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Ausgabe:

Oktober/2014

Spalte:

1241–1244

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Bünker, Michael, u. Martin Friedrich [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Amt, Ordination, Episkopé und theologische Ausbildung. Ministry, ordination, episkopé and theological education.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2013. 256 S. = Leuenberger Texte/Leuenberg Documents, 13. Kart. EUR 16,00. ISBN 978-3-374-03158-0.

Rezensent:

Lisa J. Krengel

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Bünker, Michael, u. Bernd Jaeger [Hrsg./Eds]: Frei für die Zu­kunft – Evangelische Kirchen in Europa. Free for the Future – Protestant Churches in Europe. Dokumentationsband der 7. Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) in Florenz, Italien, 20.–26. September 2012. Documents of the 7th General Assembly of the Community of Protestant Churches in Europe (CPCE) Florence, Italy, September 20–26, 2012. Hrsg. im Auftrag des Rates der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa/Authorized by the Council of the Community of Protestant Churches in Europe. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2013. 456 S. Kart. EUR 38,00. ISBN 978-3-374-03166-5.


Im September 2012 fand in Florenz die 7. Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) unter dem Thema »Frei für die Zukunft – Evangelische Kirchen in Europa« statt. Die oben genannten Bände vereinen einige zentrale Texte der Tagung. Anhand des Dokumentationsbandes der Tagung lässt sich diese in ihren wichtigsten Fragestellungen und Arbeitsergebnissen nachvollziehen. Erstmals werden alle Texte in Deutsch und Englisch wiedergegeben. Der »Schlussbericht der 7. Vollversammlung« (25–47) beinhaltet zum einen die Beschlüsse zu den Arbeitsergebnissen aus den Jahren 2006 bis 2012 (29–32), zum anderen einen Überblick über die »Beschlüsse zu den Arbeitsfeldern der GEKE ab 2012« (32–35), deren inhaltliche Skizzierung Eingang in das 3. Kapitel gefunden hat (61–80).
Martin Ernst Hirzel dokumentiert im 2. Kapitel unter dem Titel »Zwischen Hoffnungslücke und Aufbruchszuversicht« (51–58) das Forum »Kirchen Europas im Aufbruch« und sieht zusammenfassend eine große Chance in der Verbindung der geistlichen Erneuerung der Kirchen mit dem Reformationsjubiläum im Jahr 2017.
Kapitel IV (83–146) umfasst »die Berichte und die Hauptvorträge« (19). Unter dem Titel der Vollversammlung berichten die Mitglieder des Präsidiums – Michael Beintker, Stephanie Dietrich und Thomas Wipf – von den Arbeitsprozessen der GEKE seit der 6. Vollversammlung in Budapest (2006). Neben den Lehr- und Studienergebnissen, dem Stand der interkonfessionellen Dialoge sowie den sozialethischen und europapolitischen Themenbereichen hebt das Präsidium vor allem die »besondere Verantwortung« der GEKE im Rahmen des Jubiläumsjahres 2017 hervor: »Nur sie ist in der Lage, die europäische Dimension der Reformation ins Blickfeld zu rücken und erfahrbar werden zu lassen.« (103) Zentrales Thema des Berichts des Generalsekretärs Michael Bünker (107–117) ist die »organisatorische Weiterentwicklung der GEKE hin zu einer europäischen Organisation mit verlässlicher Infrastruktur, mit verstärkten Kooperationen zu Partnern auf europäischer Ebene« (19 f.) sowie einer konstanten Öffentlichkeitsarbeit. Präsident Michael Beintker macht in seinem Vortrag (118–135) das evangelische Freiheitsverständnis zum zentralen Thema. In Rückbindung auf die Abschiedsreden im Johannesevange-lium, in denen sich Christus selbst als »tragende Größe, die Wurzel jeder Zukunftsfreiheit« (121) beschreibt und der dazu kontrastierenden »Säkularisation und Entkirchlichung im 20. Jahrhundert als Folgen des Verlusts der Gottesbindung des modernen Menschen« (20) hebt Beintker die Reformation als »Bewegung der Umkehr zu Jesus Christus« (130) hervor. Die Reformation sei demnach nicht ausschließlich als »geschichtliches Phänomen des 16. Jahrhunderts«, sondern vielmehr als der »Urimpuls für die Bewegung« zu verstehen, »in der die Kirche Jesu Christi jeweils neu an den wahren Weinstock gebunden wird«. Dieser »Grundrhythmus der Hinwendung der Kirche zu ihrem Herrn« müsse auf diesem Hintergrund »transkonfessionell verstanden werden« (131).
Der ökumenische Charakter der GEKE zeigt sich besonders deutlich in den zahlreichen Grußworten der Kirchenvertreter (Ka­pitel V, 149–181), die vielfach »die gewachsene und vertiefte Gemeinschaft mit der GEKE« betonen und »zum gemeinsamen Zeugnis und Dienst angesichts der gegenwärtigen Krisen« (27) aufrufen. Besonders hervorgehoben sei hier der Beitrag von Rosangela Jajour (155–160), Generalsekretärin der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen im Nahen Osten, die auf sehr persönliche und bewegende Weise von der dramatischen Lage der Christen im Nahen Osten berichtet.
