca di Studi
Superiori (Bd. 47) die fehlenden Stellen des Codex Agobardinus optimal
ergänzt: «Un progres sans doute definitif» (8). Der Schwede
G. Claeson und der Holländer G. I. Lieftinck fänden andere Manuskripte
, die auf die Karolingerzeit zurück verweisen; die Vigilae Chri-
stianae berichteten davon 1951 (193-203). Das Problem wird dadurch
kompliziert, daß es im 16. Jh. bereits gute Editionen gab. deren
Textgrundlage heute jedoch nicht mehr erkennbar erscheint: Mcsnart
berief sich 1545 auf einen Codex vetustissimus, Gelenius nannte 1550
einen besonders guten Codex Masburensis, der ihm geholfen habe
(13). J.de Pamele meinte 1584 bei einer Ausgabe der Werke Tertullians
, daß gerade die Edition von de spectaculis besonders vollkommen
gelungen sei (7). Nun hatte Castorina diesen Editionen weithin
den Vorzug gegeben gegenüber dem beschädigten Codex Agobardinus
(16). Dieses Verfahren wird als riskant bezeichnet. Es soll ein eigenes
Auswahlprinzip entwickelt werden, das sich an Sachkrilcrien entscheidet
(23). Das hat zur Folge, daß der Text und die Übersetzung
(74-329) sehr stark mit Anmerkungen versehen werden, die meistens
mehr Raum einnehmen als der Text. Auf S. 148/149 fehlt der Text
überhaupt, weil die Anmerkungen so lang wurden. Doch stellt die
Hgn. mit gutem Grund fest, daß die Anmerkungen zu den eigentlichen
Textproblemen so knapp wie nur möglich gehalten worden
sind; es geht vor allem um Sacherklärungen. Es werden Bezüge zu
biblischen Stellen ebenso gezeigt wie solche zu anderen Schriften von
Tcrtullian, auch zu anderen Kirchenvätern und zu antiken Autoren.
Zu bedauern ist nur, daß diese Fülle der Hinweise nicht in Registern
aufgearbeitet wurde. Als einziger Index erscheint ein «Index des mots
lalins» (336-365). Die verschiedenen Daticrungsmöglichkeitcn werden
ausgebreitet (37-45), die Frühdaticrung auf das Jahr 197 wird für
die beste Lösung gehalten. Aufschlußreich sind die Hinweise auf
Nachwirkungen dieser Tertullianschrift bei Ambrosius, Augustin.
Caesarius von Arles, Salvian u. a. bis hin zu Isidor von Sevilla (68)-
Mit diesem Band sind bisher zehn Schriften von Tertullian in 12 Bänden
in der Reihe Sources Chretiennes erschienen. Acht Bände befinden
sich «Sous presse» (373); Tertullian ist dort leider nicht
genannt.

Rostock Gert Hacndler

Kusche de Cesarce: Histoire Ecclcsiastique, IV. Introduction par G.
Bardy, Index par P. Perichon. 3. Aufl. Paris: Cerf 1987. 333 S. 8' =
Sources Chretiennes, 73. Kart, ffr 1 74.-.

-: Contrc Hierocles. Introduction, Traduction et Notes par M. Forrat
. Texte grec etabli par E. des Places. Paris: Cerf 1986. 237 S. 8 B
Sources Chretiennes. 333. Kart, ffr 1 74.-.

Gustave Bardy, einer der großen französischen Patristiker, starb am
31. 10. 1955. Eines der letzten Werke aus seiner Feder war die

Editio

minor der Kirchengeschichtc Euscbs, die er von 1952 an in den Sources
Chretiennes herausgab. Als letzter Band erschien - schon