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Ausgabe:

1983

Spalte:

533-535

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Gustafson, James M.

Titel/Untertitel:

Theology and ethics 1983

Rezensent:

Hofmeister, Heimo

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 7

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Koch, Günter: Die christliche Heilsbotschaft und ihre Vermittlung als Aufgabe
der Theologie (Univ. 38, 1983 S. 129-138).

Malter, Rudolf: Reformatorisches Denken und Philosophie-Aufgaben heutiger
Lutherforschung (Univ. 38, 1983 S. 387-394).

Möllmann, Jürgen: Christliche Hoffnung: Messianisch oder transzendent?
Ein theologisches Gespräch mit Joachim von Fiore und Thomas von Aquin
<MThZ33,1982S. 241-260).

-: Das Gespenst einer Zivilregion. Antwort der kritischen „politischen
Theologie"an Hermann Lübbe(EK 16,1983S. 124-127).

Poulat, Emile: Modernistica. Horizons. Physionomies. Debats. Paris: Nou-
velles Editions Latines 1982.311 S. 8

Rendtorff, Rolf: Die Bedeutung der Tora für die Christen (ZdZ 36, 1982
S. 300-304).

Rogge, Joachim: D. Heinrich Vogels Beitrag zum aktuellen Bekennen der
Kirche (ZdZ 36,1982 S. 297-300).

Schillack, Wolfgang: Gewissen und Identität. Versuch eines theologisch-
psychoanalytischen Dialogs über Relationen und Strukturen individueller Gewissenstätigkeit
. (Diss. theol. Göttingen 1983).

Schreiber, Johannes: Didaktik als Fundamcntaltheologie (ZThK 79, 1982
S. 483-503).

Schützeichel, Heribert: Die Zeichen der Zeit erkennen. Fundamcntaltheolo-
gische Überlegungen (TThZ 91,1982 S. 304-313).

Spieckermann, Ingrid: Gotteserkenntnis. Ein Beitrag zur Grundfrage der
neuen Theologie Karl Barths. (Diss. theol. Göttingen 1982).

Van den Hengel, John W., S. C. J.: The Home of Meaning. The Hermeneu-
tics of the Subject of Paul Ricoeur. Washington: University Press of America
1982. XXI, 333 S. 8 Kart. $13.25; Lw. $ 24.50.

Systematische Theologie: Ethik

Gustafson, James M.: Theology and Ethics. Oxford: Blackwell 1981.
XII, 345S.gr. 8 Lw.£ 15.-.

Vorliegende Arbeit, die nicht primär für systematische Theologen
und Moraltheologen geschrieben ist, hat die Aufgabe, vor allem jenen
zu helfen, die in der Verantwortung stehen, aus einer religiösen Tradition
heraus zu einer dieser Tradition verbundenen Gemeinde zu
sprechen. Gegliedert ist die Arbeit in sieben Kapitel. Das erste liefert
eine Interpretation unserer gegenwärtigen Situation und konfrontiert
in seinem Abschluß christliche und philosophische Ethik. Als
primär praktisches Ziel einer christlichen Ethik wird die Veränderung
gegenwärtiger Normen und Wertsysteme angesehen: "Change in fundamental
orientation toward the world in attitudes toward persons,
Society, and nature, and in the order of priority of values in culture and
society is what is required." (S. 72). Änderungsbedürftig ist dem Autor
zufolge vor allem das philosophische Selbstverständnis des Menschen,
das eine Moral hervorgebracht hat, in der kulturell, theologisch und
ethisch "the human species has become the measure of all things"
(S. 82). Naturrechtsethik und Gesinnungsethik, das Resultat einer solchen
Entwicklung, widerlegen sich selbst. Die eine hebt Gustafson
hervor, weil sie nicht fähig ist, ohne Rekurs auf historische Besonderheiten
allgemein verbindlich zu sprechen (S. 79, die andere, die Gesinnungsethik
, weil ihr Grundprinzip, die Autonomie, schon insofern
nicht durchhaltbar ist, als eine Person, die unter Zwang handelt, nicht
als autonom angesprochen werden kann. Die Alternative, die Gustafson
anbietet, ist eine theozentrische Ethik, und es ist die besondere
Aufgabe seiner Arbeit, für eine solche den notwendigen "process of
conversion, of transformation of perspective" (S. 72) zu leisten. Ein
solches Vorhaben überschreitet die Grenzen einer Ethik bei weitem
und sucht letztlich ein neues Verständnis von Theologie und Religion,
das ebenso nicht den Menschen, sondern Gott zum Maß zu nehmen
hat. Dies bedeutet eine Abkehr vom bisherigen, denn: "Religion has
turned from the celebrations of the glories of the natural order (and for
some good reasons, such as awareness that is a threat as well as a
sustainer and thing of beauty) to preoccupation with subjective Problems
of individuals. Religion and God have been put in the service of
human needs. Theology continues to assure human beings that the
Deity serves to fulfill particular human desires" (S. 83). Ziel ist nicht

die bloße Wiederherstellung einer Ethik auf der Basis einer biblischen
Theologie, sondern eine theozentrische Ethik, die vollzogen wird aus
einer Tradition, deren Brennpunkt die theozentrische Theologie Calvins
ist.

