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Ausgabe:

März/2019

Spalte:

269–270

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Mendl, Hans

Titel/Untertitel:

Religion zeigen – Religion erleben – Religion verstehen. Ein Studienbuch zum Performativen Religionsunterricht.

Verlag:

Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 2016. 248 S. m. 3 Abb. = Religionspädagogik innovativ, 16. Kart. EUR 30,00. ISBN 978-3-17-031494-8.

Rezensent:

Silke Leonhard

Die mittlerweile fünfjährige Reihe besonderer Arbeitsbücher »Religionspädagogik innovativ« zeichnet sich insbesondere durch die aus- und fortbildungsorientierte Verzahnung von Theorie und Praxis der Religionspädagogik aus. In diesem Zusammenhang ist zu begrüßen, dass ein Ansatz der Performativen Religionsdidaktik, der diese Ansprüche selbst hat, daraufhin auch reflektiert wird. Mit dem 2016 dargelegten Studienbuch zur Performativen Religions-didaktik fasst der Passauer katholische Religionspädagoge Hans Mendl die nunmehr 15-jährige Diskussion zusammen und verbindet mit dem Vorhaben mehrerlei: zum einen soll der State of the Art der Diskussion zum Performativen Religionsunterricht dargelegt (A), die kritische Diskussion umfangreich und summarisch nachgezeichnet (B), die Praxistauglichkeit erörtert (C) und abschließend die pragmatische Handhabbarkeit vorgelegt (D) werden. Als roter Faden zieht sich M.s Anspruch durch, »den Blickwinkel der katholischen Religionsdidaktik«, die er evangelischerseits vernachlässigt sieht, »in durchaus vielfältigen kritischen Brechungen deutlicher zu thematisieren« (7). Und als Studienbuch ist das Werk zugleich auf Verfügbar- und Verwertbarkeit angelegt, was etwa Erstzitatangaben der hier wiedergegebenen Diskussionsbeiträge angeht.
Der Edition der bisherigen Diskussion stellt M. eine eigene zu­sammenfassende Hinführung voran, in der die Anfänge Ende der 1980er Jahre bis in die Gegenwart hinein als Antwortversuche auf religionspädagogische Herausforderungen diskursiv beleuchtet werden. Die im zweiten Teil folgenden wiederabgedruckten Diskussionsbeiträge – hier fungiert M. auch als Herausgeber – sind so vorab von ihm kritisch gewürdigt und in ein perspektivisches Licht gerückt: In diesem Sinne macht sich M.s durch die Kritiken pro-filiertes hermeneutisches Interesse sichtbar. An den Verben des Buchtitels zeigen, erleben und verstehen erkennt man die proklamierte Dramaturgie. Dabei kommt die später aufgegriffene Praxisanbindung als Thema hier in unterschiedlicher Weise zu Wort.
Wertvoll an der Darstellung der Diskussionslage sind die nach jedem Artikel angefügten Lernaufgaben, die für Studium und weitere religionspädagogische Bildungsphasen Anreize zu dem geben, was unverzichtbar ist: eine eigene Haltung zu den Positionen.
Der Praxisteil geht von einem Relevanzkriterium von Konzepten aus: der Praxisersichtlich- und -tauglichkeit. Dabei spielt hier wie auch vorher immer wieder die Unterscheidbarkeit zwischen Erprobung und Ernstfall eine Rolle. Eine Antizipation der wich-tigsten Fragen etabliert Performative Didaktik als Prüfungswissen, stärkt aber auch die Argumentationsfähigkeit.
Dankenswerterweise wird die Literatur der Diskussion wie Praxis erneuert. Dass diese nicht ganz den Grad der Vollständigkeit erreicht – leider ist z. B. der bemerkenswerte Artikel von Claudia Gärtner im IJPT 2/2009 nicht erfasst, der auch von katholischer Seite funktionale Klärungen herbeigeführt hat – lässt sich angesichts der Übersichtlichkeit und sinnvollen Systematik des Buches verschmerzen.
Die Charakterisierung und Akzente M.s schärfen sich vor allem an Bernhard Dresslers Expertisen. Der Künstlichkeit der Schule wird mit nachvollziehbaren Argumenten die ernsthafte Verwobenheit von Schule und Unterricht mit der Welt und Gesellschaft entgegengesetzt. Zugleich gibt er dem evangelischen Denker in dessen Reflexivität Recht. Auch den Disput zur Konfessionalität des Religionsunterrichts nimmt M. weiterführend auf: Den Anspruch und Ausgangspunkt performativen didaktischen Denkens, es »reicht heute nicht aus, nur über Religion zu reden, man müsse sie auch erleben, um sie verstehen zu können« (7), macht sich auch der Autor selbst auf verschiedene Art in Duktus und Stil zu eigen. Damit geht der bildungstheoretische Anspruch des Performativen auch bei einem pragmatischen Interesse nicht unter.
Zu denken gibt M.s Vorschlag, Performation I und Performation II zu unterscheiden (235). Vor dem Hintergrund der Frage nach dem Umgang mit Fremdheit leuchtet diese Differenzierung aus Praxisgründen methodisch ein – in didaktischer Hinsicht ergibt sich für das phänomenologisch grundierte Auge aber kein treffsicherer Unterschied: Wo und wie sollen Grenzen von Unmittelbarkeit und Mittelbarkeit gezogen werden, wenn es um eine lerntheoretische Wahrnehmungslogik geht?
Dass Fragen auch nach der Lektüre bleiben, ist gut so. Der Band stellt sich aber gerade wegen des M.schen Gesetzes der Praxisrelevanz plausiblen gegenwartsrelevanten Fragen und gibt wertvolle Anstöße zum Weiterdenken.