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Ausgabe:

Oktober/2014

Spalte:

1156–1160

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hellholm, David, Vegge, Tor, Norderval, Øyvind, and Christer Hellholm [Eds.]

Titel/Untertitel:

Ablution, Initiation, and Baptism. Late Antiquity, Early Judaism, and Early Christianity. 3 Bde.

Verlag:

Berlin u. a.: De Gruyter 2011. Bd. 1: LXIII, 764 S. m. 1 Porträt. Bd. 2: XXVIII, S. 765–1782. Bd. 3: XIV, 1783–2024 m. zahlr. Abb. = Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche, 176/I–III. Geb. EUR 299,00. ISBN 978-3-11-024751-0.

Rezensent:

Manuel Vogel

Das anzuzeigende Sammelwerk geht auf zwei international, interdisziplinär und interkonfessionell besetzte Tagungen von 2008 und 2009 zurück. Das dem Andenken an den 2007 verstorbenen Neutes­tamentler Wiard Popkes gewidmete dreibändige Werk umfasst neben einer Einführung von Christoph Markschies und einem einzelnen Beitrag zu »[m]ethodologische[n] Überlegungen« (1) 53 Beiträge zu den Bereichen der spätantiken Religionsgeschichte, des Frühjudentums, des Urchristentums und der patristischen Zeit, sowie diverse »[t]hematische Darstellungen« (1381) und einen Teil zu Archäologie und Kunstgeschichte.
Gewiss ist ein derart breit angelegtes interdisziplinäres Projekt stets der Gefahr ausgesetzt, zu einer bloßen Addition von Spezialaufsätzen zu geraten. Eine Stärkung des Methodenteils und eine Verständigung auf gemeinsame Leitfragen wäre einer größeren Geschlossenheit zuträglich gewesen. Dass Christian Streckers wichtiger ritualtheoretischer Beitrag nicht mit demjenigen von Klostergaard Petersen am Anfang steht, sondern im thematischen Teil untergebracht wurde, ist symptomatisch für die innerhalb des Projekts offenbar nur am Rande geführte Theorie- und Methodendiskussion. Aber sei es, wie es will: Das Werk ist, so Markschies, »schlechterdings umfassend« (LXI) und ein handbuchartiges Standardwerk für lange Zeit. Die jeweils ans Ende gestellten Literaturangaben der entweder deutsch- oder englischsprachigen Beiträge haben durchweg den Rang von Spezialbibliographien, die auch Nichtkundigen einen raschen Einstieg in die aktuellen Forschungslagen ermöglichen.
Den knappen ersten Teil (1–36) zu Fragen der Methode bestreitet Anders Klostergaard Petersen. Unterfüttert mit ausführlichen phänomenologischen und ritualtheoretischen Überlegungen bietet er mit purification rituals/initiation rituals und locative type of religion/utopian type of religion zwei vielversprechende Analyse-kategorien an, die ihn in gegenseitiger Verschränkung zu der These führen, dass the ritual of baptism […] is closely related to the emergence of the utopian type of religion (35).
Der zweite Teil zur spätantiken Religionsgeschichte außerhalb von Judentum und Christentum (43–154) enthält Beiträge zu ägyptischen Wasserriten (Jan Assmann, Andrea Kucharek), zu den Mandäern (Anders Hultgård), den Mysterienkulten (Fritz Graf), der Se-thianischen Gnosis (Birger A. Pearson) und zum Manichäismus (Gregor Wurst). Die ägyptischen Text- und Bildquellen bieten dem Neutestamentler für die bis heute rätselhafte Vikariatstaufe (1Kor 15,29) zunächst reichlich Parallelen, zumal die Quellen teilweise bis in römische Zeit reichen. Es gibt Strukturen der Übertragbarkeit (»Deine Reinheit ist meine Reinheit«, 56) und die Umwidmung eines Königsrituals auf die Begräbnispraxis. Dass die Riten auch eine Belebung der Mumie bewirken (64), ist wichtig, weil dem paulinischen Argument irgendwie auch ein somatischer Aspekt eignen muss, wenn es überzeugend sein soll. Allein: Die ägyptischen Quellen kennen keine Waschung, die der Lebende stellvertretend an sich selbst vornimmt. Außerdem lebt der ganze Vorstellungszusammenhang wesentlich im Kultur- und Erfahrungsraum der jährlichen Nilschwemme und dem daraus erwachsenen zyklischen Zeitverständnis. 