Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1934 Nr. 20 |
Spalte: | 355 |
Autor/Hrsg.: | Goguel, Maurice |
Titel/Untertitel: | Das Leben Jesu 1934 |
Rezensent: | Bauer, Walter |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
355
Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 20.
356
Auch die Schiffe sollen ein Bild für die Sonne sein,
aber zugleich die Jahreszeiten darstellen, Stier und Hirsch
einmal die siegende und befruchtende Frühlingssonne,
dann aber wieder die Jahreszeiten. Ebenso werden
die Menschengestalten teils auf die Sonne, teils die
Einheit-Zweiheit des Jahres gedeutet, und manche von
ihnen sollen nun doch Götter sein, aus denen sich diejenigen
der Germanen entwickelt haben. Auch „einige
verwickelte Gleichungen" werden in derselben Weise
aufzulösen versucht (in einein Fall unter der Voraussetzung
, daß eine Figur erst später hinzugesetzt worden
sei), und während alle Felszeichnungen bisher als
Darstellungen des Jahreslaufmythus, soweit er sich auf
den Sieg der Frühlingssonne bezieht, erklärt worden
waren, gelten sie zum Schluß als solche von Wettspielen
und Aufzügen, die im Frühling stattgefunden hätten.
Gleichwohl könnte man sich all diese Ungleich-
mäßigkeiten gefallen lassen, wenn nur die Deutungen
selbst sämtlich einleuchtend wären. Sehn, durfte gewiß
an die Deutung solcher Denkmäler, bez. einer Auswahl
aus ihnen mit einer anderswoher genommenen Voraussetzung
herantreten, aber er mußte diese dann nachträglich
im einzelnen zu beweisen suchen. Das gelingt
ihm indes wohl nur für die Scheiben, Räder und Schiffe,
die in der Tat, wie anderwärts, die Sonne bedeuten werden
. Das hat der schwedische Archäologe Almgren
in seinem Buch: Hällristningar och kultbruk, das vor
kurzem unter dem Titel: Nordische Felszeichnungen
als religiöse Urkunden auch auf deutsch erschienen
ist, gezeigt und von da aus auch andre, von Sehn, trotz
seiner gegenteiligen Behauptung nicht berücksichtigte
(und freilich immer noch ausgewählte) Felszeichnungen
mehr oder minder überzeugend erklärt. Seine Deutungen
unterscheiden sich also zu ihrem Vorteil von
denen Sehn.'s und dieser hatte keine Ursache, in seinem
Nachwort Almgren in der schärfsten Form vorzuwerfen,
daß er, ohne es zu sagen, von ihm gelernt habe; denn
letzterer erklärt in seinem obengenannten und von Sehn,
zitierten Buch (auf S. 139 der schwedischen und 145
der deutschen Ausgabe), seine Auffassung des Felsbilderproblems
, die sich ähnlich schon bei Worsaae
und einigen andern Forschern finde, hätte im Großen
und Ganzen ausgebildet vorgelegen, als er 1919 den
Essay Schn.s in die Hand bekam, in dem dieser einen
sehr ähnlichen Standpunkt vertrete.
Bonn. Carl Clemen.
Goguel, Maurice: Das Leben Jesu. Nach der französ. Ausg. von
„La vie de Jesus" ins Deutsche übertragen von Robert Binswanger
(mit Zusätzen des Verfassers). Zürich: Rascher & Co. 1934. (XIV,
500 S.) gr. 8°. RM 10-.
Als 1932 M. Ooguels Vie de Jesus erschienen war, haben wir uns
beeilt, es unsern Lesern vorzustellen. Die Besprechung durch W. G.
Kümmel findet sich im Jahrgang 58, 1933, S. 47—52. Jetzt liegt das
Buch in deutscher Gestalt vor, und Kümmel hat der Übersetzung ein
Geleitwort mitgegeben, das in großen Zügen die Forscherpersönlichkeit
Goguels beschreibt. Man begrüßt die, durch Zusätze des Verfassers bereicherte
, Übertragung des gelehrten und verdienstvollen Werkes, die es
einem größeren Kreise ermöglichen, oder doch erleichtern wird, seinen
Darlegungen zu folgen. Zu bedauern bleibt, daß man dem Deutsch der
Übersetzung kein uneingeschränktes Lob zu spenden vermag. Auch sind
der Druckfehler, vor allem bei griechischen Wörtern betrüblich viele.
Göttingen. W. Bauer.
Allo, Prof. Le P. E.-B.: Saint Jean I' Apocalypse. 3e Edition
augmentee. Paris: J. Gabalda 1933. (CCXCIV, 399 S.) gr. 8°. =
Etudes Bibliques. Fr. 100—.
Allos Kommentar zur Apokalypse ist in erster Auflage im Jahre 1921
erschienen und in der Theol. Literaturztg. 47, 1922, S. 298 f. von W.
Heitmüller besprochen worden. Jetzt liegt er in 3., vermehrter Bearbeitung
vor. An den Vorzügen, die Heitmüller geschildert hat und deren
größter in der ausgebreiteten Stoffbeherrschung besteht, hat sich nichts
geändert. Aus den 268+375 Seiten der ersten Ausgabe sind 294-)-399
Seiten der dritten geworden. Die Literatur der letzten Jahre ist sorgfältig
berücksichtigt, und drei neue Exkurse sind hinzugekommen: „Der Menschensohn
und der Iranismus in der Apk.", mit Kritik an der Heranziehung
der mandäischen Schriften; „Die Märtyrer in der Apk."; „Die synoptische
Apk. und die Apk. des Johannes".
