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Ausgabe: | 1988 |
Spalte: | 667-669 |
Kategorie: | Altes Testament |
Autor/Hrsg.: | Goldingay, John |
Titel/Untertitel: | Theological diversity and the authority of the Old Testament 1988 |
Rezensent: | Preuß, Horst Dietrich |
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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 9
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gen hinzutraten. Letztere seien ,,in mehreren Stufen" in den heutigen
Kontext eingefügt worden. Dabei läßt sich etwa folgende Entwicklung
rekonstruieren: (1) Auf der ersten Stufe kamen 1 Kön 20 und 22 hinzu.
Das Verbindungsstück zwischen beiden Erzählungen - 1 Kön
20.35-43 - sei von jenem Autor geschaffen worden, auf den auch
lKön 13 zurückgehe. (2) Als erste Elischaerzählung wurde jene in
2Kön 3,4.6-27 eingefügt. Das war auch der Zeitpunkt der sog.
Joschafat-Bearbeitung von 1 Kön 22. (3) Der nächste größere Komplex
von Elischaerzählungen entstand schon vor seiner Eingliederung
ins deuteronomistische Werk. Es handelt sich dabei um die „Sukzessionseinheit
" (2Kön 2,1-15.19-24 und 4,38a), die „Frauensammlung
" (2Kön 4,1-37) und die dazu gehörenden sekundären Erweiterungen
(2Kön 2,16-18 und 4,38b-44). (4) Das Geschichtswerk wurde
sodann um die „Prophet-Elischa-Sammlung" (2Kön 5,1-27 und
6,8-23) vergrößert. - Auf die restliche Elischatradition (2Kön
6,24-7,20; 8,1-6.7-15 und 13,14-21) kann der Vf. nur noch kurz
eingehen. Abschließend betont er nochmals sein Ergebnis, daß es eine
„vordtr. Elija-Elischa-Großerzählung" nie gegeben habe (479).
Der Vf. hat eine sehr gründliche Analyse vorgelegt, die hier nur in
groben Umrissen skizziert werden kann. Mit den textkritischen Erörterungen
hat er eine solide Basis für Literar- und Kompositionskritik
geschaffen. Trotzdem bleiben Fragen. Während der Vf. nach der
Analyse von 1 Kön 22 zu dem Ergebnis kommt, daß die Grundschicht
mindestens viermal bearbeitet bzw. erweitert worden ist, spricht er
sich bei Texten wie 2Kön 5 entschieden für die literarische Einheitlichkeit
aus. Dort ist er nicht einmal bereit, die VV 19b—27 einer
jüngeren Bearbeitung zuzuweisen, sondern widerspricht tapfer dem
bisherigen Konsens. Ironisch könnte man fragen, ob der Vf. den einen
Teil seiner Arbeit in einer Phase großer Skepsis gegenüber der Literar-
kritik geschrieben hat, während er im anderen Teil wieder zuversichtlich
gestimmt war. Der Grund für die unterschiedliche Behandlung
der Texte ist aber wohl ein anderer. Der Vf. möchte die literarkriti-
schen Indizien möglichst eng fassen, um zu nachweisbaren Urteilen zu
kommen. Er kann darum nur solche Dubletten und Widersprüche
auswerten, die kraß ins Auge fallen. Gab es aber in Israel nur solche
Bearbeiter, die durch ihre Ungeschicklichkeit offenkundige Diskrepanzen
hinterließen? Müssen wir nicht auch mit Redaktoren rechnen,
die sich den vorgegebenen Texten durchaus anzupassen verstanden
und deren eigener Beitrag sich nur durch Nuancen vom Überlierferten
unterschied? Der Vf. gibt freilich mehrfach zu, daß sich auch solche
Unterschiede erkennen lassen (z. B. 3180- Er glaubt aber, daß sie in
einer traditionskritischen Analyse ausgewertet werden müßten
(400-402). Leider gestattet ihm die Stoffülle nicht, diese Arbeit selbst
zu tun. Vielleicht hätte sonst das Verhältnis von literar- und traditionskritischen
Indizien noch einmal überdacht werden können.
Damit sind wir bereits bei der methodischen Beschränkung. Der Vf.
sah sich auch nicht in der Lage, die Elischatradition und verwandte
Erzählungen formkritisch - synchron - zu untersuchen. Das beeinträchtigt
m. E. das Ergebnis. Er folgert z.B. aus dem Hinweis auf den
„Propheten in Samaria" (2Kön 5,3), daß diese Bezeichnung nur für
einen Leser verständlich sei, der in einer vorausgehenden Erzählung
Elischa bereits so kennengelernt habe (370). Kann einem Leser oder
Hörer aber der Prophet in Samaria nicht auch ohne literarischen Kontext
bekannt gewesen sein (pragmatischer Aspekt)?
Trotz der verständlichen Grenzen hat der Vf. auf die enge Verbindung
von Text-, Literar- und Kompositionskritik aufmerksam gemacht
, Tür einige Texte (I Kön 20; 22 und 2Kön 3,4.6-27) überzeugende
literarkritische Analysen vorgelegt und Thesen zur Komposition
der Elischaerzählungen vorgetragen, die durch ihre behutsame
Begründung imponieren.
Erfurt Georg HentscheL
Goldingay, John: Theological Diversity and the Authority of the Old
Testament. Grand Rapids, MI: Eerdmans 1987. IX, 308 S. 8°.