1Kor 15,29 bleibt also, was es ist: eine religionsgeschichtliche Dauerbaustelle en miniature. Großformatig gilt dies auch für die bis heute praktizierten Wasserrituale der Mandäer im Spannungsfeld jüdischer, mesopotamischer, iranischer und christlicher Traditionen. Gegenüber einem Schichtenmodell tendiert Hultgård zum Szenario einer anfänglichen Synthese. Im Blick auf die Mysterienkulte thematisiert Graf die implizit schon von den frühchristlichen Apologeten gestellte religionsgeschichtliche Frage in präziser und ausgewogener Erhebung wesentlicher Vergleichspunkte und Unterschiede. Weder kommt eine Herleitung christlicher Taufpraxis aus paganen Ritualen in Frage noch eine Bestreitung jeglicher Verbindungen. Diese reichen aber über strukturelle Gemeinsamkeiten kaum hinaus. Die wenigen Textzeugnisse einer Taufpraxis der Sethianischen Gnosis werden von Pearson in Übersetzung geboten und eingehend analysiert. Kurz aber informativ widmet sich Gregor Wurst dem religionsgeschichtlichen Sonderfall des Manichäismus, der »jegliche Praxis einer einmaligen Initiationstaufe oder wiederholbarer Reinigungs- und Tauchbäder kategorisch verworfen hat« (145).
Der dritte Teil (157–334) thematisiert das frühe Judentum mit Beiträgen zur zwischentestamentlichen Literatur einschließlich Qumran (Antje Labahn), zu judenchristlichen Taufpraktiken (Seán Freyne), zum josephischen Täuferzeugnis (Claire Rothschild) und zum frühjüdischen Proselytentauchbad (Dieter Sänger). Die Sichtung der frühjüdischen Quellen durch Antje Labahn legt sachgemäß den Schwerpunkt auf die Qumrantexte. Interessant sind im Blick auf die Johannestaufe namentlich diejenigen wenigen Belege, bei denen anders als bei der üblichen Selbstwaschung eine weitere Person (stets ein Priester) beteiligt ist. Freyne votiert im Blick auf judenchristliche Tauftexte für sachliche und chronologische Differenzierungen im Paradigma des »parting of the ways« auf der Ebene der zu beobachtenden »continuity of practice«. Claire Rothschild gießt ein wenig Wasser in den Wein, wenn sie die Zuschreibung des josephischen Täuferzeugnisses an den Autor der Antiquitates in Zweifel zieht. Die Anschlussfrage lautet: Was fangen wir nun mit dem Text an? Wohin gehört er historisch und welchen Quellenwert hat er wofür? Dieter Sänger knüpft an die Analyse der einschlägigen Texte zum frühjüdischen Proselytentauchbad, dessen Aufkommen er mit der Mehrheit der Forschung in tannaitische Zeit datiert, weiterführende Überlegungen zu möglichen Wechselwirkungen zwischen jüdischer und christlicher Ritualpraxis im Blick auf den Zusammenhang von Taufe/Tauchbad und Katechese.
Der vierte Teil füllt die zweite Hälfte des ersten Bandes (335–763) mit zwölf Beiträgen zum frühen Christentum. Michael Labahn und Hans Dieter Betz nehmen sich der Frage nach dem Ursprung der christlichen Taufe an. Labahn vermisst sorgfältig das Dreieck »Johannestaufe – mögliche eigene Tauftätigkeit Jesu zu Beginn seines Wirkens – frühchristliche Taufpraxis« und entwickelt daraus »Eckpunkte« (367), die jenseits monokausaler Erklärungen ein Gesamtbild ermöglichen. Als wesentlichen Faktor sieht Labahn das schlichte Erfordernis eines eigenen Aufnahmerituals, sobald die Jesusgemeinden als eigene Bewegung kenntlich wurden. Betz fragt nach der Stellung der Taufe Jesu im literarischen Kontext des Markusevangeliums. Warum steht Jesu Taufe so und nicht anders am Beginn des ersten Evangeliums? Antwort: Sie ist Teil des Geheimnismotivs, und zwar insofern, als Jesus erzählintern (mit Röm 1,3 gesprochen) für seine jüdische Umgebung ein jüdisches Leben kata sarka mit allen seinen Vollzügen gelebt hat (inkl. Bußtaufe des Johannes). Nur Jesus selbst und die Leser des MkEv wissen, dass es sich anders verhält: Er ist Sohn Gottes kata pneuma. In seinem Beitrag zu den frühchristlichen Namensformeln (Taufe εἰς τὸ ὄνομα/ἐν τῷ ὀνόματι/ἐπὶ τῷ ὀνόματι) macht Lars Hartmann auf mögliche Bedeutungsunterschiede dieser in Dogmatik und Liturgie oft