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Ausgabe:

Dezember/2015

Spalte:

1465–1466

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Merkt, Andreas, Wassilowsky, Günther, u. Gregor Wurst [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Reformen in der Kirche. Historische Perspektiven.

Verlag:

Freiburg i. Br.: Verlag Herder 2014. 325 S. = Quaestiones disputatae, 260. Kart. EUR 32,00. ISBN 978-3-451-02260-9.

Rezensent:

A. B.

Der Band dokumentiert wissenschaftliche Vorträge einer von der katholischen »Arbeitsgemeinschaft der Kirchenhistoriker und Kirchenhistorikerinnen im deutschen Sprachraum« im Mai 2012 in Augsburg abgehaltenen Tagung. Damit sollte ein »fachspezifische[r] Beitrag zu den aktuellen Reformdiskussionen« (8) der katholischen Kirche erbracht werden. Durchweg repräsentieren die Autoren eine jüngere Generation; nicht ohne Stolz vermerkt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Andreas Merkt, von ihnen sei noch niemand geboren worden, als das Zweite Vatikanum 1962 er­öffnet wurde (8).
In allgemeinem Zugriff präsentiert A. Merkt »Aktuelle Reformthemen in der antiken Kirche«. Speziell untersucht dann Thomas Karmann die von Chrysostomus betriebene Reform spätantiker Großstadtgemeinden. Auch für das Mittelalter ergänzen sich eine Spezialstudie zu den einschlägigen brieflichen Äußerungen Katharinas von Siena (Michaela Sohn-Kronthaler) und eine Feldanalyse zu dem spätmittelalterlichen Motiv einer reformatio ecclesiae (Klaus Unterburger). Weitere gelehrte Studien widmen sich der optionalen Demokratiefähigkeit des frühen US-amerikanischen Katholizismus (Johanna Schmid), der im vermehrten Bibellesen greifbar werdenden, als »Ent-Entmündigung« verstandenen ka­tholischen Aufklärung (Ines Weber) und dem in der ersten Hälfte des 19. Jh.s aufblühenden katholischen Vereinswesen (Dominik Burkard). Besondere Aufmerksamkeit findet ferner das Zweite Vatikanische Konzil, das hinsichtlich des darin dokumentierten päpstlichen Reformverständnisses (Joachim Schmiedl) und näherhin für die Kurienreform Pauls VI. (Jörg Ernesti) untersucht wird. Ein letzter Beitrag erörtert am Beispiel des »Aktionskreis[es] Halle« die Frage, wie sich eine katholische Reformbewegung der DDR in der doppelten Frontstellung zwischen Staat und Kirche zu behaupten vermochte.
Für das im Band mehrfach zitierte Diktum Papst Johannes Pauls II. »Die Kirche fürchtet gewiss nicht die Wahrheit, die aus der Geschichte kommt« stellen die hier versammelten Studien eine fruchtbare Herausforderung dar. Evangelische Kirchenhistoriker hätten aus den ihnen anvertrauten Traditionsbeständen gewiss analoge Feld- und Fallstudien einzubringen. Insofern wäre es der schönste Erfolg dieses Bandes, wenn er nicht nur verdientermaßen zahlreiche Leser finden, sondern dazu auch eine ökumenische Fortführung des Projekts anregen könnte.