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Ausgabe:

März/2019

Spalte:

217–218

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Bracht, Katharina [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Johann Major(1564–1654). Professor der Theologie, Superintendent in Jena und Kirchenpolitiker im Dreißigjährigen Krieg.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2017. 220 S. m. Abb. = Schriften zur Geschichte der Theologischen Fakultät Jena, 1. Kart. EUR 38,00. ISBN 978-3-374-05123-6.

Rezensent:

Johannes Hund

Dieser Band eröffnet die »Schriften zur Geschichte der Theologischen Fakultät Jena«, die von den beiden Kirchengeschichtlern der Thüringischen Landesuniversität, Christopher Spehr und Katharina Bracht, herausgegeben werden. Die Geschichte der Theologischen Fakultät Jena führt – so zumindest der Anspruch der Reihe – »direkt ins Zentrum der deutschen Geistes- und Theologiegeschichte.« Der Blick aufs Lokale soll also auch dazu dienen, die größeren deutschen Zusammenhänge zu verstehen und sie zu deuten. Geboten werden sollen in dieser Reihe »Einzeluntersuchungen, Aufsatzbände und Editionen, die Themen aus der theologie- und geistesgeschichtlich reichen Geschichte der Theologischen Fakultät Jena zum Gegenstand haben«. (3) Der vorliegende erste Band dokumentiert die Beiträge einer im Jahre 2016 abgehaltenen Ta­gung zum Thema »Johann Major (1564–1654) – Professor der Theologie, Superintendent und Kirchenpolitiker im Dreißigjährigen Krieg«, die von der Professur und dem Lehrstuhl für Kirchengeschichte der Universität Jena gemeinsam mit der Thüringischen Gesellschaft für Kirchengeschichte veranstaltet wurde.
Mit Johann Major gerät ein Theologieprofessor und Superintendent Jenas während der Zeit der lutherischen Orthodoxie in den Vordergrund, über den bislang so gut wie jede wissenschaftliche Arbeit fehlt. Die Herausgeberin Katharina Bracht vereint in ihrem Band mit in Profan-, Kirchen- und Kunstgeschichte wie auch in Praktischer Theologie ausgewiesenen Autoren unterschiedliche Professionen, die ein umfassendes und facettenreiches Bild ermöglichen. Darüber hinaus ist es gelungen, mit Andreas Lesser einen direkten Nachfahren Johann Majors zu gewinnen, der einen Überblick über die Biographie und die Familie seines Urahnen gibt, der im Jahre 1605 zum Superintendenten und im Jahre 1612 zum Professor der Salana ernannt wurde und in dieser Funktion mehrmals auch das Amt des Rektors der Universität innehatte (19–68). Major übernahm die Kommentierung der Apostelgeschichte in der sogenannten Kurfürstenbibel. Gleich 15 Semester lang war Major in seinen Vorlesungen ebenfalls mit diesem biblischen Buch beschäftigt. Neben Johann Gerhard und Johann Himmel gehörte Johann Major zur sogenannten »johanneischen Trias« in Jena und stand dabei keineswegs im Schatten des wirkungsgeschichtlich wesentlich bedeutenderen Johann Gerhard. Major erreichte das für seine Zeit biblische Alter von 89 Jahren, als er im Jahre 1654 verstarb. Seine Tätigkeit als Politikberater untersucht Marcus Stiebing (69–93) anhand der von seinem Herzog an Major herangetragenen Fragestellung, ob er in die kriegerischen Auseinandersetzungen, die den Dreißigjährigen Krieg zu eröffnen drohten, eingreifen solle oder nicht. Major und seine Kollegen suchten zur Klärung dieser Frage das Gespräch mit anderen Theologischen Fakultäten im Reich und kamen zu dem Ergebnis, dass es ein Widerstandsrecht gegen den Kaiser nur in dem Fall gab, wenn er das Evangelium direkt be­kämpfte. Ob das aber in Böhmen der Fall war, entzog sich dem Urteil der Theologen. Major und seine Kollegen verwiesen die Klärung dieses Falles also an die weltlichen Räte und letztlich an den Herzog selbst zurück. Sie selber blieben skeptisch, ob ein kriegerisches Vorgehen gegen den Kaiser wirklich gerechtfertigt war.
Der Predigtarbeit Majors wendet sich der Beitrag Tommy Drexels zu, der eine »Wetterpredigt« zum Gegenstand hat, eine Predigt, die Major anlässlich einer Hochwasserkatastrophe hielt, bei der über 30 Menschen verstorben waren (95–112). Gott selber hat in der »Thüringer Sintflut« zur Buße gerufen, so hielt es Major in seiner Predigt über den Gott im Sturm in Hiob 38 fest. Die Strafen Gottes verstand er dabei als pädagogische Mittel, um der Predigt seines Wortes Nachdruck zu verleihen. Katharina Bracht untersucht in ihrem Beitrag die Kirchenväterrezeption in Majors Leichenpredigten (113–141), die die Benutzung frühneuzeitlicher Texteditionen wahrscheinlich macht. Major zitierte die altkirchlichen Väter, um zu zeigen, dass er nicht nur schriftgemäß war, sondern auch in Harmonie und ungebrochener Kontinuität zu den Anfängen stand. Dies sollte seinem Trost für das humanistisch gebildete, meist akademische Publikum Plausibilität verleihen. Die Beiträge der Leiterin der Kustodie am Seminar für Kunstgeschichte und Filmwissenschaft der Universität Jena Babett Forster (143–155) und der Leiterin der Kunstguterfassung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland Karen Schaelow-Weber (157–179) beschäftigen sich unter kunstgeschichtlicher Fragestellung mit den Porträts Johann Majors in der Reihe der Jenaer Professoren- und Superintendentenbildnisse. 19 farbige Abbildungen im Anhang sowie ein Personen- und ein Sachregister runden den Band ab.
Der Band markiert unter lokalgeschichtlicher Fragestellung mit Sicherheit einen guten Einstieg in die neue Reihe. Wer sich für Jena und die Geschichte der Salana interessiert, wird diesen Band durchaus mit Gewinn lesen. Was freilich Johann Major als Theologen auszeichnete, der den Vergleich mit Johann Gerhard nicht zu scheuen braucht (15), bleibt undeutlich. In weiten Teilen des Dargestellten bleibt Major schlicht ein unorigineller Repräsentant seiner Zeit, der vielleicht auch zu Recht vergessen wurde. Gerne hätte man mehr erfahren über seine Theologie, die ihn laut Gustav Frank angeblich vom »dunklen Grunde der jenaischen Orthodoxie« ab­hob, mehr auch von seiner Haltung als theologischer Berater des ernestinischen Herzogs zum Dreißigjährigen Krieg in seinem Verlauf. Der Band lässt den Leser so mit einem zwiespältigen Eindruck zurück: Obwohl für die Lokalgeschichte ein wichtiger Beitrag, bleibt er doch wesentliche Fragen zur theologischen Einordnung Majors schuldig.