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Ausgabe:

Dezember/2020

Spalte:

1149–1160

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Bogdan Burtea

Titel/Untertitel:

Das Fortleben antiker Religionspraxis am Beispiel der heutigen Mandäer*


I Einleitung


Die Mandäer stellen die einzige bis in unsere Zeit erhaltene gnostische Religionsgemeinschaft dar. Es gab in den letzten Jahrzehnten immer wieder Versuche, diese gnostische Gemeinschaft mit ihren alten Ritualen einem breiteren wissenschaftlichen und öffent-lichen Publikum zugänglich zu machen. Neben der nach wie vor grundlegenden und an Informationen reichhaltigen Arbeit von Drower1 sind die Publikationen von Alsohairy,2 Motika,3 Buckley4 sowie Rudolph5 zu erwähnen, die unterschiedliche Aspekte der ge­genwärtigen Lage der Mandäer behandeln.
Der folgende Beitrag soll hauptsächlich einen Überblick über die aktuelle Lage dieser lebendigen Religionsgemeinschaft bieten, die ihr gnostisches Erbe bewahren will und ihre althergebrachten Rituale weiter pflegt.

II Wer sind die Mandäer?


1. Namen und Bezeichnungen


Als älteste Selbstbezeichnungen finden sich in der mandäischen Literatur »Erwählte der Gerechtigkeit« (bhiria zidqa) und »Naṣo-räer« (naṣuraiia), d. h. »Bewahrer, Befolger (des Gesetzes, der Riten usw.)«.6 Dieser letzte Begriff wurde wegen der großen Ähnlichkeit mit dem griechischen Ναζωραῖος (Mt 2,23) als Beweis eines westlichen, jüdischen Ursprungs der Mandäer betrachtet und in der Forschung heftig diskutiert. Der Theologe Rudolf Bultmann vertrat in seinem Kommentar zum Johannesevangelium die Meinung, dass dessen Terminologie nur durch die gnostischen, speziell mandäischen Texte erhellt werden kann.7 So bringt er den neutestamentlichen Terminus λόγος in Verbindung mit dem mandäischen Begriff malala »Wort«, der häufig als Attribut mythologischer Lichtwesen (Anoš-Uthra, Adakas oder Jukabar) im Mandäismus vorkommt.8 Erwähnenswert ist an dieser Stelle noch die Fundamentalkritik Hans Lietzmanns an Bultmanns Thesen, welcher nicht nur die Figur Johannes des Täufers bei den Mandäern als aus dem Neuem Testament und christlichen Legenden geschöpft, sondern auch den gesamten Ritenkomplex der mandäischen Taufe für eine Nachbildung des Taufrituals der Nestorianer hielt.9
Der Name »Mandäer« (mandaia, pl. mandaiia) knüpft an das alte mandäische Wort für »Erkenntnis, Wissen, Gnosis« (manda, abgeleitet von der Wurzel yd‘ »wissen«) an, bedeutet also »Wissender, Gnostiker«. Heutzutage bezeichnet es ganz allgemein die Laien ge­genüber den Priestern (tarmidia) oder den »Eingeweihten« (naṣu-raiia). Nach dem eigenen Verständnis ist der Naṣoräer (naṣuraia) ein Mandäer, der spirituelle Kenntnisse und tiefgreifende Weisheit besitzt. All das wird als naṣiruta, als die Tiefe der Religion bezeichnet, die sich in der besonderen Fertigkeit der traditionsgemäßen Ausführung der Rituale hervortut.10
Ihre heutigen arabischen Nachbarn nennen sie ṣubba (ṣubbī), d. h. »Baptisten, Täufer« (schriftsprachlich: ṣābi’, aṣ-ṣābi’a), was auf die häufige Taufritualpraxis Bezug nimmt.
Heutzutage ist Mandäer (engl. Mandaean) die allgemeine Be­zeichnung, während der Name Sabier (engl. Sabean/Sabian) von den Mandäern selbst alternativ verwendet wird. Die Bezeichnung Sabier wurde im Kontext der Ursprungsdebatte der Mandäer mit der antiken Stadt Harran in Verbindung gebracht.11 Ein Bericht des Lexikographen Bar Bahlūl (10. Jh.) erwähnt die Sekte der Sabier, die aufgrund der dort enthaltenen Angaben eindeutig mit den Mandäern identifiziert werden kann.12 Die portugiesischen Missionare des 17. Jh.s sahen in den Mandäern die Nachkommen der Jünger des Täufers Johannes, derjenigen Jünger, die Johannes der Täufer nach dem Bericht der Evangelien im Jordan getauft habe und welche später von dort vertrieben wurden. Auf diesem Wege sind die Mandäer als »Johanneschristen« in Europa bekannt ge-worden.13

2. Kurze Forschungsgeschichte


Nach einem aufsehenerregenden Auftakt, der in den 1920er und 1930er Jahren mit der sogenannten »Mandäerfrage«14 seinen Gipfel erreichte, folgten in den 1940er, 1950er und 1960er Jahren die wichtigen editorischen und sprachwissenschaftlichen Arbeiten von Ethel S. Drower und Rudolf Macuch.15 Aus dieser Zeit stammt auch die erste, bis heute beste Mandäer-Synthese von Kurt Rudolph. Basierend auf den damals zugänglichen Quellen versuchte der Leipziger Religionswissenschaftler unter kritischer Einbeziehung umfangreichen Materials aus der Umwelt des Mandäismus die Geschichte und Literatur,16 den Kult17 und die Lehre18 dieser Religionsgemeinschaft systematisch darzustellen. Leider nahm nach dieser für die Mandäerforschung fruchtbaren Zeit das Interesse am Mandäismus ab. Zwei wichtige Arbeiten müssen jedoch erwähnt werden: E. Lupieri, der sich mit der späteren Geschichte und Religion der Mandäer befasst,19 wobei er die Westverbindung der Mandäer20 als rein mythologisch deutet und ihr Ursprungsland in Südmesopotamien, in Charakene, vermutet, sowie J. J. Buckley, welche die Bedeutung der Priestergenealogien aus den Handschriftenkolophonen für die Rekonstruktion der Mandäer-Geschichte hervorhebt.21
Was die Editionsarbeit mandäischer Texte betrifft, lassen sich in den letzten Jahren folgende Entwicklungen feststellen: Die meisten Texteditionen des letzten Jahrzehnts beschäftigen sich mit magischen Texten, die sich auf Zauberschalen und Zauberrollen (eingraviert auf dünnen Blei- oder sogar auf Goldtafeln) finden. Es fehlt jedoch bis heute eine umfassende Arbeit über diese Textgattung der mandäischen Literatur.22 Ferner gibt es einige Editionen von mandäischen Texten mythologischen bzw. ritualistischen In­halts,23 die gemeinsam haben, dass sie auf Papierrollen überliefert wurden. Die Hauptwerke der mandäischen Literatur, der Ginza (der Schatz),24 die sogenannten Mandäischen Liturgien und das Johannesbuch sind alle in Codexform25 überliefert und bedürfen einer Neuedition. 2019 ist erfreulicherweise die Neuedition des Johannesbuchs erschienen,26 die unter Berücksichtigung einer breiteren Handschriftbasis als die der Lidzbarskischen Edition27 verfasst wurde.

