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Ausgabe:

1987

Spalte:

587-589

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hobbs, T. Raymond

Titel/Untertitel:

2 Kings 1987

Rezensent:

Thiel, Winfried

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 8

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in den ihm von Gott angewiesenen „Garten" eingesetzt wurde, um
diesen zu bearbeiten und zu bewahren (Gen 2,15). A. gelingt es, über
die Schöpfungsberichte hinaus in weiteren Texten der Urgeschichte
zu zeigen, .daß zur Beherrschung der Welt durch den Menschen
unabdingbar deren Erhaltung gehört. Nur so wird der Schöpfungsauftrag
erfüllt und von dem Segen Gottes umschlossen (Gen 1,28).

A. unternimmt es, aus diesen Grundlinien heraus einige Schlußfolgerungen
für den Umgang des Menschen mit seiner Umwelt zu
ziehen. Bei aller Weltgestaltung und -Verbesserung, die dem Menschen
aufgrund des göttlichen Auftrages erlaubt und geboten sind
(dem Christen stehen Kulturpessimismus und Wissenschaftsfeindlichkeit
schlecht an), muß dem Mißbrauch und der Pervertierung
menschlicher Potenzen im Sinne eines naiven Fortschrittsglaubens
gewehrt werden. Der Mensch muß sich seiner Verantwortung gegenüber
dem Schöpfer und der Schöpfung bewußt bleiben.

Zur Umweltsproblematik kann vom Alten Testament her gewiß
noch sehr viel mehr gesagt werden, als es während eines Vortrages
möglich ist, doch ist es gut, daß die Diskussion dieses bedrängenden
Themas von der Interpretation der biblischen Texte her aufgenommen
wird. Dazu gibt die vorliegende Publikation wichtige und
sachkundige Impulse. Wahrscheinlich ließe sich von den Gesetzestexten
des Alten Testaments manches heranziehen, z. B. die Sabbat-
Gesetzgebung und die Verordnungen zur Ackerbrache, und vermutlich
wird man auch in der Weisheitsliteratur Einschlägiges finden.

Leipzig Siegfried Wagner

Hobbs, T. R.: 2 Kings. Waco, TX: Word Books 1986. XLVII1, 388 S.
gr. 8" = Word BiblicalCommentary, 13.

Erfreulich rasch nach der Kommentierung des l. Könige-Buches
durch S. J. DeVries (vgl. ThLZ 111,1986, 5830 ist in derselben Reihe
die Auslegung des 2. Könige-Buches erschienen. Die Strukturierung
des Kommentarteils entspricht der des vorhergehenden Bandes. Die
Einleitung ist verständlicherweise kürzer gehalten und auf das 2.
Könige-Buch konzentriert. Dafür gibt es erheblich mehr Exkurse, die
zu besonderen Problemen mehr oder weniger knapp Stellung
nehmen.

Im Gegensatz zu DeVries geht H. von dem Modell eines einheitlichen
Deuteronomistischen Geschichtswerks (DtrG) aus. Damit
steht er in Übereinstimmung mit M. Noth, aber in Dissens mit den
Vertretern von Mehrschichten-Modellen. Letztere werden nicht
eigens dargestellt; statt dessen führt H. eine exemplarische Auseinandersetzung
mit F. M. Cross und dessen Schüler R. D. Nelson (vgl.
dazu ThLZ 109, 1984, 508-510) um die Hypothese einer "double
redaction", d. h. einer josianischen und einer exilischen Rezension
des DtrG. H. trifft dabei einige neuralgische Punkte dieser Konzeption
: Eine unbedingte Davidverheißung gebe es nicht, vielmehr sei die
Dauer des Davidbundes immer an die Treue der Könige zum Gesetz
gebunden; Josias Reform sei nicht von seinem Scheitern zu trennen,
da auch sonst im DtrG die Verbindung von Religionsreform und
dennoch hereinbrechendem Unheil ein festes Schema darstellt. Damit
fallen die Argumente für einen josianischen Redaktor dahin, und es
ergibt sich als Fazit: "2 Kings is the work of one writer whose inten-
tion was to teil the Störy of the failed experiment of monarchy in Israel
and Judah, and to interpret that failure." (XXVI) Der Autor verfaßte
sein Werk in Babylon kurz nach der Freilassung Jojachins 560 v. Chr.
Den literarischen Gestaltungswillen dieses Verfassers herauszuarbeiten
, ist eines der wesentlichen Anliegen des Kommentars. Dabei
verabsäumt H. allerdings, die wirklich dtr. formulierten Passagen von
den überlieferten und aufgenommenen Texten exakt zu unterscheiden
. Genügend Aufmerksamkeit widmet der Kommentar den Textvarianten
, doch entschließt sich H. - im Gegensatz zu DeVries - nur
selten zu einer Textänderung.

