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Ausgabe:

November/2014

Spalte:

1354–1355

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Eichhorn, Holger

Titel/Untertitel:

Johann Rosenmüller – Vesperpsalmen. Versuch einer Darstellung im Überblick mit Notenanhang erstmalig veröffentlichter Werke und einem komprimierten Werkverzeichnis.

Verlag:

Altenburg: Verlag E. Reinhold (Verlagsgruppe Klaus-Jürgen Kamprad) 2014. 424 S. m. Notenanhang. Lw. EUR 39,80. ISBN 978-3-930550-77-7.

Rezensent:

Johannes Schilling

Psalmenvertonungen gehören zu den Grundtexten christlicher Schriftauslegung. Von den Anfängen des christlichen Gottesdiens­tes bis in die Gegenwart werden Psalmen immer wieder neu ge­fasst, komponiert, gesungen und gespielt. Holger Eichhorn bietet für die Geschichte des Gottesdienstes interessantes Material (26–38)– auch an den protestantischen Fürstenhöfen gab es eine reichhaltige Vespergottesdienstkultur, die wenig oder kaum in kir-chengeschichtliche Darstellungen oder solche des evangelischen Gottesdienstes Eingang gefunden hat.
Der Schwerpunkt von E.s Buch liegt darauf, die musikalische Eigenart der Psalmenkompositionen Johann Rosenmüllers (1617[?] 1619–1684) herauszuarbeiten. Der Vf. ist dafür bestens gerüstet:als Herausgeber einer Rosenmüller-Gesamtausgabe und eines in Vorbereitung befindlichen Werkverzeichnisses sowie zahlreicher Einzelstudien. Rosenmüllers Psalmenkompositionen machen nach Umfang und Rang den zentralen Teil seines erhaltenen Werkes aus (77). Dessen »Herzstück« wiederum bilden die Vesperpsalmen. Das Buch behandelt die Kompositionen der Psalmen 109–111. 112.114.116.119–121.126.127.129.137.138 und 147 unter vielfältigen Fragestellungen. Dabei scheint dem Vf. das Wort Sap 11,21 »sed omnia in mensura, et numero et pondere disposuisti« auch für Rosenmüllers kompositorische Dispositionen grundlegend. Wertvoll ist das Werk auch durch ein Werkverzeichnis (»vorläufig & summarisch«, 271), das aber doch eine gute Übersicht über Reichtum und Vielfalt der überlieferten Kompositionen bietet, darunter auch über die Bibeltextvertonungen. Im Notenanhang werden fünf Kompositionen erstmals nach den handschriftlichen Quellen veröffentlicht. – Bei den Wiedergaben der Psalmentexte sähe man statt der Regensburger Vulgata von 1922 und dem Luthertext von 1912 lieber die gegenwärtig in Gebrauch befindlichen Texte. Und die beeindruckende Detailliertheit der Ausführungen geht bisweilen auch mit einer gewissen Unübersichtlichkeit und manchen Eigenwilligkeiten einher.
Es wäre reizvoll, freilich auch nicht ganz einfach, wollte man die Beobachtungen, wie der Komponist in seinen Kompositionen die Schrift auslegt, mit zeitgenössischen Psalmenauslegungen in Beziehung setzen. Auf diese Weise ergäbe sich ein Einblick in die zeitgenössische Frömmigkeit, wie der Psalter in Wort und Ton in die seinerzeit gegenwärtige Wirklichkeit hinein ausgelegt wurde. In einer solchen Betrachtung läge der mögliche Gewinn für die Kirchengeschichte darin, neben der Schriftauslegung in Texten auch solchen in den Künsten die Aufmerksamkeit zu schenken, die ihnen in einem Gesamtbild der Religiosität ihrer Zeit zu­kommt.