Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1991

Spalte:

350-352

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Spieckermann, Hermann

Titel/Untertitel:

Heilsgegenwart 1991

Rezensent:

Seidel, Hans

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

349

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 5

350

eit- Tophet als aram. Lehnwort (aram. t> hebr. s) zu verstehen.
Damit ist der Weg frei, um den kanaanäischen Ursprüngen des
Molech-Kultes nachzugehen, den das AT selbst u.a. in Lev
'8,3.21; 2 Kön 23,10; Jes 57,9 u.a. nahelegt. Eine Identifizierung
mit dem ammonitischen Nationalgott Milkom werde durch
das AT ausgeschlossen, das die Gottheiten unterscheidet (2Kön
23.10.13; lKön 11,7 - Milkom), auch wenn der gemeinsame Ursprung
in einem kanaanäischen Gott mlk möglich ist; vgl. mlk in
Astarot. Damit entfällt die von Gray und ähnlich von Stolz aufgestellte
Identifikationsgleichung von Sahar - Salim = Attar - Kemos
= Milkom = Molech. Die Verbindung Attar - Kemos in der
Mesa-inschrift (KAI 181.17) reicht zur Begründung dieser Gleichung
so wenig aus wie die Nennung von Kemos in Ri 11,24 im
Rahmen einer Rede an den ammonitischen König. Die Vertreter
der These, Molech sei nur ein anderer Name für Baal, die sich auf
Jer 19,5, nicht aber Jer 32,35 berufen kann, stehen vor der nicht
erfüllten Aufgabe zu erklären, warum nicht konsequent nur von
^aal, sondern auch von Baal als Molech gesprochen wurde. Auch
wenn es sich um unterschiedene Götter handelt, deuten 2Kön
'3,5.10; Jer 2,23; 32,35 auf ihre enge Verwandtschaft. Sie wird
dadurch unterstrichen, daß entgegen landläufiger Meinung
(Cross u. a.) der punisch-kathargische Baal - Hammon nicht aufgrund
klassischer Identifizierung mit Kronos/ Saturn Epitheton
des Gottes El, sondern Manifestation Baals sei. Niemals wird El
lr> Verbindung mit Baal - Hammon genannt. Die Göttin Tinnit
lst gleichermaßen Partner von Baal wie Baal - Hammon, der
nicht mit dem Berg Amanus in Nordsyrien, sondern mit dem
Räucheraltar (vgl. hebr. hamman) zu verbinden ist. Unter den
dentifizierungsversuchen scheidet auch der einer Verbindung
mit dem kanaanäischen Gott Mot (M. Lehmann; M. J. Mulder)
aus. Die argumentative Brücke, hebr. ? demöt im Kidrontal als
"Felder Mots" zu übersetzen und mit dem Molech-Kult im Hinnomtal
zu verbinden, scheitert nicht nur an der Unterscheidung
.0n_Kidron- und Hinnomtal oder dem Allophonwechsel
s>s (sadeh), der der These nicht entgegenstehen würde (gegen Vf.;
s- G. Garbini, JNWSL 1, 1971, 32-38), sondern daran, daß das
hebräische keine zusammengesetzten Wörter kennt, s. HALM,
• 990. 1322. Gegen die von K. Deller, M. Weinfeld und M. Cogan
bevorzugte Identifizierung mit dem neu in assyrischen Vertrag-
s'exten mit dem Kinderopfer verbundenen Gott Adad - Milki
scheitert, darin folgt Vf. S. Kaufman, an der Lesung von akk.
XXX. das nicht mit Deller in U. MAN = Adad-Milki aufzuspal-
ten, sondern wie üblich als Zeichen des Mondgottes Sin zu lesen
Damit entfällt die Verbindung von Adad - Milki mit dem
Kinderopfer. Nach Meinung des Vf. verbirgt sich hinter der Benennung
Molech nicht ein anderer Gott. Vielmehr handelt es
sich um den sekundär polemisch nach batet vokalisierten, in
Ugarit in den Schlangenbeschwörungen KTU 1.10041 und KTU
'107 17 belegten Gott mlk (Melek), der als Malik in assyrischen
Götterlisten uncj Personennamen in Mari. Ebla und Ugarit belegt
ist. Diese Gottheit hat. wie die Identifizierung mit dem Gott Nerval
zeigt, deutlichen Bezug zur Unterwelt. Der Bezug Molechs zur
Unterwelt wird durch Jes 57,9f; Hi 18,13f bestätigt. Molech als
unterweltgott könnte auch das mit dem Hinnomtal verbundene
Gehenna-Motiv erklären. In Jes 28,15.18. im Motiv des Abkommens
mit Tod und Seol. sieht der Vf. Anspielung auf den Molech-
Kult. Dagegen seien 2Sam 12,31: Jer 49.1.3; Hos 3,4; 5,13;
7-3-5; 8.4.10: 10.3.6f.l5; 13,10; Am 1,15; 2,1; 5,26; 7,13 nicht
mit dem Gott Molech in Verbindung zu bringen.

