Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Juli/August/2015

Spalte:

821–823

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Khunrath, Heinrich

Titel/Untertitel:

Amphitheatrum Sapientiae Aeternae – Schauplatz der ewigen allein wahren Weisheit.Vollständiger Reprint d. Erstdrucks v. [Hamburg] 1595 u. d. zweiten u. letzten Drucks Hanau 1609. M. e. Bibliographie d. Drucke u. Handschriften Khunraths, Namenregister u. Konkordanz d. beiden letzten Ausgaben sowie d. Transkription e. aus d. 18. Jahrhundert stammenden deutschen Übersetzung des ›Amphitheatrum Sapientiae Aeternae‹. Hrsg. v. C. Gilly, A. Hallacker, H.-P. Neumann u. W. Schmidt-Biggemann.

Verlag:

Stuttgart-Bad Cannstatt: frommann-holzboog 2014. 589 S. m. zahlr. Abb. = Clavis Pansophia, 6. Lw. EUR 598,00. ISBN 978-3-7728-1628-4.

Rezensent:

Albrecht Beutel

Ein großes bibliophiles Kleinod ist zu vermelden, das nicht nur die Herzen (und nicht minder die Etats) aller Bücherfreunde in Wallung versetzen, sondern auch die Kenner und Liebhaber der frühneuzeitlichen Arkanwissenschaften entzücken wird. Sein Gegenstand, das Amphitheatrum Sapientiae Aeternae, gilt als Hauptwerk des in Basel promovierten Mediziners, Alchemisten und Kabbalis­ten Heinrich Khunrath (Leipzig [?] 1560 – Dresden 1605). Seit 1591 diente er als Hofarzt des böhmischen Magnaten Wilhelm von Rosenberg in Wittingau. Während Bildbeigaben üblicherweise den Text eines Buches zu illustrieren pflegen, verhält es sich mit dem Amphitheatrum umgekehrt: Fünf (in der zweiten Ausgabe: neun) große Bildtafeln stehen im Mittelpunkt, der ihnen zugeordnete Text hat lediglich subsidiären Charakter, indem er die von Khunrath visualisierte Harmonie von christlicher Kabbala, Alchemie und Hermetik zu erläutern, zu interpretieren und mit den biblischen Weisheitsbüchern zu verbinden trachtet. Die erste lateinische Ausgabe erschien in Hamburg 1595, eine zweite, letzte, wesentlich erweiterte Ausgabe 1609 in Hanau, aus dem 18. Jh. ist zudem eine deutsche Übersetzung erhalten.
Das anzuzeigende, in 160 nummerierten Exemplaren gedruckte Werk hat die – übrigens vorzüglichen – Reprints der beiden lateinischen Ausgaben und die makellose Edition der deutschen Übersetzung mit höchst gelehrten Begleittexten versehen, die das Amphitheatrum tiefenscharf in seinen kulturgeschichtlichen Kontext einbetten und Khunraths opus magnum in nicht mehr zu überbietender Genauigkeit, Differenziertheit und Deutungsschärfe erschließen. Damit ist ein wahrer Prachtband entstanden, den man, ohne zu übertreiben, als eine beispiellose historiographisch-editorische Glanzleistung rühmen kann.
Nach der von Carlos Gilly einleitend verfassten Übersicht zum »Entstehen der frühneuzeitlichen Theosophie« (9–22) widmet sich der erste Hauptteil den Bild-Tafeln des alchemistischen Klassikers. Anja Hallacker erkundet die Konzeption der Tafeln, interpretiert das Bild-Text-Verhältnis und deutet deren vom Autor intendierte Funktion. Sodann analysiert Wilhelm Schmidt-Biggemann das ikonologische Programm des Werkes, indem er es kenntnisgesättigt zu Theosophie und Kabbala in Beziehung setzt, die spezifische Kosmologie des Autors freilegt und auch die frühe Rezeption durch Johann Arndt, der mit Khunrath in Kontakt und Austausch stand, eindringlich rekonstruiert.
Der zweite Hauptteil bietet die faksimilierte Wiedergabe der beiden lateinischen Drucke, die das etwas ungewöhnliche Format des Bandes bestimmen, ausführlich eingeleitet durch eine präzise Darstellung von Leben und Werk Khunraths sowie eine der frühen Rezeptionsgeschichte gewidmete umsichtige Spurensicherung (C. Gilly). Besonders spannend sind dabei, ohne anderes etwa zurückstellen zu wollen, die Ermittlungen zu der begeisterten Aufnahme, die das Amphitheatrum unter den Vorläufern und ersten Vertretern der Rosenkreuzer gefunden hat (157–162).
Ein dritter Hauptteil fokussiert schließlich die aufklärerisch stimulierte deutsche Übersetzung des Werkes. Hanns-Peter Neumann verortet sie fachmännisch im Kontext der im 18. Jh. breit geführten Enthusiasmus-Debatte und widmet ihr eingehende graphologische sowie übersetzungstheoretische Analysen, bevor dann der Text der Übersetzung in präziser kritischer Edition vorgelegt wird.
Die reichen »Anhänge« (Teil IV) des Bandes präsentieren das nach Drucken und Handschriften geordnete »Verzeichnis der Werke von Heinrich Khunrath« (531–557), ferner eine Bibliographie der dem Amphitheatrum gewidmeten Forschungsliteratur, dazu zwei gegenläufige Konkordanzen zu den beiden lateinischen Ausgaben sowie, darauf bezogen, ein vergleichendes Namen- und Sachregister.
Von Biogrammen der höchst verdienstvollen Herausgeber und Bearbeiter hat man wohl aus Bescheidenheit abgesehen. So ist, wie es der Titel der deutschen Übersetzung verheißt, »der ewigen allein wahren Weisheit« ein schlechthin großartiger, zu breiter kultur-his­torischer Frequentierung einladender »Schauplatz« bereitgestellt worden. Die strenge Limitierung der Auflage und die pekuniäre Erschwingungshöhe des Bandes wird man hoffentlich nicht als eine Verpflichtung zu arkaner Geheimhaltung dieses Nobelprojekts missverstehen.