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Ausgabe:

Oktober/2015

Spalte:

1161

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Roggenkamp, Antje, u. Michael Wermke [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Religiöse Sozialisation, Erziehung und Bildung in historischer Perspektive. Arbeitsfelder historischer Religionspädagogik.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2014. 344 S. m. Abb. = Studien zur Religiösen Bildung, 4. Kart. EUR 38,00. ISBN 978-3-374-03377-5.

Rezensent:

Ch. G.

Der Band dokumentiert die 13 Beiträge der Tagung des Arbeitskreises für historische Religionspädagogik, die im März 2013 in Neuendettelsau stattfand. Sie stammen aus den Federn von evangelischen Religionspädagogen, einem katholischen Religionspäda­gogen sowie Pädagogen und Historikern und bieten thematisch ein breites Spektrum. Es reicht von einer Studie über das kateche-tische Konzept und dessen Urheber im niederschlesischen Augus­tinerchorherrenstift Sagan (Werner Simon) über Entdeckungen zur jüdischen Lehrerbildung an der Pädagogischen Akademie in Frankfurt (Michael Wermke), eine Rekonstruktion der Entwicklung der Schulaufsicht in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s (Sylvia E. Kleeberg), methodologische Überlegungen zur Bedeutung der Begriffsgeschichte Kosellecks (Stefanie Pfister) bis zu umfangreichen Ausführungen über »Neubegründung der Religion im amerikanischen Pragmatismus« (Hein Retter).
Auch die von den Herausgebern gewählte Einteilung der Aufsätze in die Themenbereiche »Lebenswelten«, »Kontexte«, »Me­dien«, »Begriffssemantiken« und »Spatial Turn« macht durch ihre auf recht unterschiedlichen Ebenen anzusiedelnden Begriffe eher auf die Pluriformität aufmerksam, als dass sie systematisch trennscharf Themen präsentiert. Auf jeden Fall erweist sich die historische Religionspädagogik in diesem Band erfreulich inter- und intradisziplinär.
Inhaltlich fällt eine Konzentration auf den schulischen Religionsunterricht auf. Angesichts des gegenwärtig lernorttheoretisch in der systematischen Religionspädagogik ausgearbeiteten weiten Spektrums ist dies erstaunlich – nicht zuletzt weil der Titel des Tagungsbandes mit den Begriffen Sozialisation, Erziehung und Bildung auch in dieser Hinsicht Weite verheißt. Doch begegnen »Medien« nur in Form von Schulbüchern (in Beiträgen von Antje Roggenkamp und Richard Janus); Familie als wohl wichtigste So-zialisationsagentur bleibt ausgeblendet; gemeindepädagogische Be­mühungen kommen vor allem bei einem Beitrag zur Christenlehre, also einer Unterrichtsform, in den Blick (Dieter Reiher); die liturgische Dimension wird nur in einem Verweis auf die Sonntagsschule im Zusammenhang der These von »transnationalen Bildungsräumen« (Johannes Wischmeyer) gestreift. So werden vor allem Religionspädagogen, die an im Mikrobereich liegenden his­torischen Studien zum schulischen Religionsunterricht interessiert sind, mit Gewinn zu dem Band greifen. Auf die weitere Entwicklung der noch jungen historischen Religionspädagogik darf man gespannt sein.