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Ausgabe:

März/2019

Spalte:

255–257

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Fößel, Thomas Peter

Titel/Untertitel:

Offenbare Auferstehung. Eine Studie zur Auferstehung Jesu Christi in offenbarungstheologischer Perspektive.

Verlag:

Paderborn: Ferdinand Schöningh 2018. 659 S. m. 10 Tab. Kart. EUR 98,00. ISBN 978-3-506-78771-2.

Rezensent:

Christian Danz

Die Auferstehung Jesu Christi als Offenbarung Gottes zu verstehen, ist das Anliegen der Habilitationsschrift von Thomas Peter Fößel, die im Jahre 2015 von der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Salzburg angenommen und nun unter dem Titel Offenbare Auferstehung. Eine Studie zur Auferstehung Jesu Christi in offenbarungstheologischer Perspektive vorliegt. Grundlage der Deutung der Auferstehung Christi ist der Offenbarungsgedanke, der im Anschluss an Karl Rahner als Selbstmitteilung Gottes gefasst wird, wobei das Offenbarungsverständnis im Ausgang von der Auferweckung Jesu gewonnen werden soll (19). Ein allgemeiner Offenbarungsbegriff, in den diese einzuordnen ist, wird damit zurückgewiesen. Daraus resultiert die These der umfangreichen und mitunter redundant argumentierenden Untersuchung, die Auferstehung Jesu sei als Offenbarungsereignis auszuarbeiten (vgl. 15), der ein sakramentaler Status zukommt. »Innerhalb des unauflösbaren Bedeutungszusammenhangs von Leben, Lehre, Feier, Sterben, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu Christi einschließlich des Pfingstereignisses ist die Auferstehung Jesu dasjenige Offenbarungsereignis, in dem Gottes Heilshandeln an der einen Menschheit von Adam an zur eschatologischen Vollendung ge­bracht wird, indem sie offenbart, was geschieht: die Vollendung der menschlichen, geschaffenen bzw. geschöpflichen Endlichkeit in der ungefährdeten, hypostatisch und so sakramental vermittelten Beziehung in und mit Gott als Liebe.« (19)
Strukturiert ist die Untersuchung in vier Hauptabschnitte. F. setzt ein mit einer kritischen Diskussion der Konzeptionalisierungen von Auferstehung und Offenbarung in der zeitgenössischen katholischen Fundamentaltheologie (Offenbare Auferstehung – Diskurs und Problemhorizont, 13–50). Die Funktion des Abschnitts ist es nicht nur, Thema und Intention der Untersuchung zu diskutieren, sondern im Durchgang durch die diversen Positionen, die in der katholischen Fundamentaltheologie vertreten werden, die Forderung eines reduzierten Anfangs (vgl. 50) abzuleiten, von dem her die Auferstehung Jesu rekonstruiert werden kann. Die Herausarbeitung eines solchen reduzierten Anfangs, es ist der Glaube der Kirche, obliegt dem zweiten Hauptabschnitt Offenbare Auferstehung – Bestimmung der Kategorie »Auferstehung« im Horizont der »fides ecclesiae« (51–213). In der Diskussion von fundamentaltheologischen Ansätzen von Albert Lang bis hin zu Peter Eicher (60–87) wird der Glaube der Kirche als Ausgangspunkt der Untersuchung begründet, der als dritter Ort (88) fungiert. Dieser tritt an die Stelle von anderen Ausgangspunkten einer Offenbarungstheologie, wie der Glaube des Einzelnen oder die Wirklichkeit der Auferstehung. Da jedoch die Auferstehung Jesu »ein realontisch eschatologisch wirkliches und damit realontologisch universal präsentisch wirksames Geschehen« sei, muss »sie sich qua Voraussetzung auch von prinzipiell jedem menschlichen Erkenntnisort aus erreichen lassen« (ebd.). Einher damit geht ein Verständnis von Fundamentaltheologie als reflexiver Tradition (91), die auf eine Auflösung der Unterscheidung von Dogmatik und Fundamentaltheologie zielt (30). Der fides ecclesiae, der sich im consensus fidelium artikuliert – der sich im Glauben nicht irren kann (100) –, steht nicht nur für die geschichtliche Einbindung und Abhängigkeit der religiösen Deutungen, sondern auch für eine normative Konstruktion von Tradition. Die weiteren Ausführungen des Abschnitts erörtern die Kategorien der Offenbarung und der Auferstehung folglich anhand des Konzilstextes Gaudium et spes 22 (111–148) sowie des Katechismus der Katholischen Kirche (149–194), die in einem zusammenfassenden Unterabschnitt gebündelt werden (195–213).
