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Ausgabe:

1983

Spalte:

628-629

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Die Lesepredigt 1983

Rezensent:

Adler, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 8

628

genannte ökumenische Studie so wichtig wurden. Bolotov empfahl,
der Wahrheit des Filioque dadurch Rechnung zu tragen, daß man den
Hl. Geist „vom Vater des Sohnes" ausgehen und auf diese Weise den
Sohn am Ausgang des Geistes aus dem Vater mitwirken lasse. Ist das
möglich, dann ist tatsächlich die verfängliche Filioque-Forme überflüssig
. Congar aber sucht nicht selbständig nach einer neuen Formulierung
, um das in Nicaea ganz offen gelassene Verhältnis des Geistes
zum Sohn und des Sohnes zum Geist zu bestimmen, sondern möchte
die gegenseitigen Verurteilungen beseitigen: 1. Die orthodoxen Kirchen
sollen anerkennen, „daß das Filioque nichts Häretisches an sich
hat" (451). 2. Die Westkirchen mögen das Filioque im Sinne eines per
Filium verstehen. 3. „Man muß die Wahrheit, die in den beiden
Formeln liegt, miteinander verbinden, indem man aufzeigt, daß die
Formeln einander ergänzen." (453)

Für die durch die feministische Theologie heute angeregte Diskussion
äußerst interessant ist Congars Kapitel „Die Mütterlichkeit in
Gott und die Weiblichkeit des Heiligen Geistes" (424-432). Mit einer
Fülle von Zitaten aus syrischen Kirchenvätern, mittelalterlichen
Mystikerinnen, orthodoxen Theologen und biblischen Untersuchungen
z. B. über „Barmherzigkeit" weist er das Recht und die Würde
dieser alten Auffassungen vom Heiligen Geist auf.

Blickt man auf dieses große Werk zurück, dann kann man den
Reichtum der hier angedeuteten Gedanken nur rühmen. Die Verbindung
von Tradition und Gegenwartsoffenheit und die Vermeidung
sinnloser Alternativen kennzeichnen die Weisheit des Autors. Es bleiben
freilich auch Wünsche offen, an denen die Grenzen dieser Theologie
des Heiligen Geistes erkennbar werden:

1. Es fehlt fast ganz die Darstellung des Schöpfungsgeistes, der in
aller informierten Materie und in allen offenen Lebenssystemen, auch
im Menschen und in komplexen menschlichen Gesellschaften und
nicht zuletzt im gesamten Öko-System „Erde", in welchem wir alle
leben, präsent ist. Es hat bei Congar den Anschein, als sei der Geist
Gottes Geist und der Geist der Kirche und des Glaubens allein. Das
aber wäre eine Verengung, die sich in der Kommunikationsunfähigkeit
dessen, was die Kirche „Heiliger Geist" nennt, geltend machen
würde. Er wäre heute notwendig, Geist und Bewußtsein wieder zu
unterscheiden, um Geist als das kosmische Organisationsprinzip allen
Lebens und menschliches Bewußtsein als eine partielle Reflexion
desselben zu verstehen.

2. Dann erst wird die aus der theologischen Tradition offene Frage
nach dem Verhältnis des kosmischen Schöpfungsgeistes zu dem rettenden
Christus-Geist aufgeworfen, die Paulus Rom 8 zu beantworten
versucht hat. Wie spielen der Geist der Schöpfung und Erhaltung der
Welt und der Geist der Neuschöpfung zusammen? Wie geht der
„Geist der Freiheit" auf den in menschlicher Kultur, Wissenschaft
und Religion wirkenden kosmischen Geist ein?

3. Congar bleibt im inneren Kreis von Trinität, Kirche und Sakramenten
. Seine Liebe gilt der charismatischen Bewegung. Dort fühlt er
sich zu Hause. Es ist aber auch möglich, von einer perichoretischen
Trinitätslehre zu einer gottebenbildlichen menschlichen Sozialität
und einer ökologischen Lehre vom einwohnenden Schöpfungsgeist zu
kommen, um die Welt nicht nur liturgisch zu repräsentieren, sondern
auch theoretisch und praktisch in der „Gemeinschaft des Hl. Geistes"
zu vereinigen (vgl. A. Geense, Pneumatologische Entwürfe in der
niederländischen Theologie, ThLZ 106, 1981 Sp. 785-796; J. Möllmann
, Die Gemeinschaft des Hl. Geistes, ThLZ 107, 1982
Sp. 705-715). Congar ist auf seine Weise und auf seiner Linie so weit
gegangen wie er konnte. Zukünftige Pneumatologien werden an diesem
Buch gemessen werden.

