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Ausgabe:

1972

Spalte:

671-674

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Geschichte des Erzbistums Magdeburg 1972

Rezensent:

Ullmann, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 9

672

Güttgemanns, Erhardt: Struktural-generative Analyse der
Parabel „Vom bittenden Freund" (Lk 11,5—8) (Linguistica
Biblica 1970 Heft 2 S. 7-11).

—: Zeichnerische Darstellung der .Generativen Poetik" (Linguistica
Biblica 1970 Heft 1 S. 6-8).

—: Thesen zu einer „Generativen Poetik des NT" (Linguistica
Biblica 1970 Heft 1 S. 2-5).

Gutbrod, Karl: Die „Weihnachtsgeschichten" des Neuen Testaments
. Stuttgart: Calwer Verlag [1971). 92 S. gr. 8".
Kart. DM 8,50.

Maddox, Robert: The Quest for Valid Methods in „Son of
Man" Research (Australian Biblical Review 19, 1971 S.
36-51).

Mays, James L.: Jesus Came Preaching. A Study and Sermon
on Mark 1,14—15 (Interpretation 26, 1972 S. 30—41).

Meyer zu Uptrup, Klaus: Der Sündenbock. Eine biblische
Besinnung zum Karfreitag (Wissenschaft und Praxis in
Kirche und Gesellschaft 61, 1972 S. 73-79).

Niederwimmer, Kurt: Das Problem der Unmittelbarkeit in
der Verkündigung Jesu, in: Geschichtsmächtigkeit und
Geduld. FS Ev. Fakultät Wien, hrsg. v. G. Fitzer. München
1972 S. 91-98.

Osborn, E. F.: Historical Critical Exegesis — Käscmann's
Contribution (Australian Biblical Review 19, 1971 S. 17-35).

Osten-Sacken, Peter von der: Beiträge zur Umwelt des Neuen
Testaments (VF BhEvTh 16, 1971 Heft 2 S. 82-95).

Schlier, Heinrich: „Chiamati alla liberta". II concetto pao-
Hno di libertä (Rassegna di teologia 12, 1971 S. 81-90).

Schweizer, Eduard: Jesus, the Lord of his Church (Australian
Biblical Review 19, 1971 S. 52-67).

KIRCHENGESCHICHTE:
ALLGEMEINES UND
TERRITORIALKIRCHENGESCHICHTE

Schräder, Franz (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte des Erzbistums
Magdeburg. Leipzig: St. Benno-Verlag (1969). 342 '.
S., 1 Kte 8" = Studien zur kath. Bistums- und Klostergeschichte
, hrsg. v. H. Hoffmann u. F. P. Sonntag, 11.
Im Vorwort dieses Bandes wird auch der kirchengcschicht-
lichen Arbeit ihr Anteil an der kritischen Selbstbesinnung
der Christenheit in der Neuzeit zugewiesen. Die Beiträge
selber zeichnen sich dadurch aus, daß sie ohne das mindeste
Aufgebot von programmatischem Pathos beweisen, wie
solche kirchengeschichtliche Selbstbesinnung mehr ist als
bloßer Vorzeichenwechsel vor im übrigen inhaltlich unveränderten
Urteilen. Das Vorwort nennt Gewaltmission und
die mittelalterliche Verbundenheit von Staat und Kirche als
Gegebenheiten, über die auch die nachkonziliare katholische
Theologie wesentlich kritischer denkt, als es vielleicht früher
der Fall gewesen ist. An den einzelnen Aufsätzen sieht man
darüber hinaus, daß die Durchdringung von Glaube und Geschichte
sich nicht nur in der Region der obersten Machtinstitutionen
und ihrer Träger vollzieht, sondern auf allen
Ebenen des sozialen und politischen Gcfüges einer Zeit.

Die Anordnung der Beiträge folgt lokalen ebenso wie
chronologischen Gesichtspunkten. So erscheint es mir erlaubt
, der Besprechung nicht die Reihenfolge des Bandes,
sondern einzelne historische Themenkreise zugrunde zu legen
, dabei aber von der jüngeren Zeit rückwärts zu den
Aufsätzen zu kommen, die sich mit der Gründung des Erzbistums
Magdeburg und verwandten Fragen beschäftigen.

