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Ausgabe:

Juli/August/2021

Spalte:

706-708

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Hg. v. E. Wolgast

Titel/Untertitel:

Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts. Generalregister. Begr. v. E. Sehling. Bearb. v. K. Meese.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2020. VIII, 265 S. Lw. EUR 129,00. ISBN 9783161591389.

Rezensent:

Johannes Schilling

Große, bedeutende Editionen gut zum Abschluss zu bringen, ist für alle Beteiligten immer eine Freude – und für die Geldgeber der Beweis, dass sich die Förderung gelohnt hat. Es war ein Ereignis, als im Jahre 2009 die Weimarer Lutherausgabe vollendet werden konnte, deren erster Band 1883 erschienen war, und man darf es nun auch als Ereignis bezeichnen, dass der »Sehling«, die Ausgabe der von dem Friedberg-Schüler und Erlanger Kirchenrechtsprofessor Emil Sehling (1860–1928) begonnene Herausgabe der evangelischen Kirchenordnungen des XVI. (wie seit dem ersten Band 1902 noch immer geschrieben wird) Jahrhunderts ebenfalls nach mehr als einem Säkulum zu einem Abschluss gelangt ist und mit einem Generalregister als Superadditum ein für die Forschung willkommenes Hilfsmittel erhalten hat. Die Union der Akademien hat jedenfalls gut daran getan, der Heidelberger Akademie nach dem Ende des eigentlichen Editionsprojekts für ein weiteres Jahr nicht nur Mittel für die Digitalisierung der Textbände, sondern auch für die Erarbeitung dieses Generalregisters zu gewähren. Dass dieses (auch) im Druck erscheint, wird künftigen Benutzern ebenso wie den gegenwärtigen willkommen sein: Ein Buch, das man ohne Endgerät in die Hand nehmen und als Findmittel benutzen kann, auf angenehmem Papier gut gesetzt und gedruckt, fadengeheftet und mit einem Einband, der ein Menschenleben überdauern wird. So müssen Jahrhundertwerke sein.
Das Generalregister umfasst nach einem kurzen Vorwort, in dem Entstehung und Bearbeitung geschildert, die Kriterien für die Anfertigung des Registers dargestellt und die zahlreichen Mitwirkenden bedankt werden, drei Register, 1. Personen (1–85), 2. Orte (87–146), 3. Sachen (147–265). Bedauerlich ist, dass die – freilich erst in späteren Bänden hinzugekommenen – Register »Bibelstellen« sowie »Lieder und Gesänge« nicht aufgenommen wurden.
Es ist verständlich, dass ein solches Generalregister nicht neu aus den einzelnen Bänden erarbeitet werden konnte, sondern aus den vorhandenen Registern zusammengetragen wurde. Dass diese ihrerseits unterschiedliche Ziele verfolgten, ist in der Einleitung bemerkt. Daraus ergeben sich entsprechende Ungleichgewichte, vor allem im Sachregister, für die die Bearbeiterin nicht die Verantwortung trägt. Die Benutzer müssen daher aber aufmerksam sein und die Registereinträge nicht für das Ganze dessen halten, was in den Bänden selbst zu finden ist.
Natürlich freuen sich die Benutzer, dass es nunmehr ein solches Register gibt, und die im Folgenden gemachten Anmerkungen und Anregungen sollen diese Freude nicht trüben. Ein wirklicher Mangel des Bandes liegt m. E. aber in der fehlenden Übersicht über die einzelnen Bände. Die findet man zwar (am 5. Februar 2021) auf der Homepage des Unternehmens bei der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Aber eine Karte mit den Regionen (am besten in den seinerzeit geltenden historischen Grenzen der Territorien und Städten) und Bandzahlen wäre eine Kleinigkeit gewesen, passenderweise auf dem Vorsatz – vielleicht kann eine solche im Internet zum Selbstausdrucken nachgeliefert werden. Wer hat schon im Kopf, wo VII/2,1 zu verorten ist oder IV oder XXIII? Auch ein Ge­samtinhaltsverzeichnis wäre wohl übersichtlicher gewesen als die Verzeichnung der einzelnen Ordnungen unter dem Lemma »Kirchenordnung« im Sachregister.
Man hätte sich auch dafür entscheiden können, statt einer rein mechanischen Aneinanderreihung der Einträge zwischen Quellentexten und Herausgebertexten zu unterscheiden, etwa durch Kursivsatz. Ich prüfe das Beispiel »Kiel« in Band XXIII: Alle Belege beziehen sich, mit Ausnahme der Seiten 76, 415 und 509 auf Herausgebertexte. Der Arbeitsaufwand wäre mäßig gewesen, der Er­kenntnisgewinn merklich.
Im Personenregister finden sich sowohl historische Personen als auch verstorbene und noch lebende Forscher. Es ist schön, dem Altphilologen Uvo Hölscher (1914–1996) im Register zu begegnen, und auch der noch lebende Martin Brecht (*1932) könnte sich über einen Eintrag freuen. Aber warum fehlen dann Emil Sehling und Eike Wolgast? Eine Erklärung, ob und welche Personen jenseits des 16. Jh.s aufgenommen wurden, gibt es nicht.
Im Ortsregister ist nicht ganz klar, ob die Ortsnamen den historischen oder den aktuellen Schreibweisen folgen. In den meisten Fällen gibt es hier keine Probleme, manchmal aber eben doch. Die zum Teil mechanische, d. h. nur den Vorlagen folgende Ordnung der Einträge ohne sachliche Prüfung erweist sich da und dort als wenig hilfreich.
Die intrikatesten Probleme ergeben sich bei dem Register der Sachen. Dem »Abendländische(n) Schisma« mit einem einzigen Eintrag folgt das Lemma »Abendmahl«, das sich samt abgeleiteten Begriffen mit hunderten von Einträgen über mehr als vier der großen Seiten zieht. Hier ist man dankbar für die Untergliederung, die bei gezielter Suche hilfreich sein dürfte. Dasselbe gilt auch für andere Großbegriffe: »Beichte«, »Bekenntnis«, »Gottesdienst«, »Ka­techismus«, »Kirche« u. a. m.
Die Erarbeitung muss, zumal in dem zeitlich eng bemessenen Rahmen, eine große Herausforderung gewesen sein. Auch wenn das Register also nicht alle Wünsche erfüllt – der Bearbeiterin Karin Meese M. A. und ihren zahlreichen Helfern gebührt Respekt, dass sie das Werk zustande gebracht und den Benutzern ein Instrument an die Hand gegeben haben, mit dem man gut arbeiten und das man, pro captu lectoris, für sich selbst evaluieren kann.