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Ausgabe:

Januar/2018

Spalte:

50–51

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Gzella, Holger [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament. Bd. IX: Aramäisches Wörterbuch. (Lfg. 1 hrsg. v. I. Kottsieper).

Verlag:

Stuttgart: Verlag Kohlhammer 2016. XXIV S., 896 Sp. Geb. EUR 560,00. ISBN 978-3-17-013514-7.

Rezensent:

Heinz-Dieter Neef

Mit diesem Band IX ist das »Theologische Wörterbuch zum Alten Testament« (ThWAT) zum Abschluss gekommen. Es behandelt den Wortschatz der aramäischen Teile Esras und Daniels, um diesen in seinem sprach- und kulturgeschichtlichen Kontext zu verorten. Das Biblisch-Aramäische erscheint hier als Teil einer übergreifenden Schrifttradition des 1. Jt.s v. Chr. Von daher geht der behandelte Wortschatz weit über den des Biblisch-Aramäischen hinaus. Außer den Präpositionen, Konjunktionen, Pronomina und Partikeln ist der biblisch-aramäische Wortschatz im Gesamt der Haupt- und Nebenlemmata fast vollständig erfasst, zugleich ein großer Teil des theologisch relevanten Wortschatzes des älteren Aramäisch überhaupt.
Die erste Lieferung stand noch unter der Verantwortung von I. Kottsieper und erschien 2001. Aus unterschiedlichen Gründen kam es zu keinem Fortgang des Werkes, so dass das Vorhaben nach mehr als zehn Jahren Stillstand Holger Gzella, Ordinarius für Hebraistik und Aramaistik in Leiden/Niederlande, anvertraut wurde. Dieser entschloss sich aufgrund mangelnder Unterstützung, alle ausstehenden Artikel selbst zu verfassen. Dabei legte er besonderen Wert darauf, die Fortschritte in der Gliederung der einzelnen aramäischen Sprachstufen zu berücksichtigen. Zudem zog er die zahlreichen erst jüngst erschlossenen Quellen heran: die übrigen Handschriften vom Toten Meer, die Clermont-Ganneau-Ostraka, die Samaria-Papyri, viele neuassyrische Wirtschaftsurkunden, Dokumente aus dem baktrischen Provinzarchiv.
Der Herausgeberwechsel und Erfahrungen mit der ersten Lieferung haben zu einigen Änderungen im Profil ab Spalte 129 geführt. Diese beziehen sich auf eine höhere philologische Tiefenschärfe durch die Untersuchung der Synonymik und der unterschiedlichen Nuancen grammatischer Konstruktionen. Der neue Herausgeber von ThWAT IX konnte zudem die Auswahl des Stoffes auf das »Theologische Wörterbuch zu den Qumrantexten« (ThWQ) ab­stimmen. In der ersten Lieferung dominierte die Anordnung nach Sachgruppen. Diese wurde vom neuen Herausgeber stärker einer alphabetischen Anordnung nach den aramäischen Wurzeln angeglichen. Durch Querverweise und die Diskussion von Synonymen und Autonymen wurde das weitere semantische Feld jedes Lexems wenigstens ansatzweise ausgeleuchtet.
Verbalwurzeln und nominale Formen im status absolutus sind nach ihrer reichsaramäischen Schreibung angeordnet. Vokalisch auslautende Wurzeln stehen ihrer Form nach unter - ȋ, nicht ihrer Schreibung nach unter - h. Bei den Nomina wird im Kopf zwischen Schrägstrichen zugleich die rekonstruierte reichsaramäische Lautung genannt. Lautliche Entwicklungen vor und nach dem im Wörterbuch als archimedischen Punkt angesetzten achämenidischen Reichsaramäischen werden im Haupttext der einzelnen Lemmata knapp behandelt. Damit gibt sich ein ungefährer Eindruck von der Aussprache um 500 v. Chr. Die Umschrift biblisch-aramäisch vokalisierter Zitate wurde gegenüber der ersten Lieferung präzisiert, š und ś stets differenziert. Alle Artikel beginnen mit einem kurzen Überblick mit Angaben zur Etymologie, zum weiteren Wortfeld und zu den verschiedenen grammatischen Konstruktionen. Der weitere Aufbau folgt einer morphologischen Einteilung mit besonderer Behandlung verbaler und nominaler Formen sowie verschiedener Verbalstämme. Er ist aufgeteilt in chronologische Sprachstufen (Alt-, Reichs-, Biblisch-, Qumran-Ara- mäisch und Späteres) oder in verschiedene Gebrauchsweisen (z. B. wörtlich, übertragen, Fachsprache usw.). Die Darstellung orientiert sich primär an der Semantik der einzelnen Begriffe selbst. Im Mittelpunkt steht das Aramäisch des ersten Jt.s v. Chr., die späteren Literatursprachen werden nur in Einzelfällen näher behandelt.
