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Ausgabe: | 1983 |
Spalte: | 576 |
Kategorie: | Bibelwissenschaft |
Titel/Untertitel: | Art and meaning 1983 |
Rezensent: | Bernhardt, Karl-Heinz |
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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 8
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Recht sehr kritisch gehaltenen - Überblick über die Anfange der Indianermission
durch Puritaner in Neu-England und durch Jesuiten in
Kanada. Wie dies auch im Hinblick auf Lateinamerika heute geschieht
, bemängelt er, daß den Indianern mit dem christlichen Glauben
die westliche Zivilisation bis hin zur Kleidersitte aufgedrängt
wurde. Er beschreibt die Bestrebungen, Indianerdörfer zu schaffen,
und analysiert die zu diesem Zweck von John Eliot verfaßte Literatur.
Sichtbar wird das Anliegen der Puritaner, die „betenden Städte" bekehrter
Indianer zu besonders vorbildlichen Verwirklichungen des
Holy-Commonwealth-Gedankens zu machen, in denen die Missionare
wie alttestamentliche Patriarchen eine umfassende Kontrolle
über das gesamte Leben der Indianer ausübten und diese auf strenge
Unterordnung, Gehorsam und Enthaltsamkeit verpflichteten. In
einem hochinteressanten Beitrag stellt James Brewer Stewart die
Geschichte der Anti-Sklaverei-Bewegung dar. Er beschreibt zunächst
ihre evangelistische 1. Phase, in der sie nach dem Vorbild der bereits
bestehenden interkonfessionellen Gesellschaften sich ihrerseits organisierte
und die unverzügliche Befreiung der Schwarzen von der Sklaverei
als Grundsünde der Gesellschaft forderte. Besonders aufschlußreich
sind die Ausführungen über die Spaltung der Bewegung in
den Flügel Garrisons, der zu einer Absage an alle bestehenden Institutionen
gelangte und den kompromißbereiten Flügel, der sein Ziel v. a.
mittels Petitionen an den Kongreß, massenhaftem Versand von Traktaten
und durch eine zeitweilig wirksame eigene politische Partei zu
erreichen suchte. In beiden Fällen aber schwand die erweckliche Begeisterung
des Anfangs, bei letzteren zugunsten politischen Taktierens
, bei ersteren zugunsten eines rationalhumanitär gefärbten religiösen
Skeptizismus. Nicht minder fesselnd sind die Darlegungen von
William McGuire King über das Social Gospel. Er weist nach, daß
dessen Repräsentanten von der deutschen liberalen Bibelexegese viel
lernten, indem sie v. a. in der 1. Phase den historischen Jesus gegen
den traditionell verstandenen dogmatischen Christus ausspielten,
zugleich aber Julius Kaftan und Albrecht Ritsehl wegen ihrer falschen
Verinnerlichung der Reich-Gottes-Erwartung kritisierten, der sie die
Hoffnung auf eine schrittweise Transformierung der politisch-sozialen
Realität im Geist einer als Solidarität verstandenen Nächstenliebe
entgegenstellten. Überzeugend ist auch der Nachweis, daß Walter
Rauschenbusch in seiner gesellschaftlichen Zielsetzung beträchtlich
über die beiden anderen frühen Hauptvertreter des Social Gospel,
Sh. Mathews und Francis Greenwood Peabody, hinausging.
Barbara Brown Z i k m u n d weist nach, daß die Frauen in den interkonfessionellen
Gesellschaften des 19. Jh. über ihre traditionelle
Rolle als Ehefrau und Mutter hinauswuchsen. Ihr neu erwachtes
Selbstbewußtsein und ihre evangelische Begeisterung ließen sie öfters
auch den Rang von Laienpredigerinnen anstreben, wodurch sie in
Konflikt mit ihren Kirchenleitungen gerieten, die meist das bekannte
Diktum des Paulus über die Frau in der Gemeinde aus unterschiedlichen
Erwägungen rechtfertigten, wenn sie es auch z. T. in gewissem
Maße einschränkten, während nur die Liberalen bereit waren, es
gründlich zu relativieren. Aufschlußreich sind die Darlegungen über
das unter Leitung von Elizabeth Cady Stanton 1895-98 erschienene
Werk "The Woman's Bible", das alle positiven Erwähnungen der
Frau in der Bibel sorgfältig registrierte und damals als Sensation
wirkte. Charles Chatfield beschreibt spannend die komplexe Geschichte
der US-Friedensbewegung seit der Napoleonischen Ära mit
ihren mindestens 4 Knotenpunkten der Krise und Neubesinnung
(Bürgerkrieg, 1. und 2. Weltkrieg, Vietnam-Krieg) und ihrem beharrlichen
Streit zwischen Pazifisten und nichtpazifistischen Friedenskämpfern
und ihrem ständigen Ringen um das Problem des gerechten
Krieges. Diesen Ausführungen kommt aufgrund des jüngsten leidenschaftlichen
Engagements der meisten US-Kirchen in der Freeze-
Campaign besondere Aktualität zu. Peter J. Paris arbeitet Gemeinsames
und Unterscheidendes der Bibeldeutung schwarzer Christen in
den USA heraus, indem er 4 Gruppen unterscheidet und ihre Eigenart
durch ausgewählte Predigten von Joseph H. Jackson, Martin Luther
King, Adam Clayton Powell und Albert Cleage zu erhellen sucht. Die
„Pastorale" Richtung hat Frieden mit ihrer Gesellschaft geschlossen,
verabscheut Konflikte, möchte alle Probleme im Geist des guten Willens
lösen und orientiert auf schrittweise Herbeiführung der farbigen
Gleichberechtigung durch bewußte Nutzung günstiger Gelegenheiten
und harte Anforderungen an sich selbst. Die „prophetische" Richtung.