III Aktuelle Siedlungsgebiete undStandorte der Mandäer


Die heute etwa 50.000 Anhänger28 zählende Religionsgemeinschaft lebte bis vor den sogenannten Golfkriegen29 an den Flüssen des südlichen Irak (vor allem an Euphrat und Tigris) und entlang des Kārūnflusses im südwestlichen Iran. Die Golfkriege haben gerade das alte Siedlungsgebiet der Mandäer schwer getroffen, so dass sich die Situation der Gemeinde tiefgreifend verändert hat. Der größte Teil der Gemeinde lebt heute in der Diaspora und die mündliche und schriftliche mandäische Tradition droht verloren zu gehen. Die Gemeinde erlebt zurzeit einen dramatischen Wandel und ge­hört zu den verschiedenen ethnischen oder religiösen Gruppen aus dem Vorderen Orient, die versuchen, in der Diaspora (Europa, USA, Australien) eine neue Heimat zu finden.
Die traditionellen Siedlungsgebiete der Mandäer liegen im südlichsten Teil Mesopotamiens. Im Irak selbst waren die Städte Baṣra, El-‘Amāra, Nāṣirīja, Qal‘at Ṣāliḥ, Mišarraḥ und Sūq aš-Šujūḫ so­wie Bagdad die Hauptzentren mandäisches Lebens. Im Laufe des 20. Jh.s vollzog sich ein Wandel bei den Mandäern dergestalt, dass sie ihre ruralen Siedlungsgebiete im Süden des Irak verließen und in die Städte, hauptsächlich nach Bagdad, umsiedelten. Inzwischen scheinen die südlicheren Siedlungen nach den kriegerischen Auseinandersetzungen und den darauffolgenden sozialen und ethnischen Konflikten mandäerleer zu sein, während die Gemeinde in Bagdad stark dezimiert sein soll.30 In Bagdad soll inzwischen das Kulturzentrum mit dem Heiligtum (Manda) beschlagnahmt worden sein. Einige Mandäer sind in den nördlichen Teil des Irak (Kurdistan) umgezogen.
Während der Irak für die gegenwärtigen Mandäer keine bedeutende Rolle mehr spielt, konzentriert sich im Iran (in der südwestlichen Provinz Khuzestan) der letzte Überrest der Gemeinde im Orient. Auch wenn Städte wie Khorramshahr and Abadan, die 1980–1988 stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, von den Mandä-ern verlassen wurden, konzentriert sich heute das Gros der Gemeinde in der Provinzhauptstadt, in Ahwāz.31 Dort gibt es einen eigenen Bezirk sowie ein Kultur- und Gemeindezentrum in der Nähe des Kārūnflusses (bzw. der eigenen Tauf- und Zeremoniestelle am Fluss).32 Die kriegerischen Auseinandersetzungen haben für 30 Jahre (1980–2010) die davor sehr intensiven Beziehungen der irakischen und der iranischen Gemeinde unterbrochen.
Mit der Umsiedlung aus dem religiösen traditionellen Umfeld entsteht unter anderem auch der Verlust der sakralen Geographie, die bei den Mandäern eng mit der Religionsausübung verbunden ist, die von der Nähe des »lebendigen« Wassers (= Jordan) geprägt ist.
Die Mandäer sind heutzutage in über 20 Ländern verstreut. Eine große Anzahl von Mandäern gibt es in Australien (Sydney und Umgebung) und es handelt sich wahrscheinlich um die größte Gemeinde in der Diaspora mit etwa 10.000 Mitgliedern. Diese Ge­meinde scheint auch sehr gut organisiert zu sein. Es gibt eine Sabian Mandaean Association in Australia (SMAA) und einen Ethnarchen Salah Choheili, der als Anführer der australischen Gemeinde fungiert, sowie zwei Kulthäuser in Sydney, das Yahya Yuhana Mandi (Johannes der Täufer Kulthaus)33 und das Ganzibra Dakhil Mandi im Stadtteil Liverpool.
Auch in Europa leben inzwischen viele Mandäer, die meisten davon in Schweden. Dort sollen inzwischen etwa 8.000–10.000 Mandäer ihre neue Heimat gefunden haben. Die Gemeinde wird von mehreren Priestern und einem Ganzibra betreut. 2003 wurde ein Manda, ein Kulthaus mit eigenem Taufbecken, in Vällingby bei Stockholm, eingeweiht, das erste dieser Art in Europa. Es gibt inzwischen ein weiteres Manda in Malmö und in Lund soll sich ein anderes im Bau befinden.
Wenig bekannt ist auch, dass in Deutschland mittlerweile mehr als 2.200 Mandäer leben, hauptsächlich in Bayern, wo es sogar zwei Vereine/Gemeinden gibt.34 Rituelle Handlungen der Mandäer ha­ben z. B. bereits im Fluss Pegnitz bei Nürnberg stattgefunden.
Wichtige Gemeinden befinden sich auch in den Niederlanden mit etwa 4.000 Mitgliedern,35 in Großbritannien mit etwa 2.000 und in den USA mit etwa 3.000 Mitgliedern.
In fast jedem Land mit bedeutenden mandäischen Gemeinden gibt es Laienorganisationen, die sich um die Probleme des Einzel­nen besonders in der Diaspora kümmern und als Ansprechpart-ner für lokale und staatliche Behörden fungieren. Darüber hinaus gibt es Bestrebungen, eine Dachorganisation zu etablieren wie die Mandaean Associations Union (http://www.mandaeanunion. org/).

