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Ausgabe:

1995

Spalte:

159-160

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Vidal Manzanares, César

Titel/Untertitel:

Diccionario de patristica 1995

Rezensent:

Winkelmann, Friedhelm

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159

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 2

160

Augustin und Hieronymus waren darin einig, daß das Zeremo-
nialgesetz des Alten Testaments für Christen überholt ist, nur
die ethischen Gebote behalten Gültigkeit. Aber „Dissens besteht
in der Frage, welche Bedeutung die Vorschriften des Zere-
monialgesetzes nach der passio Christi haben und ob Juden, die
zum christlichen Glauben gekommen sind, weiterhin die Vorschriften
des Zeremonialgesetzes halten dürfen" (268). Für
Augustin war dies den Aposteln möglich, da sie „die Vorschriften
des Zeremonialgesetzes als paternae traditiones von ihren
Vorfahren übernommen haben"' (276). Augustinus hielt für die
apostolische Zeit eine Ubergangslösung für sinnvoll, „in der ein
unschädliches Halten des Zeremonialgesetzes möglich ist" (277).
Für Hieronymus gab es mit dem Leiden Christi „einen Bruch,
keinen allmählichen Übergang" (284). Hieronymus warf Augustin
vor, er rechne diese zentrale Frage wohl unter die adia-phora.
Dagegen zog er „eine klare Trennungslinie" (285). Die völlige
Aufhebung des Zeremonialgesetzes geschah „nach der Auffassung
des Hieronymus mit der passio Christi, nicht erst im Laufe
der apostolischen Zeit" (287).

Die vorgelegte Untersuchung zeigt, „daß sowohl Augustinus
als auch Hieronymus in einem höheren Maße als bisher angenommen
von bestehenden Traditionen abhängig sind. Hieronymus
ist von der Position der griechischen Kirche beeinflußt. Sein
Versuch, sie an die lateinische Kirche zu vermitteln, kollidiert in
beiden Fällen mit vorhandenen gegenteiligen Überzeugungen"
(293). Man liest das Buch trotz gelegentlicher Wiederholungen
mit Spannung, gerade im Detail ist hier viel nützliche Arbeit
geleistet worden.

Rostock Gert Haendler

Manzanares, Cesar Vidal: Diccionario de patristica (s. I-VI).
Estella: Verbo Divino 1992. 244 S. m. Abb. 8«. ISBN 84-
7151-835-X.

Das spanische patristische Lexikon ist in der „Colecciön Dic-
cinarios". die vom Verlag Verbo Divino in Estella (Navarra)
herausgegeben wird, erschienen. Diese Reihe kurzgefaßter
Nachschlagewerke will eine breite Leserschaft in die verschiedensten
Themenbereiche der Religionsgeschichte und der
christlichen Theologie einführen. Das hier zu besprechende
Werk hat in diesem Rahmen eine besondere Rolle, findet die
patristische Epoche in Spanien doch nicht nur historisches Interesse
, sondern wird als Teil, als Basis des eigenen geistigen
Continuums verstanden. Der Autor weist im Vorwort ausdrücklich
darauf hin. Zudem hebt er die Bedeutung der Patristik für
den interkonfessionellen Dialog hervor. Besondere spanische
Charakteristika konnte ich allerdings in dem Lexikon kaum entdecken
. Und so hätte es vielleicht gereicht, eines der bereits vorhandenen
kürzer gefaßten patristischen Lexika, die sich auf
dem Markt bewährt haben und mittlerweile in verschiedene
europäische Sprachen übersetzt wurden, auch ins Spanische zu
übertragen.

In alphabetischer Ordnung werden kirchliche Schriftsteller,
bedeutende kirchlich-literarische Genera, Häretiker, theologische
Bewegungen und einige Sachlemmata behandelt. In der
Darstellung herrscht kein einheitliches Prinzip, denn einigem
widmet sich der Autor intensiver, anderem - durchaus Interessantem
und Wichtigem - nur mehr oder weniger beiläufig. Bei
den berühmten Theologen gibt er Bemerkungen zu Vita, Werken
, Theologie. Andere erhalten weniger befriedigende Hinweise
auf Vita und Werke.

