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Ausgabe:

1979

Spalte:

769-771

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

De Clerck, Paul

Titel/Untertitel:

La "Prière universelle" dans les liturgies latines anciennes 1979

Rezensent:

Nagel, William

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769

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 10

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halb Roms bestimmt gewesen «tr] inClm 29103f und Mutmaßungen
über Zeit (2. Hälfte 8. Jh.) und Ort (Lerin) ihrer Redaktion. -
Von den übrigen Kapiteln ist besonders bemerkenswert das über
Zeugnisse für Eigenheiten der Liturgie Illyriens (Fragment* Ariana
vom Ende des 4. Jh.. sog. Oorbinian-Evangeliar, Vita Sti. Severini
und die Schriften des Niceta von Remesiana): In Illyrium Orientale
warder römische Einfluß stark, in Sirmium selbst war der ältere
griechisch-syrische vorherrschend. - Den Schluß des Buches bildet
der Wiederabdruck des in Italia sacra 1973 erschienenen Aufsatzes
über griechisch-lateinische Meßlibelli aus Süditalien: Um 500
wurde eine lateinische Vorlage für den Gebrauch in griechischsprechenden
Gebieten übersetzt, anderseits gibt es eine teilweise
Rückübersetzung ins Lateinische. Es handelt sich um eine Verwischung
des stadtrömischen Meßlibellus mit Elementen der byzantinischen
Liturgie; diese sog. Petrusliturgie wurde, wie H. W.
^odrington gezeigt hat. unter Angleichung an den jeweiligen Ritus
lns Slavi8che, Arabische. Syrische. Armenische. Georgische und
Äthiopische übertragen. Die ökumenische Bedeutung der hier vorgelegten
Arbeiten ist somit sehr weit. - In Veröffentlichungen dieser
Art wünschte man sich ein Register der angeführten Handschriften
(Ort, Bibliothek und Signatur nebst fol.).

Basel John Hennig

Clerek, Pnnl De: La „priere universelle" dans les liturgies Inline,
anciennes. Temoignages patristiques et textes liturgiqnes. Münster
/W.: Aschendorff [1977]. XTX, 343 S.. 2 Ealttaf. gr. 8° =
Liturgiewissenschaftl. Quellen und Forschungen, 02. Kart.
DM 98,-.

Es handelt sich hier um eine Dissertation, die in der vorliegenden
Form, betreut von Dom B. Botte. am Pariser Institut superieur
de liturgie 1970 dem Erwerb des theologischen Doktorates und der
rtiaitrise en liturgie galt. Der Direktor des Instituts. Pere P.-M. Oy.
wtf in einer Vorrede Anlaß und Ergebnisse der Arbeit umrissen.
Anlaß gab die Wiederherstellung des allgemeinen Fürbittengebetes
nach den Lesungen in der Messe durch das TT. Vaticanum. Die
dieser Entscheidung zugrundeliegenden Forschungsergebnisse werden
von De Clerck einer kritischen Untersuchung unterzogen. Dadurch
ergibt sich vor allem statt der in der Liturgiekonstitution
benutzten Bezeichnungen, .oratio communis" und..oratio fidelium"
a's die richtige ..orat io universalis" (abgekürzt „o. un.") wie sie
auch dann im ..Missale Romanum" von 1970 gebraucht wird. Für
theologisch bedeutsam hält P. Oy mit Recht zwei Hinweise des
»E, die spezieller weiterer Studien bodürfen: zuerst die nicht juridische
, sondern sozusagen „mysterische" Unterscheidung zwischen
dem Gebet der Getauften (Pater noster und .,o. un.") und
dem der Ungetauften. zweitens die Überzeugung, zumal in den
8|uten Jahrhunderten, von der Macht des Gemeindegebets und
seiner Aufgabe in der Heilsgeschiohte. Daraus gewinne die ,,o. un."
■hren Sinn und ihre Notwendigkeit. Vf. selbst gibt nach einem
Vorwort des Dankes für alle Hilfe bei seinen Forschungen eine
Einleitung, die über seinen Forschungsweg Rechenschaft gibt:

Er begrenzt seine Untersuchung der in allen christlichen Liturgien
vorhandenen „o. un.", von der römischen Liturgie ausgehend.
il"f das lateinische Abendland. Östliche Parallelen werden soweit
herangezogen, als sie die Herkunft der Formulare sowohl nach Inhalt
wie liturgischer Form aus der Ostkirche beweisen. Eine zeitliche
Grenze setzt das nach Vf. gegen Mitte des 6. Jh. erfolgte Verseil
winden dieser Gebetsform, so daß die ersten sechs Jahrhunderte
den Rahmen für seine Forschung abgeben. Ausgelöst Wurde
sie durch die so zustimmend aufgenommene und zu zahlreichen
Veröffentlichungen führende Wiederherstellung der „oratio communis
seu fidelium" (so in Art, 53 der Konstitution ..De sacra litur-
gia" v. 4. 12. 1963). In diesem Schrifttum blieben aber zahlreiche
Punkte im Dunkeln. Darum erschien es Vf. nützlich, „de reexami-
ner la question. pour rendre quelques Services, si minimes soient-
ils. fi la praxis liturgique" (XVIII). Tn zwei großen Abschnitten
wird von ihm die Geschichte der „o. un." im Abendland, speziell
in der römischen Liturgie, neu dargestellt: der erste Teil gilt ihrer
Vorgeschichte, der zweite den erhaltenen Formularen. Deren Zusammenstellung
wird vervollständigt durch die gallikanischen und
spanischen „orationes paschales" und die durch jene Texte in
ihrer Entwicklung beeinflußten „preces". Der Teil II schließt mit
dem Versuch, die gegenseitigen Beziehungen von „oratio fidelium",
„Kyrie eleison" und „oratio super sindonem" in der römischen
Liturgie zu präzisieren. Abschließend wird die Bilanz der Arbeit
gezogen. Vf. wird einem liebenswert, wenn er auf den Anspruch
verzichtet, alle behandelten Probleme gemeistert zu haben, und
statt dessen das Feld für Kritik wie Weiterarbeit eröffnet, indem
er sagt: „nous avons prefere rendre compte honnetement des de-
marehos que nous avons faites, des lacunes inevitables qui appa-
raissent ii chaque pago, et des pistes que nous n'avons pu suivro par
manque de competence ou de temps" (XTX).