identifizierten Formeln aufmerksam. Ausführlich befasst sich David Hellholm mit vorgeformten Tauftraditionen in den Paulusbriefen. Er unterscheidet Namensformel, Eingliederungsformel, Rechtfertigungsformel, Bekleidungsformel und Identifi-kationsformel und weist diese unterschiedlichen situativen (d. h. liturgischen) und argumentativen Kontexten zu. Dass Hellholm »vorgeformt« sagt und nicht »vorpaulinisch«, hat seinen Grund: Das Formelgut klingt vielfach so paulinisch, dass es »vielleicht unter seiner Mitwirkung« (471) geprägt wurde. Jens Schröter erfasst die Tauftexte der Apostelgeschichte in ihrer konzeptionellen Einbindung in die lukanische Geschichtstheologie. Gilt für Lukas, dass die christliche Taufe als Wassertaufe auf den Namen Jesu Sündenvergebung und Geistmitteilung wirkt, so erklären sich die davon abweichenden »Sonderfälle« durch die Aufnahme von »Überlieferungen aus der Frühzeit des Christentums«, die Lukas in sein »Gesamtkonzept integriert hat« (581). Tor Vegge untersucht die verhältnismäßig spärlichen Bezüge zur Taufe in den Deuteropaulinen und den Pastoralbriefen mit Schwerpunkt auf einer pragmatisch-rhetorischen Analyse, die zu zeigen vermag, wie die untersuchten Aussagen in Prozessen frühchristlicher Identitätsbildung wirken. Auch im Hebräerbrief ist Taufe ein Randthema, das Samuel Byrskog exegetisch und systematisch gleichwohl eingehend behandelt. Vielversprechend ist zumal seine Erklärung der schwierigen διδαχὴ βαπτισμῶν (6,2): Die Gläubigen sollen lernen, dass die einmalige christliche Taufe unter den sonstigen jüdischen Wasser-riten (daher der Pl. βαπτισμῶν) hervorsticht (592). Halvor Moxness untersucht die Taufaussagen des 1. Petrusbriefes in postkolonialer Perspektive. Die Existenz der Gemeinde innerhalb der Machtstrukturen des römischen Imperiums ist gezeichnet von displacement, stigmatisation and shame. Die Taufe weist den Christen einen neuen Ort »in Christus« an, der räumliche und ethnische Dimensionen umfasst. Der Beitrag von Udo Schnelle ist dem Zusammenhang von »Salbung« (χρίσμα, 1Joh 2,20.27), Geist und Taufe im 1. Johannesbrief gewidmet. Schnelle arbeitet den Bezug des χρίσμα-Motivs zur mutmaßlichen sakramentalen Praxis der johanneischen Ge­meinde heraus und zeichnet die Argumentation des Briefverfassers in die Kontroverse mit den Gegnern ein. Wie sah aber johanneische Taufpraxis konkret aus? Turid Karlsen Seim plädiert mit Blick auf das Johannesevangelium dafür, die Texte nicht einfach unter der Voraussetzung einer etablierten kirchlichen Taufpraxis zu lesen. Möglicherweise weist das Evangelium auf frühe Sonderformen oder gar Alternativen zur Wassertaufe, von denen wir heute nichts mehr wissen. Kirsten Marie Hartvigsen unterzieht Mt 28,18–20 und Mk 16,9–20 einer vergleichenden Analyse. Im mündlichen Vortrag der Evangelientexte im Gottesdienst als des anzunehmenden Mo­dus ihrer gemeindlichen Kommunikation schaffen die Taufaussagen der Schlusspassagen von Mt und Mk (mit sekundärem Schluss) die Verbindung zwischen der Welt des Textes und den »individual experiences of baptisms in the real world« (706). Oda Wischmeyer beschließt den ersten Band mit einem gerafften Durchgang durch den gesamten Bestand neutestamentlicher Tauftexte. Methodologisch plädiert sie für die »Beschreibung des eigenen, textinternen Deutungspotentials der neutestamentlichen Schriften« ohne Anleihen bei »religions- oder kulturwissenschaftliche[n] Theorien« (737). Erhellend sind zumal ihre Überlegungen im »Dreieck von Täufer, Taufvorgang und Täufling« (760).
Der mit mehr als tausend Seiten noch voluminösere zweite Band (767–1782) umfasst die Teile V (patristische Periode), VI (thematische Darstellungen) und VII (Archäologie und Kunstgeschichte).
