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Ausgabe:

1981

Spalte:

892-894

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Meagher, John C.

Titel/Untertitel:

The way of the word 1981

Rezensent:

Andresen, Carl

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891

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 12

892

folgen jeweils noch die Zusammenstellung der Eigennamen und der
Schriftstellen (diese mit Einschluß der vielen gnostischen, die die
Autorin neu eingebracht hat). Die Orientierung des Registers an der
Übersetzung zeigt sich auch daran, daß in ihm nur auf ganze Seiten
verwiesen wird (nur auf den koptischen Text wäre ja durch Seiten-
und Zeilenzahl verweisbar).

Was die Autorin will und was sie nicht will, wird schließlich auch
noch einmal durch einen Blick auf die jeweiligen Einleitungen deutlich
, die von einer fast unvorstellbaren Wortkargheit sind und über
die Geschichte der Codices selbst und die ihrer Erschließung nur das
Allernotwendigste von dem Bekannten mitteilen. Im Falle des Bru-
cianus reicht das zur Einführung eines potentiellen Benutzers nur dieses
Buches ganz bestimmt nicht aus.

Das ist nun auch die Stelle, wo die Würdigung des vorliegenden
Werkes als eines neuen brauchbaren Instruments, das die Arbeit an
diesen älteren koptisch-gnostischen Texten erheblich vereinfacht,
leicht übergeht - vielleicht übergehen muß - in eine ihm selbst
fremde Perspektive. Zunächst einmal kann ja nicht ungesagt bleiben,
daß, wenn man überhaupt über Schmidt hinaus wollte, heute nur jemand
eine Chance hätte, der so wie die Autorin leichten und jederzeit
möglichen Zugang zu den Originalen hat. Wenngleich sie, wie gesagt,
dieses Ziel gar nicht verfolgt, interessiert uns trotzdem, ob und gegebenenfalls
in welcher Weise sich ihr Umgang mit den Originalen auf
ihr Werk ausgewirkt hat. Nun ist das Auffällige nicht, daß manche
Notiz den Rückgriff auf die Originale widerspiegelt, sondern daß es-
und gar nicht einmal selten - Phänomene (vermutlich Irrtümer) gibt,
die nur verständlich scheinen, wenn die Autorin dabei (gegen ihr globales
Versprechen) nicht im Original nachgesehen hat. Diese Dinge
kommen dem Benutzer zu Gesicht in jenem Bereich, wo die Autorin
sozusagen im Konflikt „Schmidt gegen Schmidt" zu entscheiden hat.
Schmidt hat sich ja viele Jahre lang mit diesen Texten beschäftigt
(seine Editionen der beiden Texte liegen nicht weniger als ein Menschenalter
auseinander) und dabei natürlich auch seine Meinung
geändert bzw. neue Erkenntnisse gewonnen. Aus diesem Prozeß nun
jeweils den „letzten" Schmidt zur Verewigung herauszufinden (und
ihn auch noch von Till zu unterscheiden, was auch nicht immer ohne
Mißverständnisse abläuft) ist sowieso gewiß nicht einfach. Und bei
diesem Bemühen um die Einbeziehung der jeweils letzten Stellungnahme
Schmidts zum koptischen Text passieren nun die schon angedeuteten
merkwürdigen Dinge. Z. B. werden Druckfehlerberichtigungen
zu textkritischen Anmerkungen, wobei dann manchmal sogar
durch eine automatische Verkehrung gerade das, was nicht (wenigstens
nach Schmidt nicht) im Original steht, als im Original vorfind-
lich behauptet wird. (Vgl. PS 17,1; 109,24; 120,8; 125,8; 163,9;
178,7; 189,11; 273,8; 280,9; 360,5; J 42,21; 43,3; 73,17; 85,1; 86,18;
98,23; 113,3; 118,6; U 259,5; 267,7; 268,11). Auch in anderen Fällen
scheint die Deutung der textkritischen Anmerkungen von Schmidt
bzw. die Einarbeitung seiner Nachträge problematisch. (Vgl. PS 4,5;
7,21; 9,19; 18,19; 25,17.23; 32,25; 34,27; 39,12.15; 40,20; 46,6;
260,1; J 50,1; 54,12; 58,2.3; 94,24; 95,21; 108,24.25; 115,2; U
243,25; 247,2; 255,10 [aus „vielleicht" wird "probably"]. 18 [aus
„undeutlich" wird "illegible"]; 257,23; 262,11.) Die Syntax der
Abbreviatur scheint die Übersetzung vor besondere Probleme zu stellen
. Mir scheint in der Nomenklatur des Apparats auch die schier
universale Verwendung von "read" problematisch zu sein. Es ist z. B.
mindestens mißverständlich, wenn dieses "read" stereotyp als Wiedergabe
von Schmidts Gleichheitszeichen erscheint.

