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Ausgabe:

1973

Spalte:

335-338

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Verborum veritas 1973

Rezensent:

Weiß, Konrad

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 5

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wiegend die göttliche Huld gemeint ist, aber chäsäd auch
menschliche Verhaltensweise bedeutet, doch wird der Begriff
in neuen Variationen formelhaft gebraucht. Inhaltlich glaubt
die Qumrängemeinde die Wirkungsmacht des göttlichen chäsäd
an das ihr verliehene Sonderwissen und die ihnen zuteil
gewordenen Sondergebote gebunden (S. 449).

In der Gruppe „Judiasme ä l'epoque romaine" schreibt A.
Jaubert über „La Symbolique des Douze" (S. 453-460) und
zeigt zunächst aus dem AT die Zwölfzahl in ihrer symbolischen
Bedeutung und führt sodann aus dem Talmud und den
Targumcn sowie Philo entsprechende Stellen an, die die
Zwölfzahl in Verbindung mit dem Heiligtum zeigen. Dann
wird die Zwölfzahl in Qumrän behandelt, die gehäuft erscheint
und auf die erwählte eschatologische Gemeinde angewendet
wird, was sonst im Judentum nur verstreut erscheint
. - V. Nikiprowetzky, „La Mort d'Eleazar Fils de Jai're
et les courants apologetiques dans le De Bello Judaico de
Flavius Josephus" (S. 461-490). Der Autor stellt in genauen
materialreichen Untersuchungen die apologetischen Züge
heraus, die einmal die Aufstandsbewegung unter ungünstige
biblische Orakel untergeordnet, dann dem Römischen Reich
einen providentiellen Charakter zuschreibt und dennoch ihm
das Ende durch das messianische Reich voraussagen kann.
Besonders wichtig erscheinen mir die Reflexionen des Vf.s
über die Gottesanschauung und die Tyche-Auffassung bei
Josephus. - M. Petit, „A propos d'une reminiscente probable
dTsaie dans le Quod omnis probus liber sit" (S. 491-495),
sucht in einer gründlichen exegetisch-semasiologischen Untersuchung
einen Zusammenhang der Philo-Stelle Quid omnis
probus über § 104 mit der Jesaja-Stelle 51,8 LXX und MT
zu erweisen und liefert einen interessanten Beitrag zur Arbeitsweise
Philos. - J. Schwartz, „Philon et l'apologetique
chretienne du second siecle" (S. 497-507), zeigt die Einwirkung
des philonischen Schemas gegen das Heidentum auf
christliche Apologeten wie Aristides, Diognetbrief sowie auf
weitere christliche Literaturwerke. - M. Simon, „Sur les de-
buts du proselytisme juif" (S. 509-520), untersucht sehr gedankenreich
die Ursprünge des jüdischen Proselyten, wobei
er zu der Schlußfolgerung gelangt, dafj zur Zeit der Übersetzung
der LXX spez. des ältesten Teils (Pentateuch) den
Ubersetzern jüdische Proselyten eine vertraute Erscheinung
waren (S. 512). Der Vf. versucht sehr geistvoll, eine Entwicklungsgeschichte
, die überzeugend wirkt, zu zeichnen. - S.
Szyszman, „Oü la conversion du roi khazar bulan a-t-elle
eu lieu?" (S. 523-538), weist in überzeugender Weise nach,
daß der Bekehrungsort Khersones, 3 km entfernt vom heutigen
Sewastopol und etwa 30 km von Bakhtchisarai', war und
russisch Korsoun und hebräisch hrs'n heißt.

Der Festschrift ist beigegeben ein vorzügliches charakteristisches
Photo des Jubilars sowie (S. 541-556) seine umfangreiche
und reiche Bibliographie, geordnet nach den verschiedenen
Arbeitsgebieten.

Leipzig Hans Bardtke

[Stählin, Gustav:] Verborum Veritas. Festschrift für Gustav
Stählin zum 70. Geburtstag, hrsg. v. O. Böcher u. K. Haak-
ker. Wuppertal: Theologischer Verlag Rolf Brockhaus
[1970], XII, 384 S., 1 Porträt gr. 8°.

Die Aufgabe, eine neben Bild, biographischem Abriß und
Bibliographie des Jubilars 27 Beiträge enthaltende Festschrift
vorzustellen, dürfte am sinnvollsten durch eine kon-
zise Inhaltsangabe sämtlicher Beiträge zu erfüllen sein, wobei
freilich auf jede kritische Werbung verzichtet werden
muß.

E. Haenchen, Vom Wandel des Jesusbildes in der frühen
Gemeinde, versucht das Verständnis des Erdenlebens Jesu
bei (a) Paulus, (b) Markus und (c) Johannes scharf und pointiert
voneinander abzuheben als (a) radikale Entleerung,
(b) randvolle Füllung mit göttlichen Machttaten und (c) Integration
des irdischen Jesus in den Geist-Christus. C. F.

