22.05.2017

»Theologie im Konzert der Wissenschaften«. Symposium zu Ehren von Dekan Prof. Dr. Dr. Harry Noormann, 21.–22. April 2017 in Hannover

Veranstalter: Forschungsforum »Religion im kulturellen Kontext« der Leibniz Universität Hannover; Prof. Dr. Marco Hofheinz, Leibniz Universität Hannover; Prof. Dr. Monika Fuchs, Leibniz Universität Hannover

Am 21. und 22. April hat das Forschungsforum »Religion im kulturellen Kontext« der Philosophischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover ein interdisziplinäres zweitägiges Symposium anlässlich der Verabschiedung des Dekans Prof. Dr. Dr. Harry Noormann veranstaltet.
Das Symposium stand unter dem Motto »Theologie im Konzert der Wissenschaften« und widmete sich dem Dialog der Theologie mit ihren Nachbardisziplinen. Die interdisziplinäre Anschlussfähigkeit wurde als besondere Stärke der theologischen Arbeit besonders herausgestellt, nicht zuletzt, weil der Ehrengast des Symposiums, der Theologe Harry Noormann (Hannover), neben dem Neuen Testament auch die Kirchengeschichte vertreten und religionspädagogisch geforscht hat. Zudem wurde die Genese der Theologie als Wissenschaft in den verschiedenen Vorträgen kritisch beleuchtet.
Literatur-, Geschichts-, Bildungs- und Sportwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler traten an diesem Wochenende in intensiven Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der Theologie. In Vorträgen und im direkten Gespräch, oft unter unmittelbarer Bezugnahme auf Leben und Wirken Noormanns, sind aktuelle Forschungsthemen aus den verschiedenen Fachperspektiven vorgestellt worden und haben zu fruchtbaren Diskursen angeregt. Es hat sich gezeigt, wie sehr die Wissenschaften von einem interdisziplinären Zugang zu ihren Themen profitieren können. Das Format des Symposiums hat dazu besonders beigetragen, da die Beiträge immer durch ein Tandem von Theologie und einer Bezugswissenschaft gestaltet worden sind.
Nach der Begrüßung durch Marco Hofheinz (Hannover) trat die Theologie, vertreten durch Friedrich Johannsen (Hannover), zunächst in den Diskurs mit der Literaturwissenschaft: Annette Antoine (Hannover) diskutierte mit Johannsen Rezeptionslinien des Hiobbuches in der deutschen Literatur. Dieser wurde durch einen profunden Überblick über die Theodizeedebatte in der Frühen Neuzeit und eine biblische Orientierung eingeleitet und mündete in einer gemeinsamen Kommentierung des Prologs im Himmel in Goethes Faust.
Im Anschluss daran besprachen der Historiker Michael Rothmann (Hannover) und der evangelische Theologe Kai-Ole Eberhardt (Hannover) das Themenfeld der Wunder. Rothmann gab einen anschaulichen Einblick in die Mirabilienliteratur des Mittelalters, den Eberhardt in die Frühe Neuzeit überführte, indem aus der Perspektive der reformierten Descartesrezeption Wunder, Teufelsglaube und Angelologie anhand von Balthasar Bekkers »De betoverde Weereld« behandelte. Das Gespräch der beiden mündete in die Frage nach der Rede vom Wunder in der Geschichte heute.
Ein besonderer Höhepunkt war sodann der Abendvortrag des Soziologen Oskar Negt (Hannover), der unter dem Titel »Nur noch Utopien können helfen«, ausgehend vom Toleranzprinzip des westfälischen Friedens, ein eindrückliches Votum für den europäischen Gedanken und die beständige Aufgabe zur demokratischen Erziehung gehalten hat.
Der zweite Tag des Symposiums wurde eingeleitet von der Perspektive der Bildungswissenschaft. Die Religionspädagogin Monika Fuchs präsentierte im Gespräch mit der Bildungswissenschaftlerin Steffi Robak die Vielzahl von thematischen Überschneidungen der beiden Disziplinen unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Forschungsprojekte an der Leibniz Universität Hannover.
Es folgte ein sowohl lehrreicher als auch unterhaltsamer Diskurs zwischen der von Marco Hofheinz (Hannover) repräsentierten Theologie und dem Sportwissenschaftler Alfred O. Effenberg (Hannover). Anhand des schillernden Lebens des Fußballers Christiano Ronaldo wurde die Frage gestellt, wie der nicht unumstrittene Star trotz aller Brüche und Tiefen zu einem Sporthelden stilisiert werden und dabei nicht nur zum Vorbild taugen, sondern geradezu für den Stoff von Gleichnissen zur Veranschaulichung Jesu Christi herangezogen werden könnte.
Den Beteiligten des Symposiums ist es gelungen, durch das interdisziplinäre Gespräch die Bedeutung der Theologie im Kanon der Wissenschaften anschaulich hervorzuheben. Der bereits angekündigte Tagungsband (Stuttgart 2017) verspricht eine spannende Bündelung. Gerahmt von einem hochkarätigen musikalischen Begleitprogramm hat die Hannoveraner Fakultät ihrem Dekan mit diesem Symposium ein würdiges Dankeschön für seine langjährige Arbeit aussprechen können.


Veranstaltungsverlauf

Begrüßung: Marco Hofheinz (Hannover) und der Präsident der Leibniz Universität Hannover Volker Epping

Sektion 1:
Hiobrezeptionen
(Theologie und Literaturwissenschaft): Friedrich Johannsen (Hannover) und Annette Antoine (Hannover)
Wundern, Glauben, Wissen (Theologie und Geschichtswissenschaft): Kai-Ole Eberhardt (Hannover) und Michael Rothmann (Hannover)

Festvortrag »Nur noch Utopien können helfen« (Theologie und Soziologie): Oskar Negt, Soziologie

Sektion 2:
Bild(ungs)interessen im Spiegel neuer Ambivalenzen. Theologie und Bildungswissenschaft im Gespräch
(Theologie und Bildungswissenschaft): Monika Fuchs (Hannover) und Steffi Robak (Hannover)

Cristo y Cristiano. Oder: Von der Menschwerdung des Fußballgotts Cristinao Ronaldo. Ein profanes Gleichnis (Theologie und Sportwissenschaft): Marco Hofheinz (Hannover) und Prof. Dr. Alfred O. Effenberg (Hannover)


Autor:
Kai-Ole Eberhardt, Abteilung Evangelische Theologie, Leibniz Universität Hannover
Kontakt: Kai-Ole.Eberhardt@IThRW.uni-hannover.de