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Ausgabe:

1977

Spalte:

663-665

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Scazzoso, Piero

Titel/Untertitel:

Introduzione all'ecclesiologia di san Basilio 1977

Rezensent:

Winkelmann, Friedhelm

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663

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 9

664

Cyprian und Ambrosius und ihre Weiterbildung durch
Augustin" (S. 221—255). Die Ergebnisse der vorhergehenden
Kapitel werden zusammengefaßt und auf Bedeutungswandel
bzw. -erweiterung des christlichen auctoritas-Begriffes
gegenüber dem klassisch-römischen Gebrauch hingewiesen.
Zum Schluß werden noch kurz die Traditionslinien bis zu
Augustin gezogen — wohl eher eine Verbeugung vor dem
Selbstverständnis der Cassiciacum-Reihe, aber nicht ohne
eine gewisse Logik dem Vorangegangenen gegenüber.

Der Vf. hat mit dieser Arbeit eine materialreiche und detaillierte
Studie über die Verwendung des auctoritas-Begriffes
in der Alten Kirche vorgelegt. Sie führt vom klassischen
römischen Sprachgebrauch — „. .. auctoritas ein profaner
Begriff ohne religiöse Begründung" (S. 223) — bis
hinauf zu Augustin. Die Entwicklung dieses vielschichtigen
Begriffes vom alten Rom, „wo eine auctoritas niemals jemanden
zum Gehorsam verpflichten konnte", bis zum Christentum
Augustins, wo die „auctoritas Gottes verbindlichen
Charakter" annimmt (S. 226), wird in der gebotenen Gründlichkeit
und im wesentlichen überzeugend dargestellt. Der
hier gegebene Überblick wird, besonders durch die Breite
des behandelten Materials, eine wertvolle Hilfe für den in
der Geschichte der Alten Kirche engagierten Historiker
bilden.

Etwas fehlgeleitet werden die Erwartungen des Lesers
dadurch, daß der Vf. seine Untersuchung in Vorwort und
Schlußbetrachtung im Rahmen der gegenwärtigen Diskussion
um den heutigen Autoritätsbegriff sehen möchte. Diesen
Rahmen kann und sollte die Arbeit m. E. nicht füllen,
sie ist viel eher im historischen Vorfeld dieser Diskussion
anzusiedeln. Der Wert als patristische Spezialuntersuchung
wird durch diese Einschränkung aber kaum gemindert.

Zum technischen Aufbau der Arbeit sei erwähnt, daß
der Vf. dankenswerterweise ein Personen-, Sach- und Stellenregister
angefügt hat, das für den Leser sehr hilfreich
ist. Das Literaturverzeichnis hätte man sich mit etwas mehr
Umfang und auf aktuellerem Stand gewünscht. Zu monieren
sind die vom Vf. gewählten Abkürzungen für die zitierten
Quellenschriften. Es verwirrt den Leser m. E. über Gebühr
, wenn einerseits in den Anmerkungen die Verfassernamen
für den zitierten Quellentext weggelassen werden,
andererseits aber einzelne Sigel für mehrere Titel zutreffen
(z. B. die Sigel Virgt für „De virginitate" des Ambrosius und
für „De sancta virginitate" des Augustin — vom Rez. wurden
acht Sigel gezählt, die mehrfach vorkommen). Der
Wunsch nach gebotener Kürze im Anmerkungsapparat ist
zwar verständlich, aber diese darf nicht auf Kosten der
Durchschaubarkeit gehen.

Berlin Peter M. Bräuning

Scazzoso, Piero: Introduzione alla ecclesiologia di san Basilio.

Milano: Vita e Pensiero 1975. XVIII, 374 S. 8° = Pubbli-
cazioni della Universitä Cattolica del Sacro Cuore. Studia
Patristica Mediolanensia, dir. da G. Lazzati e R. Canta-
lamessa, 4. L. 19.800,—.

Dieses Buch, postum erschienen, wird in einem Geleitwort
von R. Cantalamessa als „testamento spirituale" des Vfs.
bezeichnet (S. VII). Piero Scazzoso, Professor an der Universitä
Cattolica del Sacro Cuore, am 30. 3. 1975 verstorben,
hatte sich durch Arbeiten zur Kunst, Liturgie und Spiritualität
des orthodoxen Christentums einen guten Namen gemacht1
. Noch mehr als in diesen Studien wird in vorliegendem
Buch deutlich, daß der Forschungsarbeit des Vfs. nicht
primär historische und patristische, sondern weitergespannte
theologische Fragestellungen zugrunde lagen und
daß sie sich an einen weiteren theologischen Leserkreis richteten
. Es handelte sich vor allem um Probleme, die im Zusammenhang
mit dem 2. Vatikanischen Konzil entstanden
sind. Dieser Problematik ist die ganze Reihe, in der das
Buch erschienen ist, „Vita e pensiero", gewidmet.