IV Rituelle Praxis und Feste in der Gegenwart


1. Hierarchie


Die Aufteilung der mandäischen Religionsgemeinschaft in Priester und Laien ist nicht grundsätzlicher Natur (wie z. B. im Manichäismus). Sie hat sich erst in Laufe der Geschichte herausgebildet. Die jüngere Hierarchie besteht aus den einfachen Priestern (tarmidia, »Jünger, Schüler«), den Bischöfen oder »Schatzmeistern« (ganzibria) und dem »Haupt des Volkes« (Ethnarchen) (riš ama, auch rišaia). Ein riš ama ist ein Ganzibra, der mindestens sieben Tarmida ein-geweiht (ordiniert) hat. Es gibt z. Z. zwei Ethnarchen: Salah Cho-heili, den geistlichen Anführer der Mandäer in Australien, und Sattar Gabbar Hilow, den geistlichen Anführer der Mandäer weltweit. Darüber hinaus soll es mehr als 40 Priester sowie zwischen 12 und 16 Priesteranwärter (ašualia, šualia) geben.36 Die Priesteraspiranten fungieren meist als Kultassistenten oder Diakone (šganda) bei der Ausführung der rituellen Praxis. Der Priester nimmt eine könniggleiche Stellung in seiner Gemeinde ein. Er handelt als Vertreter der himmlischen Gesandten und wird in den Ritualen mit ihnen gleichgesetzt.
Es sind die Priesteranwärter, die eine Initiation durchlaufen müssen, um in den Priesterstand (tarmiduta) aufgenommen zu werden. Die langen Kolophone mandäischer Handschriften belegen endlose Priestergenealogien und somit die Vererbbarkeit des Priesteramtes. Bei solchen Priestergenealogien ist der Vater in der Regel identisch mit dem Meister, der den Kandidaten auf dem Weg zum Priester begleitet. Der Meister, mandäisch rba [rabbā], ist eine Bezeichnung, die wir nicht nur aus dem rabbinischen Schrifttum, sondern ebenfalls aus dem Neuen Testament kennen.37 Wichtig ist das Verhältnis Meister/Lehrer (rba) – Jünger/Schüler (ašualia, Pl. ašualania),38 welches für die Vermittlung der esoterischen Gnosis grundlegend ist. Erwähnenswert ist ebenfalls die etymologische Verbindung zwischen dem hebräischen Wort für Schüler (talmīd) und der mandäischen Bezeichnung für Priester (tarmida), die vermuten lässt, dass die mandäische Bezeichnung ursprünglich für die Jünger eines Meisters verwendet wurde.
Der Ganzibra, der die Einweihung des mandäischen Tarmida betreut, wird von diesem als spiritueller »Vater« betrachtet, der diesen auch nach dem erfolgreichen Abschluss der Initiation spirituell weiter betreut. Die Zeremonie wird von insgesamt sieben Priestern assistiert. Der Hauptpunkt der Priesterinitiation sind die sieben Tage und sieben schlaflosen Nächte, die der Schüler in einer für diesen Zweck errichteten Kulthütte (škinta)39 verbringen muss. Während dieser Zeit des Schwellenzustands wird der Aspirant vom Ganzibra in die Geheimnisse seines Berufs eingeführt und auch von den anderen Priestern beim Rezitieren von Gebeten und Lesungen aus den heiligen Büchern begleitet. Am Ende der sieben Tage tauft der frischgebackene Tarmida den Ganzibra und somit wird er in den Priesterstand aufgenommen.
Im Unterschied zum Christentum kennen die Mandäer keinen Gottesdienst (keine Messe oder Liturgie), deshalb gibt es keine ho­miletische Komponente bei den mandäischen rituellen Handlungen. Auslegung und Interpretation der heiligen Schriften bleiben ein geistiges Reservat, das nur den Eingeweihten zugängig ist.
Bei den Mandäern kommt der kultischen Praxis eine große Be­deutung zu, weshalb die Kultstätten die Zentren der Gemeinde bilden. Traditionell besteht ein solches Heiligtum aus einer kleinen Kulthütte (manda oder bimanda aus bit manda, wörtl. »Haus der Gnosis«),40 vor der sich ein künstlich angelegter Teich mit »fließendem Wasser« (iardna, Jordan) befindet; umgeben ist das ganze Areal (mandi genannt)41 von einem Zaun. Diese kleinen Heilig-tümer liegen immer an Flüssen oder Kanälen. An den anderen Orten ist es ein freier Platz am Fluss, meist in der Nähe der Pries-terwohnung, an dem die Zeremonien stattfinden.

2. Die Taufe


Die Taufe – das Hauptritual der Mandäer und kein einmaliger Ritus wie im Christentum42Mas.būtā (von ṣb’ »untertauchen«), kann an jedem Sonntag stattfinden, d. h. am ersten Tag der Woche habšaba, der für die Mandäer Feiertag ist. Sie darf nur in »fließendem (d. h. lebendem) Wasser« erfolgen, also in Flüssen oder im Mandi-Teich – das ist ein Becken, das mit Wasser von einem vorbeifließenden Fluss versorgt wird. Die Taufe besteht in einem dreimaligen kompletten Untertauchen in der weißen Sakraltracht, einer dreimaligen »Zeichnung« der Stirn mit Wasser, einem dreimaligen Wassertrunk, der Bekränzung mit einem Myrtenzweig und einer Handauflegung, alles vom Priester vorgenommen. Daran schließen sich am Ufer eine Salbung der Stirn mit Öl, eine einfache Kommunion von Brot und Wasser und die »Versiegelung«, d. h. die Abwehr böser Geister an.
Der Mandäer glaubt, bei der Taufe nicht nur von Sünden und Vergehen gereinigt zu werden, sondern auch mit der Lichtwelt in Kontakt zu kommen, da die »Jordane« ein Abbild göttlichen Le­benselements sind. Ohne Taufe oder genauer gesagt ohne deren Zeichen der Reinheit kann die Seele nicht ins Jenseits gelangen.
Bereits in den 1970er Jahren fing bei den Mandäern im Irak eine heftige Debatte über die Taufe in einem Becken an, das nicht mit Flusswasser, sondern mit Leitungswasser versorgt werden kann. In dieser Zeit waren die Flüsse im Irak so verschmutzt, dass viele, besonders jüngere Mitglieder der Gemeinde nichts davon hielten, sich taufen zu lassen. Inzwischen wird von vielen Laien und einem Teil der Priester, das Taufen mit Leitungswasser in einem Becken als vollwertige Taufe akzeptiert.43 Die iranische Gemeinde jedoch lehnt die Verwendung von Leitungswasser für Zeremonien (es wird als totes Wasser bezeichnet) nach wie vor ab.