Pietschmanns Abhandlung über die Säkularisation des
Magdeburger Domkapitels 1810 schließt unmittelbar an an
Schwineköpers Ausführungen über die Geschichte dieses
Kapitels. Pietschmann schwebte, wie er selbst S. 127 bemerkt
, eine Ergänzung von Heckcls Standardwerk aus dem

Jahr 1924 über die evangelischen Dom- und Kollegiatstif-
ter Preußens vor. Nach diesem Vorbild bietet seine Abhandlung
eine Fülle Institutionen-, personen- und sozialgeschicht-
licher Details. Ein frommer Wunsch des Rezensenten wird
es wohl bleiben, wenn er die Lektüre besonders von Pietschmanns
Aufsatz angelegentlich denen empfiehlt, die mit
Hilfe des Vorganges der Säkularisation alle Rätsel der neueren
Geschichte meinen theologisch lösen zu können. Kann
man es als ein Weiterwirken christlicher Impulse in rein
weltlichem Milieu verstehen, wenn Adelspfründen dem Fiskus
des Königreiches Westfalen verfallen? Oder werden
hierbei unter dem Einfluß christlicher Motive geschichtliche
Wirklichkeiten zu ihrer weltlichen Eigenständigkeit befreit?
Rhetorische Fragen beides! Aber man wird einwenden, daß
angeführte sei ein zu schlechtes, weil zu „materialistisches'
Beispiel für den Vorgang der Säkularisation. Ich glaube
viel eher, jeder historisch aufweisbare Vorgang von Säkularisation
muß zu dem gleichen Urteil führen. Auch wenn man
Säkularisation geistesgeschichtlich verstehen und darum
mehr in ihr sehen will als einen bloßen Wechsel von Bcsitz-
titeln, so ändert das nichts daran, daß dabei ein Sprachgebrauch
angewandt wird, der mittelalterlich-vorreformato-
risch Geistliches und Weltliches nicht theologisch, sondern
besitzrechtlich unterscheidet.

Reformation und Gegenreformation sind durch je einen
Beitrag von O. Müller und R. Joppen vertreten, von denen
jener Julius Pflug, dem letzten katholischen Bischof der
Magdeburger Diözese Naumburg-Zeitz, dieser dem Erzstift
Magdeburg in der Zeit der österreichischen Herrschaft von
1628 bis 1635 gewidmet ist. Der Pflug-Aufsatz zeigt einmal
mehr, wie das Mühen um Einheit der Kirche der Geschichte
der Spaltungen und Scheidungen im Reformationsjahrhundert
parallel geht. Joppen, der sich schon durch seine in der
gleichen Reihe erschienene Geschichte des Erzbischöflichen
Kommissariates Magdeburg verdient gemacht hat, vermag
in seinem Aufsatz über die Habsburgische Magdeburgpolitik
eine instruktive Widerlegung jeglicher schabionisierenden
Betrachtungen des Dreißigjährigen Krieges zu geben. Der
brandenburgische, also protestantische Administrator Christian
Wilhelm, bemüht sich, in der Hoffnung, dadurch die Bclch-
nung mit den Regalien zu erhalten, durchaus um ein gutes
Verhältnis zum katholischen Kaiserhaus. Erst als alle politischen
Beweise guten Willens gescheitert sind, wendet er
sich 1625 mit einer Bitte um Hilfe an Gustav Adolf. Ähnlich
Kaiser Ferdinand II. Wenn er Magdeburg mit dem
habsburgischen Prinzen Leopold Wilhelm zu besetzen versucht
, dann aus dem gleichen Interesse wie Brandenburg
Magdeburg als Machtbasis für die Beherrschung Niederdeutschlands
zu gewinnen. Gleichzeitig durchdringt alle
diese politischen Vorgänge der Kampf für die Gegenreformation
. Mutatis mutandis gilt das gleiche für den von Christian
Wilhelm herbeigerufenen Gustav Adolf. Es wäre als"
ebenso unrichtig, den Dreißigjährigen Krieg als einen reinen
Konfcssionskrieg zu bezeichnen, wie zu behaupten, es sei in
ihm nur um territoriale Machtfragen gegangen. Man wird
vielmehr sagen müssen, die durch die Reformation aufgeworfenen
Fragen nach der Verfassung von Reich und Kirche
werden in diesem Krieg in einer Weise ausgefochten, die
auch der konfessionellen Frage eine neue Gestalt gibt.

Ins Spät- und Hochmittelalter führen die liturgic9e"
schichtlichen Beiträge von Opfermann über die Mauritiusmesse
und das spätmittelaltcrlichc Magdeburger Missale-
Begrüßenswert ist die Aufnahme einer hagiographisch so
interessanten Quelle wie der Einsicdelner Mauritiuspassion
in unseren Band.

Ein ganz besonderes Interesse aber gebührt den vier Abhandlungen
von Schräder, Banaszak, Ncuß und Schlesinger,
in denen m. E. z. T. höchst bedeutsame Forschungsergebnisse
zur Diskussion gestellt werden. Ausgehend von einer
Topographie des Gebhardt von Alvenslebcn aus dem J*!"
1655 befaßt sich Schräder mit dem Verhältnis von geistlicher