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Ausgabe:

Juni/2022

Spalte:

549–553

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Horbury, William

Titel/Untertitel:

Jewish War under Trajan and Hadrian.

Verlag:

Cambridge u. a.: Cambridge University Press 2014. X, 506 S. Geb. EUR 125,60. ISBN 9780521622967.

Rezensent:

Jürgen K. Zangenberg

Im Unterschied zum Ersten Aufstand 66–74 haben die jüdisch-römischen Kriege unter Trajan und Hadrian deutlich weniger wissenschaftliches Interesse gefunden, was bekanntermaßen vor allem an der weitaus schwierigeren Quellensituation liegt. Zu den Aufständen unter Trajan und Hadrian haben wir eben keinen Josephus, dessen zwar tendenziöse, aber nicht weniger dramatische und zusammenhängende Darstellung uns sowohl die Vorgeschichte als auch den Ablauf und einige der Folgen des Aufstands konkurrenzlos detailliert überliefert.
William Horbury legt einen »fresh attempt at integrating« zum Diasporaaufstand unter Trajan und zum Zweiten Jüdischen Krieg in Palästina zur Zeit Hadrians vor, der die Ergebnisse neuer Funde und Studien »through discussion of sources against the background of earlier study« auswertet (3). Gleich zu Beginn (Kapitel 1: »Introduction«, 1–10) umreißt H. den Horizont, in den die Ereignisse eingezeichnet werden müssen: »The wars belong to the period in which both Jews and Christians moved towards separate forms of communal order which would long remain normative.« (5) In-sofern verdienen es diese Aufstände nicht nur als Teil des spannungsvollen Verhältnisses zwischen Judentum und Rom oder der wachsenden, nationalen »self-awareness« des Judentums gegenüber dem universalistischen Imperium wahrgenommen zu werden. »The history of Jewish war under Trajan and Hadrian may be the story of an ending, but it is also part of a study of Jewish and Christian origins« (9). Diese breite Perspektive zu anderenorts oft voneinander getrennt dargestellten Ereignissen und Entwicklungen zeichnet das Buch aus, das gerade dadurch die Besonderheiten der beiden »späteren« Aufstände souverän darzustellen in der Lage ist. H. ist ein meisterhaftes, trotz aller Detailfülle gut zu lesendes Buch gelungen.
In Kapitel 2 »Sources and historians« legt H. zunächst die Basis für seine Darstellung (10–99). Interessanterweise, aber völlig zu Recht, beginnt er seinen Quellendurchgang mit »Non-literary sources«, und hier direkt mit den Münzen des Bar Kochba-Aufstands. Sie sind neben den berühmten Briefen die wohl unmittelbarsten Zeugnisse für die Motive der Rebellen; Münzen »help with dating and indicate ethos« (11; meine Hervorhebung). Der Ruf nach »Freiheit« erklärt nicht nur die zahlreichen römischen wie jüdischen Berichte über die »ferocity and endurance« der Rebellen, oft genug verklärt als Heldenmut oder verurteilt als Terror, Barbarei oder Wahnsinn (10). Zugleich verbindet dieser für alle Beteiligten un­mittelbar verständliche Ruf nach Freiheit die jüdische Aufstandsbewegung mit anderen Widerstandsbewegungen. Aus dem Diasporaaufstand fehlen derartige Zeugnisse freilich (was kaum der vom Zufall bestimmten Überlieferungsgeschichte zuzuschreiben sein wird), hier sind wir sehr weitgehend auf literarische Quellen unterschiedlichster Provenienz angewiesen, deren Charakter und Probleme H. mit großer Prägnanz vorstellt (u. a. Cassius Dio, Eusebius, Rabbinen). Für H. ergänzen sich die Quellen dennoch in bemerkenswertem Maß zu einem skizzenhaften Ereignisablauf (»patchily«, 40), der »clues« gibt »to the concerns and outlook of the rebels, on such matters as the temple or messianic hopes« (40).