Moule, Jesus in NT Kerygma, unternimmt eine Widerlegung
der Argumente, mit denen ein (theologisches) Desintercsse-
ment Pauli am historischen Jesus begründet zu werden
pflegt. Seine Hauptthese, daß die Briefempfänger über die
Geschichte Jesu bereits belehrt waren, stürzt M. durch die
entsprechenden Inhalte der Acta-Reden in und außer Jerusalem
. Es sei zwischen einer erzählerischen (Ew.) und einer
reflektiv-analytisch-theologischcn Stufe (stage) des Heilszuspruches
zu unterscheiden. W. C. van Unnik, „Alles ist dir
möglich", bringt Belege aus griechischer und jüdischer Literatur
für die Verbreitung dieser als Glaubensbekenntnis in
aktueller Not zu verstehenden Floskel des Gethscmanch-Ge-
betes bei. „Die Tiefe dieses Gebetes" erweise die Tatsache,
daß es am Kreuz unerfüllt blieb (Mk 15,34), die Wahrheit
des Bekenntnisses aber durch die Auferstehung erwiesen
wurde. E. Bammel, Das Ende von Q, bestimmt Q, deren Erörterung
seit Schleiermacher aufgegriffen wird, vor allem
auf Grund einer Analyse von Lk 22,19ff als ein schriftstellerisches
Gebilde, „das der Form der Test XII ähnelt, um zum
Schluß in eben diese Form einzumünden", d. h. als ein nicht
biographisches, sondern Weisheits-theologisch orientiertes
Werk ohne Leidensgeschichte. F. Hahn, Das Gleichnis von
der Einladung zum Festmahl, rekonstruiert unter Heranziehung
von Logion 64 des Thomas-Ev. ein jesuanisches UrGleichnis
und dessen Sinn („Umgruppierung" bewirkende
Einladung zum eschatologischen Freudenmahl), von dem er
dann die weniger veränderte Lk- und die stärker verwandelte
Mt-Form und deren Sinngehalt (Missionsauftrag bzw.
heilsgeschichtlicher Abriß) abhebt. G. D. Kilpatrick, The Gen-
tiles and the Strata of Luke, begründet mit sprachlichen Beobachtungen
eine in 4 Schichten stilistisch differenzierbare
Entwicklung des Autors Lk, nämlich in (I) den nicht-marci-
nischen, (II) den MkjStücken des Ev. (einschl. c.1.2.21-24?),
(III) Apg 1-15 und (IV) Apg 15-28 (Q wird ignoriert). Durch
die Rezeption des Mk sei Lk gegenüber der Heidenwelt ein
wenig reservierter geworden. W. G. Kümmel, „Das Gesetz
und die Propheten gohen bis Johannes", bestreitet mittels
einer „sorgfältigen Exegese von Lk 16,16" die „Schlüsselstellung
für die heilsqeschichtliche Ortsbestimmung", die
Conzelmann dem Vers bei seiner Lk-Interpretation zumißt
und damit indirekt auch diese letztere. Der Täufer gehört in
die mit Jesu Predigt von der gegenwärtigen und kommenden
Gottesherrschaft angebrochene und noch andauernde
Heilszeit. „Daß Lk auf die Geschichte Jesu als vergangene
zurückschaut, darauf führt Lk 16,16 in keiner Weise." B°
Reicke, Der barmherzige Samariter, faßt das Gleichnis als
eine in fast allen Einzelheiten allegorisch auf das Werk Jesu
bezogene „Analogie" auf, bei der es dem „Berichterstatter
um die Mission geht. Der Samariter wird - in Kontinuität
mit dem alttestamentlichen Liebesgebot - als Nächster im
Sinn des „Bundesgenossen des Gottesvolkes" dargestellt, um
die kirchliche Bereitschaft zur Samaritermission zu stärken.
O. Beetz, Die Vision des Paulus im Tempel von Jerusalem,
setzt gegen die These, daß Apg 22,17-21 eine konkurrierende
Variante zu Apg 9 darstelle, den Nachweis, daß jener Bericht
diesen voraussetze und ihn „paulinisch interpretiere", nämlich
als dramatische Veranschaulichung des paulinischen
Selbstverständnisses seiner Berufung als prophetischen Sendungsauftrages
nach Jcs 6und Jcr 1. K. Haacker, Das Pfingst-
wunder als exegetisches Problem, versteht 1 Kor 14 und
Apg 2 als Berichte über Sprachenwunder, bei denen das ekstatische
Moment von untergeordneter Bedeutung ist. Die
übliche Erklärung von Apg 2,6-11 als eine in den Bericht
über eine glossolalische Ekstase eingetragene sekundäre Interpretation
verwirft er als wissenschaftliche Legende einer
in Wunderfeindlichkeit befangenen Exegese. A. Strobel, Der
Berg der Offenbarung (Mt 28,16; Apg 1,12), sucht aus vielen
Andeutungen in allen Evangelien einen (bereits zurückgedrängten
) „urchristlichen Erwartungstopos" von einem von
Petrus angeführten eschatologischen Jüngerzug zum Berge
der erwarteten Parousie (dem aber wiederum der bereits er-