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Ausgabe:

1974

Spalte:

672-675

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

A complete concordance to Flavius Josephus 1974

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 9

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viele gegen die literarische Leistung des Lukas (wie
überhaupt der Evangelien) erhobenen Vorwürfe unberechtigt
sind und aus mangelnder Kenntnis der zeitgenössischen
Schriftstellerei herrühren. Das würde nach
seiner Meinung noch deutlicher werden, wenn man einmal
das Werk des Lukas auf die lucianischen Kriterien
der Klarheit, Knappheit, Wahl des Ausdrucks, Figur
und Rhythmus hin untersuchen würde. Wenn Lk sich
profaner Stilmittel bediene, habe er die in der Fragestellung
der Forschung vernachlässigte missionarische
Funktion der Kirche ernst genommen. E.E.Ellis, La
fonction de l'eschatologie dans l'evangile de Luc, findet
nach Ausscheidung der individuellen Totenauferstehung
und einer vertikalen (Erde-Himmel, Zeit-
Ewigkeit) Eschatologie als unlukanisch bei Lk eine Zwei-
Phasen- (Zwei-Äonen-) Eschatologie, deren zweite Phase
durch die Identifikation des ganzen Menschen mit der
Person Jesu bzw. mit dem himmlischen Christus als
korporative Identifikation mit dem Auferstandenen präsent
wird. Auslösendes Motiv dieser Konzeption ist
nicht die Parusieverzögerung, sondern Abwehr von Do-
ketismus, politischem Messianismus und Bekämpfung
einer hektischen Apokalyptik. F. Neirynck, La matiere
marcienne dans l'evangelie de Luc, ist, schon dem Titel
nach, im wesentlichen eine Auseinandersetzung mit
T. Schramm, Der Markus-Stoff bei Lukas (s. ThLZ 97,
1972 Sp. 507-9), aber auch mit anderen prominenten,
die Zweiquellen-Theorie ergänzenden synoptischen
Quellenhypothesen mit dem Ziel, die fundamentale
Bedeutung des kanonischen Mk für das Lk-Ev so wenig
wie möglich durch Hilfshypothesen (Einfluß anderer
Vorlagen und Quellen) einschränken zu lassen. J.De-
lobel, La redaction de Luc IV,14-16 a et le „Bericht
vom Anfang", gelangt nach Prüfung des Verhältnisses
Mk/Lk für Lk 4,14-16a zu dem Resultat, daß Schürmanns
Hypothese der Existenz einer zusätzlichen
Parallelquelle zu Mk 1,1-39; (6,1-16) und zu Q überflüssig
sei. R.Pesch, La redaction lucanienne du logion
des pecheurs d'hommes (Lc V,10c), führt mittels einer
minutiös differenzierenden Analyse die einzelnen Elemente
von Lk 5,1—11 auf marcinische Vorlagen, auf ein
auch in Joh 21 verarbeitetes Fischzugswunder, das
keine Ostergeschichte war, und auf lukanische Redaktionsarbeit
zurück. Ziel ist der Nachweis, daß das lukanische
Menschenfischer-Wort redaktionelle Umformung
des marcinischen ist und somit keine Basis für die Annahme
einer ursprünglich individuellen Berufung und
Aussonderung des Petrus abgibt. A.Denaux, L'hypo-
crisie des Pharisiens et le dessein de Dieu. Analyse de
Lc XIII, 31-33, sucht methodisch sehr umsichtig zu erweisen
, daß dieser aenigmatische Text eine auf disparate
Elemente marcinischer Texte gestützte redaktionelle
Einleitung des Lk zum folgenden Wehewort (der Tradition
) über Jerusalem sei, und gewinnt ihm mit etwas
halsbrecherischen Hypothesen einen im Titel der Arbeit
angedeuteten theologischen Sinn ab. B.Dehandschutter,
L'evangile selon Thomas: temoin d'une tradition pre-
lucanienne?, bestreitet mit Gegenargumenten diese von
T. Schramm (s.o.) vertretene und benutzte Titel-These
und damit eine wichtige Grundlage der Schramm'schen
Untersuchung. E Samain, La notion-de APXH dans
l'oeuvre lucanienne, schließt aus dem gleichmäßigen
Gebrauch von «o/?5 und äffSii/tevos sowohl für den Anfang
der Wirksamkeit Jesu als auch für den Beginn der
missionierenden Kirche (beides in Kraft des Geistes)
und von der dabei immer anvisierten Zielsetzung
(tW ...), nämlich der Auferstehung Jesu bzw. der Vollendung
der Weltmission, beides auch in bestimmtem
geographischem Rahmen, nämlich Galiläa-Jerusalem
bzw. Jerusalem-Ende der Welt, daß Lk beide Epochen
als eine einheitliche Zeit der Erfüllung ohne Zäsur