3. Masiqta – Seelenmesse


Die andere Hauptzeremonie ist die »Aufstieg« (masiqta) genannte Toten- oder besser Seelenmesse, die beim Tod eines Gläubigen zelebriert wird und dem Aufstieg seiner Seele zum Lichtreich dient. Auch sie schließt Waschungen mit »Jordan«- bzw. Flusswasser, Ölsalbung, Bekränzung mit dem Myrtenzweig und Bekleidung des Toten ein. Hauptbestandteil sind die Rezitationen aus dem Linken Ginza, dem Hauptwerk der Mandäer, die mit dem dritten Tag nach dem Tode, d. h. dem Zeitpunkt der Lösung der Seele vom Körper, einsetzen und fortgesetzt werden bis die 45-tägige Reise der Seele beendet ist. Die Zeremonie erfordert mindestens vier Priester und findet als einzige in der Kulthütte statt.
Eine wenig bekannte Besonderheit stellt der mandäische Kalender dar. Das mandäische Jahr wird in zwölf Monate zu je 30 Tagen und einen Schaltmonat, der fünf Tage hat, eingeteilt. Es geht dabei um den sogenannten Solarkalender, der aus 365 Tagen besteht und in zwölf Monate zu je 30 Tagen eingeteilt wurde, wozu noch fünf weitere Zusatztage (Epagomenen) kamen. Die Hauptvertreter dieses Kalendertyps sind der altägyptische, der sassanidische (zoroastrische) und der mandäische Kalender, wobei die Mandäer die iranische Zeitrechnung übernommen haben. Diese fünf Schalttage werden Paruanaiia oder Pan ǧa44 genannt und fallen zwischen den 30. Tag des achten Monats Šumbulta (Getreideähre, Virgo) und den ersten Tag des neunten Monats Qaina (Schilf, Libra). Die letzten fünf Tage des achten Monats Šumbulta gelten als unheilvoll (mand. mbaṭṭal) und sind den fünf Herren der Unterwelt gewidmet. Die folgenden fünf Paruanaiia-Tage gelten als Lichttage und die heiligste Zeit des Jahres einerseits, weil der Unterschied zwischen Tag und Nacht aufgehoben wird, so dass man auch nach Anbruch der Dunkelheit Rituale und Gebete verrichten kann, andererseits, weil während dieser Zeit die wichtigsten Taufzeremonien wie auch andere jährliche Rituale durchgeführt werden. Dieses zentrale Fest wird nach wie vor fünf Tage gefeiert, dieses Jahr (2020) vom 14.–18. März.

V Situation des Alt- und Neumandäischen


Bekanntlich ist das Mandäische eine semitische Sprache und ge­hört zum aramäischen Zweig des Semitischen. Als südöstlichster aramäischer Dialekt ist das Mandäische mit der Sprache des babylonischen Talmuds am engsten verwandt. Außerdem ist das Mandäische der einzige aramäische Dialekt, der keine griechischen Einflüsse in Lexik und Syntax aufweist. Man unterscheidet in der Semitistik zwischen der klassischen Periode und der modernen Variante des Mandäischen. Als klassisch gilt in erster Linie die Sprache der drei Hauptwerke, des Ginza, der sogenannten Liturgien und des Johannesbuches, nicht nur wegen des Inhalts, sondern hauptsächlich wegen des elaborierten, später nicht mehr erreichten literarischen Stils, bei dem Partien mit einem ausgeprägten Versmaß mit narrativen Abschnitten alternieren. Teile davon konnten wegen d er fast wortwörtlichen Übernahme in den koptischen Psalmen der Manichäer Anfang des 4. Jh.s datiert werden.45 In derselben Zeitspanne des 4. Jh.s bis zur Ausbreitung des Islam in Mesopotamien ist das Corpus der magischen Texte auf verschiedenen Schreibmaterialien (Ton, Blei, Gold), welches nicht nur wortschatzmäßig, sondern ebenfalls stilistisch von der elaborierten Ausdrucksform der oben genannten Werke abweicht, von Bedeutung. Alles, was nach dem 7./8. Jh. geschrieben wurde, besonders die Ritenkommentare und die esoterischen Abhandlungen, ist wegen des manchmal einfachen, manchmal holprigen Stils als postklassisch zu bezeichnen. Sie dokumentieren unter anderem, dass die Beherrschung der klassischen Sprache im Laufe der Zeit abgenommen hat. Darunter fallen besonders die Handschriftenkolophone auf, die aus den letzten 500 Jahren stammen und vereinzelt morphologische Erscheinungen zeigen, die den neumandäischen Formen ähnlich sind.
Für ihre eigene Sprache haben die Mandäer, wie auch andere vorderorientalischen Religionsgemeinschaften, die sich von ihrer Umwelt kultisch abgrenzen wollten, eine eigene Schrift erfunden.46 Bereits früh wurde man auf Ähnlichkeiten mit der nabatäischen und auch palmyrenischen Schrift aufmerksam. Mit der Entdeckung der elymäischen Inschriften (aus dem 2. Jh. n. Chr.) ist ein wichtiges Verbindungsglied zwischen mandäischer und nabatäischer Schrift ans Licht gekommen. Die ältesten mandäische Münzlegenden sollen aus der Charakene (2. Jh. n. Chr.) stammen.
Das mandäische Alphabet, genannt abāgādā, besteht traditionell (d. h. so wie die Mandäer selbst behaupten) aus 24 Zeichen. Den ursprünglichen 22 Zeichen hat man noch zwei Zeichen hinzugefügt, um die Zahl 24 der Tagesstunden zu erreichen. Diese sind das Zeichen für die Relativpartikel d-- und nochmal abschließend das Zeichen für a. Ohne dessen Wiederholung wurde das Alphabet als unvollständig betrachtet und somit als ungeeignet für magische Zwecke. Aus diesem Grund beginnen viele mandäischen Texte mit dem Alphabet.
Die Verwendung der klassischen Schrift und Sprache war über Jahrhunderte das Privileg der Priester und Gelehrten (die meist identisch waren). In der letzten Zeit und besonders in der Diaspora gibt es vermehrt Bemühungen, das Erlernen der traditionellen Kultur zu revitalisieren und die Schrift und die klassische Sprache den Laien zugängig zu machen. So sind Lehrbücher und Wörterbücher entstanden wie Qais Al Saadi, 2004: Yalipna mandaya. I learn Mandaic. Almaniya (2. Auflage 2012). Ähnliche Bemühungen sind auch im Iran zu verzeichnen, wo S. Choheili über mehrere Jahrzehnte das Klassisch-Mandäische für Gemeindemitglieder in Ahwāz gelehrt hat.
Dass die Verwendung der eigenen Sprache sogar in den Ur­sprungsgebieten stark abgenommen hat, hängt vor allem damit zusammen, dass das Neumandäische wahrscheinlich bereits vor dem 20. Jh. im Irak ausgestorben war und auch im angrenzenden Mandäergebiet des Iran (Khūzistān) nur noch von wenigen als Erstsprache47 (und vereinzelt auch in der Diaspora) verwendet wird. Die irakischen Mandäer, die inzwischen mehrheitlich ihr Land verlassen mussten, verwenden heute die lokale Varietät des Arabischen, während ihre iranischen Glaubensgenossen in erster Linie das Persische und zusätzlich manchmal auch das Arabische sprechen. Es ist wohl das Verdienst des bedeutenden Mandäisten des 20. Jh.s, Rudolf Macuch (1919–1993), das Neumandäische im Südwestiran (Khūzistān) in den 1950er Jahren wiederentdeckt und beschrieben zu haben. Die Ergebnisse seiner Forschung, die sich in erster Linie mit einer Varietät dieser Sprache, dem Dialekt von Ahwāz beschäftigt, veröffentlichte er in seiner monumentalen Arbeit Handbook of Classical and Modern Mandaic, Berlin 1965. Noch kurz vor seinem Tode (1993) erschienen zwei Veröffentlichungen zum Neumandäischen: R. Macuch/K. Boekels, Neumandäische Chrestomathie mit grammatischer Skizze, kommentierter Übersetzung und Glossar, Wiesbaden 1989 (= PLO, N. S. 18) sowie R. Macuch/G. Dankwarth, Neumandäische Texte im Dialekt von Ahwāz, Wiesbaden 1993 (= Semitica Viva 12). Während Macuch mit iranischen Mandäern als Informanten arbeitete, gewann Ch. Hä­berl in jüngerer Zeit die Angaben für seine Beschreibung des neumandäischen Dialekts von Khorramshahr ausschließlich von einem einzigen Informanten, Nasser Sobbi (Nāṣir Ṣubbī), der seit längerer Zeit in den USA lebt.48 Damit sind die zwei bekannten dialektalen Varietäten des Neumandäischen erfasst und beschrieben, auch wenn inzwischen keine Mandäer mehr in Khorramshahr leben. In Vergleich zu den bisherigen Werken zum Neumandäischen steht im Mittelpunkt der Beschreibung von Hezy Mutzafi49 nicht die Grammatik, sondern das Lexikon. Anders als seine Vorgänger, die mit einem Informanten gearbeitet haben, stützt es sich auf elf Sprecher des Neumandäischen, sechs aus Ahwāz und fünf aus Khorramshahr. Jedoch leben all seine Informanten inzwischen in der Diaspora, in New York und Sydney.

