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Ausgabe: | 1885 |
Spalte: | 162-166 |
Autor/Hrsg.: | Nippold, Friedrich |
Titel/Untertitel: | Handbuch der neuesten Kirchengeschichte. 3., umgearb. Aufl. 2. Bd. Geschichte des Katholizismus seit der Restauration des Pabstthums 1885 |
Rezensent: | Weizsäcker, Carl |
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161 Theologifche Literaturzeitung. 1885. Nr. 7. jQ2
hiftoriker, als hiftoriographifcher Künfller) enthalten eine j liegt, dafs die menfchlichen Mafsnahmen zur idealen
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Fülle von lehrreichen Betrachtungen und Urtheilen, die
nicht feiten zu geiftvollen Sentenzen abgerundet find.
,Keine andere Schrift' — fagt der Herausgeber mit
Recht — .hätte in dem Mafse wie die über Gibbon von
der Vielfeitigkeit feiner Intereffen, von feiner Vertrautheit
mit der modernen Literatur und Gefchichte, keine fo
fehr von Bernays' innerftem Wefen einen deutlichen
Begriff geben können'. Mögen denn diefe Fragmente
von den Kirchcnhiftorikern beherzigt werden. Aufser
wenigen kleineren Stücken find fie das Einzige, was
Ufener dem ungedruckten Nachlafs von B. entnehmen
zu dürfen gewagt hat. Uiefer felbft ift mit den Handexemplaren
von B. der Bonner Univ.-Bibliothek vermacht
worden. Der Herausgeber hat (I, p. XVIII ff.) ein Ver-
zeichnifs desfelben mitgetheilt und überhaupt in dem
Realifirung der Kirche immer getragen fein follten, weil
fie es dürfen, von dem Gedanken, dafs die Kirche durch
das Wort und die Sacramente als göttliche Kräfte
auch dann in ihrem Beftande garantirt ift, wenn jene
Mafsnahmen noch fo fehr gehemmt find!
Giefsen. F. Kattenbufch.
Nippoid, Frdr., Handbuch der neuesten Kirchengeschichte.
3. umgearb. Aufl. 2. Bd. Gefchichte des Katholizismus
feit der Reftauration des Papftthums. Elberfeld,
Friderichs, 1883. (XL1I, 850 S. gr. 8.) M. 15. —
Die Anzeige diefes zweiten Bandes der neuen Auflage
von Nippold's neuefter Kirchengefchichte kann ich
ganz an die Anzeige des erften Bandes 1881 Nr. 5 diefer
Vorwort ausreichende Rechenfchaft über fein" Verfahren | Zeitung anfchliefsen, oder ich könnte mich geradezu auf
gegeben. die letztere berufen, denn das Buch ift im zweiten Band
Giefsen. Adolf Hamack.
Liitkens, Überpaft. Dr. J., Luther's Kirchenideal. Vortrag.
Riga, [Kymmel|, 1883. (26 S. gr. 8.) M. —. 60.
Luther's Kirchenideal, nicht Kirchenidee, das ift das
Thema diefes anfprechenden Vortrags des jetzt in Riga
als Oberp.iftor wirkenden ehemaligen Dorpater Docenten.
.Ideal' und ,Idee' fcheidet Lütkens fo, dafs erfteres die J Er hat fleh aber diefe Frage doch verneinend beant
ganz von derfelben Art wie im erften. Dcffen ift fich
auch der Verfaffcr felbft am bellen bewufst. Er fagt in
dem literarifch-kritifchen Anhang des zweiten Bandes
S. 749, man habe gegen den erften Band den Vorwurf
erhoben, das Buch trage einen irreleitenden Titel, und
er habe fich beim zweiten Bande die Frage vorlegen
müffen, ob es nicht am Platze fei, dasfelbe mehr nach
der gewöhnlichen Form eines Handbuches zu fchreiben.
Summe deffen fei, was jemandem, der keine Utopien wortet; er wolle fich zwar noch mehr als beim erften
verfolge, unter gegebenen gefchichtlichen Verhältnifsen Bande beftreben, einen treuen und zuverläffigen Führer
als realifirbar erfcheine von der ,Idee'. Man braucht ! und Wegweifer zu geben, welcher durch die Irrgänge
diefe Unterfchcidung nicht auf die Goldwage zu legen, und fcheinbaren Widerfprüche der kirchlichen Entwick-
Was L. zeigen will, das find die wefentlichften prak- lung hindurch die den einzelnen Ereignifsen zu Grunde
tifchen Formen der Geftaltung des evangelifchen Kir- liegenden tieferen Urfachen aufweift. Aber für Ver-
chenthums, foweit diefelben von Luther felbft beeinflufst zeichnifse von Namen und Daten müffe man fich andersworden
. Alfo es foll nicht nur Luther's Theorie von 1 wohin wenden. Man könne daher wohl über den Namen
der Kirche dargeftellt werden, fondern auch und ganz Handbuch ftreiten; aber es handle fich hier um eine
befonders die Hauptmafsregeln, die er zur Realifirung i wichtigere Aufgabe. Und dafür nimmt der Verf. feinen
feiner Idee von der Kirche ergriffen oder angeregt hat. ' individuellen Beruf in Anfpruch. Mir fcheint, mit Recht.
