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Ausgabe:

1984

Spalte:

741-743

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Die katholische Kirche und das Judentum 1984

Rezensent:

Kirchner, Hubert

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 10

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den islamischen Esoterismus (Moqqaddem); W. Wallace
(1863-1922), aus presbyterianischer Pastorenfamilie Irlands, wurde
jesuitischer Indienmissionar und Hinduloge; O. Wirth (1860-1943);
Freimaurer. Theosoph, Magnetiseur und Theoretiker des Symbolismus
; P.Winter (1891-1952), Arzt und Medizinprofessor, dessen
interkonfessioneller Kreis (Gruppe Winter, 1946-57) Sakral- und
MundanWissenschaft mittels der Medizin zu versöhnen suchte. Bei
bekannten Namen, wie dem Illuminaten A. Weishaupt (1748-1830).
stehen regestenartig nur Daten und Signalement. Zur weiteren Orientierung
wird auf den «Dictionnaire des societes secretes en Occident»
(Paris 1971) oder auf den «Dictionnaire de la Franc-Maconnerie»
(ebd.) verwiesen, ferner, wie bei M. Heindel (1865-1919), dem
Erneuerer des Rosenkreuzertums (Rosicrucian Fellowship), und
R. Steiner, auf P. Ravignant, «Maitres spirituels» (Paris 1972) oder,
wie bei dem polnischen Messianisten Hoene-Wronski (1776-1853),
auf J. Frere, «L'Occultisme», Paris 1974, u.a. Man vermißt einen
Artikel über Frithjof Schuon, dem gleichfalls zur Fahne des Propheten
schwörenden interreligiösen Ökumenisten, Haupt des islamischen
Missionszentrums Lausanne, Verfasser von «L'Unite transcendante
des Religions» (Paris 1948).

Guenon sah «La Crise du Monde moderne» (Titel eines seiner
Werke, 1927). Seine 26 Bücher schlugen eine Brücke von Europa
nach Asien. Eine Neigung zum Hindutum bewahrte er auch als Muslim
. Schon die beiden ersten Monographien des Irenikers bezweckten
1921 diesen Brückenschlag (Theosophisme; Doctrines hindoues).
Gucnons Fortwirken bezeugen die postumen Veröffentlichungen:
Esoterisme chretien (1954). Symboles de la Science sacree (1962),
Franc-Magonneric (2 Bände. 1964). Hindouisme (1968), Cycles cos-
miques (1970), Esoterisme islamique et le Taoisme (1973) u.a. m.
«Orient et Occident» (Buchtitel Guenons, 1924) hieß sein Lebensthema
. Dieses Vermächtnis faßt Cuttat dahin zusammen, daß „der
geistige Orient dem Okzident viel zu geben hat": „Innerlichkeit und
kosmischen Sinn". Gemeinsame Gnosis und Thcosophic von christlicher
Freimaurerei, Sufitum und Hindulehrc ist die Plattform der
Gucnonisten. um Christen Europas und Amerikas mit dem mikrokosmisch
-makrokosmischen Allglauben Asiens zu erfüllen.

Der geistige Völkerbund ist gescheitert. Aber so viel an den Bestrehungen
der Guenonisten illusionär war - Fortschritt ist stets nur auf
dem Umweg über Illusionen. Irrtümer und Fehlschläge erreicht worden
Ökumenismus, Friedensbewegung, Bemühungen um Völkerverständigung
- vor allem zwischen Christen und den NichtChristen
Asiens - können in Guenon, ohne seine Extravaganzen, seinen Esoterismus
und Symbolismus zu teilen, einen ihrer Bannerträger sehen.
Das Vorhaben eines Völkerbunds aus eigener Initiative der Völker,
besonders ihrer Intelligenz, auf nichtgouvcrncmcntalcr Ebene, organisiert
von kulturellen und religiösen Führungskräften, bleibt aktuell.

Heide Werke von M. James sind informativ für Theologen, Historiker
des religiösen Denkens, Missionswisscnschaftlcr (christliche
Asien- und islamische Europamission, Vorschrciten von Islam. Buddhismus
, Hindutum außerhalb Asiens) und Kirchengeschichtlcr
(namentlich katholische Kirche und Orden im Frankreich der .3. Republik
) wie auch für Geheimbundinteressenten, Frcimaurereispczia-
listcn. Frankreichhistoriker, für Gnosiskenncr. Islamkundlcr. Hindulogen
. Buddhismus- und Taoismusexpertcn. für Orientalisten (Ara-
bisten, Indologen, Sinologen), vor allem aber für Leser, die an Ökumene
. Friedensforschung und Friedensbewegung interessiert sind.

Halle (Saale) Günter Muhlpfordt

i Im Inhaltsverzeichnis fehlt das bedeutsame Kapitel „Gucnons Lehrmeister
" (S. 69). mit dem Abschnitt..Sud-Einfluß" (S. 83).

Richter. Klemens [Hrsg.|: Die katholische Kirche und das Judentum.

Dokumente von 1945-1982. Mit Kommentaren von E. L. Ehrlich
und E. Zenger. Frciburg-Basel-Wien: Herder 1982. 160 S. 8". Kart
DM 16,80.

