Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1980 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Territorialkirchengeschichte |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
59
Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 1
60
auf Schaffung völkisch adaptierter kirchlicher Gesangbücher
und auf Umgestaltung gottesdienstlicher Formen
erstreckte. In der analytischen Aufarbeitung und komparativen
Darbietung der Ergebnisse dieser „Eindeutschungsversuche
" (beim Neuen Testament vier Modelle: Schüttler,
Engelke, Winkel, Hirsch), der Bemühungen um neues Liedgut
und völkisch angereicherter Liturgieentwürfe sowie
entsprechender Impulse für den Religionsunterricht liegt
das Proprium des Buches. Die Vielfalt der Konzeptionen
der Autorengruppen der Thüringer DC und der „Kommenden
Kirche" (keinesfalls scharf getrennt, sondern sich gelegentlich
überschneidend), wird in übersichtlicher Form
dargeboten, wie überhaupt dem Ganzen Anschaulichkeit
und Konkretheit eignet. Bei der hermeneutischen Aufschlüsselung
, die gelegentlich auch einen Seitenblick auf die
Nationalkirchler wirft, während die Lutherdeutschen und
ihre Reformbestrebungen nur gestreift werden, weist der
Vf. auf die unterschiedlichen Interpretamente hin: „Während
für die Bibelumdeutung meistens der Luthertext und
für die Eindeutschung der Kirchengesänge die vorhandene
Lieddichtung die Grundlage war, ging man bei der Eindeutschung
des Gottesdienstes nicht von der alten Agende
aus. Der Ausgangspunkt war nicht die alte Form, sondern
das Zeitgeschehen bildete einen neuen Anfang, der mit der
christlichen Tradition verbunden werden sollte. Während
in den anderen Formen der Eindeutschung meistens die
Vereinbarkeit des ,heroisch' verstandenen Christentums mit
dem Nationalsozialismus angestrebt worden war, wurde
hier umgekehrt der Nationalsozialismus christlich gedeutet.
Es wurde ein Wahnbild des christlichen Nationalsozialismus
anstatt des nationalsozialistischen Christentums geliefert
" (206 f.). Die ideologische Rivalität dieser Reformversuche
mit der NS-Ideologie und ihren „Gralshütern" wird
mehrfach belegt (124 ff. u. ö.). Die Arbeit kann als eine gediegene
Leistung ideenpolitischer Analyse auf dem Hintergrund
interessanten landeskirchlichen Geschehens bezeichnet
werden, das in die übergreifenden religionspolitischen
Zusammenhänge geschickt eingeordnet ist.
Leipzig Kurt Meier
Jahrbuch der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte
76, 1978:
Adler, H. G.: Das Judentum als Religion des Gedenkens und
die Orthodoxie des Herzens. S. 13—29.
Rengstorf, Karl Heinrich: Christen und Juden in Nordwestdeutschland
. S. 31-40.
Schwebel, Karl H.: Der Bremer kirchliche Liberalismus im
19. Jahrhundert. S. 41-75.
Genrich, Albert: Heidnische und christliche Bestattungen
auf frühgeschichtlichen Friedhöfen. S. 77—86.
Rautenberg, Wilhelm: Ritter und Rotten: zur begrifflichen
und funktionalen Unterscheidung des geworbenen Kriegsvolks
im Hochmittelalter. S. 87-121.
Gebel, Doris: Die „Sapientes Nationum" bei Nikolaus von
Kues. S. 139-154.
Krumwiede, Hans-Walter: Die Bursfelder Reform: zur Dialektik
christlicher Existenz. S. 155-168.
Schäfer, Walter: Wappen und Kreuz. Studie zum Leben des
Verdener Bischofs, Herzog Georg von Braunschweig und
Lüneburg (1494-1566). S. 169-203.
Jähnig, Bernhart: Martin Holtgreve, ein unbekannter Philosoph
aus der Frühzeit der Universität Rinteln. S. 205 bis
214.
Rauls, Wilhelm: Der Streit um die Christvesper in der Evangelisch
-lutherischen Landeskirche in Braunschweig. S. 215
bis 220.
Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes
27, 1978:
Biesgen, Gustav: Die Kreissynode Wetzlar, von ihren Anfängen
(1818) bis 1934. S. 55-76.
—: Elf Jahre Bekennende Kirche des Kirchenkreises Wetzlar
. S. 77-112.
