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Ausgabe:

Juli/August/2019

Spalte:

734–735

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

[Ilan, Tal]

Titel/Untertitel:

Sources and Interpretation in Ancient Judaism. Studies for Tal Ilan at Sixty.

Verlag:

Ed. by M. Piotrkowski, G. Herman and S. Doenitz. Leiden u. a.: Brill 2018. 388 S. = Ancient Judaism and Early Christianity, 104. Geb. EUR 132,00. ISBN 978-90-04-36641-1.

Rezensent:

B. E.

Die israelische Judaistin Tal Ilan, die seit 2003 an der Freien Universität in Berlin forscht und lehrt, gehört zu den profiliertesten Vertretern ihres Faches; innerhalb ihres breiten Werkes zur Geschichte des antiken Judentums, der rabbinischen Literatur und zu antikjüdischen Papyri hat sie sich insbesondere durch ihre Arbeiten zur Rolle der Frau und zu Frauenbildern im antiken Judentum hervorgetan und der Forschung damit wichtige und innovative Impulse verliehen. So verwundert es nicht, dass ihr zu Ehren nun anlässlich ihres sechzigsten Geburtstages eine Festschrift herausgegeben wurde, in der ihr Kollegen und Kolleginnen sowie Schüler ihren Dank und die Anerkennung für ihre wissenschaftlichen Leistungen öffentlich erweisen.
Teil 1 »Second Temple Literature and History« versammelt folgende Aufsätze: Yosef Garfinkel, Chasing Away Lions and Weaving: The longue durée of Talmudic Gender Icons, 11–31; Daniel R. Schwartz, Malthace, Archelaus, and Herod Antipas: Between Ge-nealogy and Typology, 32–40; Etka Liebowitz, A New Perspective on Two Jewish Queens in the Second Temple Period: Alexandra of Judaea and Helene of Adiabene, 41–65; Cana Werman, Was Hillel a Pharisee?, 66–106. Teil 2 »The Jews and the Papyri« enthält Beiträge aus der Papyrologie, so: Karin Finsterbusch, Ezechiel 33,21–39,29: Anmerkungen zum Profil der Sinneinheit in der nicht-masoretischen Textfassung (Papyrus 967) und zu Veränderungen durch proto-masoretische Redaktoren, 109–129; Noah Hacham, The Third Century BCE: New Light on Egyptian Jewish History from the Papyri, 130–142; Meron M. Piotrkowski, ›Literary Jews:‹ The Jewish Community of Oxyrhynchus in Light of Non-documentary Texts on Papyrus, 143–173; Zsuzsanna Szántó, Shabtai in Egypt: Cultural Interaction between Jews and Egyptians under the Ptolemies, 174–187. Ein dritter Teil der Festschrift schließlich ist Arbeiten zur rabbinischen Literatur gewidmet: Geoffrey Herman, Babylonia of Pure Lineage: Notes on Babylonian Jewish Toponymy, 191–228; Reuven Kiperwasser, A Spindle for Caesar’s Daughter, 229–251; Judith R. Baskin, Rabbinic Forensics: Distinguishing Egg White from Semen in b. Giṭṭin 57a, 252–267; Isaiah Gafni, Rabbinic Images of Second Temple Diasporas and Their Links with Judaea: History or Fantasy?, 268–288; Ronit Nikolsky, Are Parables an Interpretation?, 289–315; Judith von Bresinsky, When a Man Sells His Daughter as an המא: The העבריה המא as m. Qiddushin’s Role Model for Becoming a Wife, 316–347; Christiane Hannah Tzuberi, Classroom Encounters – An Appreciation, 348–352. Der Band endet mit einem Verzeichnis der Publikationen Tal Ilans (353–365) sowie verschiedenen Registern (antike, biblische und rabbinische Quellen, Namen- und Ortsregis-ter; 366–388).
Die Beiträge enthalten viele originelle Zugänge zu den einschlägigen Quellen und sind alle sehr anregend und weiterführend. So begreift z. B. Yosef Garfinkel talmudische Gender-Stereotypen als Ausdruck eines kollektiven Vorstellungsbereiches, der bis in die prähistorische Zeit zurückverfolgt werden kann. Karin Finsterbusch vermag zu zeigen, dass das Arrangement der Kapitel Ez 33,21–39,29 auf einer älteren nicht-masoretischen Vorlage beruht (ersichtlich aus Papyrus 967), deren Überarbeitung auch dadurch geleitet war, MT Ez 36,16–38 ins Zentrum zu stellen und damit die theologische Aussage von der Reinigung Israels und von der Gabe eines neuen Herzens zu fokussieren. Meron Pietrowski wiederum gibt zum ersten Mal einen vollständigen Überblick zu allen jüdischen Oxyrhynchus-Papyri. M. Gafni schließlich untersucht rabbinische Traditionen zur jüdischen Diaspora aus der Zeit des Zwei-ten Tempels und macht plausibel, dass diese – wenn auch interessengeleitet – durchaus historisch relevante Traditionen enthalten können.
Diese Auswahl von Artikeln aus der Festschrift hat exempla-rischen Charakter, weitere interessante Publikationen lassen sich anfügen. So spiegelt der Band sowohl das breite Spektrum der Forschungsarbeiten Tal Ilans als auch ihre Kreativität.