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1975

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

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147

Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 2

14)!

unseres Jahrhunderts), den reformatorischen ..Ansatz
der Zwei-Reiche-Lehre in Vergessenheit ... geraten" zu
lassen. Diese gelte „kaum mehr als Begründung
kirchlichen Handelns". Sauter möchte helfen,
diesen Ansatz als eine „realistische, begrenzte Theorie"

— für ..theologische Ethik heute" — „wieder zu gewinnen

— und sie nicht in einem Pauschalkonzept untergehen zu
lassen" (S. XIV, 10). — So deutlich der kurze problemgeschichtliche
Uberblick in 1 bis 9 vor der bloß „konfessionellen
Wiederholung reformatorischen Gedankengutes"
einerseits und andererseits vor der „Theorie von der
Königsherrschaft Jesu Christi..., die den Schein des
Dualismus beseitigen sollte", warnt (das behält die Kommentierung
der Bibliographie bei!), sowenig kommt heraus
, daß eben beide Brüder Dicm „krampfhaft" in Luthers
Texte etwas einbringen, was diese nicht hergeben.
Lau hat diesen Punkt 1952 in seiner bekannten Arbeit
zum Thema S. 77 Harald Diem gegenüber geltend gemacht
, ihm folgte R. Hermann; ja, jeder Forscher, der Luther
ohne zeitgebundene Programmatik studiert, muß erkennen
, daß ein „unmittelbares Regiment Christi in der
Welt auf dem Wege über das Predigtamt" aus Luther
zu gewinnen, ihn verkennen heißt.

Die Antwort Hermann Diems (auf K. Barths Frage an
die lutherische Kirche) ist in dieser Sache, daß eben
nicht „Lehre von den zwei Reichen", „sondern
vielmehr eine Lehre von der ,P redigt in den
zwei Reichen"1 (214) bei Luther zu finden und ihre
Anwendung in der Reformationszeit ..schriftgemäß
", heute dagegen „nicht schriftgemäß" sei.
Hermann Diem hat, wie er sagt, sie mit seines Bruders
Harald „Material und, wie ich glaube, auch dort in seinem
Sinn getan, wo ich seine Linien weiter ausgezogen habe
und zu Ergebnissen gekommen bin, die für uns damals
noch nicht so deutlich sichtbar waren" (177). Sauter hält
sich in seiner Einleitung — als Hrsg. sicher mit einigem
Recht — zurück, wieweit die noch etwas stärker programmatisch
angesetzte Schrift mit ihren Thesen ohne Widerspruch
bleiben könne. Es fehlt die eingehende Textanalyse
(wie sie Harald Diem, in vielem Luther zu besserem
Verstehen bringend, durchführte). Sauter notiert aber:
..Auch diese Schrift spiegelt einen kirchlichen und theologiegeschichtlichen
Konflikt wider, der noch nicht ausgetragen
ist" (XII) (Druckfehler vom Rez. stillschweigend
verbessert.)

Die angedeuteten „Vorbehalte", die der einführenden
Skizze und mehr noch der Kommentierung zur Literatur
von Haun entnommen werden können, bestehen zu Recht,
ebenso ist den Gründen zuzustimmen, aus denen nach
Sauter die fragliche Lehre „nicht ad acta gelegt, worden"
dürfe. Unumwunden ist das ein Verlangen nach Revision
mancher Entwicklung, auch wieder Achtgeben auf die
Lehre „als ein Modell theologischer Arbeitsweise
" (VIII). Sauter hält die Diskussion nicht
für abgeschlossen. Und darin darf dem anspruchsvollen
Titel und der theologiegeschichtlichen Dokumentation
zugestimmt sein. Sauter wünscht mit Recht dennoch keini'
Dogmatisierung der Zwei-Reiche-Lehre, begründet aber,
m. E. ebenfalls richtig und Aufmerksamkeit weckend,
ihren Wert (anders als christokratische Deutungen Luthers
) wie folgt: Die Zwoi-Reiche-Lehre bleibe „eine spezifische
Theorie theologischer Ethik — spezifisch deshalb,
weil sie das Reden vom Heil von der Sehnsucht
nach dem Rechten zu unterscheiden lehrt, ohne beides zu
trennen. Sie führt deswegen die Probleme, vor die sich
das Handeln des einzelnen heute gestellt sieht, auf die
theologischen Grundfragen des Redens von Gott zurück.
Zugleich aber erlaubt sie diese aktuellen Probleme UMO-
retisch zu formulieren, sie also nicht als ständig wechselnde
geschichtliche Komponenten einer nur nebulös
wahrgenommenen Praxis zu überlassen" (XIII).
Wohltuend ist die jargonfreie sachliche Darlegung, dl«