Während des 2. Kapitel eine nähere Bestimmung dessen bringt, was
unter theozentrischer Ethik zu verstehen ist, legen die Kapitel 3-6 die
theologische Grundlage hierzu. Kapitel 7 mit der Überschrift "Moral
Life in Theocentric Perspective" versucht sodann die Umsetzung vorhergegangener
theologischer Konklusionen. In der christlichen Ethik,
nicht zuletzt auch beim Apostel Paulus, findet der Verfasser anthropozentrische
und ptolemäische Perspektiven, die einer theozen-
trischen Ethik entgegenstehen. Denn für letztere ist nicht das Heil des
Menschen, seine Gerechtmachung, das Hauptanliegen Gottes, sowenig
diese Gottes einziges Ziel ist. Die Ausrichtung des Menschen auf
sich muß den Intentionen einer solchen Ethik gemäß abgelöst werden
durch eine Orientierung auf Gott hin und "to the honoring of God,
and to the ordering of life in relation to what can be discerned of the
divineordering"(S. 110).

Die für das westliche Denken typische Frage im Anschluß an Piatons
Euthyphron „Sind Gottes Gebote gerecht, weil er sie befiehlt,
oder befiehlt er sie, weil sie gerecht sind?" rettet zwar nach Gustafson
den moralischen Anspruch Gottes, aber mittels des Prinzips "that
human judgment determines what is right and what is holy" (S. 90)
Weder die traditionelle Theologie, noch die theologische Ethik haben
bisher genügend Aufmerksamkeit jenen biblischen Hinweisen als
auch solchen christlichen Denkbewegungen geschenkt, die erkennen
lassen, daß das Heilshandeln Gottes nicht notwendig mit unserer Auffassung
von diesem zusammenfällt (S. 96).

Im 4. Kapitel findet sich u. a. eine Begründung für Gustafsons Vorliebe
für die reformatorische Theologie, obgleich er, wie er ausdrücklich
festhält, der Auffassung ist, daß ein Theologe sich nicht an die
historischen Formulierungen von Glaubensbekenntnissen gebunden
fühlen dürfe. Es sind drei Elemente reformatorischen theologischen
Denkens, die der Grundüberzeugung des Autors entsprechen. Diese
sind: 1) a sense of a powerful Other, written about in the post-Calvin
developments as the sovereignty of God, 2) the centrality of piety or
the religious affections in religious and moral life, 3) an understanding
of human life in relation to the powerful Other which requires that all
of human activity be ordered properly in relation to what can be discerned
about the purposes of God (S. 163 0, An der Ethik Calvins ist
für Gustafson entscheidend, daß dessen Ethik keine Ethik der Autonomie
ist (S. 166). Handlungen müssen vielmehr dem Willen Gottes
entsprechen, und da seine Vorsehung allmächtig ist, so das Argument,
kann keine Sphäre menschlichen Handelns außerhalb der göttlichen
Herrschaft und göttlichen Zwecks liegen, so daß "the ethics of the
Reformed tradition do not make the eternal reward the motive for
moral activity" (S. 183).

Die Kapitel 5 und 6, betitelt "God in Relation to Man and the
World" und "Man in Relation to God and the World", entwickeln
spezifisch moralische Fragestellungen unter Anwendung der vorhin
aufgestellten theologischen Prinzipien.

Abschließend behandelt Gustafson noch zwei Fragen: 1) Was
begründet moralische Urteilsfindung? und 2) Welche Rolle spielt
"divine governance" in diesem Prozeß? Die Antwort zur ersten Frage
bleibt äußerlich und bescheidet sich mit der Beschreibung verschiedener
Komponenten, die im Handlungsprozeß mitwirken. Die zweite
Frage, vom Thema dieses Buches her die entscheidende, soll ihre Antwort
erst in einem zweiten Band finden. Hier wird nur festgehalten,
daß Gottesherrschaft, divine governance, in Natur und Kultur erfahren
werden kann, und, da diese sich entwickeln, auch die menschliche
Ordnung nicht zeitlos und unverändert bleiben kann und mit ihr sich
die Ethik verändert. Dies gilt auch für das Moralverständnis, das uns
in der Bibel gegenübertritt. Für dieses ist nicht auszuschließen, daß es
in manchen seiner Gebote, so Gustafson, ohne moralische Schuld
gebrochen werden kann (S. 339).

Selbst dem, der dem Anliegen des Autors Sympathie entgegen-