VI Eigene Publikationen der Mandäer


Es ist wichtig, die wenig bekannte publizistische Tätigkeit der Mandäer hervorzuheben. Es gibt inzwischen mehrere Dissertationen über mandäistische Themen, die von Mandäern verfasst wurden.
Die bereits erwähnte Dissertation von S. Alsohairy, Die irakischen Mandäer in der Gegenwart, Hamburg 1975, ist aufgrund der Tatsache, dass die irakische Gemeinde die Mehrheit ihrer Mitglieder verloren hat, eine wertvolle Dokumentation der Lage in den Jahrzehnten nach 1940.
2005 wurde die Dissertation von Brikha Nasoraia, A critical edition with translation and analytical study of Diuan Qadaha Rba D-Dmuth Kušṭa (the Scroll of the Great Creation of the Image/Likeness of Truth), an der Universität Sydney abgeschlossen. Er ist nicht nur selbst Mandäer, sondern auch Ganzibra (Bischof) und eine wichtige Persönlichkeit der australischen Gemeinde. Die Tradierung des priesterspezifischen Fachwissens (naṣiruta) hat konkrete Gestalt in Form von Traktaten in Rollenform angenommen, die den Namen diuan »Abhandlung« tragen.
Eine andere Dissertation wurde 2008 von Sabah Aldihisi an der University College London eingereicht. Es handelt sich hierbei um die Analyse der drei Schöpfungsberichte aus dem Hauptwerk der Mandäer, dem Ginza, mit dem Titel: The story of creation in the Mandaean Holy Book Ginza Rba.
1998 haben mandäische Gelehrte und Geistliche aus Sydney, Aus-tralien, eine eigene Ginzaedition50 in einer für Computer selbstentwickelten mandäischen Schriftart auf der Grundlage von drei Handschriften aus Privatbibliotheken veröffentlicht. Der Text dieser Publikation war eher für kultische Zwecke gedacht und wurde nicht nach editionswissenschaftlichen Kriterien erstellt (es gibt weder eine Einleitung noch einen kritischen Apparat).
Erwähnenswert ist der 1999 gegründete Verlag Living Water Books in Sydney, wo Carlos Gelbert (ein irakischer Mandäer, der in Australien lebt und unter Pseudonym publiziert) seine Bücher veröffentlicht. Er hat nicht nur die hervorragenden Übersetzungen Lidzbarkis des Ginza,51 des Hauptwerkes der Mandäer, sowie der sogenannten Liturgien ins Arabische übertragen,52 sondern auch ein Buch über das Verhältnis der Mandäer zum Judentum (2005),53 eins über das Verhältnis der Mandäer zum Christentum (2013)54 sowie eine Übersetzung des mandäischen Johannesbuches ins Englische55 verfasst.
Die lexikographische Tätigkeit der Mandäer ist gleichfalls hervorzuheben: Qais Al-Saadi56 und Dakhil Shooshtary57 haben sich auf diesem Gebiet besonders hervorgetan.
Mehrere mandäische Gemeinden weltweit haben inzwischen ihre eigenen Zeitschriften und Informationsblätter, die in mehr oder weniger regelmäßigen Zeitabständen erscheinen.58