mit dem kritisch-besinnlichen Hinweis auf die Bedeutung
der Reformation schließt: „In dieser Hinsicht ist
auch der Umgang mit der Überlieferung, den die Zwei-
Reiche-Lehre übt, lehrreich, wenn er nicht vorschnell mit
den Sachaussagen selbst vermengt wird." Sollte etwa von
daher ein letztlich bis heute bei vielen am Rand gebliebenes
Sachurteil wie das R. Hermanns als schon von beiden
Diems im Grunde unumgänglich zu beachtendes mitbedacht
werden? Sauter nennt ihn zwar kurz neben E.
Wolf, Iwand, P. Schempp, W. Link und G. Ebeling, in der
Bibliographie wird nur der Nachlaßband „Luthers Theologie
" angeführt! Aber schon Harald Dicm hätte unter
dem Regiments-, dem Naturrechts-, dem Kirchengedanken
Luthers R. Hermanns Interpretation beachten
können;demSimul-Begriff (1927ff.) undderWiderstands-
frage gegen die Obrigkeit nach Luthers Zirkulardisputation
über Mt 19,21 (1941), erst recht dem Verhältnis von
Gesetz und Evangelium (passim) hätte Hermann Diem
m. E. sachgerechter werden können durch Verarbeitung
auch solcher Lutherforschung. Von ihr bezeugt Hanns
Rückert, der Promotor Harald Diems, 25 Jahre später, „daß
Luther ihm [R. Hermann] ... sein Bestes erschloß" (WA
55 1/1, 11). — Daran seien der Herausgeber und sein Mitarbeiter
erinnert; die Bibliographien haben so ihre
Wirkung! Diese Literaturauswertung ist leider nur den
Titeln der Arbeiten verpflichtet geblieben. Das ist eine
Möglichkeit. Wer aber die Sache mit neuen oder mit
Luther eigenen Begriffen untersucht, kann dann
gerade wegen der im Prinzip fraglich gemachten Sche-
matik „Zwei-Reiche" unbeachtet bleiben. Die weitere
Diskussion sollte die unbeachtet gebliebenen Linien nicht
als unwichtig vergessen. Den Sachkenner verwundert das
Fehlen wichtiger Arbeiten, auch zur „(V.) Theologischen
Rechtslehre", wenn sogar der Kurzbericht (Heinze, M.)
der Nachrichten der Luther-Akademie, 1962 S. Iß—20, angeführt
wird. Die Abfolge systematischer Art in einer Bibliographie
ist originell, wenn dabei auch manch Titel öfter
erscheint. Daß 1959 nicht ZSTh 1, sondern NZSTh 1
gemeint ist, wird jeder merken. Sonst ist die Bibliographie
sauber gearbeitet.

Jena Horst Belntkcr

Ahlheim, Klaus: Religion und Gesellschaft bei Max Weber
und Ernst Troeltsch und die Fortwirkung ihrer
Auffassung in Religionssoziologie und Theologie (Theol.
Dissertation, München 1972).

Altner, Günter und Gerhard Sauter: Anthropologie im
interdisziplinären Gespräch (VF BhEvTh 18, 1973, Heft
2, S. 3-36).

Bandt, Hellmut: Kontinuität und Veränderlichkeit (St-
Th 28,1974 S. 69-85).

Baum, Gregory: Soziologie und Theologie (Concilium Itj
1974 S. 12-16).

Baumotte, Manfred: Theologie und Revolution. Die Ausbildung
einer politischen Theorie des Spätrationalismus
(Theol. Dissertation, München 1972).

Bischof, Wladimir: Was heißt Evangelium? (Stimme der
Orthodoxie 1973, Heft 6, S. 43-53).

Böcher. Otto: „Was ist der Mensch...?" (DtPfrBl 73.
1973 S. 887-888).

Clayton, John Powell: Was ist falsch in der Korrelationstheologie
? (NZSystTh 16. 1974 S. 93-111).

Close, William J.: The Theological Relevance of History-
The Role, Logic, and Propriety of Historical Understan-
ding in the Theological Reflection, Considered in the
Context of the Debate on the Historical Jesus Between
Rudolf Bultmann and Ernst Käsemann (Theol. Disser-
tation. Basel 1972).

Colette. Jacques: Freude, Vergnügen, Angst: Eine Bcsi"'
nung über Barth und Mozart (Concilium 10, 1974 P
351-354).

Dantine, Wilhelm: Was bewegt die Kirche? Zum Thenn»'