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Ausgabe:

Januar/2015

Spalte:

115

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Jaspert, Bernd

Titel/Untertitel:

Spiritualität oder Frömmigkeit. Beiträge zur Begriffsklärung

Verlag:

Nordhausen: Verlag Traugott Bautz 2013. 153 S. Kart. EUR 20,00. ISBN 978-3-88309-809-8.

Rezensent:

Simon Peng-Keller

Das aus drei eigenständigen, thematisch sich überschneidenden Beiträgen bestehende Büchlein von Bernd Jaspert sucht eine Antwort auf die »Frage, welcher Begriff in Theologie und Kirche zur Beschreibung des gelebten Glaubens oder des geistlichen Lebens der Christen heute angemessen ist, Spiritualität oder Frömmigkeit«. Die Anordnung der Beiträge ist konzentrisch: Während der mittlere Beitrag dieser Leitfrage gewidmet ist, beschäftigen sich die Rahmenbeiträge mit der Spiritualität in der neueren evangelischen bzw. katholischen Theologie. Zur Hauptsache bestehen alle drei Beiträge aus einer umsichtigen Zusammenfassung und einer kritischen Würdigung wichtiger Lexikonartikel und Publikationen. Das macht den Band zu einem hilfreichen Kompendium. Dass der Vf. sich weitgehend auf die deutschsprachige Literatur beschränkt, ist angesichts der Internationalität des Spiritualitätsdiskurses und der zentralen Rolle der französisch- und englischsprachigen Literatur bei der neuzeitlichen Begriffsprägung zu bedauern. Ebenso mag die Feststellung, dass es nach dem Zweiten Vatikanum keine »wirkliche[n] Konsequenzen für eine Neufassung der Studienordnungen an katholisch-theologischen Fakultäten […] hinsichtlich eines eigenen Faches beziehungsweise Ausbildungsganges ›Christliche Spiritualität‹« gegeben habe (146), zwar für viele deutschsprachige Fakultäten zutreffen, doch wird es den globalen Entwicklungen in der katholischen Welt kaum gerecht.
Umso genauer fällt die Nachzeichnung der konfessionellen Unterschiede und der sprachlichen Transformationen innerhalb der deutschsprachigen Literatur aus. Auffällig ist, dass ›Frömmigkeit‹ in der katholischen Theologie in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s konsequent durch den Begriff der Spiritualität ersetzt wird, während dieser von der reformatorischen Theologie erst seit Mitte der 70er-Jahre aufgenommen wird, ohne dabei den Begriff der Frömmigkeit bislang völlig zu verdrängen. Es sind besonders evangelische Kirchenhistoriker wie der Vf. selbst, die dafür plädieren, dies als Differenzierungschance zu nutzen und theologisch zwischen Frömmigkeit und Spiritualität zu unterscheiden. Doch habe sich die von U. Köpf vorgeschlagene Unterscheidung zwischen Frömmigkeit als Gattungs- und Spiritualität als Artbegriff nicht durchgesetzt.
Die Antwort, die der Vf. auf die ihn leitende Frage andeutet, fällt auffällig zurückhaltend aus. Offenkundig traut er dem Begriff der Frömmigkeit theologisch mehr zu. Doch müsse man sich wohl daran gewöhnen, dass auch in der evangelischen Theologie heute die präzisierungsbedürftige Rede von Spiritualität bevorzugt werde. M. E. gibt es dafür auch gute theologische Gründe: Verweist doch ›Spiritualität‹, wenn man sie im Anschluss an ihre paulinische Herkunft pneumatologisch bestimmt, deutlicher auf diejenige Wirklichkeit, ohne die es keinen »gelebte[n] christliche[n] Glaube[n]« gibt.