Man kann sich auch fragen, ob der Respekt vor Schmidt nicht da
zu weit getrieben wird, wo er dazu führt, gelegentliche, aus dem damaligen
Stand der Koptologie heraus verzeihliche Fehler festzuschreiben
, vor allem die Verstöße gegen die Jernstedtsche Regel (PS
254,9; J 42,20f; 43,3.4; U 235,9), aber auch einen Lesefehler wie U
239,23 (vgl. das Foto bei Baynes [die ihn selbst nicht bemerkt]). Auch
bei dem von Schmidt noch nicht durchschauten "plainon" (PS
212,7) hätte man die nötige Verbesserung zu "piain on" leicht durchführen
können.

Eine interessante Kleinigkeit, die hier mitzuteilen vielleicht nicht
unnütz ist, betrifft die Geschichte des begrenzten sprachlichen Problems
, das mit dem in PS fünfmal vorkommenden Ausdruck
„tmpsop" gegeben war (5,17; 7,16.18; 8,1; 203,5). In seiner Übersetzung
von 1905 hat Schmidt ihn unübersetzt gelassen; aber schon in
den eigenen Nachträgen am Ende des Buches diese Lücke, gestützt
auf eine Deutung Sethes, ausgefüllt (entsprechend die Notiz im Register
der Textausgabe von 1925 „unendlich viele Male"). Till hat
Schmidts diesbezüglichen Nachtrag in seine eigenen „Nachträge zur
Übersetzung" aufgenommen (GCS 45, S. 369 zu 3,36) und in diesen
Nachträgen haben diese Verbesserungen ihren Weg in die Übersetzung
von V. MacDermot genommen. Dabei haben weder der eine
noch die andere gemerkt, daß nach Polotskys Einwand gegen die Aufnahme
dieser Deutung durch Crum dieselbe gar nicht mehr als gültig
angesehen werden kann; der Ausdruck bedeutet vielmehr "jureils"
(vgl. H. J. Polotsky: JEA 25/1939,111 [=Collected Papers, Jerusalem
1971, 375] und Crum S. XXI [Additions and Corrections, zu 350 b
28]).

Sich damit abzufinden, hier als koptischen Text die beiden Ausgaben
Schmidts reproduziert zu sehen, fällt verschieden schwer. Wie
hoch soll man dabei übrigens den Vorteil veranschlagen, daß so
wenigstens keine neuen Druckfehler entstehen? (Abgesehen vom
Fehlen eines Punktes in PS 266,19 Anm. ist mir nur ein einziger aufgefallen
, nämlich im Apparat zu U 259,8 [Alpha für Delta].) Im Falle
des Askewianus wäre eine Neuausgabe sicher leichter möglich als
beim Brucianus, ist aber auch viel weniger nötig. Gleichwohl könnte
ich es verstehen, wenn es Kollegen gäbe, die lieber eine modernere
Textbearbeitung als eine neue Übersetzung der Pistis Sophia gesehen
hätten. Mich persönlich ficht am meisten die Frage an, warum man
nicht wenigstens die Sache mit dem Zirkumflex der Handschrift, der
seinerzeit beim Druck (wohl aus Versehen) zum Apostroph geworden
ist, durch Retuschierung in Ordnung gebracht hat. Demgegenüber
wirkt die rund dreißig Jahre ältere Textausgabe des Brucianus in
ihrem Editionsteil weit weniger akzeptabel, wenngleich nicht verschwiegen
werden kann, daß ihre technischen Finessen bei der Wiedergabe
der Zauberzeichen und -figuren kaum wiederholbar erscheinen
. Aber das damalige Absehen von der Wiedergabe des Supra-
linearstriches, des Trema und des Zirkumflex mindert ihren philologischen
Wert erheblich. Hinzu kommt noch, daß im Falle des sogenannten
„Unbekannten altgnostischen Werkes" bzw. "Untitled
Text" der Rückgang auf Schmidt, und das heißt an Baynes vorbei
(auch wenn sich die Autorin bemüht, sonst auf die Arbeit von Baynes
Rücksicht zu nehmen, was gelegentlich sogar ohne Nennung ihres
Namens erfolgt), eigentlich nicht mehr als möglich erscheint.

Allerdings findet sich gerade in dem Vorwort der Ausgabe des Brucianus
die Wendung (speziell auf die Handschrift der Bücher des Jeu
bezogen): "it is hoped that a faesimile edition of the text will be possi-
ble" (S. VIII). Wie real auch immer die hier formulierte Hoffnung
sein mag, ihr möchte man sich rückhaltlos anschließen.

Berlin Hans-Martin Schenke

Meagher, John C: The Way of the Word. The Beginning and the
Establishing of Christian Understanding. New York: The Seabury
Press 1975. V, 234 S. gr. 8° = A Crossroad Book. Lw. $ 9.50.

Um es vorwegzunehmen - einen Beitrag zur Förderung der internationalen
Erforschung des Neuen Testamentes stellt diese Monographie
nicht dar. Man kann dies so offen und ohne Nachteil für den Vf.
aussprechen, weil es auch nicht seinen Absichten entspricht, mit solcher
Erwartung die Lektüre aufzunehmen.

Er ist laut Klappentext Professor für Englisch und (!) Theologie in
Toronto, außerdem Direktor des "Institute of Christian Thought"
der dortigen Universität bzw. des St. Michael College. Der für euro-