Höchst interessant ist, dass H. seine Übersicht nicht einfach mit dem spätantiken Autor Orosius schließt, sondern die Grenze zwischen Quellen und Rezeptionsgeschichte überschreitet und über Maimonides und den Dominikaner Raymond Martini ins Mittelalter hinaus den Bogen bis zur frühen Neuzeit schlägt. Sind nicht all unsere Quellen außer den unmittelbaren wie Münzen und Papyri in gewisser Weise Zeugnisse der Rezeption, des Ringens um eine historische Einordnung der Aufstände? Das Spektrum der Deutungen, das die Quellen anbieten, reicht dabei vom »Strafgericht« über das ungläubige Judentum im frühen Christentum und christlichen Mittelalter über frühmoderne und moderne Interpretationen der Aufstände als Kampf um nationale Unabhängigkeit oder als Vorform des Klassenstreits. Die Aufstände wurden immer wieder zu einer prinzipiellen Auseinandersetzung zwischen Rom als unterdrückerischem »Imperium« und dem mit dessen Kultur inkompatiblen, religiös oder national verstandenen Judentum stilisiert (97). Umstritten waren und blieben die Aufstände, seit sie ausbrachen. H. weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Bedeutung der rabbinischen Quellen hin, die keinesfalls ungebrochene Unterstützung für Bar Kochba an den Tag legen, so wenig sie umgekehrt eine undifferenziert negative Sicht auf Rom erkennen lassen. Mit der rabbinischen Propagierung von Johanan Ben-Zakkai wird deutlich, dass bereits vor Bar Kochba »a more legitimate national revival« eingesetzt hatte, das zeigt, dass die beiden Aufstände neben allem Widerstand gegen Rom auch das interne Ringen des Judentums über dessen legitimen Platz im Gefüge einer römisch geprägten Mediterranen oikoumene sichtbar machen. Man mag das »Uneinigkeit« oder »Zerrissenheit« nennen, in jedem Fall bot es Möglichkeiten eines Neuanfangs nach der Katastrophe. Man kann wohl auch die Verwerfung Bar Kochbas durch frühchristliche Autoren wie Justinus in diesem Zusammenhang begreifen, wobei hier der Wunsch nach einem Neuanfang durch Distanzierung vom Judentum zugrundeliegt. In jedem Fall gilt:
»[T]he risings have continued to be ambiguous« (98). Hinter den Ereignissen treten für H. fundamentale Fragen hervor: »Did the origins and repression of the risings reflect a new degree of Roman hostility towards Jews, beginning a Jewish decline and fall? Was the religio-political Jewish entity essentially incompatible with Roman culture?« (99)
Ausgehend davon nähert sich H. in Kapitel 3 den eigentlich historischen Sachverhalten, zunächst mit der Suche nach offensichtlichen »Antecedents« (100–163). H. gönnt uns Lesern dabei bewusst zwei Perspektiven und setzt diese geschickt gegen- und aneinander, um so die allzu schematische Alternative zwischen der rechtlich geschützten Position des außerpalästinischen Judentums un­ter den Flaviern und der Interpretation des Aufstands in Palästina als »Krieg gegen das Judentum« zu durchbrechen (100).
Zunächst untersucht H. »Rome and the Jews« (100–136), entfaltet dabei in souverän knapper und zugleich detailreicher Darstellung die römische Sicht auf die Juden von der Republik bis zum Prinzipat und die Haltung der flavischen Herrscher und ihrer Nachfolger Nerva und Traian. Die Schlüsselerfahrung für römische Intellektuelle, Öffentlichkeit und Herrscher am Vorabend der Aufstände unter Traian und Hadrian war der blutig ausgefochtene, aber siegreich beendete Erste Aufstand. Die Juden galten seither als hart kämpfende Gegner, ihre Religion und Kultur blieben sowohl Zielscheibe von Spott und Ablehnung wie auch bewundert und rechtlich geschützt. Die Niederlage 70 wurde von der römischen Propaganda vor allem als Leistung der Flavier gegen regionale Aufständische verkündet, kaum als grundsätzlich feindseliger Versuch zur Vernichtung des Judentums insgesamt (136). In einem zweiten Schritt wendet sich H. der Periode zwischen Pompeius und Nero als »a continuous history of disaffection« und »intellectual resistance« zu, die durch allgemeine Debatten über »Freiheit« motiviert und durch »theocentric future hopes« gefördert wurden, die vor allem in Gebeten und Neuinterpretationen biblischer Narrative zu greifen sind (136). Rom wurde stets stärker mythifiziert (als »viertes Reich«, 142–146) und von konkreten Erfahrungen abgekoppelt, was die Hoffnung auf und den praktischen Einsatz für die göttliche Rettung von nicht minder mythischen Dimensionen stets mehr anstachelte. Erst die Neuordnung Judäas durch die Flavier nach der dramatischen Katastrophe von 70 beruhigte die Situation trotz großer Verluste an Menschenleben und weitreichender Enteignungen von Land und Besitz. Obwohl starke antirömische Sentiments andauerten, zeichnen gerade jüdische Quellen ein differenziertes Bild: »Jewish response to the disaster of 70 included encouragement of acceptance of the situation as divinely over-ruled, and of renewed attachment to the commandments in the framework of obedience to Rome« (155). Neben dieser komplexen und keineswegs durchwegs ablehnenden Sicht spielten das Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden und sowie die durchaus unterschiedliche Lebenspraxis jüdischer Diasporagemeinden eine große Rolle. H. unterstreicht dabei zu Recht, dass trotz der nach 70 zunehmenden »mutual Jewish-gentile hostility« stets noch ein deutliches »degree of mutual sympathy« herrschte (155). Auf die Grautöne kommt es also an.
Die folgenden zwei Kapitel sind »Trajan and Hadrian« und »Hadrian and Pius« gewidmet; sie bilden den Kern des Buches. Kapitel 4 (164–277) ordnet den ersten uns bekannten, großen Aufstand der jüdischen Diaspora in Nordafrika, Zypern und Mesopotamien ein in die großangelegten Feldzüge Trajans ab 113 gegen die Parther. H. rekonstruiert in großer Detailfülle Ausbruch, Verlauf und Ende der Ereignisse, die sich im Rücken des Eroberungsheeres zu einer großen Gefahr auszuwachsen drohten und selbst nach dem Tod Trajans und der Machtübergabe an Hadrian 117 noch nicht beendet waren. Die höchst fragmentarische Quellenlage macht die Aufgabe nicht einfach. Was waren die Ziele der Aufständischen? Gab es überhaupt einen koordinierten Aufstand? Welche Verbindung be­stand zwischen der Rebellion in Nordafrika und Ägypten und der Situation in Palästina? Ausschlaggebend bei all diesen Aktionen w ar laut H. die andauernde messianische Hoffnung. Nicht die »madness of the rebels – whose enterprise had seemed audacious but not irrational – nor on the charisma of an individual leader« war dabei prägend, sondern die »convergence of the movement as a whole with the national hope for return and redemption« (277). All dies wird noch deutlicher in Kapitel 5 (278–428), gewidmet dem Aufstand von 131/2-136. H. beginnt zunächst mit dem Aufstand selbst (»Uprising«, 278–339), diskutiert dessen Ausbruch während Hadrians Reise durch die östlichen Provinzen zwischen 128 und 132, dessen Dauer von 132 bis 135 (287), die relevanten Quellen, die möglichen Ursachen (geplanter, aber verhinderter Wiederaufbau des Tempels, die Gründung von Aelia Capitolina, der Ausschluss jüdischer Bewohner und das Verbot der Beschneidung), ferner Bar Kochba und dessen Vorbereitung für den Aufstand sowie militärische Erfolge der Rebellen bis hin zur Frage nach der Beteiligung von Fremden/Nicht-Juden (mit einer interessanten Studie über »Gentile names in Bar Kokhba letters«, 335–339).
