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Ausgabe:

Juni/2014

Spalte:

777–778

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Thiede, Werner

Titel/Untertitel:

Die digitalisierte Freiheit. Morgenröte einer technokratischen Ersatzreligion.

Verlag:

Münster u. a.: LIT Verlag 2013. 258 S. = Zeitdiagnosen, 29. Kart. EUR 24,90. ISBN 978-3-643-12401-2.

Rezensent:

Ch. G.

Der engagiert zivilisationskritische Essay führt die bereits vor einem Jahr von Thiede publizierte Kritik zum »Mythos Mobilfunk« (s. ThLZ 138 [2013], 883) weiter. Noch grundsätzlicher setzt sich der Vf. diesmal mit der Digitalisierung im umfassenden Sinn auseinander. Er sieht durch sie die Freiheit der Menschen grundlegend bedroht. Theologisch kontrastiert er »die Zukunft der digitalen Revolution […] mit der radikalen Zukunftshoffnung auf das Reich Gottes« (18). Genauer annonciert er vier »Freiheitsfallen: eine politische, eine ökonomische, eine lebenspraktische und eine spirituelle« (16). Dementsprechend ist der Band in vier Teile gegliedert.
Nicht zuletzt die neusten Ereignisse hinsichtlich des Datenmissbrauchs liefern wichtige Argumente, um auf die drohende Gefährdung bürgerlicher Freiheit aufmerksam zu machen, die zugleich eine politische Bedrohung darstellt.
Im zweiten Teil wird dann auf den mit der Computerisierung verbundenen Energie- und Ressourcen-Verbrauch hingewiesen. Dabei kann sich der Vf. auf Erkenntnisse beziehen, die er im bereits genannten Vorgängerband breiter ausführte.
Grundlegend für die »lebenspraktische Freiheitsfalle« erscheint die Beschleunigung. Im Weiteren entfaltet der Vf. seine These anhand verschiedener praktischer Beispiele wie der Digitalisierung des Lesens, des Wohnens, der Verkehrssysteme usw.
Schließlich – und hier wird die schon im Vorhergehenden mehrfach skizzierte religionskritische Argumentation ausgeführt – beschreibt der Vf. die »spirituelle Freiheitsfalle«. Auch hier sind die Bezüge mannigfaltig und reichen von der Gnosis über Martin Luther und Ronald Hubbard bis in die gegenwärtige Diskussion zum Cyborg.
Den ganzen Band durchziehen »Belege« und Hinweise (insgesamt 936 Endnoten), die kulturkritische Anfragen unterschied-lichster Provenienz präsentieren. Im Fernsehen Gesehenes mischt sich mit Interview-Auszügen, Zeitungsauszügen, Internet-Zitaten und gelegentlichen Hinweisen auf gelehrte Literatur.
Zweifellos markiert der Vf. auch in diesem Band wichtige Probleme gegenwärtiger gesellschaftlicher, politischer und kultureller Entwicklung. Zwar merkt er mehrfach an, dass ihm auch Vorteile der Digitalisierung bewusst sind. Argumentativ spielen sie aber keine Rolle. Vielmehr durchzieht ein apokalyptischer Grundton den ganzen Band: »Denn die Zeit drängt.« (24)