versteht. J.Dupont, Les discours de Pierre dans les
Actes et le chapitre XXIV de l'evangile de Luc, stellt
durch eine methodisch sehr besonnen durchgeführte
Untersuchung der Petrusreden das absolute Praevalieren
der lukanischen Redaktion, schriftstellerisch und theologisch
fest, demgegenüber sich die darin verwendete,
möglicherweise alte Überlieferung nur mittels einer sehr
subtilen Forschung - auf die er selbst verzichtet - vielleicht
feststellen ließe. Diese aber wäre dann, so nieint
er, gewiß durch die dominierende Gestalt der ersten
Gemeinde, Petrus, geprägt.

Was bereits die Titel der Beiträge verraten, bestätigt
ihr Inhalt in erfreulicher Weise, nämlich, daß wir nach
der Epoche großstiliger Entwürfe einer lukanischen
Theologie jetzt in der Zeit ihrer Überprüfung und Verifizierung
bzw.Rektifizierung durch intensive exegetische
Kleinarbeit sind. Freilich zeigt sich, daß auch so über die
Ambivalenz der Deutemöglichkeiten selten hinauszukommen
ist, die oft genug nur um eine neue Variante
vermehrt wurden. Die unendliche Mühsal, die dieser
aktuelle Teil der Evangelienforschung erfordert, legt sich
dem, der diese Gedenkschrift studiert, fast bedrückend
auf die Seele. Immerhin aber zeichnet sich insofern eine
gewisse Klärung der Forschungssituation ab, als sich in
. diesen so verschiedenen Arbeiten verschiedener Autoren
die sich fast immer stellende Frage Tradition-Redaktion
überwiegend zugunsten der letzteren entscheidet, und
zwar Redaktion als theologische Interpretation, missionarische
Vergegenwärtigung und Wahrnehmung ekkle-
siologischer Verantwortung verstanden. Die Zensu-
rierung der lukanischen Interpretation der urchristlichen
Botschaft als niveaumindernd scheint als unangemessene
Denkkategorie erkannt und überwunden zu sein.

Rostock Konrad Weiß

Rengstorf, Karl Heinrich: A complete Concordance to Flavius
Josephus, ed. with E.Buck, E.Güting, B. Justus, H. Schrek-
kenberg. I: A-A. Leiden: Brill 1973. XXVII, 546 S.4°. Lw.
hfl. 580,-.

Die vollständige Erschließung des Wortgebrauchs im
vVerk des Flavius Josephus ist von der Forschung seit
langem dringlich erwartet worden. Erste Bemühungen
darum reichen bis in die Zeit um 1700 zurück (J. B. Ott;
vgl. Einführung S.XIf bzw. XlXf). Dennoch fehlt bis
in die Gegenwart selbst ein umfassender Index zu den
Werken des Josephus, eine sehr empfindliche Lücke,
da durch sie der Bezug auf den Wortgebrauch des
Josephus bislang der Unsicherheit des Zufälligen ausgesetzt
war, wenigstens für die Wörter, die im Alphabet
nach ku(fiXux<D()to) einzuordnen sind. Bis zu diesem
Wort reicht bekanntlich das von H. St. J.Thackeray begonnene
und von R.Marcus weitergeführte Lexicon to
Josephus (1930-1955), das inzwischen zum wohl endgültigen
Erliegen gekommen ist. Auch dieses Lexikon
bietet freilich keine erschöpfende Notierung aller Belegstellen
, wohl aber eine umfassende Darstellung des
Wortschatzes. Mehr ist von einem Lexikon auch nicht
zu erwarten, die Darbietung des Wortgebrauchs wird
in jedem solchen Werk zu bestimmten Fragen Anlaß
geben.

Um so wichtiger ist, daß nun endlich eine erschöpfende
Konkordanz zu Josephus erscheint. Der vorhegende
Band eröffnet dieses Unternehmen in fast überwältigender
Weise. Ihm voraus ging bereits als Supplement I
das von A. Sehalit bearbeitete „Namenwörterbuch zu
Flavius Josephus", 1968 im gleichen Verlag und in
ähnlicherAusstattung erschienen, aber doch ein eigenständiges
Werk mit ganz eigenem Wert (vgl. die Bespr.