Der patristische Teil besteht aus 21 Beiträgen und thematisiert die Didache, Jus­tin und die syrische Didaskalia (Andreas Lindemann), Ignatius und den Barnabasbrief (Dietrich-Alex Koch), den Hirt des Hermas (Vemund Blomkvist), Marcion (Eve-Marie Becker), die Valentinianer (Einar Thomassen), die Montanisten (William Tabbernee), Tertullains De Baptismo (Øyvind Norderval), Clemens von Alexandrien (Henny Fiskå Hägg), Origenes (Gunnar af Hällström), die Traditio Apostolica (Andreas Ekenberg), Cyprian (Enno Ezard Popkes), die Pseudoklementinen (Jürgen Wehnert), Aphrahat (Michael Lattke), Ephraem den Syrer (Serafim Seppälä), Cyrill v. Jerusalem (Juliette Day), Gregor von Nyssa (Ilaria L. E. Ramelli), Johannes Chrysostomus (Rudolf Brändle), Ambrosius und Augustin (Reidar Aasgaard), nochmals Augustin (J. Patout Burns), Makarios, Markos Eremites und die Messalianer (Otmar Hesse) sowie Pachomius und Schenute (Hugo Lundhaug). Die Quellen des zweiten und frühen dritten Jh. sind in dem Maße wichtig, wie sie Einblicke in Details frühchristlicher Taufpraxis gewähren, über die frühere Texte nichts wissen oder nichts sagen – dies gilt besonders für die Didache (Lindemann) und für Tertullians De Baptismo (Norderval) –, oder aber sie zeigen, in welcher Weise und in welchen zum Teil polemischen Kontexten das Taufritual mit neuen Deutungen angereichert wird. Der enzyklopädische Anspruch des Sammelwerkes wird daran deutlich, dass auch in diesem Teil Randzonen des Themas – Eve-Marie Becker nennt ihre Erkundungen zu Marcion eine »Spurensuche« – eingehender Beiträge gewürdigt werden, ebenso solche altkirchlichen Autoren, die zwar pointierte Aussagen zur Taufe machen, dies jedoch zumeist in anderweitigen systematischen Zusammenhängen. Nur summarisch sei hier auf die Beiträge von Hägg (Clemens von Alexandrien), Hällström (Origenes), Ramelli (Gregor von Nyssa) und Brändle (Johannes Chrysostomus) verwiesen, ebenso auf Lundhaugs Einschätzung zu den Pachomianern und Schenute, es gebe very little direct evidence that the monks themselves understood their existence consciously in baptismal terms (1374). Gleichwohl bereichern die genannten Beiträge das Gesamtbild um wichtige theologische (Martyrium, Eschatologie, Erbsünde), kirchenpolitische (Kindertaufe, Ketzertaufe, Wiedertaufe) und kirchenhistorische Aspekte. Anhand der Valentinianischen Gnosis (Thomassen) lässt sich ein allgemeiner frühchristlicher Trend von der Taufe als Reinigungs- und Bußritual hin zum soteriologisch effektiven Initiationsritual ablesen. Über die Taufpraxis der Montanisten kursierten in den Vätertexten allerhand böse Gerüchte, bis hin zu Kindermord und Kannibalismus. Tabbernee spricht sie frei: Mit einiger Wahrscheinlichkeit unterschied sich ihre Taufpraxis nicht wesentlich von der orthodoxen. Für die Zeit bis zur Mitte des vierten Jh.s ist die Traditio Apostolica eine herausragend wertvolle Quelle, freilich auch ein textkritisch und literargeschichtlich schwieriges Terrain, durch das Ekenberg kundig hindurchführt. Außerdem bietet er die einschlägigen Textpassagen, die das Katechumenat wie auch das Taufritual selbst in aller Ausführlichkeit regeln, in englischer Übersetzung (1034–1044). Auch Wehnert stellt seinen Quellentext, die Pseudoklementinen, in präziser literargeschichtlicher Differenzierung vor und vermag dadurch die theologiegeschichtliche Tiefe der einschlägigen Passagen zur Taufe in erhellender Weise auszuloten. Popkes würdigt Cyprian als Bindeglied zwischen Tertullian und Augustin und untersucht seine Stellung im Ketzertaufstreit des 3. Jh.s, der die Gefahr eines Bruchs zwischen Rom und Karthago heraufbeschworen hatte. Burns nimmt den Dreischritt Tertullian – Cyprian – Augustin auf und gestaltet ihn zu einem ausführlichen systematischen Vergleich der drei Theologen aus. Das syrische Christentum der ersten Hälfte des 4. Jh.s wird repräsentiert durch Aphrahat, dem Lattke einen knappen, aber dichten und quellennah gearbeiteten Beitrag widmet, einschließlich einer »[r]epräsentative[n] Textauswahl« in deutscher Übersetzung (1133–1135). Bereichert wird unsere Kenntnis syrischer