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Ausgabe:

1993

Spalte:

721-723

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Stache, Christa

Titel/Untertitel:

Das Evangelische Zentralarchiv in Berlin und seine Bestände 1993

Rezensent:

Czubatynski, Uwe

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 9

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drücklich und keineswegs einheitlich aber auch an anderen Stellen
(vgl. z.B. Dantines behutsame Erörterungen (238), Kuhns
Warnung vor Gefahren „im Zuge einer Politisierung und Judai-
sierung der Kirche" (277), Reingrabners Berücksichtigung zwar
nicht des Landes, aber des Staates Israel (294). Ein Zitat aus
dem realitätsgefüllten Beitrag von Peter F. Barton markiert dabei
die m.E. entscheidende Stelle, die auf Seiten der Christenheit
ein Kirchengeschichtler wohl am berechtigtsten bezeichnen
kann und die sich vom im Neuen Testament aufgenommenen
Liebegebot Lev 19,18 her ohnehin unumgehbar machen müßte:
„Das Alte Testament bildet einen Schatz der Christenheit, der
weit mehr verbindet als trennt. In der Existenzkrise des Christentums
zur Zeit der Hochgnosis des 2. Jh.s hat das Bekenntnis
zu Gott dem Schöpfer unserer Welt, dem Schöpfer unseres Leibes
und unserer Seele - und nicht nur unseres Geistes - die
Christenheit bewahrt, ganz in eine Großsekte oder Weisheitsschule
umgewandelt zu werden. Für die Christen vergangener
Jahrhunderte, die noch in geschlossenen Denksystemen behaust
waren, war es schon viel, dem anderen die Freundeshand zu reichen
, wenn man ihm auch, weil er nicht in allen Punkten der
heilsnotwendigen Erkenntnis mit einem übereinstimmte, die
Bruderhand nicht reichen konnte. Für den Christen wird sicher
Christus die Mitte des Alten Testamentes bleiben. Aber wird
nicht das so verstandene Alte Testament - endlich - auch die
Christenheit motivieren, dem jüdischen Bruder die Bruderhand
zu reichen?" (154).

Die allgemeine Hermeneutik zielt auf ein Verstehen, Deuten
und Bewältigen der Gegenwart mit ihrem Lebensgefühl und ihrer
Geschichte, durchaus nicht nur in Europa. Der Beitrag, den das
Alte Testament dazu leistet (s. bes. Lüthis Beitrag, aber auch den
aufschlußreichen Aufsatz von Wernhart, dem Rektor der Wiener
Universität), wird in mehreren Beiträgen vorrangig in der Weisheit
gesehen, einem Gebiet, auf dem Georg Sauer maßgebliche
Arbeiten veröffentlicht hat. Gerne hätte man dazu - über die
Bezugnahmen bei Schmidt 86-91 hinaus - einen profunderen
fachspezifischen Aufsatz in der Festschrift gelesen, als er sich S.
47-55 findet; so blieb es Micskey vorbehalten, diesen Gegenstand
wirksam zur Geltung zu bringen, indem Weisheit an echte Hoffnung
gebunden und Letztere fundamental von der vergeblichen
und zerstörerischen Hoffnung der Narren unterschieden wird.

Einige Teile der technischen Ausführung des Bandes werden
leider seinem reichen Inhalt mit weiteren interessanten Aktualitätsbezügen
auf das Alte Testament, die hier nicht im einzelnen
gewürdigt werden könne, und vor allem seinem festlichen
Anlaß nicht völlig gerecht. Eine Reihe von Unstimmigkeiten
(z.B. Jahwe/jahwe [68], jahwäh [71]; Umschrift uneinheitlich,
Längungszeichen gesetzt oder auch nicht [z.B.65-711; gleiches
gilt für manche Untertitel in den Anmerkungen [z.B. 93 A 27f.],
Druckfehlern (z.B. muß es 311 „Guthe" heißen; 236f. Zeile doppelt
; sinnentstellend: „Salomo", 65 Z. 18; „kleine Schriften",
215 Z. 17, vgl. 217 Z. 14) und die Fehlerhaftigkeit des Inhaltsverzeichnisses
(neun Titel und ein Autorenname stimmen nicht
mit der Textfassung überein) beeinträchtigen doch. Für ein so
vielseitiges Buch wären Register durchaus wünschenswert.

Insgesamt ist jedoch den Beteiligten für dieses gewichtige
und aktuelle Werk zu danken und - wie die zahlreichen Bezugnahmen
nahelegen - auf andere Weise auch seinem Empfänger.

Naumburg (Saale) Arndt Meinhold

Stäche, Christa: Das Evangelische Zentralarchiv in Berlin und
seine Bestände. Berlin: Alektor 1992. 250 S. = Veröffentlichungen
des Evang. Zentralarchivs in Berlin, 5. DM 23,80.
ISBN 3-88425-055-8.

Auch unter den kirchlichen Archiven Deutschlands ist das
Evangelische Zentralarchiv (EZA) eine sehr junge Einrichtung.

