Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1992

Spalte:

103-104

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Naumann, Paul

Titel/Untertitel:

Targum - Brücke zwischen den Testamenten ; 1 1992

Rezensent:

Wächter, Ludwig

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

103

Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 2

104

Das betrifft zum einen idiomatische Wendungen, die aus einem
desemantisierten Verb und einem Substantiv bestehen (z.B.
PIGA MAGOTI „auf die Knie fallen"), Komposita wie
MPINGA KRISTO „Antichrist", ALIYE JUU „der Höchste".
Zum anderen bilden theologisch wichtige Ausdrücke eigene
Stichwörter, z. B. steht nach UFALME „Reich, Herrschaft" noch
UFALME WA MBINGUNI „Himmelreich" und UFALME WA
MUNGU „Reich Gottes".

Adjektive findet man unter ihrem Stamm, z.B. EMA „gut",
OVU „schlecht", wobei bei einigen auf präfigierte Formen verwiesen
wird (z.B. JEMA, MWEMA, WEMA), bei anderen nicht
(z.B. ist bei DOGO „klein" nicht auf MDOGO verwiesen). Abgeleitete
Verbformen (Passiv, applikative, kausative Form usw.)
sind extra Stichwörter, z.B. OKOA, OKOKA, OKOLEWA; AN-
DIKA, ANDIKIA, ANDIKIWA, ANDIKWA.

Homonyme Stichwörter werden nach der Wortart unterschieden
, z. B. BAKI (jina), BAKI (kitendo), bzw. nach der Bedeutung,
z.B. PANDA (kwenda juu) und PANDA (shambani) oder der
Pluralform, z.B. UA (maua) und UA (nyua).

Im allgemeinen ist der Plural der Substantive nicht gekennzeichnet
. Unsicherheiten gibt es in der Swahili-Lexikographie bei
der Eintragung von Substantiven der ma-Klasse, die vorzugsweise
nur im Plural vorkommen. Auch in dieser Konkordanz Findet
man unterschiedliche Notierungen. Beispielsweise kommt
unter dem Stichwort ANDAZI in den Beispielen nur der Plural
maandazi vor; das Stichwort MATOFALI hätte man sich sparen
können; OMBOLEZO und MAOMBOLEZO sind ohne gegenseitige
Verweise aufgenommen, wobei sich unter OMBOLEZO
nur Beispiele in der Pluralform MAOMBOLEZO finden.3

In einem Werk solchen Umfangs begegnet man relativ wenigen
Druckfehlern. Für die Orientierung wäre es besser, wenn Verbund
Adjektivstämme wie in der Swahilistik üblich mit Bindestrich
gekennzeichnet würden.

Leipzig/Halle Irmtraud Herms

1 S. „LENGO" („Ziel", Dar es Salaam, vom CCT in Dodoma hg. Zeitung
), Ausgabe vom Januar 1991, 6-7.

2 2 Bände, Ev. Haupt-Bibelgesellschaft zu Berlin und Altenburg 1984,
1731 S.

3 Im„Kamusi ya Kiswahili Sanifu" (Dar es Salaam/Nairobi 1981) gibt
es nur maombolezo.

Naumann, Paul: Targum - Brücke zwischen den Testamenten. 1:
Targum-Synopse ausgewählter Texte aus den palästinischen
Pentateuch-Targumen. Konstanz: Christliche Verlagsanstalt
1991. 200 S. kl.8°. Kart. DM 29,80.

Das Buch leistet für deutsche Leser einen wesentlichen Beitrag
zum Verständnis der Targume, aramäischer Wiedergaben des hebräischen
Bibeltextes mit Erläuterungen und Aktualisierungen.
Dem babylonischen Targum Onkelos mit seiner meist wörtlichen
Wiedergabe des Bibeltextes und festgelegter Tradition sind palästinische
Targume vorausgegangen, in denen die mündliche
Uberlieferung hinter der schriftlichen Fixierung noch spürbar ist,
vor allem durch midraschartige und haggadische Einschübe, die
teils miteinander konform gehen, teils divergieren.

Stücke solcher Targume stellt N. in Form einer Synopse in
deutscher Übersetzung nebeneinander. Es handelt sich dabei um
Targum-Fragmente aus der Kairoer Geniza (T Geniza), das Targum
Neofiti (T CN) aus Rom, das ursprünglich als „Targum Onkelos
" katalogisiert war, doch von Diez Macho 1956 als altes palästinisches
Targum identifiziert werden konnte, das Targum
Pseudo-Jonathan bzw. Jeruschalmi I (T JI) und das Fragmenten-
targum bzw. Jeruschalmi II (TJII).