Tübingen Jürgen Moltmann

Neuner, Josef, u. Heinrich Roos: Der Glaube der Kirche in den
Urkunden der Lehrverkündigung. Neubearb. von K. Rahner u. K-
H. Weger. (Lizenzausg.; Orig. Ausgabe Verlag F. Pustet, Regensburg
). Leipzig: St. Benno 1982. 603 S. kl. 8

Mit dieser Ausgabe des „Neuner-Roos" hat der St. Benno-Verlag
diese auch für den evangelischen Theologen im deutschen Sprachraum
schon fast unentbehrliche Sammlung amtlicher Glaubensdokumente
der römisch-katholischen Kirche in deutscher Übersetzung
auch für Benutzer in der DDR zugänglich gemacht. Der vorliegende
Nachdruck der 10. Auflage umfaßt Dokumente bis zum
Jahre 1967, bezieht also die wichtigsten Aussagen des II. Vatikanischen
Konzils mit ein. Die Texte sind nach den Hauptthemen der
Dogmatik zusammengestellt, innerhalb der thematischen Kapitel
aber chronologisch geordnet. Jedes Kapitel wird durch eine von den
Herausgebern verfaßte theologische Einführung eingeleitet.

U. K.

Baur, Jörg: Schuld und Sünde (NZSystTh 24.1982 S. 311-319).
Bertuletti, Angelo: Fede e sapere. II concetto di fede teologica (Teologia VII,
1982 S. 249-270).

Chul Won Sun: The Creation-Mediatorship of Jesus Christ. A Study in the
Relation of the Incarnation and the Creation. Amsterdam: Rodopi 1982. XIV,
325 S. 8- = Amsterdam Studies in Theology, IV. hfl. 60,-.

Härle, Wilfried u. Eilert Horms: Deutschsprachige protestantische Dogmatik
nach 1945. Teil I/II(VuF27,1982 H. 2; 28,1983 H. 1).

Nothomb, Dominique: Une Eucharistie sans pain ni vin? Elements de refle-
xionpourun Probleme pastoral (NRTh 1 15,1983S. 69-79).

Plathow, Michael: Schuldübertragung oder Schuldübernahme. Stellvertretung
als dogmatisch-ethisches Thema (ZKTh 104,1982 S. 411-422).

Renwart, Leon: Jesus-Christ, Fils de Dieu (NRTh 115,1983 S. 88-117).

Schmidt, Erik: Hegel und die kirchliche Trinitätslehre (NZSystTh 24, 1982
S. 241-260).

Verweyen, Hansjürgen: Eschatologie heute (ThRv 79, 1983 Sp. 1-12).

Praktische Theologie: Homiletik

Die Lesepredigt. Eine Handreichung. 15. Jahrgang 1981/82. Ordnung
der Predigttexte: 4. Reihe. Hrsg. von H. Schnell. Hauptschriftleiter
: H. Breit. München: Kaiser 1982. VII, 496 S. 8". Lw.
DM 40,-.

„Der Mensch, der immer gerne verändert, hat hier fünfzehn Jahre
alles beim Alten gelassen. Aber der Duktus der Predigten hat sich
doch, unbeabsichtigt von denen, die sie schrieben und redigierten,
erheblich gewandelt... die Zeitläufte veränderten sich, und die theologische
Reflexion gewann neue Themen .... Was sie (die Predigt)
erzählt.. . verrät immer einen gehörigen Fundus an durchstandener
Zeit und geistlicher Erfahrung. Sie will Einsichten eröffnen, aber
damit keine Aussichten verbauen."

Dieser Feststellung im Vorwort kann der Rezensent zustimmen,
wenn auch das Wort „erheblich" nicht mißverstanden werden darf.
Denn die in den bisherigen Bänden ersichtlichen Grundpositionen
sind nicht aufgegeben: Nähe zum Predigttext, Hineinnahme der
Realitäten unserer Alltagswelt, ohne daß diese dominant werden, eine
Sprache, die Kanaan endgültig verlassen hat und sich eines guten
Gegenwartsdeutschs befleißigt, ohne theologische und säkulare
Modeworte. Nicht primitiver Imperative bedient sich die Konkretion
dessen, was uns der Text zu sagen hat, sondern sie gibt Impulse für
eigenes Nachdenken. Von einem heute gelegentlich anzutreffenden
Kanzelpessimismus ist nichts zu spüren: „Nüchterner Dienst im Auftrage
Gottes an der Welt auf dem schmalen Grat zwischen Resignation
und Schwärmerei - das ist es, was die Kirche der Welt als Zeichen
der Hoffnung zu geben vermag." (S. 76)

Die exegetischen Beigaben zeigen dem Benutzer den Weg auf, den
der Autor vom Text her eingeschlagen hat. Die Beigaben - Gebete,
Liedangaben, Leseperikopen - machen diese Handreichung noch
praktikabler.

Einige Anmerkungen: Die Predigtschreiber sollten die ICH-Form
meiden, da der künftige Lektor sich nicht unbedingt mit dem Autor
identifizieren kann. - In einer Predigt (S. 457ft) überwuchert die aus-