Ebenso wie der Wunsch, alle erreichbaren Hilfsmittel auch auszunützen
, ist begreiflicherweise die Stellung zum Gegenstand wie zur For-
| schung über ihn dieselbe geblieben. Es darf daher genügen, auf die Anzeige
Heitmüllers zu verweisen.
Göttingen. W. Bauer.
i Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der
Schweiz. Hrsg. v. d. Bayer. Akad. d. Wiss. in München. III. Bd.
2. Teil: Bistum Eichstätt. Bearb. v. Paul Ruf. München: C. H. Beck
I 1933. (S. 192—319) Lex. 8°. RM 12—.
Den ersten Teil dieses von Paul Ruf mit größter
i Sorgfalt bearbeiteten Bandes haben wir in dieser Zeit-
i schrift 1932 Nr. 18 ausführlich angezeigt. Der voriie-
] gende Schlußteil bringt nur 15 Bücherverzeichnisse —
den ganzen Sammelertrag der Diözese Eichstätt —, von
denen neun, und zwar die bei weitem Umfangreicheren
und Interessanteren, bisher ungedruckt waren. Es han-
! delt sich um Bibliothekskataloge aus Eichstätt selbst
— Dom, Dominikanerkloster, Willibaldschor —, Heilsbronn
— Zisterzienserkloster —, Ingolstadt — Frauenkirche
, Universität —, Rebdorf — Augustiner Chorherren
— und Wemding — Pfarrkirche —. Die Heilsbronner
Zisterzienser sind mit sechs kleineren Verzeichnissen vertreten
, die Universität Ingolstadt weist außer dem um-
! fangreichen Bibliothekskatalog der Artistenfakultät ebenfalls
einige kleinere Teilverzeichnisse auf; das größte
Verzeichnis des vorliegenden Bandes, das auch biblio-
: thekstechiiisch in der Anordnung und in der Wiedergabe
der Titel bemerkenswert ist, entstand bei den Augustinern
von Rebdorf. Mit manchem dieser Stücke ist das Mittel-
j alter, ist die Grenze von 1500 schon überschritten. Nur
ein kleines Verzeichnis aus Heilsbronn reicht bis ins
13. Jhdt., das unbedeutende Bücherverzeichnis des Eichstätter
Domes bis ins 14. Jhdt. zurück. Sach- und Autorenregister
zu diesem kleinen Teilband fehlen, sie wären
auch unergiebig gewesen! — Hoffen wir, daß recht bald
wieder ein ergiebigerer und mit wesentlicherem Inhalt
angefüllter Band dieses wertvolle Unternehmen fortsetzt!
Berlin. Otto Lerche.
Wohlhaupter, Dr. Eugen: Aequitas canonica. Eine Studie
aus dem kanonischen Recht. Paderborn: F. Schöningh. 1931. (207 S.)
gr. 8°. = Görres-Ges. z. Pflege d. Wiss. i. kath. Deutschland. Veröff.
d. Sektion f. Rechts- u. Staatswiss. Im Auftr. d. Vorst, hrsg. v. K.
Beyerle, E. Eichmann, E. Göller, W. Laforet, G. J. Ebers, H. Sacher,
56. H. RM 12—.
Die Arbeit des Verfassers enthält eine Gesamtdarstellung
der Geschichte und der dogmatischen Stellung
der Aequitas canonica im heutigen Recht. Diese Zweiteilung
des Inhalts in geschichtliche Begründung und
dogmatisch-praktische Bedeutung der Aequitas ergibt eine
außerordentliche Weite des Überblicks und Ziels der Arbeit
. Darin liegt das eigentliche Verdienst der Schrift.
Sie macht das Gebiet allgemein zugänglich. Darüber
hinaus erweckt gerade heute der sich daran anschließende
Fragenkreis allgemeines Interesse.
Wohlhaupter schließt sich der Lehre an, die in der
Stufenfolge des kanonischen Rechts, lex aeterna, lex
naturalis, lex humana, die a. c. einen Teil der lex naturalis
sein läßt. Und folgendermaßen verbindet er nun die
in der lex naturalis stehende a. c. mit den Grundlagen
i des kanonischen Rechts. Die kanonistische Methode ist
in der Finalität des katholischen Kirchenrechts begründet
und er fährt dann fort S. 16: „Gerade das Denken über
die Aequitas canonica zeigt sich aufs stärkste von dieser
Methode beeinflußt, und hier haben wir auch die rechtsphilosophische
Begründung dafür zu suchen, daß die
! Aequitas canonica systematisch und genetisch mit dem
Problem des katholischen Naturrechts, das ja einen
ethisch religiösen Ausgangspunkt hat, verknüpft ist."
Als Folge der Einordnung der a. c. als Teils des Natur-
| rechts steht die Einwirkung dieses Elements auf die lex
humana im Vordergrund. Dagegen tritt die Beziehung
! der a. c. zur lex aeterna ganz zurück, was auch schon in
j der geschichtlichen Stellung der a. c. begründet ist.
Wohlhaupter behandelt also vor allem das Verhältnis
| der aequitas zum positiven Recht. Die historisch-prak-