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Ausgabe:

1995

Spalte:

1117-1120

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Slenczka, Notger

Titel/Untertitel:

Realpräsenz und Ontologie 1995

Rezensent:

Schilson, Arno

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1117

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 12

IIIS

drei Typen eine Funktion, die man der Bedeutung des Symbols
hei Tillich vergleichen könnte. Jeder Typus sucht die Wahrheit
auszudrücken, keiner jedoch kann sie adäquat darstellen.

Dann fragt sich natürlich, wo in diesem Geflecht von Setzung
und Kritik die Wahrheit der E. selbst bleibt. S. geht daher auch
- konsequent - noch einen Schritt weiter, indem er nach dem
fragt, was in alledem eigentlich bleibenden Bestand habe. So
techl ausgeführt wird dieses Zentrum freilich nicht. Vielfach
bleibt S. stehen bei Fragen oder auch bei Aporien. Er deutet dieses
Zentrum aber immerhin an. Wenn ich ihn recht versiehe, so
könnte man es in seinem Sinn am ehesten bestimmen durch den
Namen Jesus Christus einerseits bzw. durch die „Hoffnungsgewißheit
" andererseits, die Gabe des Heiligen Geistes ist.

Was S. darüber mehr andeutet als ausführt, kann im Rahmen
einer solchen kurzen Rezension nicht dargelegt und beurteilt
werden. Mir drängt sich bei beiden Punkten allerdings der Eindruck
einer prinzipiellen Ungreifbarkeit auf, die nach S. wohl
zur Sache gehört.

Es ist ganz sicher im Sinne des Neuen Testaments und es ist
sachlich notwendig, die Eschatologie von der Christologie aus zu
entwickeln, bzw. die Pneumatologie ihrerseits als eine eschatolo-
gische Größe zu bestimmen. Aber was heißt es denn, wenn Jesus
C hristus als der Kommende bezeichnet wird? Ist er das quasi in
sich und immer? Oder was heißt das vieldeutige Wort „Hoffnung
"? Ist sie dein Glauben immer mitgegeben? S. betont zwar
öfters, daß tauch) eine E. der Letzten Dinge erforderlich sei. und
er beklagt manchmal während seiner Ausführungen, daß dieser
Gesichtspunkt von ihm und anderen heute zu wenig zur Geltung
gebracht werde. Aber ist das ein Zufall? Wenn S. die drei Typen
miteinander festhalten will, so kann dies nur auf Kosten einer E.
der künftigen Vollendung geschehen, so droht das. was noch aussteht
, ungreifbar zu werden oder sich zu verflüchtigen. Brauchen
wir aber nicht eine Vollendung, die in einem Geschehen besteht,
das mehr sein w ird als das. was wir heute im Glauben haben .'

Anfragen wären zu richten auch an die Methode S.S. Woher
gewinnt er denn seinen Eschatologiebegriff bzw. die Wahrheit
der Sache? Bei aller Bezugnahme auf die neuere Theologiege-
SChichte darf man S. sicher nicht einfach so mißverstehen, als
lieferte die faktische theologische Entwicklung (also die „Tradition
") selbst schon die Wahrheit. Dies zeigt ja S.s Eschatologie
begriff, der nicht einfach im Faktischen aufgeht. Woher aber ist
s|c ZU gewinnen? S. argumentiert wohl vor allem von einem
Gesamtverständnis der Theologie aus. Dann stellen sich aber
zwei Fragen: I. Weshalb und inwiefern nötigen die anderen feile
der Dogmatil! zu einer Eschatologie, die nicht schon in der
Christologie und in der Pneumatologie besteht? 2. S. beruft sich
emphatisch auf die „Verheißungen" Gottes. Dann wäre aber
eine E. methodisch vor allem auf das Neue Testament zu
begründen. Im ein/einen zieht S. natürlich öfter Neutestament-
üehes heran, aber er entwickelt seinen Begriff von E. nicht aus
dem Neuen Testament heraus.

Wir dürfen von einem größeren Buch über E.. das S. ankündigt
, noch mehr Aufschluß erhoffen, und zwar doch wohl in
fealer Zukunft.

Mainz Friedrich Beißer

Sknczka, Notger: Realpräsenz und Ontologie. Untersuchung
der ontologischen Grundlagen der Transsignifikationslehre.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1993. 602 S. gr.8o =
Forschungen zur syst, und ökumenischen Theologie, 66.
Kart. DM 148.-. ISBN 3-525-56273-X.