Die Predigten aus dem Zeitraum der Vollversammlung (Kapitel VI, 185–194), wesentliche Dokumente aus der strukturierten Zu­sam­menarbeit der GEKE im Zeitraum 2006–2012 (Kapitel VII, 197–218), ein Anhang (Kapitel VIII, 221–235) mit der Agenda der Vollversammlung, der Liste der Teilnehmer sowie der Mitgliedskirchen der GEKE und nicht zuletzt ein Bildteil (441–456) bieten weitere inhaltliche Einblicke und optische Eindrücke.
Eine differenzierte Auseinandersetzung mit zwei weiteren aktuellen Arbeitsbereichen der GEKE ermöglicht der Band Leuenberger Texte Nr. 13 mit dem Lehrgesprächsergebnis »Amt, Ordination, Episkopé« (97–184) sowie dem in Zielsetzung, Thematik und Vorgehen eng verwandten Text »Die Ausbildung für das ordinationsgebundene Amt in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa« (185–222). Beide Texte liegen in Deutsch und Englisch vor.
Anlass für eine weitergehende Beschäftigung mit der Frage nach dem Zusammenhang von Amt und Ordination war zum einen, den bestehenden Grundkonsens zu vertiefen, weiter zu entfalten »und für das ökumenische Gespräch mit anderen Konfessionen fruchtbar« (8) zu machen. Zum anderen stand die Stärkung der Mitgliedskirchen der GEKE im Vordergrund. Der Text gliedert sich in die Teile »1. Einleitung« (101–115), »2. Erklärung« (116–140), »3. Empfehlungen« (141 f.) und »4. Studienmaterial« (143–180). Den Ab­schluss des Dokuments stellen Abkürzungen zu den grundlegenden Quellen (181 f.) sowie eine Liste der am Lehrgespräch Beteiligten dar (183 f.). Die Vollversammlung versieht sowohl die Erklärung als auch die Empfehlungen mit der höchsten Stufe der Zustimmung und »macht sie sich zu eigen«, das Studienmaterial wird »zur Beachtung« empfohlen (97). Das Dokument »hat zum Ziel, den in früheren Dokumenten der GEKE formulierten Grundkonsens zu vertiefen und weiter zu entfalten« (107). Ein besonderes Augenmerk kommt hier der Frage zu, wie der Dienst an Wort und Sakrament im Verhältnis zum diakonischen Dienst und zum Äl-tes­tenamt als Element innerhalb des Dienstes der Episkopé verstanden und geordnet wird. Der Text macht deutlich, dass sich die gegenseitige Anerkennung der Ordination nur auf das Amt beziehen könne, »das in allen Kirchen der GEKE durch Ordination übertragen wird, also das Amt der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung« (129). Die Kirchen, die eine Ordination von Ältesten praktizieren, »sollten ermutigt werden zu überlegen, wie sie ihr Verständnis von Ordination zu der Bedeutung von Ordination als bezogen auf das ministerium verbi ins Verhältnis setzen« (129).
Der zweite Text des Bandes wurde von der Vollversammlung 2012 als »wegweisender Beitrag zu einem gemeinsamen Verständnis von guter theologischer Ausbildung« gewürdigt und den Mitgliedskirchen »bei Reformen im Bereich der Ausbildung« zur Berücksichtigung empfohlen (185). Er gliedert sich in »1. Grund-lagen« (191–195), »2. Leitlinien« (196–217), »3. Empfehlungen« (218–220) sowie abschließend eine Liste der am Konsultationsprojekt Beteiligten (221 f.). Auf der Basis der grundlegenden Einsichten hat der Text zum Ziel, »deutlich zu machen, woran sich gute Ausbildung zum ordinationsgebundenen Amt der öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung, woran sich auch gute Fortbildung erkennen lässt«, um »zur gegenseitigen Anerkennung der Ausbildung zu gelangen« (195). In Bezug auf das theologische Studium an einer Universität bzw. Hochschule hebt der Text neben den klassischen theologischen Disziplinen die gestiegene Bedeutung des religionswissenschaftlichen Studiums hervor. Ebenso seien aufgrund der vielschichtigen Gründe, »warum junge Leute heutzutage das Theologiestudium wählen […] Form und Praxis des geistlichen Lebens […] von größerer Bedeutung als früher«.
Der Text macht an vielen Stellen »eine Reihe von Anregungen zur Überprüfung und gegebenenfalls Veränderung der eigenen Ausbildungspraxis« (218), stellt jedoch auch immer wieder klar, dass es bei allen Maßnahmen zur Reform und Gestaltung der Ausbildung um ein ausgewogenes Verhältnis von wissenschaftlicher Reflexion, Praxisbezug und gelebtem Glauben gehe. Eine Intensivierung des interdisziplinären Bezugs hält der Text in allen theologischen Ausbildungsbereichen für notwendig.
Alles in allem bieten die vorliegenden Bände eine gute Möglichkeit, sich intensiv mit der Arbeit der GEKE und ihren aktuellen inhaltlichen Fragestellungen zu beschäftigen. Die Notwendigkeit vieler Projekte wie etwa das Vorhaben, das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 in europäischer Dimension ins Blickfeld zu rücken, die gegenseitige Anerkennung der Ordination oder die Angleichung der theologischen Ausbildung erschließt sich dem Leser sofort. Die an vielen Stellen damit einhergehende Brisanz macht jedoch auch unmissverständlich deutlich, wie wichtig die konstante nicht nur theologische Arbeit in diesen Bereichen ist. Es bleibt an dieser Stelle deshalb, den Verantwortlichen für ihre wichtige Arbeit Gottes Segen zu wünschen.