Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1980

Spalte:

623-624

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Sorrentino, Sergio

Titel/Untertitel:

Schleiermacher e la filosofia della religione 1980

Rezensent:

Moretto, Giovanni

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

Theologische Litoraturzeituug 105. Jahrgang 1980 IMr. 8 624

023

In einem Anhang biotot Ii. Beispiele, wie Erkenntnisse der
modernen Linguistik und Logik in der Theologie angewandt werden
konneu. Außerdem enthält das Buch noch ein ausführliches
Literaturverzeichnis zu den einzelnen Sachgebieten.

Obwohl H. als Philosoph an das Thema Religion herangegangen
ist, kann und will er sein Bekenntnis zum christlichen Glauben
nicht verleugnen. Die Aufgabe einer Einleitung in die Religionsphilosophie
mag dieses Buch gut erfüllen und den Leser auch zum
Donkon und Urteilen anregen. Die Verarbeitung der modernen
Logik und das religionswissenschaftliche Material werden auch
dem theologisch geschulten Leser nicht so vertraut sein, während
sich doch - wie nicht anders zu erwarten - viel Standardwissen findet
. Die Vorliebe von H. für moderne Logik bringt es mit sich, daß
das Buch m. E. streckenweise sehr abstrakt und formalistisch gehalten
ist, wonngleich das Spielerische in der Argumentationsweise
als wohltuend empfunden wird. Zu begrüßen ist das Anliegen H.s,
Glauben mit Mitteln des Denkens und der Vernunft zu unterstreichen
und ihn nicht im Bereich subjektiver Uberzeugung zu belassen
. H. kann zu diesem Untornohuien auch insofern ermuntern, als
seiner Meinung nach ilio Religion nicht mit der Wissenschaft und
einem wissenschaftlichen Weltbild in Konflikt geraten kann.

NkaMM Hartwig Diwwui

Sorrcnlin«, Sergio: Schleieruiacher « lu lilosuha della rcligiouc.

Napoli: Paideia Editrico 1.1978]. 147 S. 8° = Filosofia della reli-
gione, Testi e studi, 2. Lire 3500.

In Italien kam das Work Schleiormachers spät zur Geltung,
u. zw. erst im berühmten Kapitel über ihn in der 1902 erschienenen
Ealetica des Philosophen Benedetto Croce. Auf diesen Ansatz dürften
die seither in Italien erschienenen Beiträge zurückzuführen
sein, in denen dio theologischen Aspekte zugunsten clor spezifisch
philosophischen in Schleiermachers spekulativem Universum in
den Hintergrund treten. Beweise hierfür sind die Abhandlungen
von Motzo Dentice d'Accadia (beachtenswerte und von G. Gentile
rozensierto Interpretation zum Schleiermachersehen Gesamt-
donkon von 1918), Favino (1940, zur Rechtsphilosophie), Accolti-
Egg und Noglia (1929 bzw. 1952 zur Roligionsphilosophio) und
Corsano (1940, zur Sprachpsychologie); nicht üborsehon werden
dürfen dos weiteren die Schleiermacher in der Geschichte der deutschen
liomantik (Maiono, 1900) und in der der Pliilologio (Bornar-
dini-Highi, 1947) gewidmeten Kapitel, zu denen sich die bedeutend»
Monographie von Gianni Vattimo (1908) über die Schleiermachersohe
Philosophie der Interpretation gesellt. Abgesehen von
einem kurzen Artikel Cordovanis (1923) und der erst kürzlich erschienenen
Einführung von Osculati zu seiner Übersetzung der
Kurze[nJ Darddluny (1978) kann somit gesagt werden, daß
Schleiermachor in Italien vorwiegend als Philosoph gesehen wurde.
Es überrascht deshalb, wenn Sorreutino im ersten Kapitel seines
Buchs fast nichts aus dieser Tradition in die ausführliche Darstel-
I nng der Schleiermachersehen Kritik aufnimmt. Sie zielt daraufhin,
ausschließlich dio Schwankungen in der Geschichte einer von den
übrigen kulturollen Strömungen abgolösten Theologie als vorrangig
zu behandeln. Bestimmte Beiträge, wie die oinos Dilthey
oder Hayni, Wach oder Gadamer, fehlen dabei gänzlich oder sind
verzerrt dargestellt. Bezeichnenderweise wird die von Kimmerlo
herausgegebono Hermeneutik nur darum als Beispiel für eine neue
philologische Sensibilität in der Literpretation der Schleiermachersehen
Texte angeführt. Somit erseheinen in dieser, sich auf die
Tice-Bibliographie gründenden Rekonstruktion der Schleiermaoher
-Kritik als wesentliche Bezugspunkte die Namen Ritsehl,
Herrmann und Barth, donen als Reaktion unweigerlich gleich viele
Renaissancen im Zusammenhang mit einer mehr oder weniger ausgeprägten
philologischen Akribie zu folgen hätten; dagegen wird
kaum verdeutlicht, worin die nachbarthische Schleiermacher-
Renaissance nun eigentlich bestehen sollte. Der Name Ebeling
kommt zwar vor, aber nur um auf eino Arbeit eines seiner Schüler
(Hertel) zu verweisen. Und doch hätten Sorrentinos Ausführungen
über Troeltsch (auf S. 36-41 wird sogor von einer Rezeption
Schloiermachors gesprochen, die „zu einer neuen Perspektive führt,