Es handelt sich um eine sehr ausgereifte und ernst zu nehmende
Arbeit. Wenn Vf. sie trotzdem als „Introduzione"
bezeichnet, so ist das nicht so sehr Understatement als Zeichen
einer realistischen Einschätzung. Denn nicht ohne
Grund gab es in der umfangreichen wissenschaftlichen Literatur
zu Basileios bislang keine Untersuchung der Ekkle-
siologie. Sie war kein spezielles Thema dieses Kirchenvaters.
Einzelne ihrer Aspekte wurden von ihm nur in anderen Zusammenhängen
berührt. Weitgespannt ist deshalb der Radius
der Forschungsobjekte dieser Studie: Sie muß die literarischen
Äußerungen des Basileios zu ekklesiologischen
Problemen sammeln und interpretieren. Außerdem ist das
kappadokische theologische Milieu im letzten Drittel des
4. Jhs. und die historische Tätigkeit des Bischofs Basileios
zu prüfen.

Als Einleitung gibt Vf. eine Skizze der historischen Situation
, des bischöflichen Wirkens des Basileios in Kappadokien
. Es folgt als erster Hauptteil ein Überblick über die
Theologie der drei großen Kappadokier (Gregor von Nyssa,
Gregor von Nazianz, Basileios), über die Wurzeln der ekklesiologischen
Auffassungen des Basileios und über die Bedeutung
von Trinität und Pneumatologie als Fundament
der Kirche in der Sicht des Basileios. Der zweite Hauptteil
untersucht das enge Verhältnis des Basileios zur Bibel, die
von ihm als Anleitung zum konkreten Leben verstanden
sei, und den Charakter seines Liturgieverständnisses. Als
nächstes wird aus den Schriften des Basileios Material zum
Mysterium ecclesiae und zur historischen Gestalt der Kirche
in Hierarchie und Tradition gesammelt. Auf eine Prüfung
des gegenseitigen Verhältnisses von Kirche und Mönchtum
in der Auffassung der drei Kappadokier folgt schließlich
der Versuch, eine Synthese der Ekklesiologie des Basileios
zu erreichen und etwas zur Beurteilung des Basileiosbildes
(profllo dell'uomo) beizutragen. Gründliche Register erleichtern
die Benutzung des Buches. Eine Bibliograpie der
benutzten Bücher ist dem Werk vorangestellt2.

Dieser Überblick läßt schon erkennen, daß hier eine Vielzahl
von Themen angerührt wird, die alle problematisch
genug sind, das Untersuchungsobjekt einer speziellen Studie
bilden zu können. So wird einerseits nicht immer die
innere Zusammenordnung der verschiedenen Themen sichtbar
, anderseits wird nicht immer genügend in die Tiefe gegangen
. Wegen der Raumbegrenzung in dieser Zeitschrift
ist eine Einzeldiskussion nicht möglich. Es können deshalb
nur einige Aspekte angedeutet werden. Cantalamessa hebt
im Geleitwort hervor: „P. Scazzoso non si e mai rasse-
gnato ... a prendre sul serio fino in fondo la preoccupazione
filologica. Per lui lo studio dei Padri... e stato sempre una
ragione di vita" (S. VIII). Beides braucht sich ja nicht auszuschließen
. Etwas mehr philologische Ausrichtung hätte
manches Ergebnis der Arbeit überzeugender gemacht. Auch
werden die einzelnen Aussagen in den Schriften des Basileios
und der anderen Theologen nicht genügend aus dem
literarischen Zusammenhang interpretiert, sondern alle
mehr oder weniger auf eine Stufe gestellt, und literarkriti-
sche Probleme werden zu leicht abgetan'. Bei den historischen
Aspekten bleiben die Aussagen zu vordergründig und
werden die Hintergründe nicht ausreichend sichtbar. Daß
das erste Drittel des Buches aus der Sekundärliteratur aufgebaut
wurde, gerade die historischen und theologiegeschichtlichen
Abschnitte, fördert diese Tendenz. So bleibt
manche theoretische Verallgemeinerung des Vfs. nicht genügend
unterbaut.

Der eigentliche Wert des Buches liegt m. E. in den Ausführungen
über Bibel und Liturgie (S. 123-170)4, das Mysterium
der Kirche (S. 171—236) und Kirche und Mönchtum
(S. 286-323)'. Vf. zeigt hier eine große Vertrautheit mit den
Werken der Kappadokier und ein tiefes, mehr kontemplatives
als analytisches Eindringen in das Wesen ihrer Theologie
und ihrer praktischen Bemühungen. Mit seinen Ausführungen
über die zentrale Bedeutung der Liturgie, über
die Anaphora als „pars pro toto cosi come lo sono Ticona e
il canto gregoriano, che richiamano tutta la dottrina eccle-