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Ausgabe:

Oktober/2020

Spalte:

942–943

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Vistar, Jr., Deolito V.

Titel/Untertitel:

The Cross-and-Resurrection. The Supreme Sign in John’s Gospel.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2019. XXIII, 303 S. = Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament. 2. Reihe, 508. Kart. EUR 89,00. ISBN 978-3-16-156535-9.

Rezensent:

Nadine Ueberschaer

Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um die Dissertation von Deolito V. Vistar, Jr., die das Ziel verfolgt, Jesu Kreuz und Auferstehung als »the supreme σημεῖον« (27) herauszuarbeiten. Dass er dabei den Singular verwendet, verdankt sich seiner Annahme, dass beide Heilsakte »theologically unified and inseparable« (27) seien.
V. baut seine Arbeit auf Einsichten der Forschungsgeschichte zum Zeichen-Begriff im Johannesevangelium auf, denen zufolge die σημεῖα nicht allein auf die Wunder Jesu, sondern auch auf dessen Taten zu beziehen seien. Dies veranlasst V. unter Rückgriff auf Joh 12,37; 20,30 f. zu der Annahme, dass die gewirkten Zeichen Jesu »most importantly his death-and-resurrection – signify who he truly is« (27). Ebendiese Offenbarung der Identität Jesu im Zeichen des Kreuzes und der Auferstehung verfolgt V., in einer »systematic articulation« (28) darzustellen und damit eine Forschungslücke zu schließen. Hierzu zeigt er semantische Felder auf, indem er δόξα/ δοξασθῆναι, ὕψωσις/ὑψόω, ἔργον, ὥρα und πιστεύειν in ihrer Relevanz für ein Verständnis von Jesu Kreuz und Auferstehung als Zeichen analysiert. Dies gelingt V. in Bezug auf die Herrlichkeitsterminologie sowie der Rede von der Erhöhung und deren Verknüpfung mit der Rede von der »Stunde« Jesu überzeugend, da er seine Deutung hier an Texten des Evangeliums begründen kann. Demgegenüber bleibt seine Analyse des Glaubensbegriffs merkwürdig unterbestimmt, was angesichts der Tatsache, dass er Joh 11 als ›Zeichen‹ ausführlich exegesiert mit Blick auf die Verse 15.25–27.42 ebenso überrascht, wie wenn bedacht wird, dass in Joh 11,27 Joh 20,31 anklingt, was für V.s These von grundlegender Bedeutung ist. Ebenso lassen seine Überlegungen zum Zusammenhang von ἔργον und σημεῖον Fragen offen, was daran liegen dürfte, dass es hierfür keine Textbelege gibt.
Als weiterführend und die Diskussion anregend erweisen sich hingegen V.s Exegesen zu Joh 2,13–22 und Joh 6, in denen er die beiden im Johannesevangelium gebotenen Zeichenforderungen un­tersucht. In ihnen kann er am Text belegen, dass Joh 2,19 als »›promised‹ σημεῖον« verstanden werden muss (112–125) und auf die Zeichenforderung in Joh 6 mit Verweis auf Jesu Katabasis und Anabasis geantwortet wird. Damit kann er seine These, dass von Jesu Kreuz und Auferstehung als σημεῖον zu sprechen sei, als zutreffend erweisen. Dasselbe gilt für seine Auslegung zu Joh 11.
V.s Argumentation hätte an Überzeugungskraft gewonnen, wenn die von ihm so bezeichneten »Thematic Studies« (57–92) in Exegesen der einzelnen Texte eingeflossen wären. Dazu hätte es sich angeboten, ausgehend vom Begriff σημεῖον Joh 2,1–12 und 3,1–21 zugrunde zu legen, um die semantischen Linien zu Kreuz und Auferstehung herauszuarbeiten. Methodisch hätte damit die Schwierigkeit um­gangen werden können, dass der Zeichenbegriff, obwohl er weder in Joh 19,16–37 noch in Joh 20,1–19 belegt ist, an die Texte herangetragen wird und zugleich der Bezug von Joh 12,18 zur Lazarus-Perikope und der Kreuzigung Jesu als Inthronisation Jesu, den V. für Joh 19,16–37 betont, herausgearbeitet werden kann. Doch zeigt diese Kritik letztlich, dass V. mit seinen zahlreichen Textbeobachtungen zur Diskussion und Rezeption seiner These für die weitere Auslegung des Jo- hannesevangeliums anregt.
V.s Untersuchung bietet einen die Forschung zum vierten Evangelium bereichernden Beitrag zum Verständnis von Jesu Kreuz und Auferstehung als Zeichen.