VII Überblick und Ausblick


Die weltweit zerstreute Gemeinschaft der Mandäer ist heute mit gewaltigen Herausforderungen konfrontiert. In ihren alten Heimatorten im Irak und Iran versucht sie, die letzten dort gebliebenen Mandäer vor der Willkür der Obrigkeit sowie den Angriffen religiöser Fanatiker zu schützen, bzw. im Iran den Status quo einer geduldeten Gemeinschaft zu bewahren.
In der Diaspora sehen die Herausforderungen anders aus. Während in der neuen Heimat die religiöse Verfolgung keine Rolle mehr spielt, so sind hingegen die klimatischen Umstände sehr viel herausfordernder für die Ausführung der Rituale. Deshalb hat man versucht Kulthäuser (Manda) mit eigenem bedeckten Taufbecken zu bauen, um auch unter widrigen Wetterverhältnissen wichtige Rituale und Feste feiern zu können. Die Neigung zu einer Anpassung an die Mehrheitsreligion der Umgebung ist bei der Gestaltung einiger Kulthäuser nicht zu übersehen. So sieht der Gemeindesaal des Ganzibra Dakhil Mandi in Sydney fast wie der Gottesdienstraum einer modernen Kirche aus: mit Reihen von Bänken,59 einer Art Kanzel vorne (auf der »Im Namen des Lebens« auf Mandäisch steht) sowie einem Tisch (der wie ein Altar aussieht), auf dem die Heilige Schrift geöffnet steht und daneben das weiße Banner (drabša), das religiöse Symbol des Mandäismus.60
Der Streit um die Verwendung von Leitungswasser für die Taufe beschäftigt und spaltet nach wie vor die mandäische Diaspora. Während die irakischen Mandäer offener für diese Erneuerung sind (bereits 1976 gab es in Basra ein Mandi mit Leitungswasser), scheinen die iranischen Glaubensgenossen in dieser Hinsicht konservativer, indem sie nur fließendes Flusswasser für die Rituale ak­zeptieren.
Bedeutend sind auch die Konflikte der Hierarchie mit der jüngeren in der Diaspora aufgewachsenen Generation, besonders be­züglich der Heirat außerhalb des Mandäertums61 (die Priester bestehen auf der reinen mandäischen Abstammung, die Voraussetzung für den Zugang zum Ritual der Taufe und dadurch zur Lichtwelt ist) sowie der Prüfung der Jungfräulichkeit bei Frauen vor der Heirat, die von vielen jungen Frauen abgelehnt wird. Ein anderes Problem ist die unter den Laien verbreitete geringe Kenntnis der klassischen Sprache, welche vielen den Zugang zum Verständnis ritueller Praxis erschwert.
Es bleibt zu hoffen, dass die Mandäer den richtigen Weg in die Zu­kunft zwischen Anpassung und Modernisierung finden werden und ihre althergebrachten Riten weiter pflegen und tradieren können.

Abstract


The article deals with the last Gnostic community in the world still active today, the Mandaeans. Due to the violent events in the an-cestral territories of the Mandaeans (Iraq and Iran), they now live scattered all over the world. The article gives an overview of the current settlement areas and locations as well as the organization of the communities. It also considers the challenges in the diaspora and their influence on rites and hierarchy. Especially the baptism in basins with tap water puts the communities to a crucial test. The little known journalistic activities of the Mandaeans are also ad­dressed.

*) Im Andenken an Kurt Rudolph (1929–2020).

Fussnoten:

1) E. S. Drower, The Mandaeans of Iraq and Iran. Their Cults, Customs, Magic, Legends and Folklore, Leiden 1937 [Nachdrucke: Leiden 1962; New Jersey 2002].
2) S. Alsohairy, Die irakischen Mandäer in der Gegenwart, Hamburg 1975.
3) R. Motika, »Die Lage der Mandäer in der Islamischen Republik Iran«, in: Münchner Materialien und Mitteilungen zur Irankunde 4 (1999), 125–141.
4) J. J. Buckley, The Mandaeans: Ancient Texts and Modern People, Oxford u. a. 2002.
5) K. Rudolph, »Die Mandäer heute. Eine Zwischenbilanz ihrer Erforschung und ihres Wandels in der Gegenwart«, in: Zeitschrift für Religionswissenschaft 2 (1994), 161–184; und Ders., »Die Mandäer heute«, in: R. Voigt (Hrsg.), Und das Leben ist siegreich! And Life is Victorious. Mandäische und samaritanische Literatur. Mandaean and Samaritan Literatures, Wiesbaden 2008 (Mandäistische Forschungen 1), 175–183.
6) Zu naṣuraiia s. ausführlich B. Burtea, Haran Gauaita. Ein Text zur Geschichte der Mandäer – Edition, Übersetzung, Kommentar, Wiesbaden 2020, 67–72.
7) R. Bultmann, »Die Bedeutung der neuerschlossenen mandäischen und manichäischen Quellen für das Verständnis des Johannesevangeliums«, in: ZNW 24 (1925), 100–146; Ders., Das Evangelium des Johannes, Göttingen 1941 (10. Aufl. 1978).
8) R. Bultmann, »Der religionsgeschichtliche Hintergrund des Prologs zum Johannesevangelium«, in: Ders., Exegetica. Aufsätze zur Erforschung des Neuen Testaments. Ausgewählt, eingel. u. hrsg. von E. Dinkler, Tübingen 1967, 10–35.
9) H. Lietzmann, »Ein Beitrag zur Mandäerfrage«, in: Kurt Aland (Hrsg.), Kleine Schriften I. Studien zur spätantiken Religionsgeschichte, Berlin 1958, 124–140, erstmals veröffentlicht in: Sitzungsbericht der Preußischen Akademie der Wissenschaften, 596–608 (= phil.-hist. Klasse 1930); wiederabgedruckt in: G. Widengren (Hrsg.), Der Mandäismus, Darmstadt 1982, 93–109. Interessanterweise hat R. Bultmann der Lietzmannschen Kritik grundsätzlich zugestimmt, s. R. Bultmann, »Bespr. v. H. Lietzmann: Ein Beitrag zur Mandäerfrage, Berlin 1930«, in: ThLZ 56 (1931), 577–580, sie jedoch in seinem später erschienenen Johanneskommentar nicht berücksichtigt.
10) C. Allison, Ganzibra Professor Brikha Nasoraia: July 2016, Chapter 5, The Worlds of Mandaean Priests, accessed August 9, 2020, http://mandaeanpriests.exeter.ac.uk/items/show/35.
11) S. Ş. Gündüz, The knowledge of life: the origins and early history of the Mandaeans and their relation to the Sabians of the Qur’ān and to the Harranians, Oxford 1994. Über Harran bei den Mandäern s. Burtea 2020 (Anm. 6), 61–66.
12) Siehe S. Rudolf, »Neues zu den Mandäern«, in: V. Golinets (Hrsg.), Tagungsband Arbeitsgemeinschaft Semitistik, Münster (im Druck).
13) Dies ist dem Karmelitenmissionar Ignatius à Jesu und seinem Werk, Narratio originis, rituum, et errorum Christianorum Sancti Ioannis, Rom 1652, zu verdanken.
14) So nennt man in der Forschung die Frage nach der Herkunft und dem Alter dieser Religionsgemeinschaft. Diese brachte 1919 R. Reitzenstein mit seiner Abhandlung »Das mandäische Buch des Herrn der Größe und die Evangelienüberlieferung« (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse, 12. Abhandlung, Heidelberg) und 1920 M. Lidzbarski mit seiner Einleitung zu den mandäischen Liturgien (M. Lidzbarski, Mandäische Liturgien, Berlin 1920 [1. Nachdruck Berlin/Hildesheim 1962, 2. Nachdruck Hildesheim/New York 1971]) auf. Eine gute Auswahl wichtiger Beiträge zur Mandäerfrage findet man bei G. Widengren, Der Mandäismus, Darmstadt 1982, Kapitel VII (Wege der Forschung 167).
15) E. S. Drower/R. Macuch. A Mandaic Dictionary, Oxford 1963.
16) K. Rudolph, Die Mandäer. I. Prolegomena: Das Mandäerproblem, Göttingen 1960 (FRLANT 74).
17) K. Rudolph, Die Mandäer. II. Der Kult, Göttingen 1961 (FRLANT 75).
18) K. Rudolph, Theogonie, Kosmogonie und Anthropogonie in den mandäischen Schriften. Eine literarische und traditionsgeschichtliche Untersuchung, Göttingen 1965 (FRLANT 88).
19) E. Lupieri, The Mandaeans: The Last Gnostics, Grand Rapids (Michigan) 2002.
20) Es handelt sich hierbei um die besonderen Rollen, die z. B. der Jordan als Taufwasser schlechthin, Johannes der Täufer als Prophet sowie Jerusalem als heilige Stadt in der Mythologie der Mandäer spielen, die keineswegs historisch sind.
21) J. J. Buckley, The Great Stem of Souls. Reconstructing Mandaean History, New Jersey 2005.
22) Es handelt sich dabei um ein mesopotamisches Phänomen aus der Zeitspanne von 400 bis 800 n. Chr. Der Inhalt dieser Textgattung unterscheidet sich von den Hauptwerken der mandäischen Literatur, wobei die darin enthaltene Sprache einige archaische Formen (z. B. Formen ohne Matres lectionis) beibehalten hat. Die umfangreichste Arbeit bleibt nach wie vor E. M. Yamauchi, Mandaic Incantation Texts, New Jersey 2005 (Nachdruck der Diss. 1964). Erwähnenswert sind auch die Publikationen von M. Morgenstern, »Mandaic Magic Bowls in the Moussaieff Collection: A Preliminary Survey«, in: M. and E. Lubetski (eds.), New Inscriptions and Seals Relating to the Biblical World, Atlanta (Georgia) 2012, 157–170, oder O. Abudraham/M. Morgenstern, »Mandaic Incantation(s) on lead scrolls from the Schøyen Collection«, in: Journal of the American Oriental Society 137 (2017), 737–765.
23) B. Burtea, Das mandäische Fest der Schalttage. Edition, Übersetzung und Kommentierung der Handschrift DC 24 Šarh d--paruaniia, Wiesbaden 2005 (Mandäistische Forschungen 2); Ders., Zihrun, das verborgene Geheimnis. Eine mandäische priesterliche Rolle. Edition, Übersetzung und Kommentierung der Handschrift DC 27 Zihrun Raza Kasia, Wiesbaden 2008 (Mandäistische Forschungen 3); Ders., »Die Geheimnisse der Vorväter«. Edition, Übersetzung und Kommentierung eines esoterischen mandäischen Texts aus der Bodleian Library Oxford, Wiesbaden 2015 (Mandäistische Forschungen 5), Ders., 2020 (s. Anm. 6).
24) H. Petermann (Hrsg.), Thesaurus sive Liber Magnus, vulgo »Liber Adami« appellatus, opus Mandaeorum summi ponderis. Tom. I (text. continens) und tom. II (lect. codd. additamenda et corrig. continens), Leipzig 1867 (Nachdruck Ch. Häberl, New Jersey 2007).
25) Eine Ausnahme bildet der Text Aspar Malwašia, »das Buch der Tierkreiszeichen«, eine Sammlung von Texten astrologischen Inhalts, die ebenfalls als Codex überliefert ist und auf eine Edition wartet.
26) Ch. Häberl/J. F. McGrath (eds.), The Mandaean Book of John: Critical Edition, Translation, and Commentary, Berlin/Boston 2019.
27) M. Lidzbarski, Das Johannesbuch der Mandäer. Text, Einleitung, Übersetzung und Kommentar, Berlin 21966 (Nachdruck der Ausgabe Gießen 1905–1915).
28) Die genaue Anzahl kann nicht ermittelt werden, die Gesellschaft für bedrohte Völker nennt 100.000, Remid 30.000–70.000 Mandäer weltweit (https:// www.remid.de/selected-global-adherents-of-religions/, dort als »Sabians, or Mandaeans« bezeichnet).