In Kap. 1 sieht H. (mit Koch u. a.) eine Zusammenstellung zweier
unabhängiger Erzählungen (2-8,16-17a und 9-15). Zwischen Kap. 1

und 2 beobachtet er strukturelle und thematische Ähnlichkeiten und
kommt zu dem überraschenden Ergebnis, daß beide zusammen die
"succession narrative" Elisas (19) bildeten. In einem Exkurs über die
„Söhne der Propheten" warnt H. davor, die unterschiedlichen
Angaben in den Einzeltexten zu generalisieren und auf die gesamte
Gruppe zu übertragen. Die Durchmusterung der Stellen baut manchen
als institutionell behaupteten Zug dieser Kreise ab und kommt
zu dem vorsichtigen Ergebnis, daß es sich bei den „Prophetensöhnen"
um "lay supporters" Elisas (27) gehandelt habe. Für Kap. 3 wird eine
literarkritische Erklärung der Spannungen abgelehnt und der Text als
Ganzheit verstanden. Der hier berichtete Feldzug fand nach H. statt,
nachdem Mescha, wie er auf seiner Stele mitteilt, das Gebiet bis zur
Nordspitze des Toten Meeres erobert hatte. Das Problem des Verhältnisses
von 4,1 -7 zu 1 Kön 17,8-16 hält H. für unlösbar, die Ähnlichkeit
zwischen 4,8-37 und lKön 17,17-24 wird kurz vermerkt, aber
nicht diskutiert. Ob das wohl daran liegt, daß det Vf. Erwägungen
über das vor-literarische Stadium so konsequent abweist? Die
analogen Themen, Motive und Wendungen, die Kap. 4 durchziehen,
können auch auf Überlieferung in denselben Kreisen hinweisen, nicht
unbedingt auf literarische Durchgestaltung. Aber überlieferungs- und
formkritische Entscheidungen vermeidet der Kommentar. Zu Kap. 5,
in dem er eine ältere (1-19) und eine davon abhängige jüngere
Erzählung (20-27) unterscheidet, erklärt H.: "To speculate on the
original life-setting for this Störy is ultimately fruitless, since it must
remain speculation . . . Further, to locate such stories among the
circles of the prophet's disciples is not helpful. "(61) Ähnliche Formulierungen
finden sich immer wieder im Fortgang des Kommentars.

In anderen Texten versagt sich H. auch die literarkritische Textprüfung
, so in Kap. 9 mit der Begründung: "The delineation of such
'sources', whether redactional additions or subsidiary narratives in
the chapter is not necessarily helpful in the attempt to understand the
chapter in its present form." (110) Ähnlich ist das Verfahren in
Kap. 10 und 11. Die Vorschläge aus der Forschung zur Entstehungsgeschichte
der Texte werden vorgeführt,' dann aber abgewiesen. Die
Auslegung hat immer den Text als Ganzheit im Auge. Zu Kap. 12
bezweifelt H., daß der zugrundeliegende Bericht (5-19) aus priesterlichen
Kreisen stammt, da er der Priesterschaft gegenüber höchst
kritisch eingestellt sei. Eine Erörterung des Verhältnisses von Kap.
11-12 zur Idrimi-Stele ergibt, daß der räumliche und zeitliche
Abstand beider Zeugnisse eine Abhängigkeit ausschließt, so daß der
biblische Bericht auch nicht auf einen Versuch propagandistischer
Selbst-Rechtfertigung seitens des Hofes zurückgehen dürfte. In der dtr.
Rede 17,7-23 entdeckt H. eine ausgewogene und wohlüberlegte
Struktur, deren Intention darin besteht, die prophetischen Appelle an
Nordisrael in dessen Schicksal als Warnung gegen Juda zu wenden.
Das gilt mutatis mutandis auch für das ganze Kapitel: Es ist ein sorgfältig
gestalteter Kommentar über das Geschick Nordisraels.

Zu 18,4 verneint H. mit Recht den anti-assyrischen Charakter der
Reform Hiskias, da sich davon nichts im Text finde. Es handle sich
vielmehr um eine radikale Reorganisation des einheimischen Kultes.
Bestätigung dafür biete die Aufgabe des Tempels von Arad. Josias
Reform teilt H. in zwei Akte: Reinigung und Zentralisierung des
Gottesdienstes. Auch hier sei der Anteil anti-assyrischer Demonstration
gering einzuschätzen, denn es ginge im wesentlichen um kanaa-
näisches Kultwesen, das von der Reform betroffen wurde.

Der Kommentar führt seinen „holistischen" Ansatz konsequent
durch. Literarkritische Untersuchungen und Versuche zur Scheidung
von Tradition und Redaktion werden - von einigen Ausnahmen
abgesehen - nicht unternommen, aber auch form- und überlieferungsgeschichtliche
Überlegungen bleiben am Rande. Viel Material findet
sich in der Einzelauslegung ("Comment"). Es macht aber den durchgehenden
Verzicht auf eine differenzierte Textbetrachtung nicht wett.
Die immer wiederkehrende Beteuerung, daß die Vorstufen eines
Textes für die Interpretation seiner Endgestalt ohne besondere
Bedeutung seien, kann nicht ohne Widerspruch hingenommen
werden. So wird man es schließlich auch nicht glücklich finden