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Ausgabe:

März/2015

Spalte:

274–275

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Ruddat, Günter [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Taufe – Zeichen des Lebens. Theologische Profile und interdisziplinäre Perspektiven

Verlag:

Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Theologie 2013. 198 S. = Veröffentlichungen der Kirchlichen Hochschule Wuppertal, 14. Kart. EUR 26,99. ISBN 978-3-7887-2750-5.

Rezensent:

Ralf Fischer

Im weitesten Sinne handelt es sich bei der vorliegenden Veröffentlichung um eine Nachwirkung des 2011 von verschiedenen Landeskirchen gefeierten »Jahres der Taufe«. Aus diesem Anlass hatte die Kirchliche Hochschule Wuppertal, an der der Herausgeber bis zu seiner Emeritierung als Professor für Praktische Theologie mit den Schwerpunkten Gemeinde- und Religionspädagogik tätig war, eine Studienwoche zum Thema »Taufe« durchgeführt. Die dabei entstandenen Beiträge finden sich aktualisiert und erweitert im zu besprechenden Buch.
Einleitend erläutert der Herausgeber den Anlass des Buches und weist pointiert auf die 13 Beiträge hin. Dabei wird deutlich, dass Titel und Untertitel der Veröffentlichung programmatisch zu verstehen sind: Die Beiträge beleuchten das Thema »Taufe« aus der Sicht der verschiedenen theologischen Disziplinen, darunter auch der Religionswissenschaft, der klassischen Philologie und der kirchlichen Leitungsebene. Neben wissenschaftlichen Darstellungen finden sich sorgfältig reflektierte Praxis-Beispiele in Gestalt einer Mahlfeier mit Tauferinnerung und eines Taufgottesdiens­tes.
Zusätzlich zu den Lehrenden der Kirchlichen Hochschule Wuppertal konnten weitere in ihren Bereichen ausgewiesene Expertinnen für die Mitarbeit gewonnen werden: Regina Sommer, die auf empirisch erhobene Sinnzuschreibungen an Taufe und hier auch auf die Erwachsenentaufe eingeht, Johanna Will-Armstrong, die als zuständige Landeskirchenrätin kritisch die Projektziele des Jahres der Taufe aus der Westfälischen Landeskirche reflektiert und auf bleibende Veränderungen und offene Aufgaben hinweist, und Dorothea Sattler, die aus katholischer Perspektive eine ökumenische Sicht auf Taufe eröffnet und dabei besonders die Konsequenzen im Lebens- und Glaubensalltag herausstellt.
Leider ist es im gesteckten Rahmen nicht möglich, alle Beiträge einzeln im angemessenen Umfang zu würdigen. Einige Stichworte müssen ausreichen: Henning Wrogemann macht deutlich, dass der interreligiöse und interkulturelle Vergleich dazu beiträgt, »die vielen Dimensionen von Taufe«, die lebenseröffnenden, aber auch die lebensbedrohlichen Dimensionen z. B. bei nicht erlaubter Konversion zum Christentum, wahrzunehmen und eigene Selbstverständlichkeiten zu relativieren.
Antje Labahn lenkt unter dem Titel »Zurück ins Leben« den Blick auf Passagen aus den Schriften vom Toten Meer. Die dort beschriebenen wiederholbaren Reinigungsrituale sorgen dafür, dass »Verunreinigte« wieder in das Leben der Gemeinschaft integriert werden. Die Einmaligkeit der Taufe und ihre Verbindung mit dem Namen Jesu Christi zeigen aber, so die abschließende These, dass die Taufe eine »urchristliche Neuschöpfung« ist.
Klaus Haacker weist an verschiedenen Texten aus den Evangelien, der Apostelgeschichte und dem Corpus Paulinum nach, wie groß die Bandbreite bei der Taufpraxis und in der Tauftheologie der urchristlichen Zeit war. Die Exegese von Mt 28 lässt er dann in ein Tauflied für Erwachsene einmünden, in dem er die Aspekte ›Vergewisserung für Suchende‹, ›Ethik Jesu‹ und ›Nachfolge auf einem neuen Weg‹ für heutige Tauftheologie fruchtbar macht.
Knut Usener sorgt in seinem Beitrag »Religiöse Praktiken und heilige Essenzen in der Antike« zunächst für philologische Klarheit, indem er die griechische und lateinische Begrifflichkeit unter die Lupe nimmt. Danach wendet er sich den Substanzen Honig, Milch, Öl, Wasser und Wein in ihrem antiken Kontext zu. Als das Besondere der christlichen Sakramente stellt er zusammenfassend die Anwesenheit Gottes heraus, ohne die antike Feiern möglich waren, die Sakramente aber undenkbar sind.
An einer knappen, aber treffenden Auswahl von Primärtexten erläutert Hellmut Zschoch die Positionen zur Taufe, wie sie von verschiedenen Reformatoren in Abgrenzung zur katholischen Tauftheologie entwickelt wurden.
Matthias Freudenberg führt die so begonnene Linie weiter, indem er »Grundlinien des reformierten Taufverständnisses« bis zur Leuenberger Konkordie auszieht und dabei die besondere Verantwortung der Säuglingstaufe praktizierenden Kirchen gegenüber Eltern und Paten betont.
Johannes von Lüpke geht der lutherischen Entwicklung des Taufverständnisses nach. Er stellt dabei »den Glauben als einen Akt der subjektiven Aneignung« des Taufgeschehens heraus: »Die einmal vollzogene Taufe will immer wieder neu eingeübt werden«.
Mit Gal 3,26–28 beschäftigt sich Heike Walz. Aus dieser »utopischen Vision der Transformation der ethnischen, sozialen und geschlechterbezogenen Hierarchien« zieht sie Konsequenzen für die aktuelle Taufdeutung und -praxis.
Die besondere Leistung des Buches besteht darin, eine noch größere Bandbreite von Perspektiven auf das Thema »Taufe« zu eröffnen, als es z. B. in der von Markus Öhler herausgegebenen Veröffentlichung zum gleichen Thema (Taufe; Tübingen 2012) ge­schieht. Durch die Beiträge angeregt können die Leser leicht mithilfe der umfassenden Literaturhinweise in den Anmerkungen vertiefend weiterarbeiten.