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Ausgabe:

September/2019

Spalte:

933–934

Kategorie:

Kirchengeschichte: 20. Jahrhundert, Zeitgeschichte

Autor/Hrsg.:

Wolfsteiner, Alfred

Titel/Untertitel:

»Der stärkste Mann des Katholizismus in Deutschland«. Pater Augustin Rösch und sein Kampf gegen den Nationalsozialismus.

Verlag:

Regensburg: Verlag Friedrich Pustet 2018. 120 S. Kart. EUR 12,95. ISBN 978-3-7917-2979-4.

Rezensent:

Joachim Kuropka

Mit dem »stärksten Mann des Katholizismus in Deutschland« un­ter dem NS-Regime assoziiert man eher Bischof Clemens August Graf von Galen als den Jesuitenpater Augustin Rösch. Auch wenn man diese Kennzeichnung von Helmuth James von Moltke gegenüber seiner Frau Freya nicht ganz so ernst nimmt, hat er ihr doch auch über Bischof von Galen eine nicht recht nachvollziehbare Beurteilung zukommen lassen, so ist Pater Rösch doch eine bedeutende Persönlichkeit und eine eingehende Biographie ein Desiderat. Vielleicht gibt die Schrift von Alfred Wolfsteiner, die sich zum Ziel gesetzt hat, Pater Rösch und sein mutiges Wirken gegen den Nationalsozialismus einem größeren Publikum nahezubringen, dazu einen Anstoß.
Es war schon ein abenteuerliches Leben, das W. auf der Grundlage des Lebensbildes von Roman Bleistein nachzeichnet: Seine Kindheit und Jugend in Schwandorf und Rosenheim, die Entscheidung für den Jesuitenorden und im September 1914 die Einberufung zum Kriegsdienst. Rösch wird verwundet, legt 1915 das erste Ordensgelübde ab, wird Leutnant, wiederum verwundet, und mit dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse ausgezeichnet, was sich im Verkehr mit der Gestapo noch als nützlich erweisen sollte. 1925 zum Priester geweiht wurde er 1929 Generalpräfekt der Stella Matutina in Feldkirch und 1935 Ordensprovinzial mit dem Amtssitz in München und damit auch Vorgesetzter von P. Rupert Mayer. Für den Provinzial waren es außerordentlich schwierige Zeiten, denn das NS-Regime sah in den Jesuiten einen seiner Hauptfeinde, doch Rösch ließ sich nicht einschüchtern und ging den Konflikten nicht aus dem Wege. Er engagierte sich im Ordensausschuss der Fuldaer Bischofskonferenz, der im Gefolge des sogenannten Klos-tersturms, also der Schließung von Ordensniederlassungen durch d as Regime, gegründet worden war, und kam in Kontakt zum Kreisauer Kreis. Nach dem 20. Juli 1944 konnte Rösch zunächst un­tertauchen, wurde jedoch im Januar 1945 verraten und verhaftet, in Berlin eingekerkert und mehrfach gefoltert. Die Eroberung Berlins durch sowjetische Truppen rettete ihm das Leben. – Im Dezember 1946 war Pater Rösch Mitglied des Bayerischen Senats geworden und seit 1947 Landescaritasdirektor in Bayern.
Die Darstellung W.s orientiert sich im Wesentlichen am Lebensbild Romans Bleisteins von 1985 und stellt die Schwierigkeiten der Bischofskonferenz, eine gemeinsame Linie gegenüber dem NS-Regime zu finden, vergleichsweise ausführlich dar. W. schließt sich dabei der Position von Antonia Leugers an, die in ihrer Studie über den Ausschuss für Ordensangelegenheiten von 1996 meinte feststellen zu müssen, dass die Bischöfe ihre Amtspflichten nicht hinreichend erfüllt hätten. Solche Urteile sind natürlich 50 Jahre später unter den Gegebenheiten eines demokratischen Rechtsstaates leicht zu fällen, doch sollte man nicht übersehen, wie Rösch seine Tätigkeit nach dem Kriege selbst einordnete: »In keinster Weise« habe er sich in »politische Machinationen« verstricken oder sich an einem Attentat gegen Hitler beteiligen wollen. Ihm sei es um den »geistigen Widerstand gegen das Nazi-System« gegangen, der eben auch mit geistigen Waffen auszutragen war (109). Dies korrespondiert noch einmal mit Bischof von Galens Einschätzung, der 1934 d em Kardinalstaatssekretär geschrieben hatte, es ginge um eine Herbeiführung klarer Fronten »in dem Ringen um die direkten religiösen Fragen«.
So möchte man dem Band eine weite Verbreitung wünschen, um die Taten eines bedeutenden »stillen Helden« bekanntzumachen, zum anderen, um Studien zu gerade dieser weltanschaulichen Auseinandersetzung zwischen katholischer Kirche und NS-Regime anzuregen.