Die Arbeit fußt vor allem auf den beiden jeweils fünfbändigen
Ausgaben von A. Diez Macho, Biblia Polyglotta Matritensia, Targum
Palestinense in Pentateuchum, Madrid 1977-1988, und R.
Le Deaut, Targum du Pentateuque, Paris 1978-1981, einer Übersetzung
von Targum Neofiti und Targum Jeruschalmi I ins Französische
mit Erläuterungen und Erklärungen.

Anders als diese den gesamten Pentateuch umfassenden Ausgaben
beschränkt sich N. auf ausgewählte Texte, an denen sich
der Charakter der Targum-Bearbeitungen und ihre theologischen
Tendenzen besonders gut erkennen lassen: Gen 1-3 (Schöpfung
und Sündenfall), Gen4,1-16 (Kain und Abel), Gen 16,1-16;
21,9-21 (Ismael und Hagar), Gen 22,1-20 (Isaaks „Opferung"),
Gen 28,10-22 (Jakobs Traum von der Himmelsleiter), Gen
35,7-9 (Altarbau in Betel, Tod Deboras, Segnung Jakobs), ein
Textgefüge, das in den Targumim zu einem Preis der Menschenfreundlichkeit
Gottes ausgestaltet wurde, und Lev 22,27-33, Opferbestimmungen
, welche die Opferung eines Tieres, bevor es
eine Woche alt ist, und die Schlachtung von Jungtier und Muttertier
an einem und demselben Tag verbieten. Die Targumim wendeten
den Text auf Abraham an, der für seine Gäste ein Kalb
schlachtete (Gen 18,1 ff), und kamen von da aus zu den Verdiensten
der Erzväter und das erlösende Wort Gottes.

Nach einer Einführung in Entstehung und Eigenart der Targume
folgt die Übersetzung der oben genannten Perikopen, bei
der durch die Schriftart der biblische Wortlaut und die targumi-
schen Erweiterungen klar voneinander abgegrenzt werden. Den
Übersetzungen folgen jeweils, wo dies nötig erscheint, Erklärungen
zu bestimmten Versen und anschließend Anmerkungen mit
Quellen- und Literaturbelegen. Die Erläuterungen weisen nicht
nur auf Weiterentwicklungen der targumischen Gedanken und
Spekulationen in der rabbinischen Literatur hin. Es werden auch
Linien zum Neuen Testament hinüber gezogen, zumal bei
Gen 22, der aqeda Isaaks, seiner freiwilligen Selbstanbindung,
von wo aus sich eine Brücke zu Jesus, „Gottes Lamm, das die
Sünden der Welt trägt" (Jol,29), schlagen läßt. Das ist darum
möglich, weil die Wurzeln der Targume bis hinter die neutesta-
mentliche Zeit zurückreichen dürften und „die Judenchristen
vor ihrer Taufe gewiß auch Hörer targumischer Texte gewesen"
seien (17). Da die Targume immer neu aktualisiert wurden, lassen
sich in ihnen nicht nur Abgrenzungen gegen christliche Textauslegungen
finden, sondern auch manche Polemiken gegen den
Islam. Solchen Spuren geht N. überall nach.

Die Erklärungen gehen auf viele Probleme ein. Doch vermißt
man den Versuch einer Deutung des rätselhaften Wortes „aber
jeder Handwerker haßt seinesgleichen", das in T JI zu dem Wort
der Schlange (Gen 3,4) „ ihr werdet gewiß nicht sterben " hinzugefügt
worden ist.

Es gibt bei den Erläuterungen und Anmerkungen einige Unzulänglichkeiten
, die beim einfachen Durchlesen freilich nicht auffallen
. AufS. 183 wirdein Wort von R. Joseb. Bun zitiert, und die
hierauf bezügliche Anmerkung (23 auf S. 189) nennt als Quelle
„Mischnatraktat Ber5,3". Dort steht das Wort nicht, was nicht
verwundert, da R. Jose b. Bun einer viel späteren Zeit angehört.
Anm. 29 (189) gibt das Tetragramm mit „jhwe" wieder; es müßte
JHWH heißen. Das Zitat von Strack-Billerbeck II 333 auf S. 184
ist ungenau. Ebendort werden in Anlehnung an Strack-Billerbeck
die anstelle des Gottesnamens aufgekommenen Gottesbezeichnungen
aufgeführt; dabei wird auch qaäosch genannt, doch das
war nicht üblich, sondern haqqädosch bärük hü „der Heilige, gepriesen
sei er".

Es ist P. Naumann und dem Verlag zu danken, daß diese wichtigen
Texte aus den palästinischen Targumim einem breiteren Leserkreis
in faßlicher Form zugänglich gemacht worden sind.

Berlin Ludwig Wächter