Welch weites Feld Vf. bearbeitet hat. mag die folgende Ubersicht
deutlich machen: Teil I (1-113) gilt den patristischen Zeugnissen
. Im 1. Abschnitt begegnen als erste Zeugen einer „o. un."
neben der Frage nach deren jüdischem Ursprung und dem NT
Clemens Romanus, die Didache, Polykarp von Smyrna, Aristide«.
Justin, Athenagoras. Der 2. behandelt die Nachrichten aus der
Kirche Afrikas, nämlich Tertullian. Cyprian von Karthago, Arno-
bius, Marius Victorinus und vor allem Augustin. Abschnitt 3 gilt
der Kirche von Rom von Hippolyt, bis Prosper Aqnitanus. Abschnitt
4 der mailändischen Überlieferung und der 5. Abschnitt den
Zeugnissen aus Gallien. Bei jedem dieser Abschnitte werden die
Schlußfolgerungen gezogen, während am Ende von Teil T das Ergebnis
hinsichtlich (A.) Existenz einer „o.un.". (B.) ihres Inhalts.
(C.) der benutzten Formulare und (D.) der liturgischen Form zusammengefaßt
wird. Der weitaus größere Teil TT (114-307) wendet
sich den Texten selbst und ihren Problemen zu. Hier unterrichtet
zuerst ein einleitender Abschnitt über den Stand der Frage und
Bemühungen um Bereicherung der Quellengrundlage. Sodann
wird die von Vf. gewählte zeitliche Begrenzung begründet. Schließlich
gibt er Rechenschaft über das der Klassifikation der Texte
dienende Vokabular. Der I.Abschnitt stellt die „Orationes solem-
nes" (OS - 2. Hälfte des 3. oder Anfang des 4. Jh.) als das nach
Inhalt wie Sprache hervorragendste Beispiel unter allen uns erhaltenen
„o.un." an die Spitze. Der 2. Abschnitt bietet in Auswirkung
einer ersten „Woge" aus dem Osten einströmender Litaneien
Übersetzungen von solchen, nämlich das irische „Dicamus omnes"
(Tri1 - Ende des 4. Jh.) und das mailändische „Divinae paois" (M1 -
2. Hälfte des 5. Jh.). Tn einer zweiten solchen Woge werden die
östlichen Texte schon der westlichen Umwelt angepaßt. Hierher
gehören die am Anfang des 3. Abschnitts dargestellte, überaus
wichtige „Deprecatio Gelasii" (Papst Gelasius. 492-496. für Vf.
deren Autor), die franko-gallikanische Fassung des „Dicamus omnes
" (FG - Mitte des 5. bis Mitte des 6. Jh.). die mailändische Fassung
des „Dicamus omnes" (M2 - Anfang des 6. Jh.). die zweite
franko-gallikanische Litanei (FG2 - 0. Jh.) und ein zweiter irischer
Text (Tri2-nicht vor 529). Für alle diese Quellen werden auf Grund
sorgfältiger Textkritik die Texte im Wortlaut gegeben, und es
wird auf orientalische Parallelen hingewiesen. Dem folgt ihre Untersuchung
durch Vf.. bei der die Texte kommentiert, ihro liturgische
Form und ihr Gebrauch erörtert werden und eine Datierung
erarbeitet wird. Ein 4. Abschnitt dehnt die Untersuchung auf die
gallikanischen und spanischen Osterorationon aus mit einem Anhang
über die „oratio fidelium" in der spanischen Liturgie. Der
5. Abschnitt geht auf die letzte Entwicklung ein, wie sie durch Aufnahme
von Psalmversen zu den spanischen „preces" für die Fastenzeit
zur Heiligenlitanei in ihrer römischen, gallischen und italischen
Überlieferung und den „Laudes reginae" geführt hat, Zwei Falttafeln
ermöglichen es. die wichtigsten Texte während der Lektüre
ohne Blättern vor Augen zu haben! Tm 6. Abschnitt werden schließlich
die Beziehungen zwischen der „o.un.". dem „Kyrie eleison"
und der „oratio super sindonem" untersucht : Auf das Schwinden
der „o. un." scheint vor allem die Entfaltung der der Messe vorausgehenden
Litaneien mit ihrem Fürbittcharakter auch in der westlichen
Kirche entscheidenden Einfluß gehabt zu haben, nicht ist
aber das Kyrie in der Eingangsliturgie der Messe als Restbestand
einer ..o.un." zu werten. Es fand als „un chant invoquant avec
insistance la misericorde divine" (290) im Westen Eingang. Die
eventuelle Ersatzfunktion der „oratio super sindonem" für ein an
seinem einstigen Ort nach den TiOsungen geschwundenes Fürhit-
tengehet wird noch weiter zu untersuchen sein.