Die Unvermeidlichkeit und Dringlichkeit ©Biologischer Fragestellungen
innerhalb der Theologie aufzuweisen und dabei
über die engen Grenzen einer Substanzontologie hinauszugelan-

gen, bleibt das eigentliche Ziel dieser Göttinger Dissertation.
Obwohl sie im Untertitel die katholischen Versuche einer neuen
Deutung der eucharistischen Gegenwart Christi thematisiert,
dient deren eindringliche Kritik lediglich der rlinfiinrung „zur
fundamenialtheologischen Fragestellung danach, ob die Reduktion
der Gegenstände der Theologie auf das Korrelat eines cogito.
bzw. das Korrelat bestimmter Existenzmodi (des Glaubens zum
Beispiel) möglich ist. oder ob die Theologie unabdingbar an ein
substantiales Denken... gebunden ist" (552). Ausgangs und
Ansalzpunkt der Studie ist die Transsignifikationslehre. der es
„allerdings an der Einsicht in das eigentliche ontologisehe Problem
, und vor allem an der Einsicht in die Bedeutung der Alternative
von Substanzontologie und Phänomenologie"! 17. Anm 8)
mangele. Einer Uber die eigenen Implikationen unklaren und deshalb
auch ökumenisch wenig hilfreich erscheinenden romisch-
katholischen (Eucharistie-)Theologie wird daher ,.uin der vorliegenden
Arbeit eine geklärte ontologisehe Alternative zur Bearbeitung
zurückgegeben" (18). Nicht die Lösung eines bereits
bekannten Problems, sondern dessen eindringliche Beschreibung
und abschließende sachgerechte Formulierung darf als die wirkliche
Leistung dieser höchst anspruchsvollen Studie gelten.

Schon die Einleitung (13-33) betont, daß es hier weniger um
die eigentlich theologischen oder auch ökumenischen Aspekte
der Transsignifikationslehre geht. Eine echte Würdigung, die
sich um ein Verständnis der leitenden theologischen Motive
bemüht, folgt daher erst reichlich spät (558-560) und vermag
die zuvor geübte vernichtende Kritik kaum mehr aufzuwiegen.
Für den Vf. steht „im Zentrum der Transsignifikationslehre das
Anliegen.... eine angeblich überholte und theologisch problematische
Ontologie, auf der die traditionelle Lehre von der
Realpräsenz beruht, zu ersetzen" (14). Der l. Teil (34-292). der
die Hälfte des voluminösen Bandes füllt, ist daher der „Klärung
und Diskussion der Transsignifikationslehre" gewidmet. Dabei
zielt die kritische Sichtung verschiedenster Ansätze (etwa von
E. Schillebeeckx, P. Schoonenberg, A. Gerken. G. Hint/en u.a.)
stets auf einen einzigen Grundfehler, nämlich auf „den Rückfall
in die Grundbestimmungen der Substanzontologie" (200). die
zu überwinden man eigentlich beabsichtigte. Dabei wird u.a.
eine wichtige Korrektur eingebracht: Nicht die Vorstellung von
der ..Realpräsen/" kann als die ursprünglich und verbindlich
vorgegebene Glaubensüberzeugung gelten: „Vielmehr stellt
historisch die Rede von der Identität Christi mit den Gestalten
die (biblische) Vorgabe dar. deren Implikationen die Transsub-
stantiationslehre (im weiten Sinne einer Lehre von der wesentlichen
Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi)
entfaltet und die dann erst (ungenau und eigentlich mißbräuchlich
) durch lokale Termini (Realpräsen/) bezeichnet wird." (66)
All diese mit minutiöser Kritik gesichteten Ansätze sind letztlich
als „gescheitert" zu betrachten, weil sie zwar eine Überwindung
traditioneller substanzontologischer Vorstellungen anzielen
, dabei aber durch unzulängliche Reflexion der philosophischen
Grundlagen unterhalb der Schwelle einer christlich verbindlichen
eucharistischen Realpräsen/ Christi bleiben. Gerade
die immer wieder herangezogene Vorstellung einer „personalen
Relation" erweist sich bei genauerer Betrachtung als ungenügend
Diese läßt sich nämlich nochmals hintergehen auf zwei
vorgängig zu denkende selbständige "Relate", deren eines,
nämlich die eucharistischen Substanzen von Brot und Wein,
damit von der neuen Relation im Sein unberührt und damit un-
verwandelt bleibt - eine klare Unterbietung der verbindlichen
Abendmahlsworte Christi.

Um dieses Dilemma zu lösen, ist eine philosophische Alternative
zu entwickeln, worum sich der 2. Teil (293-541) mit
hohem Aufwand und philosophischem Scharfsinn bemüht. Die
Vertreter der Transsignifikationslehre trifft der harte Vorwurf,
ihre „taktischen Zitate" und „eindeutigen Bezugnahmen auf
phänomenologische Positionen (...seien) durch eine weiterge-