Aber obwohl es erst 1979 als gemeinsames Archiv der Zusammenschlüsse
der evang. Landeskirchen (EKD = Evang. Kirche
in Deutschland / EKU = Evang. Kirche der Union) gegründet
wurde, verwahrt es doch auch wesentlich ältere Bestände1.
Nach der juristischen, wenn auch nicht räumlichen Vereinigung
mit dem Gemeinsamen Archiv im Ostteil Berlins 1992 verwaltet
es insgesamt etwa 4500 lfm Akten und verfügt über eine
Dienstbibliothek mit ca. 47.000 Titeln.

Die nun erstmals vorgelegte Gesamtübersicht gliedert sich in
folgende Hauptgruppen: Oberste Kirchenbehörden - Nachgeordnete
Einrichtungen - Sonstige Einrichtungen. Werke und
Verbände - Sammlungen - Nachlässe - Kirchenbücher. Die
Bestandsübersicht ist durch ein Personen- und ein Sachindex
erschlossen und dankenswerter Weise mit Karten zu der komplizierten
Verwaltungsgliederung der Landeskirchen versehen.
Die mannigfachen Bestände bieten historisches Material vor
allem für folgende Komplexe:

1. Zur Geschichte der älteren preußischen Kirchenprovinzen,
die bis 1945 auch die Neumark, Pommern, Ost- und Westpreußen
, Posen und Schlesien umfaßten. Die Überlieferung
besteht hierzu im wesentlichen aus den Akten des 1850 als oberste
preußische Kirchenbehörde gegründeten Evang. Oberkirchenrates
(Best. 7), welche bis 1963 reichen und 522 lfm umfassen
. Am umfangreichsten ist daruntr die Kirchenprovinz Schlesien
dokumentiert. Es schließen sich als Best. 8 Akten der Kirchenkanzlei
der EKU als Nachfolgebehörde des Oberkirchenrates
an. Die jüngeren Akten der EKD (Best. 2 Kirchenkanzlei der
EKD, 100 lfm 1943-1968) bieten vergleichbares Material für
sämtliche evang. Landeskirchen der Bundesrepublik.

2. Zur Geschichte Berlins und der Mark Brandenburg existiert
eine ähnlich dichte Überlieferung (550 lfm) in den Akten
des Evang. Konsistoriums Berlin, die den Zeitraum von 1572
bis 1953 umfassen. Di eser Bestand 14 ist, wie auch einige weitere
kleinere Bestände, in Ermangelung eines landeskirchlichen
Archivs ein Depositum.2 In ältere Zeit (1696-1967) reicht auch
die reformierte Stiftung „Möns pietatis" mit 7,5 lfm Akten
zurück.

3. Zur Geschichte des Kirchenkampfes 1933-1945 existiert
die ursprünglich in der Kirchlichen Hochschule Berlin begonnene
Sammlung „Archiv für die Geschichte des Kirchenkampfes",
jetzt Best. 50 mit 30 lfm sowie der eng damit verbundene Nachlaß
von Prof. Günther Härder (16 lfm).

4. Zur Kirchengeschichte in der DDR kommt namentlich das
Schriftgut des 1969-1991 bestehenden Bundes der evang. Kirchen
in der DDR in Frage, das in der vorliegenden Bestandsübersicht
noch nicht verzeichnet ist, weil es für die Benutzung
in der Regel noch gesperrt ist. Hinzu treten vor allem die Akten
der Kirchenkanzlei der EKU im Osten Berlins.

5. Zur ökumenischen Bewegung gibt es das „Ökumenische
Archiv" (Best. 51, 50 lfm 1904-1960), eine Sammlung, die von
Prof. Siegmund Schultze angelegt wurde, dessen Nachlaß ebenfalls
im EZA verwahrt wird.

6. Personengeschichtliches Material ist in außerordentlicher
Fülle in den Kirchenbüchern3 überliefert, die auch den meistbenutzten
Bestand des EZA ausmachen. Vorhanden sind etwa

1 Eine sehr gute Übersicht im Handbuch des kirchlichen Archivwesens.
Die 3. Aufl., Neustadt a.d. Aisch 1986, umfaßt freilich nur die westdeutschen
Landeskirchen. Über kirchliche Archive in Berlin siehe in: Der Archivar
45(1992), 363-368.

* S. 79 muß es korrekt heißen, daß weitere Akten des Konsistoriums sich
im Geh. Staatsarchiv als Pr.Br.Rep. 40 befinden. Ein dritter, hauptsächlich
die Altmark betreffender Teilbestand befindet sich unter derselben Bezeichnung
im Landeshauptarchiv Potsdam.

3 Die Literaturflut zum Thema ist neuerdings zusammengestellt bei Eckart
Henning/Christel Wegeleben: Kirchenbücher. Bibliographie gedruckter
Tauf-, Trau- und Totenregister sowie der Bestandsverzeichnisse im deutschen
Sprachgebiet. Neustadt a.d. Aisch 1991. 447 S. (Genealogische Informationen
; 23).