Die ,Idee' der Kirche bei Luther bildet nur die Grund- Denn das Buch hat fich in diefer feiner Art bewährt, es
läge. L. weift dann darauf hin, wie Luther geglaubt, hat Eingang gefunden. Und diefe dritte Auflage ift
diefer Idee gerecht werden zu können. Er legt dabei j zwar eine fehr erweiterte Darftellung, aber die Erweitern
! Hinblick auf fectirerifche Beftrebungen auch in der rung verlangte nicht, dafs der Charakter ein anderer
baltifchen Kirche den Finger befonders darauf, dafs j würde, und ein Verfuch in diefer Richtung hätte fchwer-
Luther keine ,Perfonalkirchen' gewollt, fondern urfprüng- lieh Erfolg gehabt, denn wir Lefer find nun fchon mit
lieh eine deutfehe Reichskirche, dann, als das nicht er- ' diefer Art vertraut und haben uns mit derfelben bereichbar
fchien, Landes- und Stadtkirchen. Er zeigt freundet. Reiz und Bedeutung jedes Buches, fo auch
ferner, dafs Luther in Bezug auf die innere Geftaltung jeder Gefchichtsdarftellung beruht aber überhaupt doch
diefer Kirchen alles Gewicht gelegt auf die einfache vor allem in einer ausgeprägten geiftigen Eigenart. Ich
fchrichte Freimachung der Predigt von Chriftus und der für meine Perfon zähle mich zu diefen Lefern, obwohl
alten echten Sacramente. Nicht radicale Neuerung, | ich nicht gerade mit diefer Art ganz übereinftimme, und
nicht unfreie ängftliche Schonung gegenüber dem her- auch den Gegenfatz nicht für ganz richtig halte, wonach
kömmlichen Brauche! Ein ,Gefetz' follten feine Spe- , es fich entweder um einen Wegweifer für die Entwicklung
cialmafsnahmen hinlichlich der Neugcftaltung des Gottes- der Dinge oder um ein Verzeichnifs von Namen und
dienftes nicht fein. Bei aller Betonung der Freiheit hielt Daten handelt. Mir fcheint es noch eine dritte Art zu
er doch andererfeits das Auge gerichtet auf den Cha- I geben, welche nicht überwiegend Urtheile ausfpricht,
rakter des Gottesdienftes als eines gemeinfamen. L. und durch ausgewählte Thatfachen oder Hinweifung auf
kommt hier auf den Gefammtcharakter der Auffaffung fotche belegt, fondern vielmehr vor allem die Erzählun
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Schliefslich fpricht er von Luther's Vorkehr zur hieran- uais lieh dem Leier das Urthcil, oder noch höher das
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.uther's vom gemeinfehaftlichen bürgerlichen Leben, felbft fich zur Aufgabe macht, und diefe fo geftaltet5
Schliefslich fpricht er von Luther's Vorkehr zur Heran- dafs fich dem Lefer das Urthcil, oder noch höher das
bildung eines echt evangelifchen Pfarrerftandes und über Bild der Entwicklung von felbft ergiebt. Aber wir nehmen
feine Art, ein Kirchenregiment herzuftellen. Es ift ja die Gabe gerne wie fie geboten wird, und treten wenn
nicht viel Neues, was L. bringt. Aber der Vortrag auch als Hille Theilnehmer in das Gefpräch des Verf's
will auch nicht nur von Lutherkennern gelefen fein, ein, welcher uns entgegenkommt mit der Abficht uns zu
Es ift auch nicht Alles theoretifeh fo vollftandig ausge- uberzeugen und feine Auffaffung der Dinge uns beizuführt
und fo präcis formulirt, wie es könnte. Aber der bringen. Der Eifer, mit welchem dies gefchieht bleibt
Vortrag will auch nicht nur von Theologen geleien ( nicht ohne Wirkung. Wir laffen uns gerne flüchtig
werden. Er ift eine treffliche populäre ünentirung über erinnern an fo manche Dinge, welche in der Gegenwart
das Kirchenthum, wie es Luther gefchaffen. Ich bin noch lebendig umlaufen, und auf anderes verweilen, was
fachlich überwiegend mit L. in Uebereinftimmung. Es ift nicht jedermann wiffen kann, was aber der Verf. bekerniges
, ich möchte fagen, fröhliches Lutherthum, was herrfcht. Wir laffen uns von ihm gerne auch über feine
lieh hier ausfpricht. Hätten wir in Deutfchland mehr Studien unterrichten, und hören ihm zu, wie er die
folches Lutherthum! Echt lutherifeh ift befonders auch Bucher, die er vorzugsweife benutzt hat, beurtheilt als
der Nachdruck, der bei L. auf dem Gedanken Luther's Fundgruben des richtigen, oder als Aufforderung 'zum