29) Damit sind die militärischen Auseinandersetzungen gemeint, in die mehrere Golfstaaten involviert waren: 1980–1988 der Irak-Iran-Krieg, 1990–1991 die Eroberung Kuwaits durch den Irak, gefolgt von der Befreiung Kuwaits und dem Angriff auf den Irak durch eine internationale Koalition geführt durch die USA, sowie der Irakkrieg im Frühling 2003.
30) Von den 60.000 irakischen Mandäern in den 1990er Jahren sollen etwa 3.000 Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft noch im Irak leben.
31) Die Anzahl der iranischen Mandäer wird auf 5.000 bis 10.000 geschätzt (J. J. Buckley, Mandaeans iv. Community in Iran, in: Encyclopædia Iranica, online edition 2012). Auch wenn die Lage der iranischen Mandäer nicht so dramatisch wie die der irakischen ist, findet auch im Iran eine langsamere, jedoch kontinuierliche Auswanderung statt.
32) Über die Mandäer aus Ahwāz und ihre Rituale gibt es einen schönen Bildband aus dem Iran: M. Fourouzandeh/A. Tahvildar/A. Brunet, Baptists of Iran, Les baptistes d’Iran, Teheran 2001.
33) Dieses Manda verfügt über ein Taufbecken mit Leitungswasser. Über die Bezeichnung Manda bzw. Mandi s. u.
34) Mandäischer Verein in Nürnberg/Franken e. V. bzw. Gemeinde der Mandäer in München.
35) Es gibt eine Vereniging Mandi van de Mandeeërs Gemeenschap in Nederland (http://mandinl.com/) und ein Manda in Nieuwegein bei Utrecht (Mitteilung von Ardwan Alsabti).
36) Angaben nach den von Universität Exeter geführten Interviews 2016 im Rahmen des Projekts »The World of Mandaean Priests«, http://mandaeanpriests.exeter.ac.uk/. Dort werden je nach dem interviewten Geistlichen 42–43 oder 43–44 Priester weltweit erwähnt. Nach den Interviewangaben verteilen sich die Priester folgendermaßen auf die einzelnen Länder: 13 in Australien, 12 im Irak (man beachte die relativ große Anzahl der Priester im Irak bei der dramatischen Verkleinerung der Gemeinde dort), sechs im Iran, drei in den USA, jeweils zwei in Jordanien und den Niederlanden und jeweils ein Priester in Dänemark und der Türkei. Der Rest betrifft wahrscheinlich die Priester aus Schweden, die im Interview vergessen wurden.
37) E. Lohse, »ῥαββί, ῥαβουνί«, in: G. Kittel (Hrsg.), Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament 6, Stuttgart 1959, 962–966, dort die Erwähnung des bereits im Spätjudentum bestehenden Verhältnisses Lehrer (angeredet mit rabbi) – Schüler (talmid). Johannes der Täufer wird in Joh 3,26 ebenfalls mit rabbi angeredet.
38) Der Begriff kommt auch im Talmud vor, vgl. M. Sokoloff, A dictionary of Jewish Babylonian Aramaic of the Talmudic and Geonic periods, Ramat-Gan 2002, 1116.
39) Škinta bezeichnet in der mandäischen Mythologie die himmlische Wohnstätte der Lichtwesen im Lichtreich, Rudolph 1961 (s. Anm. 16), 21 f.
40) In den älteren Quellen findet man die Bezeichnung maškna (oder bit maškna), was man mit »Tempel« wiedergeben kann, für die Kulteinrichtung der Mandäer. Interessant ist der Bericht des syrischen Theologen Theodor bar Kōnī, 8. Jh., in seinem Scholienbuch (11. Memre). Da berichtet er über eine Sekte der Dostäer (dūstayē) wörtlich: »Man nennt sie in Mesene Mandäer (mandāyē) und Masˇkenäer (mašknāyē), … in Be-th Arama-iye- Nasˇoräer (nāṣrāyē) und Anhänger des Dostai (dūstai)«, s. Rudolph 1960 (s. Anm. 16), 258.
41) Im modernen Gebrauch wird mandi als Bezeichnung für Heiligtum oder Kultstätte verwendet.
42) Der mandäische Laie soll sich mindestens dreimal im Leben taufen lassen: 30 Tage nach der Geburt, bei der Heirat und für die Vergebung der Sünden, nach der Aussage eines Priesters, s. Ch. Allison, »Tarmida Khaldoon Majid Abdullah: July 2016, Chapter 1,« The Worlds of Mandaean Priests, accessed September 10, 2020, http://mandaeanpriests.exeter.ac.uk/items/show/131.
43) 1976 wurde in Basra die erste Taufe mit Leitungswasser praktiziert, danach auch in Bagdad und anderen irakischen Gemeinden, Christine Allison, »Tarmida Khaldoon Majid Abdullah: July 2016, Chapter 3,« The Worlds of Mandaean Priests, accessed August 12, 2020, http://mandaeanpriests.exeter.ac.uk/items/ show/133.
44) Beide Begriffe sind iranischer Herkunft. Paruanaiia /parwānāyē wird in Zusammenhang mit dem parthischen Wort parvān »bevor, vorwärts« gebracht und Panǧa wird vom iran. panǧ »fünf« abgeleitet. Die Entsprechung im zoroastrischen Kalender bilden »die fünf Gatha-Tage« panǧ gāh, s. Burtea 2005 (s. Anm. 23), 4–6.
45) Vgl. C. Colpe, »Die Thomaspsalmen als chronologischer Fixpunkt in der Geschichte der orientalischen Gnosis«, in: Jahrbuch für Antike und Christentum 7 (1964), 77–93.
46) S. B. Burtea, »Zur Entstehung der mandäischen Schrift: iranischer oder aramäischer Ursprung?«, in: R. Voigt (Hrsg.), »Und das Leben ist siegreich!«. Mandäische und samaritanische Literatur. Im Gedenken an Rudolf Macuch (1919–1993), Wiesbaden 2008 (Mandäistische Forschungen 1), 47–62.
47) Es soll nur noch etwa 19 Sprecher des Neumandäischen in Ahwāz geben, persönliche Mitteilung von Prof. Shabo Talay, Semitistik, FU Berlin.
48) Ch. Häberl, The Neo-Mandaic Dialect of Khorramshahr, Wiesbaden 2009 (= Semitica Viva 45).
49) H. Mutzafi, Comparative Lexical Studies in Neo-Mandaic, Leiden/Boston 2014.
50) M. F. Mubaraki/H. M. Saeed/B. Mubaraki (Hrsg.), Ginza Rba: the Great Treasure, Sydney 1998.
51) C. Gelbert, Ginza. The Treasure. Der Schatz … translated from German to the Modern Arabic, Sydney 2000.
52) C. Gelbert, Mandaean prayers and Hymns. With an introduction by Marl Lidzbarski, Sydney 2002.
53) C. Gelbert, The Mandaeans and the Jews: 2000 years of estrangement or what made the Jews hated by the Mandaeans, Sydney 2005.
54) C. Gelbert, The Mandaeans (Last Gnostics) and the Christians in the time of Jesus Christ: enemies from the first days of the church, Sydney 2013.
55) C. Gelbert/M. Lofts, The Teachings of the Mandaean John the Baptist, Sydney 2017.
56) Q. Al-Saadi, Dictionary of Mandaic Vocabulary in Iraqi Dialect, Almaniya 2008, und Ders., Nhura: English – Mandaic/Mandaic – English Dictionary, Germany 2012.
57) D. Shooshtary, Mandaic Dictionary: English – Mandaic/Mandaic – English, New York 2010.
58) Rudolph 2008 (Anm. 5), 178.
59) Die Bilder, die Gemeindemitglieder zeigen, die Lieder und Gebete von den ihnen zuvor verteilten Blättern singen, ähneln sehr dem christlichen Gottesdienst, siehe Ch. Allison, »01 Documentary Film: Faith in Exile (Australia),« The Worlds of Mandaean Priests, accessed September 10, 2020, http://mandaeanpriests.exeter.ac.uk/items/show/43.
60) Zum mandäischen Banner und zu seiner möglichen Beeinflussung durch das christliche Kreuz im 17. Jh. siehe Burtea 2015 (Anm. 23), 81–84. Heutzutage ist das mandäische Banner zum Identifikationszeichen der Mandäer entsprechend dem christlichen Kreuz oder dem Halbmond der Muslime geworden. Es ist nicht nur auf den meisten neugebauten Kulthäusern zu sehen, sondern auch als Schmuck getragen am Hals wie auch als Logo bei vielen mandäischen Publikationen.
61) Vom ethnologischen Standpunkt gesehen sind die Mandäer eine ethnisch-religiöse endogame Gruppe.