Insgesamt haben neben Holger Gzella 26 Autoren am Wörterbuch mitgearbeitet (s. VII). Dieses umfasst 308 Lexeme, wobei die Autoren 124 Artikel und Gzella 184 Artikel verfasst haben. Die Artikel sind alphabetisch geordnet und deshalb leicht auffindbar.
Als Vorspann zu den Artikeln bietet Gzella eine ausführliche und höchst informative Einführung in das Aramäische (XVII–XXIV). Hier beschreibt er, dass das Biblisch-Aramäische als Teil einer sich über viele Jahrhunderte entfaltenden aramäischen Li-teratur zu verstehen sei. Die aramäische Sprach- und Kulturgeschichte gliedert er wie folgt: das ältere Altaramäisch des 9. und 8. Jh.s. v. Chr. zur Zeit der selbständigen Aramäisch sprachigen Fürs­tentümer Syriens; das jüngere Altaramäisch unter dem neuassyrischen und neubabylonischen Weltreich im 7. und 6. Jh. v. Chr.; das achämenidische Reichsaramäisch als Verwaltungssprache des persischen Reiches im 5. und 4. Jh. v. Chr.; die örtlich eigenstän-digen Ausläufer des Aramäischen in hellenistisch-römischer Zeit vom 3. Jh. v. Chr. bis zum 3. Jh. n. Chr.; die spätantiken jüdischen, christlichen und anderen Literatursprachen (ab dem 4. Jh. n. Chr.). Diese Einteilung entfaltet der Vf. in fünf Abschnitten: 1. Das Aramäische der eisenzeitlichen syrischen Fürstentümer (XVII–XIX); 2. Aramäisch auf dem Weg zur Weltsprache (XIX–XX); 3. Das achämenidische Reichsaramäisch und das Biblisch-Aramäische (XX–XXII); 4. Die nachachämenidischen Schrifttraditionen (XXII–XXIV); 5. Anlage des Aramäischen Wörterbuches (XXIV).
Der Hauptteil des Bandes umfasst 308 Lexeme in alphabetischer Reihenfolge (2–822). In unmittelbarem Anschluss fügt Gzella einen Abschnitt zu sieben »Iranische(n) Beamtentitel(n) im Biblisch-Aramäischen« an (825 f.), die vor allem in Dan 3; 6 vorkommen. Dabei notiert er vorab die Schwierigkeit, die exakte Funktion eines be­stimmten Amtsträgers in der achämenidischen Verwaltungshierarchie genauer zu bestimmen. Der Vf. lässt sodann einen Ab­schnitt zu den Zahlwörtern 1–10; 100; 1000 folgen (827–831), wobei er wichtige Anmerkungen zu den Kardinalzahlwörtern und Ordinalzahlen voranstellt. Darauf folgen: Supplement zu den Artikeln der ersten Lieferung (833–836); Nachträge (837–842): Diese enthalten Verweise auf relevante neuere Literatur zu den Artikeln der ersten Lieferung (bis Spalte 128) sowie in einigen wenigen Fällen Exkurse zu Form und Etymologie. Es schließt sich daran ein in vier Punkte gegliederter »Historischer Abriss der aramäischen Grammatik« (843–856) aus der Feder von H. Gzella an: 1. Schrift und Schreibung; 2. Phonologie; 3. Morphologie und Morphosyntax; 4. Syntax.
Das Wörterbuch wird abgeschlossen mit: Alphabetisches aramäisch-deutsches Wörterverzeichnis (857–872); Deutsch-aramäisches Glossar – nach reichsaramäischer Lautung transkribiert (873–892); Nachträge zum Abkürzungsverzeichnis (893–896) und Korrigenda.
Mit diesem Wörterbuch ist H. Gzella und seinen Mitarbeitern ein großer Wurf gelungen, denn dieses Wörterbuch ist zugleich ein Handbuch zur aramäischen Sprache. Es informiert umfassend über zentrale aramäische Vokabeln, den gegenwärtigen Stand der aramaistischen Forschung, die Geschichte der aramäischen Forschung und bietet zudem einen historischen Abriss der aramäischen Grammatik. Der größte Dank für dieses gelungene Buch gebührt vor allem Holger Gzella, dessen Kenntnisse zum Aramäischen höchst beeindruckend sind. Zu danken ist ihm für den glücklichen Abschluss des neunten Bandes des Theologischen Wörterbuches zum Alten Testament. Das Buch lässt – außer seinem Preis! – nichts zu wünschen übrig.