... dio dem qualitativen Sprung in der Sohloionuaoker-Forschuüg
förderlich sein dürfte") eigentlich zu einem weniger konformistischen
und wesentlich umfassenderen Bild führen sollen. Dio^Vor-
tlachuug des Schleiermachersehen Gedankens im Rahmen der Exklusivität
einer Theologiegeschichte führt zum Ergebnis, daß die
echte, die Denkweise des Philosophen-Theologen aus Breslau
wesentlich gestaltende Liberalität und Ökumenizität in Vergessenheit
geraten sind. Der wesentliche Beitrag dieses Bandes aber liegt
weniger im ersten Kapitel, dessen Inhalt sieh in Italien trotzdom
als äußerst brauchbar erweisen dürfte, sondern im zweiten: Es erklärt
die „Strukturen, dio das Gosamtgorüst der spekulativen
Interessen Schleiermachers stützen" (85). Obwohl sich die Untersuchung
auf die erste Hede und dio Dialekt ik beschränkt, gelingt es
Sorrontino, Sohleiermachers Godanken geschichtlich im Rahmen
der kritischen Auflösung der Aufklärung vorzutragen. Dabei sind
hervorzuheben: 1) dio Forderung nach Vernunft in Verbindung
mit der Praxis (hier hätte aber die Einbeziehung der Schleier-
macherschon Ethik erheblich zur Erhärtung der Argumente beitragen
können) im Vergleich zur abstrakten Voruuiü't der Aufklärer
; 2) die rigorose kritische Bewußtmaohung; 3) dio Gliederung
kraft der tiefgehenden ontologischen Intention des „Donkons", des
Moments dos Erscheinens und dos Seins. Infolge dieser Gliederung,
deren Schwerpunkt in der Konkretheit der Geschichte liegt, offon-
bart sieh die heuristische Funktion dor Vernunft, um das Wesen
(dor Religion) anhand des Anscheins konkreter geschichtlicher Formen
zu erfassen, zusammen mit der eutmystifizierenden Funktion
als gestaltendes Moment des kritischen Bewußtseins. In einem derartigen
gnoseologischen Zusammenhang kann dio „Frage einer
Rcligionsphilosopliie" zu nichts anderom als zur Frage der Trans-
zendentalisierung der geschichtlichen Religion worden, che ihren
Ort in der Radikalität des Mensch-seins entdeckt, d. h. dort, wo
sich der Mensch der Ganzheit des Soins verbunden fühlt, demgegenüber
er seine eigene Passivität ompfindot. Abor gerado diose
Passivität befähigt ihn, ein ursprüngliches Wort zu vernehmen und
zu verkünden (kerygmatischos Moment dor Religion). Und gerade
wegen dieses seines konkret geschichtlichen Wesens zieht Schleiermachers
Denken, das sich nicht auf die Muster eines Organismussystems
festlegen will, mühseligere Wege vor, dio sich aber dem
Nouon öffnen, d. h. dio Woge einer dem ethischon Bemühen und
der Geduld dos Dialogs aufgeschlossenen Organisation.

üouua üiuv.uiui Murutlu

Lolz, Johannes B., S. J.: Wider den Hn-Si.....Zur Smnkrise unseres
Zeitalters. Frankfurt/M.: Knecht |FJ77]. 100 S. 8". El'alin
DM 19,80.

In vier Gängen versucht Ljtz dein Sinn des Lebens nachzuspüren
. Er vorsteht den Menschen - nicht nur unserer technischen Zeit
- als den vom Un-Sinn bedrohten Sinnsucher. Diese Suche ist eine
anspruchsvolle, unablässige Bemühung, „das innerste Geheimnis
unseres Daseins zu entschleiern" (10).

Sinn und Wort (18-00): „Unser Loben ist voll des Sinnes, wenn
es voll der Worte ist" (00). Von M. Scheler ausgehend, entwickelt
Vf. eino Werthierarchie: Ökonomische, biologische, soziale, geistige,
ästhetische, sittlioho und religiöse Werte gehören zusammen. Dio
Sinnkriso sieht Lötz in der kapitalistischen Gesellschaft in der
.selbstzerstörerischen Ubersteigerung isolierter, vor allem ökonomischer
Werte. Der Grundwert Mensch könne nur im Zusammenhalten
der ganzen Hierarchie mit den sie krönenden religiösen Werten
(vor allem der Liebe) gerettet werden. Beschwörungen und
Appelle sind die Argumontationsspitzo dieser aus platonischem
Idealismus mitgespeisten Hoffnung.

Sinn und Sein (61-99): Hier werden spontane und erarbeitete;
Sinnorfahrungen, hervorgebrachter und vorgefundener Sinn, Teil-
und Gesamt-Siim unterschieden und aufeinander bezogen. Der
Mensch ist darauf angelegt, Sinn als „Ganzes und Letztes" zu
suchen. Damit aber fragt er nach dem Sein und also nach Gott,
der als Seinsgrund die oinzige vollbefriedigeudo Antwort ist.

Im Rückblick auf dio Worthierarchio wird dio Wosenseinhoit von
Wert und Sinn bohauptet.

Sinn im Un-Sinn (100-128): In thomistischor Denktraditiou