Affolderbach, Martin: Problemgeschichte der evangelischen
Jugendarbeit nach 1945 — unter besonderer Berücksichtigung
der Entwicklung in der rheinischen Landeskirche.
S. 113-158.
Meinardus, Otto F. A.: Der Kelter-Christus zu St. Goar.
S. 159-164.
Lutze, Hermann: Die Hunsrücker Pfarrerbruderschaft — Geschichte
einer Bruderschaft im Dritten Reich. S. 165—184.
Brandt, H. Peter: Die Reformation in der Reichsherrschaft
Oberstein. S. 185-210.
Kuby, Alfred Hans: Von der Reformation der Pfarrei Wolfersweiler
im 16. Jahrhundert. S. 211—216.
Goeters, J. F. Gerhard: Die Union im Fürstentum Birkenfeld
und ihre Unionsurkunde. S. 217-250.
Norden, Günther van: Widerstand im deutschen Protestantismus
1933 bis 1945. S. 251-273.
Stein, Albert: Erfahrungen und Erkenntnisse des Kirchenkampfes
für die rheinische Kirchenordnung. S. 275—299.
Bohlender, Rolf: Dom und Bistum Speyer. Eine Bibliographie
. 2., ergänzte u. Überarb. Aufl. Speyer: Pfälzische
Landesbibliothek 1979. XVIII, 218 S. gr. 8» = Pfälzische
Arbeiten zum Buch- und Bibliothekswesen und zur Bibliographie
, 8. Kart. DM 25,-.
Pfaff, Maurus: Das alte Hochrheinstift Rheinau und das
neue Beuron (Erbe und Auftrag 55, 1979 S. 96-110).
Dogmen- und Theologiegeschichte
Breidert, Martin: Die kenotische Christologie des 19. Jahrhunderts
. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn
[1977]. 333 S., 1 Taf. 8°. Kart. DM 64,-.
Diese Marburger Dissertation füllt eine schon lange klaffende
Lücke. Die Christologie des 19. Jh. fand seit Günthers
Arbeit aus dem Jahre 1911 keinen Darsteller mehr, und
speziell die Kenotik wurde nach den auch konfessionell
polemischen Schriften von M. Waldhäuser und G. L. Bauer
(15), die gleichfalls über sechzig Jahre alt sind, keiner eingehenden
Würdigung mehr unterzogen. Angestoßen durch
allerlei Neuhegelianismen, die Vf. bei Altizer, Solle und
Moltmann identifiziert (13), angeregt auch durch Versuche
von Balthasar und W. Kasper wendet sich Breidert der „in
der Zeit zwischen Schleiermacher und Ritsehl" herrschenden
„christologischen Konzeption" (14) zu, deren Wurzeln
er bei Hegel und Schelling (18) sucht. Bevor Vf. die Texte
des 19. Jh. ausbreitet, skizziert er in kühner Raffung den
sekundär aus Thomasius erschlossenen Streit zwischen Tübingen
und Gießen (19—23). Im groben stimmen seine Sätze.
Förderliche Einsichten in die fundamentalen Probleme, die
zwischen 1619 und 1624 bewegt wurden, werden aber nicht
angeboten. Stattdessen kommt es zum bekannten Gestus
der Verabschiedung des unrettbar Antiquierten (22). Der
Vorteil dieses Vorurteils ist, daß die Kenotiker des 19. Jh.
nicht länger im Zusammenhang genuin lutherischer Christologie
stehen, der es gewiß nicht darum ging „verständlich
zu machen, wie der praeexistente Logos in menschliche
Beschränktheit ein- oder übergehen konnte" (23). Diese
Fragestellung galt seit dem Abbau der kirchlichen Christologie
v. a. in der Straußschen Glaubenslehre (1840/41) als
unabweisbar (24 ff.), sollte das — damit freilich umgebildete
— Dogma noch nachvollziehbar bleiben. Den historischen
Anstoß zur „Lösung" des anstehenden Problems, den
„Hiatus zwischen dem christologischen Dogma und dem
Jesus der Geschichte" (28, gerafft) zu überbrücken, schreibt
Breidert J. A. Dorner zu, dem einst bei K. Barth und nun
bei W. Pannenberg gegenwärtigen Denker der Vermittlung
(26 ff.). Dorners eigener Vorschlag zielte zwar schließlich
auf eine fortschreitende Eingestaltung des nur als Natur