Das Verhältnis von Ekklesia und Synagoge ist ein altes Thema. Der
Apostel Paulus meditierte es in seinem Brief an die Gemeinde in Rom
und kam dabei zu überraschenden Ergebnissen. Aber es blieb nicht
bei der Meditation. Und wenn es zum Handeln kam, war auch nur selten
der Apostel Paulus mit seinen Erkenntnissen der Ratgeber. Die
leidvolle und andererseits beschämende Geschichte ist bekannt. Abgeschlossen
ist sie nicht. Denn die Wunden, die tiefsten, die je geschlagen
wurden, sind noch zu frisch. Besteht Aussicht, daß sie bald so
vernarben, daß ein wirklich neues Kapitel dieser Geschichte beginnen
kann? Der vorliegende Band läßt wohl eine solche Frage aufkommen,
vermag sie aber freilich genausowenig zu beantworten. Gleichwohl.
Immerhin meint der Herausgeber, von einem „Lernprozeß" sprechen
zu können, „der zumindest bei Bischöfen wie in der wissenschaftlichen
Theologie zu einem wahrhaften Um-Denken geführt hat"
(Vorwort S. 7). Er sieht damit eine solche Dokumentation wohlbegründet
.

Das Buch entstand auf Anregung der internationalen katholischen
Friedensbewegung Pax Christi, die sich u. a. die „Aufarbeitung unseres
Verhältnisses - als Christen wie als Deutsche - zu den Juden" zur
Aufgabe gemacht hatte. Womit denn auch schon das Ziel des Buches
deutlich umrissen ist: Es gilt, den Lernprozeß zu unterstützen, das
notwendige Umdenken in den Gemeinden zu beschleunigen, zu helfen
beim Aufarbeiten der „nahezu tausendjährigen Leidensgeschichte
der Juden in einer christlichen Umwelt" (ebd.).

Das Buch gliedert sich in zwei Teile: Den größten Raum
(S. 63-157) umfaßt die Dokumentation der 19 wichtigsten Texte über
das katholisch-jüdische Verhältnis seit 1945. Sie stammen zu einem
guten Teil aus dem gesamtkatholischen Bereich, von Päpsten bzw.
dem IL Vatikanischen Konzil und Vatikanischen Instanzen. Eine
zweite große Gruppe sind Verlautbarungen aus der katholischen
Kirche der BRD, ein Dokument kommt aus der französischen
Bischofskonferenz. Damit ist ein weiter Rahmen gespannt. Das
Hauptinteresse ruht aber natürlich auf dem, was aus dem eigenen
Bereich stammt. Deshalb werden auch zwei Dokumente aus der BRD
in besonderer Weise herausgehoben: Das Arbeitspapier des Gesprächskreises
„Juden und Christen" des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken vom 24.4. 1979 mit dem Thema „Theologische
Schwerpunkte des jüdisch-christlichen Gesprächs" (S. 110-121)
sowie die ein Jahr später folgende umfangreiche Erklärung der Deutschen
Bischofskonferenz vom 28.4. 1980 über das Verhältnis der
(katholischen) Kirche zum Judentum (S. 122-150). In diesen beiden
Papieren sieht der Herausgeber eine „neue Basis" gelegt (S. 21) und
würdigt besonders das erste als „weitestgehend", „in dem sich Juden
auch so gezeichnet finden in ihrem Glauben, wie sie selbst es sich vorstellen
" (S. 22). Und er zitiert ein weiteres Urteil: hier sei „eine Position
formuliert, die weit über das hinausgeht, was bisher jemals in
kirchlichen Verlautbarungen zu hören war" (Rolf RendtorfT, S. 23).

Um der besonderen Bedeutung dieser beiden Dokumente willen
werden sie dann auch in einem ersten Teil mit zwei speziellen Stellungnahmen
bedacht, und zwar sowohl von jüdischer wie von christlicher
Seite. Jüdischerseits schreibt der Zentralsekrctär der Christlich-
Jüdischen Arbeitsgemeinschaft der Schweiz, Dr. Ernst Ludwig Ehrlich
, „Katholiken im Gespräch mit Juden" (S. 41-62). katholischer-
scits der Ordinarius für alttestamcntlichc Exegese an der Universität
Münster, Dr. Erich Zenger, „Der Dialog muß weitergehen"
(S. 25-40). Der Herausgeber Klemens Richtergibt in einem einleitenden
Beitrag „Die katholische Kirche und die Juden. Zur Entwicklung
von 1945-1982" dem Ganzen einen Rahmen, zeigt die Linien auf von
den überaus zögernden Anfängen nach dem Kriege bis in die Gegenwart
und liefert auch Ansätze erster Kommentierung der dann folgenden
Dokumente (S. 9-24). Ein Verzeichnis der wichtigsten Literatur,
das auch Titel aus dem Gespräch im evangelischen Raum aufrührt,
rundet das Ganze ah (S. 158-160).

Das Buch verdient Beachtung. Einmal ist es ausgesprochen verdienstvoll
, die bisher verstreuten Stücke jetzt bequem gesammelt und
damit ja auch erneut und in der ganzen Breite ihrer Aussagekraft vor-