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Ausgabe: | 1983 |
Spalte: | 569-571 |
Kategorie: | Allgemeines |
Autor/Hrsg.: | Potter, Philip A. |
Titel/Untertitel: | Leben - in seiner ganzen Fülle! 1983 |
Rezensent: | Bassarak, Gerhard |
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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 8
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nungsidee vor; vgl. bei Augustinus neben den Kampfschriften (gegen Donati-
sten, Arianer, Pelagianer, Manichäer) die „Friedenslehre" in „De civitate Dei"
(XIX, bes. 12 ff; dazu H. Fuchs, Augustin und der antike Friedensgedanke, Berlin
1926); manches ist bei Thomas von Aquino ähnlich. Aus seiner politischen,
die Kirche dem Staat möglichst unterordnenden Sicht ist jedoch auch Machia-
vellis Urteil nicht viel anders (Princ. 5ff; Discorsi I,10ff), obgleich er ständige
mutazioni in der politischen Welt konstatiert (Princ. 2; 9; 11; 13; Discorsi 1,38;
III, 43). S. auch unten Anm. 29.
23 Der Originaltext lautet: „E Ii stati bene ordinati e Ii prineipi savi hanno con
ogni diligenzia pensato di non desperare e grandi e di satisfare al popolo e
tenerlo contento, perche questa e una delle piü importanti materie che abbia
uno principe."
24 WA 19,634,18-20 („Ob Kriegsleute auch im seligen Stande sein können",
1526). - Zum Widerstandsrecht bei Luther vgl. etwa; F. Lau, a. a. O., 69ff;
H.-J. Iwand, Luthers Theologie, München 1974, 301 ff; E. Iserloh, a.a.O.,
227ff; H. Tüchle, a. a. O., 81; auch J. Heckel verdeutlicht, a. a. O., 188, aus
juristischer Sicht, daß Luther keine Rechtfertigung des aktiven, leiblichen
Widerstandes gibt, selbst nicht „im Falle des Religionsdruckes" (zu WA
47,347,24). Doch fehlt der weltlichen Obrigkeit die Befehlsgewalt in Glaubensdingen
, ein „Ungehorsam gegen ihr rechtswidriges Gebot ist mithin kein Vergehen
gegen das Naturrecht" (zu WA 47,564,3). Trotzdem gerät Luther schließlich
in die Notlage, den evangelischen Obrigkeiten ein Recht zu aktivem, leiblichen
Widerstand gegen den Kaiser (im Fall eines Religionskrieges) zuzuerkennen
, da er die Kurfürsten zumindest als „partes imperii" ansieht (WA
39,11,78,3-6).
" WA 11,261,29-262,2;31,1,193,18-26;47,347,24-30;564,3-14.
26 WA 16,354,17-30; 47,564,3-14. D. Bonhoeffer, Gesammelte Schriften,
Bd. I-IV, hrsg. v. E. Bethge, München 1958-1961, insbesondere: II,70f;
130-137 ; 111,53 f („Es gibt für die Christen kein Gesetz mehr als das Gesetz der
Freiheit, wie es einmal paradox im N. T. heißt"); IV.79-87; 130-136; 166-170;
413-422;459.
27 Relevant ist innerhalb der umfangreichen Auseinandersetzung mit Moses
und mit den „Schwarmgeistern", die an ihn anknüpfen wollten, folgende Stelle:
„Mose ist ein Mittler und Gesetzgeber allein des jüdischen Volkes gewesen ...
Mose ist tot; mit seinem Regiment war es aus, als Christus kam" (WA
24,6,26-7,6). - Machiavelli schätzt übrigens Moses ziemlich hoch ein und rechnet
ihn wie Kyros oder Romulus unter die frühen „Fürsten" (Princ. 6).
28 E. Iserloh,a.a.O.,228.
2* Princ. 9; 11; 13 et passim; Discorsi, I, 38; 111,43; Istorie fiorentine. Buch
2-8. Vgl. etwa P. Villari, a. a. O., Bd. III, 185ff.
w Natürlich war Machiavelli durch Ausübung seiner politischen Ämter
bestens darauf vorbereitet, über politisch-pragmatische, diplomatische oder
militärische Angelegenheiten zu urteilen (was G. Sasso, a. a. O., passim, etwas
unterschätzt); darin, daß der Historiker möglichst viel praktische politische Erfahrung
gesammelt haben sollte, ist er, ohne es selbst anzumerken, einer der
wichtigsten Fortsetzer des Polybios. Luther wirkt im politischen Urteil vergleichsweise
wenig pragmatisch und sogar ungeschickt.
WA 17,I,149,23ff: „Das ist das Nötigste in der Welt, daß man ein streng
weltlich Regiment habe. Die Welt kann nicht nach dem Evangelium regiert
werden, denn das Wort ist zu gering geachtet und betrifft nur einen kleinen
Kreis von Menschen." Vgl. auch 11,249,36-250,7; 16,354,17-27;
19,640,13-19; 20,577,21-28; 37,443,19-27. Vgl. oben Anm. 20.
32 E. Iserloh, a. a. O., bes. 252f;275ff;290ff et passim.
33 Princ. 11 (gegen Alexander VI.); vgl. 21; Discorsi 1,10; 12ff.
34 Paulus: IKor 7,21 f; 8,9; 10,29; 2Kor 3,17; Gal 2,4; 5,1; 13;Röm8,21;
Eph 6,5ff. - Augustinus: CD XIX, 15; vgl. IV,3; En. in Psalm. 124,7. - Isidor
von Sevilla: Sententiae 111,47,3; Synonyma 11,74IT. - Das Thema ist weithin
noch ungeklärt. Bei Abälard und Calvin scheint mir der Freiheitsspielraum
etwas weniger begrenzt zu sein.