der Bürgerrechtsbewegung, die stärker positiv abgehoben werden
müßte, sucht ihren Weg in dialektischer Verbindung von Taubeneinfalt
und Schlangenklugheit. Die „reformistische" Richtung verzichtet
auf Prinzipien und beschränkt sich auf pragmatische Bemühungen
und Kompromisse, um Teilerfolge zu erzielen. Die „nationalistische
" Richtung mit der Tendenz zu einem schwarzen Chauvinismus
erstrebt die Schaffung einer eigenen schwarzen Nation. William
D.Miller schließlich zeichnet sehr farbig den Weg von Dorothy Day
und ihrer Catholic-Worker-Bewegung nach und weist auf die bleibenden
Einflüsse Peter Maurins auf sie hin. So sympathisch dieser
Lebensweg berührt,' verdeutlicht er dem Kundigen doch zugleich die
Ursachen der relativen Wirkungslosigkeit dieser Organisation in gesellschaftlicher
Hinsicht.
Rostock Gert Wendelborn
Clines, D. J. A., Gunn, D. M. and J. A. Hauser [Eds.]: Art and
Meaning. Rhetoric in the Biblical Literature. Sheffield: JSOT Press
1982. 266 S. 8° = Journal for the Study of the Old Testament.
Supplement Series, 19. Kart. DM 45,-; Lw. 54,-.
Das Thema des Sammelbandes dürfte den Fachkundigen veranlassen
, der Lektüre der zwölf Beiträge mit Spannung entgegenzusehen.
Die Herausarbeitung der Prinzipien der biblischen Rhetorik, d. h. der
charakteristischen Gestaltungsmerkmale der biblischen Überlieferungen
, die gattungsmäßig als Reden identifiziert werden können, wäre
zweifellos von Interesse und nützlich für die Interpretation der einschlägigen
alttestamentlichen Texte. Solche weitergehenden Erwartungen
erfüllen die Autoren des Bandes nur in beschränktem Umfange
. Geboten werden vornehmlich im einzelnen gediegene und anregende
Exegesen alttestamentliiher Texteinheiten unter besonderer
Berücksichtigung ihrer künstlerischen Komposition, ihrer Funktion
im Kontext und ihrer entsprechenden sprachlichen Gestaltung. Eine
Ausnahme bilden die beiden neutestamentlichen Beiträge, die sich im
engeren Sinne mit Strukturfragen befassen: Ch. T. Davis, The Lite-
raryStructureofLuke 1-2 (215-229), und E. C. Webster, Pattern in
the Fourth Gospel (230-257). Eine sehr beachtenswerte Einführung
hat M. Kessler vorangestellt: A Methodological Setting for Rheto-
rical Criticism (1-19).
Die übrigen Beiträge: A. J. Häuser, Genesis 2-3: The Theme of Intimacy
and Alienation (20-36); Ch. Isbell, The Structure of Exodus 1,1-14(37-61);
A. M. Vater, "A Plague on Both our Houses": Form-and Rhetorical-Critical
Observations on Exodus 7-11 (62-71); D. M. Gunn, The "Hardening of
Pharaoh's Heart": Plot, Character and Theology in Exodus 1-14 (72-96); G.
W. Coats, Humility and Honour: A Moses Legend in Numbers 12 (97-107);
J. Ch. Ex um, "Whom will he teach knowledge?": A Literary Approach to
Isaiah 28 (108—133); J. K. Kuntz, The Contribution ofRhetorical Criticism to
Understanding Isaiah 51, 1-16 (140-171); J. S. Kselman, "Why have you
abandoned me?": A Rhetorical Study of Psalm 22 (172-198); D. J. A. CI i n e s,
The Arguments of Job's Three Friends (199-214).
K.-H. B.
Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel. Nach Petrus Saba-
tier neu gesammelt von W. Thiele und hrsg. von der Erzabtei Beuren
. 25: Epistulae ad Thessalonicenses, Thimoteum, Titum, Phile-
monem, Hebraeos. Hrsg. v. H. J. Frede. 10. Lfg.: 2 Tm 2,17-4,5.
S. 721-800; 11. Lfg.: 2 Tm 4,5 bis Schluß. S. 801-836. Freiburg:
Herder 1982.4V
Über den Stand des Erscheinens der Vetus Latina wurde in
ThLZ 107, 1982 Sp. 483f informiert. Seitdem erschien der Rest des