Das Resultat des Aufstandes ist bekannt: »As in the First Revolt against Rome, the rebels had gained control of what became an independent territorial state« (339). Wie dieser Staat jedoch organisiert war, wie er sich nach innen und außen präsentierte, steht im Mittelpunkt des zweiten Teilkapitels (»An Israelite Realm«, 339–388). Besonders die Dokumente aus der Judäischen Wüste, Münzen und die Funde aus den Höhlenverstecken der Rebellen geben einzigartige Einblicke in die Ausdehnung, Verwaltung, Verfassung und Ethos des Rebellenstaats, »or, as it is penned from within, the Israelite realm« (345). Wie Dokumente und zahlreiche unterirdische »hiding complexes« nahelegen, befand sich das Kerngebiet dieses Staats in Judäa südlich von Jerusalem bis hinein nach Idumäa jenseits von Hebron. Von dort aus erschlossen Straßen weitere Gebiete entlang des südlichen Jordan und bis hinein nach Galiläa, die zeitweise auch unter Kontrolle der Aufständischen lagen. Jerusalem selbst blieb jedoch nach allem, was wir wissen, in römischen Händen. Trotz aller Ablehnung gegen die verhasste römische Administration ahmte der Rebellenstaat diese in vielen Aspekten nach, bzw. setzte sie fort. Bar Kochbas Reich »was administered with the exactitude of the period in respect to weights and measures and property«, einschließlich Besteuerung (352). Eine Reihe ideologisch geprägter Standardbegriffe, die auf Dokumenten wie auch Münzen vorkommen, geben Einblick in das Selbstverständnis des Staates und seiner Träger. Ganz oben steht die »Befreiung«/»Erlösung Jerusalems«/bzw. »Israels«, die »Heiligkeit Jerusalems« oder der Titel »Nasi« (»Fürst«) für Bar Kochba. Dennoch: »These politico-religious formulae and catchwords are of their nature fluid and elusive«. Zur Stützung des staatlichen »Ethos« und Stiftung von Identität genügte die »pervasive influence of the Pentateuch and prophets among Jews and this period« (355). H. unterzieht »Constitution and ethos« einer detaillierten Untersuchung und diskutiert zentrale Konzepte wie »The prince and the priest«, die universale Autorität über Israel ausdrücken. Der Name Israel ist inzwischen seinerseits – ganz in der Nachfolge des Ersten Aufstands – als »nationaler Name« etabliert und kann so umso besser gegen den Feind Rom in Stellung gebracht werden. So wie Jerusalem das heilige Zentrum Israels ist, gelten alle Israeliten in egalisierender Manier als »brethren« (365), was sowohl die Nähe einer Schicksalsgemeinschaft impliziert als auch die Unterordnung aller Brüder unter Bar Kochba, den Vater und »Prinz von Israel«.
Bar Kochbas Bild in den Quellen macht die Schwierigkeit noch drängender, »how to describe the messianism of the revolt« (378). Die kritischen christlichen und rabbinischen Quellen aus dem kollektiven Gedächtnis der Nachkriegszeit konvergieren auffällig mit den zeitgenössischen Belegen auf Münzen und Dokumenten:
»[T]he rising was presented as a revival oft he ancestral constitution in territory now administered (once more) as an Israelite realm. The whole enterprise will have gained energy from the messianic expectations bound up with the constitutional terms […], understood to include the recovery of the sanctuary and the land. […] [W]ithin this ethos, politics and religion, in their modern senses, were inseparable.« (388)
Ein derartig motivierter und auch erfolgreicher Aufstand konnte natürlich nicht ohne Antwort bleiben; das Imperium schlug im wahrsten Sinn des Wortes zurück, mit brutaler Gewalt und unter Aufbietung der offensichtlich letzten Reserven. Hadrian schickte Verstärkungen und – nach Cassius Dio – seine besten Generale, um den Aufstand niederzuringen. Die römische Gegenoffensive »will have been comparable with the long-drawn-out final repression of the First Revolt against Rome, after 70« (393). Das Ende des Aufstands ereignete sich in Bettar (Bittir, Khirbet el-Yahud) nach einer langen Belagerung im Spätsommer des Jahres 135. Die legendarische Ausschmückung des Todes Bar Kochbas bringt sowohl die Verbissenheit des Widerstands, die Ablehnung, die die Rabbinen ihm gegenüber hegten, als auch die Bewunderung Hadrians für den »Prinz Israels« zum Ausdruck.