Tauftheologie und -liturgie außerdem durch die von Seppälä vorgestellten Lehrgedichte Ephraems, ungeachtet der teilweise unsicheren Zuschreibungen. Im paläs-ti-nischen Raum stoßen wir bei Cyrill v. Jerusalem (Mitte 4. Jh.) auf eine un­gewöhnlich abrupte und tiefgreifende theologische wie liturgische Umorientierung, die Juliette Day anhand eines Vergleichs zwischen Cyrills Taufkatechesen und den späteren Mystagogischen Katechesen herausarbeitet. Day schreibt diesen Wandel dem Einfluss der Traditio Apostolica zu. Otmar Hesse führt am Beispiel von Makarios, Markos Eremites und den Messalianern in eine Kontroverse ein, die im Mönchtum um die Wende zum 5. Jh. um die Wirksamkeit der Taufe angesichts der Erfahrung postbaptismaler Sünde geführt wurde. Während Makarios und Markos ihre Positionen in einem binnenkirchlichen Disput vertraten, galten die Messalianer wegen ihrer radikalen Auffassung (nicht die Taufe, nur das Gebet schützt vor Christensünde) als Häretiker.
Teil VI (1383–1583) ergänzt das Gesamtbild um wichtige thematische Querschnitte zur tauftheologisch zentralen Siegelmetapher (Karl Olav Sandnes), zur Taufeucharistie und anderer Mahlformen im Taufkontext (Hans-Ulrich Weidemann), zur Kindertaufe (Hermut Löhr), sowie zur Geschichte des Taufbekenntnisses (Reinhart Staats). Eine Sonderstellung nimmt innerhalb dieses Teils der Beitrag von Christian Strecker ein, der einen diachronen Aufriss zur Taufe in den ersten vier Jahrhunderten mit einer eingehenden ritualtheoretischen Analyse verbindet, die mit den Begriffen Transformation, Liminalität, Embodiment, Habitus und »kulturelle Performanz« operiert, ebenso mit der Unterscheidung »semiotische vs. phänomenologische Körperkonzepte«. Genauso gut oder besser hätte dieser Beitrag, wie bereits angemerkt, in den ersten Teil gepasst.
Teil VII (1587–1782) zu Archäologie und Kunstgeschichte umfasst sechs Beiträge samt reichem Bildmaterial im dritten Band. Olof Brandt bietet einen instruktiven Überblick zum derzeit bekannten materialen Bestand von etwa 700 frühchristlichen Baptisterien nach Architektur (form) und Ausgestaltung (decoration), um dann unter den Begriffen typology, topography, symbolism und space in kritischer Sichtung in die Forschungsgeschichte einzuführen. Ein eigener Beitrag ist dem ggf. ältesten erhaltenen »so genannten Baptisterium« (passim) von Dura Europos gewidmet, »sollte es denn tatsächlich eines gewesen sein – wofür einiges zu sprechen scheint« (1613). Dieter Korol führt zusammen mit Jannike Rieckesmann in die zahlreichen Interpretationsprobleme der teilweise stark zerstörten Wandmalereien des Baptisteriums ein. Robin M. Jensen befasst sich mit der in Nordafrika belegten baulichen Verbindung von Taufbecken und Heiligen- bzw. Märtyrerschreinen in Wallfahrts- und Kloster-kirchen. Die vielfach belegte Verbindung von Wassertaufe und Martyrium (»Bluttaufe«, »zweite Taufe«) wurde hier möglicherweise für einen nicht näher identifizierbaren postbaptismalen Wasserritus aktualisiert, dem sich Buß-pilger und eventuell auch wieder aufgenommene Schismatiker unterzogen. Hannah Schneider behandelt archäologische Zeugnisse zur Geschichte der Kindertaufe. Anhand der Abmessung und Tiefe der Taufbecken und des Aufkommens von Taufschalen lassen sich begründete Mutmaßungen zur Praxis der Kindertaufe in Spätantike und frühem Mittelalter anstellen. Diane Apostolos-Cappadona stellt etwas eklektische, jedoch theoretisch innovative Überlegungen und Beobachtungen zur frühchristlichen Ikonographie der Taufe an. Margret Mitchell beschließt den letzten Teil mit einer eingehenden Analyse der viel umrätselten Zeilen 7–9 der Aberkios-Inschrift (darin eine Anspielung an die Taufe), einer der ältesten datierbaren christlichen Inschriften (Ende 2. Jh.).
Der dritte Band beherbergt außer dem reichen Abbildungsteil die üblichen Register und sichert damit die Benutzbarkeit des verdienstvollen Sammelwerkes.