Kart. £ 12.25.
Daß das AT keine historische noch literarische noch gar theologische
Einheit ist, ist weithin unbestritten. In dem hier anzuzeigenden,
gedanken- und materialreichen Buch (50 Seiten Lit.-Verz.!.
S. 240-289; dann Sach-, Verfasser- und Bibelstellenregister) wird
nicht nur diese Vielschichtigkeit und Unterschiedenheit der Texte,
Themen und Bücher unter gründlicher Heranziehung der Forschungsdiskussion
und der Sachprobleme dargestellt und dann nach
einer möglichen Einheit gesucht bzw. eine Zusammenschau gewagt,
sondern es wird nach der Autorität (!) dieses vielschichtigen AT für
uns (Christen) heute gefragt. Damit bietet der Vf. einen Durchblick
durch wichtige Bereiche atl. Forschung und Theologie, impliziert
aber auch Fragen atl. Hermeneutik. Das ist so notwendig wie mutig,
zieht notwendigerweise auch das NT mit heran und versucht letztlich
eine biblische Theologie. Ist dieser Versuch (einer ursprünglichen
Diss. aus Nottingham 1983!) geglückt?
Das Vorwort benennt die Fragestellung: Wie können wir Theologen
mit den Verschiedenheiten innerhalb des AT umgehen? Drei
Versuche, sich diesem Problem zu nähern, werden kurz skizziert: Der
Blick auf Kontexte und Situationen, auf verschiedene Ebenen der Einsicht
, der Aufweis einer allen Äußerungen doch zugrunde liegenden
gemeinsamen Theologie. Da es wichtiger sei, Theologie des AT zu
treiben als ihre Methodologie zu diskutieren, geht die Einführung
(Kap. I, S. 1-28) direkt auf erste theologische Verschiedenheiten
innerhalb des AT (mit kurzen Ausblicken ins NT) zu (z. B. Gott, den
etwas reut oder auch nicht; verschiedene Gestalten des Gottesvolkes.
Wertung des Königtums, Hoffnungsaussagen, Tag Jahwes). Wo haben
diese unterschiedlichen Konzeptionen ihren Grund? Kann und dart
man nach einer Kohärenz suchen?
Der Teil I (S. 29-96) geht in zwei Kapiteln (S. 29-58 u. 59-96) zwei
angesprochenen Hauptproblemen vertiefend nach: Können wir verschiedene
Theologien durch ihren unterschiedlichen Kontext erklären
? Eine kontextualisierende Studie zum „Gottesvolk" führt dies
dann weiter. Nimmt man Geschichte und Glaubensgeschichte ernst,
kommt es dann nicht zu einem Relativismus? Gibt es einen Dialog innerhalb
des Kanons, ist dabei alles in gleicher Weise und Würde kanonisch
? Gibt es Aussagen von geringerer, andere von größerer theologischer
Bedeutung? Wie steht es um die verschiedenen Zuordnungen
von Bund und Gesetz, von göttlicher und menschlicher Aktivität, von
Leben, Tod und Leben nach dem Tod? Kann man z. B. hier zu den
Proverbien zurückkehren, ohne Qohelet mitzuhören? Wenn dann
Unterschiede und Einheit der verschiedenen Füllungen des Gottes-
volkgedankens betrachtet werden (Familie, Volk, theokratische Nation
, religiöse und d. h. wartende, hoffende, gehorsame Gemeinde),
werden bleibende Einsichten festgehalten im Blick darauf, was es für
uns bedeutet, Gottes Volk zu sein (84). Hierbei könne man nicht einfach
das uns helfende Modell auswählen, zumal früheres in späterem
weiterlebe, sondern das Bleibend-Wichtige wird herausgearbeitet. Der
Rez. würde sagen: Es werden synchronisch wie diachronisch Grundstrukturen
herausgearbeitet, z. B. Beziehungen zwischen Leben im
Geist und in der Welt, zwischen göttlicher Satzung und menschlicher
Herrschaft, zwischen dem Gottesvolk als Vision und als Realität. Dabei
werden „Ähnlichkeiten" zwischen dem jeweiligen Kontext des AT und
uns herausgestellt, und es wird von „analog" gesprochen (91).
Teil II (S. 97-166) greift in Kap. 4 (S. 97-133) noch einmal Grundsatzfragen
auf, die aufgrund des modcllhaften Versuchs von Kap. 3
entstanden sein könnten: Können wir bestimmte atl. Aussagen bejahen
, andere aber kritisieren? Forschungsmeinungen werden (von
Hobbes bis Childs) dargestellt und nach ihren Ansätzen geordnet
(moralische Wertung; Entwicklung; Hcraushebung der Prophetic:
Vergleich mit dem NT; Suche nach einem Zentrum des AT; Sachkritik
; Kanon im Kanon usw.). Drei Aufgaben ergeben sich: Die verschiedenen
Typen (z. B. der atl. Hoffnung) in ihren Beziehungen
zueinander untersuchen; dann fragen, was zentraler und was peripherer
ist, was „wahrer" und was weniger„wahr" ist, denn bereits im
AT
selbst gibt es Material von verschiedenem Wert (I28ff.)! Durch eine
wertende Untersuchung des vielschichtigen Dtn wird dies alles (in