35 DiscorsiI,3ff;29ff; 11,4; 111,8;31 ;49.
Allgemeines, Festschriften
Potter, Philip A.: Leben - in seiner ganzen Fülle. Übers, v. W. Simp-
fendörfer. Frankfurt/M.: Lembeck 1982. 148 S. 8". Kart. DM 19,80
Philip Potter, nach Willem Adolf Visser't Hooft und Eugen Carson
Blake der dritte Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen
und theologischer Ehrendoktor der Humboldt-Universität zu
Berlin, bekennt sich dazu, daß Bücherschreiben seine Sache nicht sei.
Er habe - so im Vorwort - schließlich dem Drängen seiner Freunde
und seiner heimgegangenen Frau nachgegeben und der Veröffentlichung
einiger seiner Reden und Aufsätze in dem schmalen vorliegenden
Bändchen zugestimmt. Marc Reuver, bis vor kurzem Direktor
von IDOC, habe „viele Schachteln mit Manuskripten durchforscht"
und dafür gesorgt, daß „ein bemerkenswert zusammenhängendes
Ganzes daraus entstanden ist" (S. 5). Die acht Aufsätze sind alle „im
Rahmen meiner Arbeit im Ökumenischen Rat der Kirchen seit 1967
entstanden". Sie zeigen die beiden „Stränge" auf, die, miteinander
verknüpft, angeben, was Potter vertritt: Einmal die Bibel, die „eine
zentrale Rolle in meinem Leben und Denken gespielt (hat)'', zum
anderen „bin ich als Mann der Karibik, der in sich viele Kulturen vereinigt
, fasziniert vom Ruf zum Dialog, von der Begegnung von Leben
mit Leben und ganz besonders vom Dialog der Kulturen" (S. 6).
Die acht Themen sind: Wir suchen das Heil; Umkehr zu Freiheit
und Fülle; Zum Anwalt berufen; Konziliare Einheit in der Macht der
Liebe; Unterwegs zu einem ökumenischen Lebensstil; Für Gerechtigkeit
gemeinsam eintreten; Weltweite Gemeinschaft; Wir wachsen im
Glauben zusammen. Wer Potter kennt - ich kenne ihn seit 1953 aus
gemeinsamer Tätigkeit im Christlichen Studentenweltbund -, wird
die Authentizität der hier vorgelegten Aussagen bestätigen. Da ist der
Theologe, der dem einzelnen Begriff der Bibel - besonders des Alten
Testaments - behutsam und sorgfältig nachgeht, die Bedeutung nachzeichnet
, nie um abstrakter Wissenschaftlichkeit willen, sondern um
den heutigen Lebensbezug herauszufinden. Auch als Generalsekretär
des ORK verschließt Potter seine Augen nicht vor der Krankheit
unserer Kirchen, „die nur zu oft die gesellschaftliche Krankheit
widerspiegeln, in sich selbst verschlossen zu sein" (S. 10). Er fordert
dagegen Offenheit: „Das ist die Weise des Dialogs - sehende Augen
und Ohren der Liebe, sei es gegenüber Menschen anderen Glaubens
oder solchen, die gar keinen Glauben haben." Nur so „kann Gott in
uns wirken nach seinem Willen und Wohlgefallen . . . Die Anliegen
aller Menschen - die Sehnsucht nach Befreiung von rassischer und
sozialer Diskriminierung und nach einem gerechten Leben in einer
Gemeinschaft, in der man miteinander teilt - sind die unseren
.. . Entwicklungsprojekte, der Kampf gegen imperialistische und
Interventionskriege, die Solidarität mit den Armen und Unterdrückten
, der Kampf um rassische und soziale Gleichheit - das alles sind
Zeichen des Heils, an denen weiter zu arbeiten wir ständig aufgefordert
sind." (S. 13) Das ist nicht Sprache eines sich dazu verpflichtet
fühlenden ökumenischen Funktionärs, sondern Ausdruck der Betroffenheit
und des Engagements eines ökumenischen Menschen.
Kontextualität - ein zu blasser Formel verkümmerter Begriff - hat
hier „Leben und Fülle": „Wer die Stimme Christi hört, kann ihm nur
mit der Stimme der eigenen Kultur antworten, nicht mit einer anderen
. Christen ganz unterschiedlicher Herkunft müssen glaubhaft versuchen
, den universalen christlichen Glauben in ihrer eigenen Kultur
zum Ausdruck zu bringen, und diese unterschiedlichen Ausdrucksformen
müssen von Christen anderer Kulturen respektiert und gestärkt
werden." (S. 27) Es entspricht dem Pragmatismus „des im britischen
Kulturraum aufgewachsenen und gebildeten Westinders", auch die
ökumenische Perspektive nüchtern einzuschätzen: „Wir (vermögen)
den Glauben nur innerhalb der Eigenart unserer Existenz auszudrük-
ken ... Es gibt keine beherrschenden theologischen Normen oder Bekenntnisse
, die überall angewendet werden können. Es ist auch nicht
damit zu rechnen, daß wir ein ökumenisches Glaubensbekenntnis
annehmen, das überall zu übernehmen ist." (S. 47)
Leben in seiner Fülle aber heißt Fülle für alle. „Unsere zerrissene
Welt bietet eine Art von Fülle für wenige, aber Armut und Tod für
viele. Diejenigen, die die guten Dinge des Lebens auf Kosten der übrigen
Menschen genießen .. . gleichen denen, die versuchten, den Turm