Durch die zeitliche Begrenzung auf das Ende des 6. Jh.s sind
wichtige Kirchenväter ausgegrenzt. Zwar wird Maximus Con-
fessor aufgenommen, nicht aber die Theologen des monenerge-
tisch-monotheletischen Streites und vor allem nicht Johannes

von Damaskus. Es fehlen neben manchem Griechen auch Lateiner
wie zum Beispiel Cassiodor. Benedikt, Dionysius Exiguus,
Boethius, Fulgentius von Rüspe, selbst Spanier wie Apringius
oder Martin von Braga. Diese Aufzählung könnte fortgesetzt
werden.

Die Artikel selbst sind von unterschiedlicher Qualität. Die
Ausführungen zu den Viten geben keine Quellenhinweise, nennen
aber Namen von Forschern ohne bibliographische Angaben.
Auch die Werkaufzählungen weisen weder auf Editionen noch
Übersetzungen hin. außerdem finde ich keine rechte Wertung.

Die Elementarbibliographie zur patristischen Forschung und
zu patristischen Genera (201-209) kann diese Mängel nicht
wettmachen. Sie ist zwar nicht nur auf eine spanische Leserschaft
ausgerichtet, sondern nennt Titel in allen gängigen
europäischen Sprachen, kommt aber über eine mehr zufällige
Zusammenstellung, in der Spezielles neben Allgemeinem steht,
nicht hinaus. Unumgängliches fehlt. Nur weniges davon kann
hier hervorgehoben werden. Zu den patristischen Standardwerken
gehören unbedingt CPG. CPL, BHG, BHL, BHO. Selbst
das im Erscheinen begriffene Augustinus-Lexikon wird übergangen
. Auch bei den Angaben zu den grundlegenden Editionsreihen
waltet eine erstaunliche Zurückhaltung: CSEL. GCS,
CSCO. Corpus Christianorum, die verschiedenen umfangreichen
Übersetzungsreihen in moderne Sprachen sind nicht genannt
.

Ganz nützlich ist die Zeittafel (211-230), wenn sie auch - da
nur einspaltig gesetzt - schwer zu überblicken und teilweise
überfrachtet ist. In einem Appendix (231-239) werden knappe
Ausführungen zu den fünf ersten Ökumenischen Konzilien,
denen das Apostelkonzil (nach Apg. 15) vorangestellt ist. gegeben
. Nicht immer wird dabei genügend das Wesentliche herausgestellt
. Der Sinn des Namensregisters (241-244) ist mir bei
einem kleinen, leicht zu überblickenden Lexikon nicht recht
ersichtlich, denn es werden die Lemmata des Hauptteils noch
einmal in alphabetischer Reihenfolge wiederholt. Sinnvoller
wäre ein Sach- und Geographica-Register gewesen. In die nützliche
Karte des Imperium Romanum am Ende des 4. Jh.s (246-
247) sind Alexandreia und Jerusalem nicht autgenommen.

Rostock/Berlin Friedhelm Winkelmann

Systematische Theologie:
Allgemeines

Dulles, Avery: The Graft of Theology. From Symbol to
System. Dublin: Gill and Macmillan 1992. XI. 228 S. 8".
ISBN 0-7171-1996-3.

Der Jesuit Avery Dulles legt mit diesem Band eine überarbeitete
Fassung von Aufsätzen vor, die zwischen 1981 und 1991 veröffentlicht
wurden.

In Entsprechung zu dem illusionslos nüchternen Titel verdeutlichen
die Beiträge das Bemühen eines zeitgenössischen
Theologen, zu vermitteln zwischen der gegenwärtigen Kultur,
seinen eigenen Beziehungen zu derselben und den Urteilen, die
der Vatikan mit beiden Aspekten verbindet.

D. fordert unter den Konditionen seiner eigenen kulturellen
Situation eine nachkritische Theologie, die mit dem Glauben als
Voraussetzung beginnt. Hermeneutik des Vertrauens, nicht des
Mißtrauens sei angesagt. Dem wird die Leserschaft gern zustimmen
- insbesondere wenn man die unterstellte Gegenposition
ebenso ablehnend kritisch einschätzt wie der Autor.