Nach dem Fall Bettars, dem Tod Bar Kochbas und der Auslöschung der letzten Widerstandsnester begann ab 136 der Neuaufbau der Provinz, die nun nicht mehr Iudaea, sondern Syria Palaestina hieß (»Constraints and renovations«, 401–409). Unzählige jüdische Gefangene wurden in die Sklaverei verkauft, der Ausbau Jerusalems als Aelia Capitolina wurde nun konkret in Angriff genommen und dauerte bis weit in die Zeit des Antoninus Pius. Noch lange nach dem Ende des Aufstands waren Juden Repres-sionen unterworfen, durch interne Migration nach Norden und Süden entstanden neue jüdische Bevölkerungsschwerpunkte. Die neue Stadt und ihre Umgebung waren für Juden verboten (402). Trotz aller Gewalt und Unterdrückung schließt H. seine Darstellung mit der rabbinischen Erzählung von der Überführung des Leichnams Eleazars, eines inzwischen bedeutenden, zur Koopera-tion mit den Römern bereiten Lehrers, ins Grab seines nicht minder berühmten, aber sehr romkritischen Vaters Simeon ben Yohai in Meron. »In the end they were both honoured together, side by side in the same place«, für H. ein »symbol« dafür, in welche Richtung sich die jüdische Bevölkerung Judäas letztendlich bewegte (418).
In der kurzen Zusammenfassung kommt H. nochmals auf seine beiden Leitfragen zurück (»Prospect«, 419–428): »[D]id a hostile Roman policy towards Jews now become permanent, and was worldwide Jewish corporate life essentially incompatible with Roman impe-rial rule and culture?« (419) H. verneint dies mit Nachdruck, m. E. zu Recht. Trotz der militärischen Niederlagen spricht H. jüdischerseits zwar von einem »continued attachment to ancestral law and custom, part of the ethos of ›zeal‹ which had been important throughout the period of the risings« (420). Institutionelle Form gewann diese Verbundenheit mit väterlichen Gesetzen nach dem Zweiten Aufstand freilich nicht mehr in Form von messianisch-charismatischen Führerfiguren, sondern durch ein Netzwerk von Lehrern des Gesetzes und Gebetshäusern, die zugleich für vielfältige Kooperation zwischen lokalen Autoritäten wie für das Beharren auf (und die Möglichkeit zu!) kultureller und administrativer Eigenständigkeit stehen. H. hat Recht: Militärische Gewalt seitens der Römer richtete sich stets gegen Aufständische, nie gegen Ju-den als solche. »Roman official treatment of Jews (is) striking in its maintenance of the liberty of public assembly and prayer, and observance of ancestral Jewish customs.« (425)
Die Aufstände und ihr dramatisches Ende zwangen Juden ihrerseits zu einem Klärungsprozess hinsichtlich ihrer Identität, ihres Ethos, ihrer Verfassung und zum Verhältnis zur römischen Mehrheitskultur. Aufgrund der Erfahrungen der Katastrophe gewannen die Stimmen des Ausgleichs und der Vermeidung von Konfrontation sowohl nach innen als auch nach außen letztendlich die Oberhand. Christlicherseits führte die römische Erniedrigung der aufständischen Juden zur Schärfung des eigenen theologischen und sozialen Profils, in dessen Verlauf ebenfalls Stimmen größeres Gewicht erhielten, die sowohl den Unterschied zum Judentum (etwa die theologische Abwertung von Beschneidung und jüdischen Speisegesetzen) als auch die Kontinuität mit dem Judentum (Beibehaltung der jüdischen Bibel als »Altes Testament«) betonten. Auch hier sollte man sich also von überspitzenden Generalisierungen hüten: »[A]fter the revolts under Trajan and Hadrian, the Christian church was still too deeply rooted in Jewish culture to attain a clearly gentile thought and practice.« (427)
Eine sehr detaillierte »Select Bibliography« (429–471), Indizes von Autoren und Literatur (472–484) sowie Personen-, Orts- und Sachregister (485–501) schließen dieses meisterlich recherchierte und geschriebene Werk ab, das dank seiner breiten Perspektive, analytischer Schärfe und erhellender Details inzwischen zu Recht ein Klassiker geworden ist.