Es bleibt noch das Problem, ob die Verehrung des Unterweltgottes
Molech tatsächlich mit der aus der Perspektive der JHWH-
verehrung so anstößigen Praxis des Kinderopfers verbunden
war. Keinen Zusammenhang sieht Vf. mit H. Gese und G. C.
beider zwischen den Bestimmungen zur Opferung der Erstgeburt
und dem Molech-Kult. Die Molech-Texte erwähnen niemals
das Erstgeburtsopfer und die Bestimmungen zum Erstgeburtsopfer
niemals den Gott Molech. Auch eine Identifikation
von JHWH mit Molech, die Jer 7,31; 19,5; 32,35 nahelegen
könnten (Buber; Eichrodt), ist abzulehnen. Für die Mo-
lech-Verehrung wird dieser Gott wie andere (s. 2Kön 21,3) in
assyrischer Zeit zum JHWH- Pantheon gehört haben; vgl. Ez
23,38f Der Vf. hält aber daran fest, daß der Molech-Kult mit dem
Feuer opfer (he * bir ba 'es) von Kindern im Hinnomtal verbunden
war.

Der Vf. kehrt zum Grundkonsens der Großväter zurück, der
bis zur einschneidenden Arbeit von Eißfeldt aus dem Jahre 1935
herrschte, um die Thesen der Väter abzulehnen. Neu ist die Stützung
durch die Einbringung der ugaritischen Texte KTU 1.110
und 1.107. Die sorgfältige Dokumentation der Literatur sei hervorgehoben
. Der Vf. räumt den atl. Überlieferungen ein hohes
Maß direkter religionshistorischer Auswertbarkeit ein und weigert
sich, der Perspektive, daß im AT gezeichnete Bild des Mo-
lech-Kultes als polemische Theorie im zeitlichen Abstand zu verstehen
, größeren Kredit einzuräumen. Die Monographie hat also
in den gegenwärtig die Diskussion unserer Wissenschaft bestimmenden
Frontlinien eine klare Position, der man viele Nachfolger
wünscht.

Jork Eckart Otto

Spieckermann, Hermann: Heilsgegenwart. Eine Theologie der
Psalmen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1989. 342 S.
gr. 8°= FRLANT, 148. Kart. DM 80,-.

Die vorliegende Veröffentlichung ist die Göttinger Habilitationsschrift
des Vf.s. Er geht der Frage nach, aus welchen Wurzeln
israelitischer Frömmigkeit und Theologie der Psalter erwachsen
ist. Seine Grundthese lautet, daß „keine der alttes-
tamentlichen Traditionen von Rang und Geltung ... den religiösen
und theologischen Charakter des Psalters geprägt hat". (9)
Die Prägung erfolge durch den Kult.

Ein weiterer Problemkreis eröffnet sich bei dem unübersehbaren
Auseinanderklaffen von „Psalmfrömmigkeit und -theologie
einerseits und Heilsgeschichtstheologie andererseits, wie sie im
Hexateuch erzählt wird und in Credoformulierungen konzentrierten
Ausdruck gefunden hat" (12). Hier geraten die Positionen
G. von Rads, Westermanns und H. H. Schmids in die Kritik.
Durch die Exegese ausgewählter Psalmen will der Vf. versuchen,
„die ursprüngliche Gestalt der Psalmentheologie anhand exemplarischer
Auslegung verschiedener Lieder unter Berücksichtigung
fast aller wichtigen Inhalte und Formen wiederzugewinnen
" (19). Die Problemanzeige und die Wegbeschreibung des
Vf.s wehren die Vermutung ab, der Leser könnte Erkenntniszuwachs
durch eine neue Auslegungsmethode erwarten. Mit
Goethe möchte der Vf. ein „liebevolles Annähern an das Unerreichbare
versuchen" und nicht durch „derbes handwerkliches
Zupacken" den Weg leidgeprüfter Psalmtexte verlängern. „Exegese
muß über alle handwerkliche Geschäftigkeit hinaus geduldigem
Warten auf die Anrede durch die Texte selbst (und dem,
der durch sie spricht) Raum geben. Geduldiges Warten und der
Versuch liebevollen Annäherns gehören zusammen. Sie sind die
Kardinaltugenden methodisch nicht erfaßbaren exegetischen Bemühens
." (20)

Eine kritische Überprüfung der Methoden und ihrer Anwendung
war und ist eine bleibende Aufgabe der Forschung. Man ist
aber gespannt, wie das wissenschaftlich vertretbar geschehen
soll, „auf die Anrede durch die Texte selbst" zu warten. Wie kann
der Vf. dem Vorwurf entgehen, er habe ein unsachgemäßes Textverständnis
, in dem ein Text als eine Art objektive Realität
erscheint, die selbständig zum Reden kommt? Mit welcher