Der umfangreiche dritte Hauptabschnitt der Studie Offenbare Auferstehung – Bausteine auf dem Weg zu einer einfachen Theologie der Offenbarung »sub ratione resurrectionis« (215–474) bietet eine minutiöse Thematisierung von Offenbarung und Auferstehung im Ausgang von der fides ecclesiae. Im Fokus steht die Konzilskonstitution Dei Verbum. Durch eine Kommentierung des Textes arbeitet F. die Aufbauelemente eines Verständnisses der Auferstehung Jesu als Offenbarung heraus. Dabei geht es um die Explika-tion eines christlichen Wirklichkeitsverständnisses, das sakramen-talen Charakter hat (451–474). Erst im Durchgang durch die kirch-lichen Dokumente wendet sich F. im abschließenden vierten Hauptteil den biblischen Schriften zu: Offenbare Auferstehung – Bibeltheologische Passagen in fundamentaltheologischer und offenbarungstheologischer Perspektive (475–630). Diskutiert werden die klassischen Stellen von 1Kor 15 (494–559) sowie der Synoptiker in­klusive der Überlieferung vom leeren Grab (560–612). Der Aufbau der Studie, also die Vorordnung der kirchlichen Deutung der Auferstehung Jesu vor die biblischen Texte, entspricht dem Programm, den Auferstehungsglauben als Ausdruck der Auferstehungswirklichkeit im Ausgang vom Glauben der Kirche zu explizieren. Dieser liegt dem Glauben des Einzelnen und damit auch dem Rückbezug auf die biblischen Schriften immer schon voraus (96; vgl. 50).
F. geht in seiner ausführlichen und differenzierten Studie zur Auferstehung Jesu Christi als Offenbarung Gottes von dem ontologisch-inklusivistischen Offenbarungsverständnis des Zweiten Va­tikanischen Konzils aus. Die Auferstehung wird als eine ontologische Wirklichkeit angesetzt, die es schon gibt und die die ihr eingeschriebene universale Wirksamkeit da entfaltetet, »wo sie geglaubt und bekannt wird« (16). Auf diese Weise ist die Auferstehungswirklichkeit als singuläre Wirklichkeit von ihren Deutungen unterschieden. Das gesamte Leben Jesu, gedeutet als österliches Lebensintegral, ist Erkenntnis- und Sachgrund des Osterglaubens (621), der im Anschluss an Umberto Eco und Ingolf Dalferth als kreative Abduktion aufgefasst wird. F. konstruiert diese Wirklichkeit, die von den Jüngern und Jüngerinnen vor dem Hintergrund des Le­bens Jesu abduktiv als Auferweckung von den Toten symbolisiert wird, als eschatologische Selbstmitteilung Gottes, die auf eine Totalintegration der Wirklichkeit zielt. Es kommt somit nicht nur der Mensch zu sich selbst, indem er an der vorausgesetzten Auferstehungswirklichkeit im Auferstehungsglauben teilhat, sondern der gesamte Kosmos. Daraus resultiert der sakramentale Charakter der Auferstehung. »Diese ist deswegen universal wirksam, weil sie aufgrund der Auferweckung und Himmelfahrt sakramental in das Gott-Mensch-Verhältnis und damit in Gott selbst eingeschrieben ist und in Konsequenz dann durch das Wirken des Heiligen Geistes universalisiert fürderhin die Totalität aller Gott-Mensch-Rela-tionen als österlich bzw. gottesherrschaftlich relationiert qualifiziert.« (629; vgl. auch die zusammenfassenden Überlegungen: 302–358) Exekutiert wird diese Totalintegration durch den Heiligen Geist (143). Folglich ist die Kirche – deren Glaube der Ausgangspunkt ist – das geistgewirkte universale Heilssakrament und damit Objektivitätsprinzip des »mysterium paschale« (147; vgl. 225–272). Durch und in der Auferstehungswirklichkeit, die vor ihren Deutungen liegt, sind »alle Relationen zwischen Gott und Welt realontologisch verändert«, »insofern diese je präsentisch mitbestimmt werden eben durch die eschatologisch bleibende, ungefährdete Relation des Auferweckten zu Gott« (613). Glaube ist damit die An­erkennung der ihm bereits vorgegebenen realontologisch-es­-chatologischen Veränderung der Welt. Denn wirksam wird ihre Erkenntnis nur dort, wo sie anerkannt wird (145).
Aus der Konstruktion einer dem Auferstehungsglauben vorangehenden Auferstehungswirklichkeit resultiert ein universaler Heilsoptimismus. Der Einzelne muss folglich nur anerkennen, dass es eine solche realontologische und eschatologische Veränderung der Welt schon gibt, um Anteil an der Vollendung der Welt zu gewinnen, die auch ohne ihn schon erfolgt. Aber woher weiß man um die Differenz von Deutung und Wirklichkeit, wenn die Auferstehungswirklichkeit nur über ihre sprachlichen Deutungen im Auferstehungsglauben zugänglich ist? Die Differenz von Onto-logie und Semantik soll einen Pantheismus verhindern. Es bleibt aber eine theologische Voraussetzungskonstruktion, die eine theologische Universalintegration begründen soll.
Insgesamt hat F. eine umfassende Studie zum Auferstehungsverständnis vorgelegt, die im Ausgang von katholisch-kirchlichen Dokumenten die Auferstehung Christi als Offenbarung Gottes deutet. Diese expliziert den vom Verfasser postulierten Glauben der Kirche als österlichen Auferstehungsglauben. Nur wenig überzeugend ist es jedoch, wenn der Explikation der fides ecclesiae gleichsam als ontologischem Anker noch eine Voraussetzungskonstruktion zugrundegelegt wird, die es doch selbst nur als Bestandteil jenes behaupteten Glaubens gibt.